Jeder Mensch erlebt im Laufe seines Lebens Phasen, in denen er sich überfordert und mit seinen Nerven am Ende fühlt. Die Anforderungen des Alltags sind oft hektisch und vielfältig. Gedanken wie „Ich kann nicht mehr“ oder „Ich weiß nicht mehr weiter“ sind in unserer leistungsorientierten Gesellschaft kaum ausgesprochene Realitäten. Es ist jedoch wichtig, diese Gefühle ernst zu nehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um die eigene psychische Gesundheit zu schützen. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die Ursachen und Symptome von Überforderung zu erkennen und Strategien zu entwickeln, um Ihre Nerven zu stärken und Ihr Wohlbefinden zu verbessern.
Innere Unruhe und ihre vielfältigen Ursachen
Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens eine innere Aufgeregtheit, die sich durch Anspannung äußert und als belastend empfunden wird. Diese innere Unruhe ist eine Stressreaktion, die positiv oder negativ empfunden werden kann. Sie ist in der Regel von kurzer Dauer, kann aber auch länger anhalten oder regelmäßig wiederkehren.
Innere Unruhezustände können aufgrund zahlreicher Ursachen entstehen. Die meisten Menschen erleben sie im Rahmen einer anhaltenden Prüfungsphase, die aus mehreren als anspruchsvoll oder schwer wahrgenommenen Prüfungen besteht. Doch auch Auszubildende, Berufstätige und Selbstständige sind häufig von starkem Stress im Alltag betroffen, der sich auf diese Art auswirken kann.
Mögliche Ursachen für innere Unruhe:
- Stress: Stress bei der Arbeit, in der Schule oder im Privatleben kann dazu führen, dass die Betroffenen ständig „unter Strom stehen“.
- Koffeinkonsum: Eine zu hohe Dosis von Koffein am Tag und eine Unverträglichkeit führen häufig ebenfalls zur inneren Unruhe.
- Erkrankungen: PatientInnen mit einer Schilddrüsenerkrankung wie der Unterfunktion berichten häufig von einem starken Unruhe-Erleben. Auch Unterzuckerung oder niedriger Blutdruck können innere Unruhe auslösen.
- Hormonelle Umstellungen: Hormonelle Umstellungen des Körpers, wie sie in den Wechseljahren, Schwangerschaften oder der Pubertät auftreten, können Unruhesymptome erzeugen.
- Psychische Erkrankungen: Psychische Erkrankungen wie Borderline-Persönlichkeitsstörung, Angststörungen oder Depressionen sind bekannte Auslöser für innere Unruhe.
Symptome innerer Unruhe erkennen
Es gibt verschiedene Merkmale, die auf das Vorliegen einer inneren Unruhe hindeuten. Betroffene sind angespannt und nervös. Die Anspannung macht sich körperlich und psychisch bemerkbar.
Körperliche Symptome:
- Angespannte Muskeln (z.B. in Kiefergelenken, Schultern oder Händen)
- Migräne
- Magen- und Darmbeschwerden
- Herz- und Kreislaufbeschwerden
- Inneres Kribbeln oder Vibrieren in Bauch, Kopf und Beinen
Psychische Symptome:
- Rasende Gedanken oder Grübelzwang
- Angstgefühle
- Schlaf- oder Konzentrationsstörungen
- Starker Bewegungsdrang
Was tun, wenn die Nerven blank liegen? Strategien zur Selbsthilfe
Wenn Sie sich innerlich unruhig, überfordert oder mit Ihren Nerven am Ende fühlen, gibt es verschiedene Strategien, die Sie selbst anwenden können, um Ihre Situation zu verbessern.
