Die Innere Uhr: Wie unser Gehirn unseren Tagesrhythmus steuert

Jeden Morgen das gleiche Spiel: Der Wecker reißt uns unsanft aus dem Tiefschlaf. Früher ins Bett zu gehen ist oft keine Lösung, denn unsere innere Uhr bestimmt den Takt unseres Lebens. Sie beeinflusst uns mehr, als wir denken. Ob wir müde oder energiegeladen sind, hängt oft von unserem persönlichen Biorhythmus ab und ist eine Typfrage. Dieser Artikel beleuchtet die Funktionsweise dieser inneren Uhr, die Rolle von Hormonen wie Melatonin und Cortisol und wie wir im Einklang mit unserem Biorhythmus leben können.

Biorhythmus: Unsere Innere Uhr im Detail

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum manche Menschen bereits frühmorgens voller Energie sind, während andere lieber ausschlafen und erst im Laufe des Tages so richtig wach werden? Dies wird von dem rhythmischen Wechsel von Tag und Nacht, den Jahreszeiten und dem Alter beeinflusst. Der Biorhythmus, auch bekannt als zirkadianer Rhythmus, ist ein 24-Stunden-Zyklus, der die biologischen Prozesse im Körper steuert. Dazu gehören der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Hormonproduktion und die Körpertemperatur. Er bestimmt, was Körper und Geist machen wollen - ob wir munter oder müde sind, unser Puls oder Blutdruck ansteigen oder die Körpertemperatur absinkt.

Der Taktgeber der inneren Uhr ist ein kleiner Bereich im Zwischenhirn - der sogenannte suprachiasmatische Kern (SCN). Er ist eine ca. 1 mm große Ansammlung von Nervenzellen nur wenige Zentimeter hinter der Nasenwurzel und gilt als zentrale Uhr, die für alle anderen Uhren den Takt vorgibt. Mithilfe der Hormone Melatonin (Schlafhormon) und Cortisol (Stresshormon) steuert er unter anderem unseren Wach-Schlaf-Rhythmus.

Zirkadianer Rhythmus: Äußere und Innere Zeitgeber

Unsere innere Uhr läuft im 24-Stunden-Takt, dem sogenannten zirkadianen Rhythmus - besser bekannt als Biorhythmus. Der Begriff „circadian“ leitet sich vom lateinischen circa (ungefähr) und dies (Tag) ab. Er drückt aus, dass die innere Uhr nur annähernd im 24-Stunden-Takt schwingt.

Der wichtigste äußere Zeitgeber ist das Sonnenlicht. Es sorgt dafür, dass unser Körper sich täglich neu auf den 24-Stunden-Rhythmus einstellt. Es stellt den Grundrhythmus - der ansonsten zwischen 23,5 Stunden und 25 Stunden schwanken würde - jeden Tag aufs Neue auf 24 Stunden ein. Sozusagen synchronisiert sich unser zirkadiane Rhythmus mit dem Hell-Dunkel-Rhythmus unserer Umwelt.

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Tagsüber gelangt Licht durch unsere Augen zu lichtempfindlichen Rezeptoren, die dafür verantwortlich sind, Helligkeit wahrzunehmen. Diese Ganglienzellen-Rezeptoren leiten den Lichtreiz zum suprachiasmatischen Kern weiter, der die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol steuert. Analog wird das Schlafhormon Melatonin ausgeschüttet, sobald die Lichtintensität abnimmt.

Biorhythmus ohne Tageslicht?

Was passiert eigentlich mit der inneren Uhr und dem zirkadianen Rhythmus, wenn wir kein Tageslicht abbekommen? Genau diese Frage haben sich Wissenschaftler gestellt und in den 1960er Jahren kurzerhand einen Forschungsbunker ins Leben gerufen: Knapp 400 Menschen begaben sich für mehrere Wochen in einen Bunker bei Andechs - ohne äußere Taktgeber wie Tageslicht und abgeschirmt von anderen Menschen.

