Ein Krampf im Oberschenkel, insbesondere in den Adduktoren beim Radfahren, ist ein spontan auftretendes und schmerzhaftes Ereignis, das viele Radfahrer betrifft. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und präventiven Maßnahmen, um Krämpfe in den Adduktoren während und nach dem Radfahren zu vermeiden.
Was sind Muskelkrämpfe?
Ein Muskelkrampf ist eine unwillkürliche, schmerzhafte Kontraktion eines Muskels oder eines Teils eines Muskels. Er fühlt sich hart und fest an und kann einige Sekunden bis mehrere Minuten andauern. Muskelkrämpfe können theoretisch jeden Skelettmuskel des Körpers betreffen, am häufigsten sind jedoch die Waden betroffen.
Ursachen von Muskelkrämpfen in den Adduktoren beim Radfahren
Muskelkrämpfe in den Adduktoren, den Muskeln an der Innenseite des Oberschenkels, die das Bein zur Körpermitte ziehen (Adduktion), können verschiedene Ursachen haben:
- Elektrolytstörungen: Ein Ungleichgewicht von Elektrolyten wie Magnesium, Kalzium und Kalium kann die Muskelfunktion beeinträchtigen und Krämpfe verursachen. Ein Magnesiummangel ist eine häufige Ursache für Krämpfe im Oberschenkel. Neben Magnesium sind auch die Kalium- oder Kalziumspiegel relevant für eine intakte Muskelfunktion. Die zugrundeliegenden Ursachen derartiger Mineralstoff- oder Elektrolytverschiebungen sind vielfältig. Beispiele dafür sind Fehlernährungen, Alkoholmissbrauch, Magen-Darm-Entzündungen, Durchblutungsstörungen oder Ausdauersport.
- Überlastung: Zu anstrengendes oder ungewohntes Training kann die Muskulatur überlasten und Krämpfe auslösen.
- Fehlbelastungen: Eine falsche Körperhaltung oder Bewegungsausführung beim Radfahren kann zu Krämpfen führen.
- Flüssigkeitsmangel: Unzureichende Flüssigkeitszufuhr, insbesondere bei starkem Schwitzen, kann zu Krämpfen führen. Ein Flüssigkeitsmangel, welcher im Extremfall zur Austrocknung (Exsikose) führt, kann zum Beispiel durch übermäßiges Schwitzen oder eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr hervorgerufen werden.
- Alkohol: Erhöhter Alkoholkonsum kann Krämpfe in der Oberschenkelmuskulatur hervorrufen. Zunächst führt ein akuter Alkoholkonsum zu einer Veränderung des Elektrolythaushaltes. Akut kann es zu Verschiebungen verschiedener Salze und einem vermehrten Verlust von Wasser kommen. Langfristig kann der Alkoholkonsum die Ernährung negativ beeinflussen und über verschiedene Prozesse zu Vitaminmängeln führen, die wiederum Fehlfunktionen der Muskulatur zur Folge haben.
- Alter: Im Alter führen Elektrolytverschiebungen, Hormonumstellungen und altersbedingte Muskelverkürzungen häufiger zu Krämpfen.
- Medikamente: Harntreibende Mittel (Diuretika) können durch Flüssigkeits- und Elektrolytverluste Krämpfe begünstigen.
- Neurologische Erkrankungen: In seltenen Fällen können neurologische Erkrankungen, die die Nervenleitung und muskuläre Innervation stören, Krämpfe verursachen. Scheiden diese Ursachen als Auslöser der Krämpfe aus, kommen zahlreiche neurologische Krankheitsbilder in Betracht, die zu Störungen der Nervenleitung und muskulären Innervation führen und neben Muskellähmungen oder -spastiken auch unangenehme Missempfindungen, Krämpfe und weitere Symptome auslösen können.
- Bandscheibenvorfall: Durch einen Riss des äußeren Rings der Bandscheibe können akute Schmerzen an der Wirbelsäule und Kompressionen am Rückenmark und den austretenden Nerven auftreten. Dabei kann es zu Kribbeln und Taubheit aber auch zu Muskelschmerzen, Krämpfen im Oberschenkel und Muskelschwächen, sowie zu Lähmungen kommen.