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1. Den Körper spüren und bewegen
Bewegung bringt Segen - das gilt auch bei nervösen Unruhezuständen. Studien zeigen beispielsweise, dass beim Sport ein Hormon (ANP) gebildet wird, das Panik lindert. Ein flotter Spaziergang in der Mittagspause oder eine lockere Runde Laufen nach Feierabend helfen dabei, Ängste zu „verstoffwechseln“. Zudem verschafft die körperliche Aktivität den Gedanken eine Verschnaufpause, die Sorgen rücken in den Hintergrund. Wichtig dabei ist, dass die Bewegung Freude bereitet und ohne Zwang erfolgt. Besonders gut tut Bewegung an der frischen Luft. Die Natur ist oft Balsam für die Seele und wirkt beruhigend auf gereizte Nerven.
2. Die Nerven mit der richtigen Nahrung versorgen
Lebensmittel sind Nahrung für Körper und Geist. Was Menschen essen, bestimmt, wie sie sich fühlen. Eine ausgewogene Ernährung mit den richtigen Nährstoffen kann dazu beitragen, die Nerven zu stärken und Stress abzubauen.
Nervennahrung: Diese Lebensmittel helfen
- Nüsse: Nüsse sind durch ihren hohen Gehalt an B-Vitaminen und Magnesium ein optimaler Snack für Zwischendurch. Sie tragen zu einer normalen psychischen Funktion bei und schützen die Zellen vor oxidativem Stress.
- Paprika: Paprika enthält doppelt so viel Vitamin C wie Zitronen und eignet sich daher wunderbar zur Auffüllung des Vitamin-C-Speichers nach einer stressigen Situation.
- Spinat: Spinat weist neben einem hohen Magnesiumgehalt außerdem Vitamin B6 und Kalium auf, die alle zu einer normalen Funktion des Nervensystems beitragen.
- Kakao: Dunkle Schokolade mit einem hohen Kakaogehalt enthält die Aminosäure Tryptophan, die unser Körper in das Glückshormon Serotonin umwandelt und so das Stressniveau senkt.
- Bananen: Bananen enthalten genauso wie dunkle Schokolade die Aminosäure Tryptophan und weitere Nährstoffe wie Vitamin B6, Magnesium, Kalium und Phosphor.
- Avocados: Avocados sind reich an B-Vitaminen, Magnesium und Kalium, die zu einer normalen Funktion des Nervensystems beitragen.
- Hülsenfrüchte: Hülsenfrüchte wie Bohnen, Kichererbsen oder Linsen sind ergiebige Vitamin B1- und Magnesium-Lieferanten.
- Haferflocken: Haferflocken enthalten Vitamin B1 und komplexe Kohlenhydrate, die von unserem Körper langsamer und gleichmäßiger verwertet werden.
- Eier: Eier sind ein guter Lieferant für Vitamin B12 sowie Vitamin D.
- Fisch: Fischarten wie Lachs und Thunfisch sind reich an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin B2, die zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress und zur normalen Funktion des Nervensystems beitragen.
3. Zur Ruhe kommen und ausreichend schlafen
Ein ausgeglichener Geist und ein leistungsfähiger Körper brauchen ausreichend Ruhepausen. Dazu gehört ausreichend Schlaf. Möglichst 7,5 Stunden pro Nacht empfiehlt die moderne Schlafforschung. Um Schlafstörungen vorzubeugen, sind auch tagsüber ausreichend Ruhepausen notwendig. Die psychologische Forschung zeigt, dass sich viele kurze Entspannungsphasen beispielsweise günstiger auf die Erholung von körperlicher Arbeit auswirken als wenige lange Pausen. Menschen, die viel arbeiten, sollten jede Stunde für einige Minuten innehalten. Bewusstes Durchatmen oder aufstehen und die Glieder bewegen, hilft kurz abzuschalten.
4. Auslöser für Stress und Unruhe erkennen
Die Ursachen für kreisende Gedanken sind vielfältig: Reizüberflutung, ständige Erreichbarkeit, Versagensängste und hohe Ansprüche an sich selbst können zu nervösen Zuständen führen. Viele Menschen fühlen sich jedoch gestresst, ohne genau zu wissen warum. Dann hilft es Tagebuch zu führen, um den Auslösern auf den Grund zu gehen. Kennt man die Gründe für seine Sorgen, kann man gezielt Gegenstrategien entwickeln.