Das Ergebnis: Wie sonst auch, blieben sie zwei Drittel des Tages wach und verbrachten ein Drittel der Tageszeit schlafend, der Biorhythmus blieb also prinzipiell stabil. Das Interessante: Innerhalb kurzer Zeit pendelten sich die Tage der Probanden auf 24,7 bis 25,2 Stunden ein. Der Beweis dafür, dass unser zirkadianer Rhythmus unsere Körperfunktionen und den Tagesrhythmus steuert.

Die Rolle von Melatonin und Cortisol

Die zwei wichtigsten inneren Zeitgeber sind die Hormone Melatonin und Cortisol. So werden wir dank unserer inneren Uhr morgens lichtempfindlicher - unser Cortisolspiegel erreicht etwa um 7:00 sein Maximum. Unsere Leistungsfähigkeit steigt, um fit in den Tag zu starten: In Topform sind die meisten Menschen vormittags zwischen 10:00 und 12:00 Uhr und nachmittags gegen 16:00. Grund dafür: In dieser Zeit laufen unsere Körperfunktionen auf Hochtouren - die Kerntemperatur ist optimal und unser Blutdruck erreicht das maximale Tageshoch.

Wenn es draußen langsam dunkel wird, kommt der Zeitgeber Melatonin zum Einsatz: Der Körper fährt runter, bereitet sich auf die Nachtruhe vor und drosselt den Stoffwechsel. Jedoch ist der Biorhythmus von Mensch zu Mensch verschieden.

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Biorhythmische Schlaftypen: Von Lerchen, Eulen und Normaltypen

Jeder Mensch hat eine innere Uhr - und bei jedem tickt sie ein wenig anders: Sie bestimmt, ob man eher zu den morgenfrischen Frühaufstehern, den nachtaktiven Langschläfern oder zu einer Mischung zählt. Zwei Biorhythmustypen bzw. Schlaftypen sind allgemein bekannt: Lerchen und Eulen. Die Frühaufsteher - umgangssprachlich auch Lerchen genannt - sind morgens voller Energie und werden abends früher müde, während Eulen - gemeint sind die Nachtmenschen - abends ihr Leistungshoch voll ausschöpfen und morgens eher muffelig sind.

Tatsächlich fallen in diese beiden extremeren Schlaftypen-Kategorien gerade mal 30 % der Menschen. Die übrigen 70 % gelten als Normaltyp. Die Schlaftypen sind auch nicht in Stein gemeißelt: Vom Kindesalter bis zum Erwachsenenalter können sie sich verändern. Eltern können davon ein Lied singen: Kinder wollen meist früher aufstehen, aber kaum in der Pubertät verschiebt sich der Biorhythmus zeitlich nach hinten - in Richtung des Eulentyps. Im Laufe der Jahre rutscht der Zirkadiane Rhythmus wieder in Richtung Lerche - viele alte Menschen sind meist früh wach und gehen zeitig zu Bett.

Die Innere Uhr und ihre vielfältigen Funktionen

Die innere Uhr bestimmt nicht nur unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Kommt sie aus dem Takt, kann dies Folgen für das Wohlbefinden und unsere Gesundheit haben. Das moderne Leben ist eine Herausforderung für unsere innere Uhr: Schichtarbeit, künstliches Licht, Fernreisen etc. können den sensiblen Biorhythmus aus dem Takt bringen. Viele Menschen reagieren bereits auf die halbjährliche Zeitumstellung mit Müdigkeit, Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Konzentrationsproblemen - ähnlich einem „Mini-Jetlag“.

Alle Zellen haben eine Innere Uhr

In unserem Körper befindet sich nicht nur eine, sondern eine Vielzahl von inneren Uhren. Jede Zelle besitzt ihren eigenen Zeitmesser. Weil der Körper aber als Ganzes funktionieren muss, müssen all diese Uhren synchronisiert werden. Dies übernimmt eine übergeordnete „Zentraluhr“ im Gehirn, der suprachiasmatische Nukleus (SCN).