- Ermüdung: Muskelermüdung spielt eine wichtige Rolle bei Krämpfen im Sport. Das Rückenmark, das die Muskulatur ansteuert, erhält immer hemmende und aktivierende Informationen. Im Zuge muskulärer Ermüdung kommt es aktuelleren Untersuchungen zufolge zu einem Ungleichgewicht zwischen den hemmenden und aktivierenden Informationen - zugunsten der letzteren. Nervenzellen aktivieren den ermüdeten Muskel also übermäßig und der reagiert mit maximaler Kontraktion.
Diagnose von Muskelkrämpfen
Die Diagnose von Muskelkrämpfen wird hauptsächlich durch eine Anamnese gestellt. Der Patient beschreibt dem Arzt die Symptome, wobei dieser schnell auf einen Krampf schließen wird. Hierbei kann dann auch schon auf eine mögliche Ursache geschlossen werden, wenn der Patient zum Beispiel viel Sport treibt. Wenn der Krampf im Oberschenkel beschrieben wird, wird sich der Arzt bei der körperlichen Untersuchung auch die Beine des Patienten ansehen um hierbei mögliche äußerliche Auffälligkeiten zu erkennen. Um eine Elektrolytstörung als Ursache zu finden oder auszuschließen, sollte ein Blutbild angefertigt werden. Hierbei kann ein Mangel der jeweiligen Elektrolyte festgestellt werden.
Behandlung von Muskelkrämpfen
- Sofortmaßnahmen: Während der Krampfphase können sanfte Massagen der krampfenden Muskulatur oder das Dehnen des Muskels den Krampf vorzeitig beenden.
- Dehnen: Dehnen ist die beste Sofortmaßnahme, um das Ungleichgewicht zwischen hemmenden und aktivierenden Feedbackinformationen wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
- Quadrizeps-Dehnung: Setze dich auf eine Matte mit geradem Rücken. Beuge ein Bein nach hinten und halte den Fuß mit der Hand fest. Ziehe den Fuß sanft in Richtung Gesäß, bis du die Dehnung spürst. Halte die Position für 20-30 Sekunden, ohne zu überdehnen. Wechsle das Bein und wiederhole die Übung 3-mal pro Seite.
- Dehnung der hinteren Oberschenkelmuskulatur: Setze dich auf eine Matte mit geradem Rücken. Strecke ein Bein aus und beuge das andere, wobei die Fußsohle an der Innenseite des gestreckten Beins liegt. Beuge dich langsam nach vorne und versuche, die Zehenspitzen zu berühren. Halte die Position 20-30 Sekunden, ohne zu überdehnen. Wiederhole die Übung 2-3 Mal pro Bein.
- Dehnung der Adduktoren: Setze dich auf eine Matte mit geradem Rücken. Beuge die Beine und bringe die Fußsohlen zusammen. Greife deine Knöchel mit den Händen und drücke die Knie mit den Ellenbogen sanft in Richtung Boden. Wenn du eine leichte Dehnung in der Leiste spürst, halte die Position für 30 Sekunden. Wiederhole die Übung 3 Mal, um die Muskulatur vollständig zu entspannen.
- Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr: Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, insbesondere bei längeren Fahrten und hohen Temperaturen. Elektrolytgetränke können helfen, den Elektrolythaushalt auszugleichen.
- Magnesium: Die Magnesium-Einnahme kann in manchen Fällen helfen und weiteren Krampfanfällen vorbeugen (besonders in der Schwangerschaft). Dennoch ist der Effekt laut Studienlage in Bezug auf Muskelkrämpfe umstritten. Eine ausgewogene Ernährung deckt den täglichen Bedarf. Viel Magnesium ist zum Beispiel in Nüssen, Bitterschokolade, Kürbiskernen und Vollkornprodukten enthalten. Erwachsene benötigen täglich 375 mg. Der Bedarf kann jedoch unter bestimmten Umständen zum Beispiel in der Schwangerschaft oder während stressigen Phasen erhöht sein. Magnesium wird in verschiedenen Formen (Brausetabletten, Kapseln, Tabletten) von Apotheken und Drogeriegeschäften angeboten.