5. Achtsamkeit lernen und praktizieren
Gedanken und Bewertungen entstehen aus Sinneswahrnehmungen und/oder Erinnerungen. Sie beeinflussen, wie sich etwas anfühlt und rufen dadurch unmittelbare Körper- und Verhaltensreaktionen hervor. Wer sich dieser Verbindung von Körper und Geist bewusst ist, fühlt sich weniger ausgeliefert und lernt zielgerichteter mit Grübelei und Sorgen umzugehen. Regelmäßige Atemübungen und Meditation helfen dabei, achtsamer zu leben.
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Übung: Atem beobachten
- Schließen Sie die Augen.
- Atmen Sie durch die Nase ein. Konzentrieren Sie sich darauf, wie der Atem durch ihre Nase in die Lungen strömt.
- Halten Sie kurz inne.
- Atmen Sie danach durch den Mund aus. Konzentrieren Sie sich auf den natürlichen Rhythmus des Atems, ohne ihn verändern zu wollen.
- Bleiben Sie mit den Gedanken beim Atem: Denken Sie an die Worte „Einat-men/Ausatmen“.
- Es ist völlig normal, wenn Sie abschweifen, das ist Teil der Übung. Beobachten sie wertfrei, dass es passiert. Kehren Sie dann einfach sanft zur Atmung zurück.
Wichtig ist: Üben Sie regelmäßig, am besten täglich. Am Anfang 1 Minute, nach ein paar Tagen 2 Minuten, danach 3 Minuten und so weiter. Steigern Sie sich langsam. Den Fortschritt bestimmen Sie! Hauptsache ist: Sie bleiben dran.
6. Gedankenkontrolle üben
Jeder Mensch denkt am Tag zwischen 40.000 und 60.000 Gedanken. Der Großteil davon ist unbewusst. Fast 90 Prozent kreisen immer wieder um das Gleiche, insbesondere um Schwierigkeiten und Probleme. Menschen sind ihren Gedanken aber nicht hilflos ausgeliefert. Sie können lernen, diese bewusst auszuwählen und manipulative, ängstigende Gedanken loszulassen.
Übung: Gedankenstopp
- Wenn Sie sich beim sorgenvollen Grübeln ertappen, beobachten Sie, welcher Gedanke Sie konkret belastet.
- Stellen Sie sich dann ein rotes Stoppschild vor und sagen Sie sich laut oder in Gedanken „Stopp“.
- Wenden Sie sich dann sofort etwas anderem (z.B. dem Atem, einem beruhigenden Gedanken) zu.
Je öfter Sie üben, desto leichter fällt es Ihnen bald.
7. Gefühle annehmen lernen
Leidvolle Gefühle wie Angst oder Unsicherheit rauben Energie und trüben die Lebensfreude. Sie haben aber auch einen Nutzen: Angst beispielsweise setzt Adrenalin frei. Wie im Umgang mit den Gedanken lohnt es sich Gefühle, bewusst wahrzunehmen und nicht wegzuschieben. Durch die aktive Auseinandersetzung können Empfindungen auf positiv beeinflusst werden.
Übung: Gefühle fokussieren
- Konzentrieren Sie sich auf ein momentan vorherrschendes Gefühl (z.B. Angst).
- Fühlen Sie, wie es sich im Körper anfühlt, wo es zu spüren ist.
- Nehmen Sie das Gefühl wahr, ohne es zu beurteilen.
- Richten Sie Ihren Fokus aber auf die Beobachtung (da ist Angst), um sich nicht im Gefühl zu verlieren.
Durch das Bewusstmachen des Gefühls, verhindern sie, dass sie zu stark blockiert werden. Wenn Sie abschweifen, kehren Sie gedanklich zu dem Gefühl zurück. Droht das Gefühl Sie zu überwältigen, kann der Gedanke „Auch dies geht vorbei.“ Linderung verschaffen.