Das Tageslicht hilft diese Uhr zu justieren. Die „Körperuhren“ orientieren sich darüber hinaus an Ruhe-/Aktivitätsphasen, Essenszeiten und (Körper-) Temperaturzyklen, die nicht zwangsläufig vom SCN gesteuert werden.

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Schlaf-Wach-Rhythmus: Der Körper arbeitet in der Nacht anders als am Tag

Die Bedeutung der inneren zirkadianen Uhr ist immens: Es gibt kaum eine Funktion im Körper, die nicht tagesrhythmisch beeinflusst wird. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Aufrechterhaltung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Hier spielen vor allem die Hormone Melatonin und Cortisol eine wichtige Rolle.

Wenn es abends dunkel wird, schaltet die innere Uhr auf „Nachtbetrieb“, von der Zirbeldrüse wird unser Schlafhormon Melatonin freigesetzt. Es macht uns müde und verlangsamt viele Körperfunktionen zu Gunsten der Nachtruhe. Körpertemperatur und Blutdruck sinken. Der Melatonin-Spiegel erreicht etwa in der Mitte der Nacht den Höhepunkt und nimmt dann bis zu den frühen Morgenstunden wieder ab.

Ab ca. drei Uhr morgens wird in der Nebennierenrinde dann der „Gegenspieler“ Cortisol produziert. Das umgangssprachlich auch als „Stresshormon“ bezeichnete Cortisol regt den Stoffwechsel an, versorgt uns mit Energie und programmiert so den Körper wieder auf „Tagbetrieb“.

Leben gegen die Innere Uhr kann uns krank machen

Gegen die innere Uhr zu leben, kann nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringen - der ganze Organismus gerät aus dem Gleichgewicht. Die bekanntesten Beispiele sind Schichtarbeit oder Flugreisen, bei denen innerhalb weniger Stunden mehrere Zeitzonen durchquert werden. Aber auch ein Leben gegen den angeborenen Takt, durch soziale oder berufliche Verpflichtungen, kann belastend sein. Da viele Menschen sich zudem meist in Innenräumen aufhalten, ist der Mangel an natürlichem Tageslicht ein zusätzlicher Störfaktor.

Abgesehen von Schlaf-, Konzentrations- oder Verdauungsproblemen wird auch das Auftreten von Stoffwechselkrankheiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz und sogar bestimmter Krebsarten mit einer Störung des zirkadianen Systems in Verbindung gebracht.

Essen zur falschen Tageszeit steigert das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen

Da die inneren Uhren auch den zeitlichen Ablauf von Stoffwechselprozessen und Energieverbrauch regulieren, ist es nicht nur wichtig was und wie viel wir essen, sondern auch wann. In Studien konnte z. B. gezeigt werden, dass Schichtarbeit ungesundes Essverhalten sowie eine gestörte Glukosetoleranz fördert und so das Risiko für Übergewicht und Typ-2-Diabetes erhöht. Zudem wurden bei Schichtarbeitern erhöhte Cortisol-Werte gemessen, die mit einem höheren Body-Mass-Index in Verbindung standen.

Umgekehrt kann auch eine Änderung des Darm-Mikrobioms, z. B. durch Antibiotika, veränderte Ernährungsweise, Alter oder Stress, die inneren Uhren im Verdauungstrakt stören und so Stoffwechselerkrankungen begünstigen.