- Chinin: Eine letzte aber umstrittene Möglichkeit für Krämpfe, die keine auffindbare Ursache haben, ist Chininsulfat (Chinin). Chinin ist ein verschreibungspflichtiges Mittel, das eigentlich zur Behandlung von Malaria eingesetzt wird. Es wirkt aber auch krampflösend und wird daher - in wesentlich geringerer Dosis als bei der Malariabehandlung - bei nicht behandelbaren Muskelkrämpfen verschrieben. Da dieses Mittel viele Nebenwirkungen nach sich zieht, müssen die Optionen auf jeden Fall mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Vorbeugung von Muskelkrämpfen
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend, besonders bei Hitze.
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die alle wichtigen Elektrolyte enthält.
- Regelmäßiges Dehnen: Dehnen Sie die Beinmuskulatur regelmäßig, insbesondere vor und nach dem Radfahren.
- Waden-Dehnung: Stelle dich aufrecht hin, mit den Füßen schulterbreit auseinander. Hebe die Fersen an, sodass du auf den Zehenspitzen stehst, und halte die Position für 2-3 Sekunden. Kehre in die Ausgangsposition zurück und wiederhole die Bewegung 2-3 Mal für jeweils 20 Sekunden.
- Abduktoren-Dehnung: Stelle dich mit geradem Rücken hin und positioniere deine Füße leicht auseinander. Hebe ein Bein seitlich an, bis es einen Winkel von 90° mit dem Standbein bildet. Um das Gleichgewicht zu halten, kannst du dich sanft am Fahrrad abstützen. Führe 10 Wiederholungen pro Bein durch und achte darauf, die Muskelaktivierung zu spüren. Wiederhole die Übung 2-3 Mal pro Bein.
- Trainingsaufbau: Steigern Sie die Trainingsintensität langsam und vermeiden Sie Überlastung.
- Bikefitting: Lassen Sie ein professionelles Bikefitting durchführen, um eine optimale Sitzposition zu gewährleisten und Fehlbelastungen zu vermeiden. Wenn dadurch Gelenkwinkel so eingestellt werden, dass der Grad der Muskelverkürzung reduziert wird. Bei krampfenden Fußmuskeln könnte ein Verschieben der Cleats oder ein anderer Radschuh ohnehin eine vergleichsweise einfache Lösung sein.
- Elektrotherapie: Bei ausgeprägten Krampfproblemen kann eine Elektrotherapie in Erwägung gezogen werden, um die Krampfschwelle zu erhöhen.
Was tun bei wiederkehrenden Krämpfen?
Treten Krämpfe regelmäßig auf und können Hausmittel keine Abhilfe schaffen, sollte ein Arzt aufgesucht werden, der genauer untersuchen kann, ob eventuell eine Elektrolytstörung vorliegt. Vor allem bei wiederkehrenden Krämpfen sei eine genauere Untersuchung sinnvoll, um andere Ursachen auszuschließen, sagt Behringer: “Krämpfe können auch ein Symptom von verschiedenen Erkrankungen sein.” Hormon- und Stoffwechselerkrankungen zum Beispiel, Leberprobleme oder Nervenfunktionsstörungen. Auch manche Medikamente, etwa zur Behandlung von Bluthochdruck, Asthma, COPD (eine chronische Lungenerkrankung) oder Alzheimer, können die Krampfneigung erhöhen. Nach dem ersten Gespräch prüft der Arzt unter anderem die Reflexe sowie die Gelenke und Muskeln. Anschließend ordnet er meist eine Blutuntersuchung an, um die Mineralstoffversorgung, die Muskelenzyme oder den Hormonspiegel zu überprüfen.
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Weitere Ursachen für Adduktorenschmerzen
Neben Krämpfen können auch andere Verletzungen wie Adduktorenzerrungen oder Muskelfaserrisse Schmerzen in den Adduktoren verursachen. Diese Verletzungen entstehen typischerweise durch Überbelastung oder abrupte Bewegungen.
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