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8. Die eigenen Ressourcen kennen und nutzen
Quälende Ängste und Sorgen, zehren auf Dauer an den Kräften. Um dennoch leistungsfähig zu bleiben, sollten die Batterien regelmäßig auflageladen werden. Dafür sollte man die eigenen Kraftquellen kennen.
Fragen zur Ressourcenfindung:
- Was stärkt mich?
- Was tut mir gut?
- Was mache ich gerne?
- Wann fühle ich mich lebendig?
- Was entspannt mich?
- Wo fühle ich mich wohl?
Bei der Beantwortung dieser Fragen gibt es kein „Falsch“ oder „Richtig“. Entscheidend ist, dass sie positive Gefühle auslösen und dadurch die Lebensqualität verbessern. Was das ist, darauf muss Jede(r) seine persönliche Antwort finden.
9. Pflanzliche Hilfe für die Nerven
Neben der richtigen Ernährung können auch Heilpflanzen wie Baldrian, Melisse, Hopfen, Lavendel und Johanniskraut eine beruhigende Wirkung auf die geistige Gesundheit haben. Heilpflanzen kannst Du z. B. als Badezusätze verwenden oder als Tee zubereiten. Auch Schüßler-Salze können das innere Gleichgewicht unterstützen.
10. Vagusnerv aktivieren
Der Vagusnerv ist ein wichtiger Teil des parasympathischen Nervensystems und spielt eine entscheidende Rolle bei der Entspannung. Er kann durch gezielte Übungen wie Atemtechniken, Kältereize oder Summen bewusst aktiviert werden.
11. Prioritäten setzen und Hilfe annehmen
Ein wichtiger Punkt ist, den Alltag neu zu priorisieren: Was ist wirklich wichtig in Ihrem Leben? Was ist wirklich wichtig zu erledigen? Wenn wir gestresst sind, verlieren wir schnell den Überblick, alles wirkt zu viel und zu anstrengend und gleichzeitig wichtig und drängend. Stehen wir zu sehr unter Druck, können wir jedoch oft nicht mehr priorisieren und brauchen dazu externe Hilfe. Dann ist der nächste Schritt, den Kalender auszumisten, unwichtige Termine zu streichen, Zeit für Freunde, Familie, Hobbys, Freizeit sowie für das bloße Nichts-Tun einzuräumen. Bleiben wichtige Dinge unerledigt und ist die Bewältigung des Alltags einfach zu viel, dann suchen Sie nach Hilfe: Bitten Sie Angehörige, Freunde, Nachbarn aktiv um Unterstützung. Sprechen sie darüber, wenn Sie Ihre Prioritäten verändern.
Wann professionelle Hilfe notwendig ist
Innere Zustände der Unruhe sind nicht nur sehr lästig und unangenehm bis qualvoll. Wer dauerhaft unter ihr leidet, bekommt es in vielen Fällen mit zusätzlichen Problemen zu tun, die ohne die Unruhe nicht unbedingt aufgetreten wären. Es gibt einige Wechselwirkungen mit Körper und Psyche. Außerdem sind viele problematische Auswirkungen auf Gesundheit, Beziehungen und das Berufsleben denkbar.
Betroffene sollten mit einem Arzt oder Therapeuten sprechen, wenn sie sich dauerhaft unruhig und gereizt fühlen. Denn hinter diesen Symptomen verbergen sich manchmal auch behandlungsbedürftige, körperliche Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, starker Bluthochdruck, Unterzuckerung bei Typ-1-Diabetes). Aber auch bestimmte psychische Erkrankungen wie z.B. Angststörungen oder Depressionen gehen mit Nervosität und innerer Unruhe einher. In diesen Fällen sollten psychotherapeutische Maßnahmen - beispielsweise eine Verhaltenstherapie - ergriffen werden.