Gestörter Rhythmus: Auch ungesund für unsere Psyche

Immer mehr Hinweise sprechen für einen Zusammenhang von Störungen der zirkadianen Rhythmen und schlechter psychischer Gesundheit. Forscher aus Glasgow fanden heraus, dass erhöhte Aktivität während der Ruhezeiten und/oder Inaktivität während des Tages mit einem höheren Risiko für Stimmungsstörungen (wie Depressionen und bipolaren Störungen), einem schlechteren Wohlbefinden und auch langsameren Reaktionszeiten verbunden waren. Wie aktiv dabei die Studienteilnehmer (über 90000!) am Tag und in der Nacht waren, wurde mit einem Beschleunigungssensor am Handgelenk registriert.

Auch bei der saisonal auftretenden Winterdepression oder der weniger bekannten Sommerdepression geht man davon aus, dass eine „verstellte innere Uhr“ und ein damit verbundenes hormonelles Ungleichgewicht zu den Beschwerden führt.

Tageszeitliche Regulation des Immunsystems

Die Steuerung des Immunsystems unterliegt ebenfalls einer zirkadianen Rhythmik. So kann die Schwere einer Virusinfektion z.B. davon abhängen zu welcher Tageszeit die Ansteckung erfolgte. Denn die Anzahl von Immunzellen im Blut und im Gewebe und auch die Stärke von Entzündungsreaktionen schwanken im Tagesverlauf. Ist die innere Uhr beeinträchtigt, erleichtert dies die Vermehrung von Viren im Körper. Menschen mit gestörtem Tagesrhythmus sind daher oft anfälliger für Viruserkrankungen.

Tipps für den Richtigen Takt

Sicher ist es nicht immer einfach im Einklang mit der inneren Uhr zu leben. Arbeit, Schule und auch unser Privatleben lassen dies oft nicht zu. Um trotzdem möglichst „im Takt zu bleiben“ sollten Sie folgendes beachten:

  • Regelmäßige Essenszeiten
  • Am Tag Tageslicht „tanken“, Schlafen im Dunkeln (Lichthygiene)
  • Mit der richtigen Schlafhygiene für guten Schlaf sorgen

Die Innere Uhr im Visier der Forschung

Die Chronobiologie, die Wissenschaft von den inneren Uhren, hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht. Forscher haben entdeckt, dass fast alle Lebewesen über innere Uhren verfügen, die es ihnen ermöglichen, ihr Verhalten und ihre Körperfunktionen an den natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht anzupassen.

Ein Winziges Netzwerk mit großer Wirkung

Ein winziges neuronales Netzwerk reicht aus, um den Tagesrhythmus der Fruchtfliege Drosophila melanogaster zu steuern. Fast alle Lebewesen besitzen eine innere Uhr, die es ihnen ermöglicht, ihr Verhalten und ihre Körperfunktionen an den natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht anzupassen. Dieser sogenannte circadiane Rhythmus wird von einem komplexen Netzwerk aus spezialisierten Nervenzellen gesteuert. Bei der Fruchtfliege, einem zentralen Modellorganismus für die Chronobiologie, besteht dieses Uhrennetzwerk aus etwa 240 Neuronen. Diese Komplexität macht es zu einer Herausforderung, die genaue Funktionsweise des Taktgebers zu entschlüsseln.

Um die grundlegenden Prinzipien des Uhrennetzwerks zu verstehen, verfolgte das Forschungsteam eine simple Strategie: Es untersuchte ein radikal vereinfachtes System. „Wir haben in unserem Experiment die innere Uhr so manipuliert, dass diese ausschließlich in einer winzigen Gruppe von vier spezifischen Neuronen aktiv war, von denen sich zwei in jeder Gehirnhälfte befinden“, erklärt Nils Reinhard. Das Ergebnis war verblüffend: „Diese vier Neuronen allein reichten aus, um den grundlegenden Aktivitätsrhythmus der Fliege aufrechtzuerhalten“, so Reinhard. Tatsächlich zeigten die Tiere trotz dieser drastischen Reduktion ihr typisches Verhalten mit einer Aktivitätsphase am Morgen und einer am Abend welche auch in der Abwesenheit von äußeren Umwelteinflüssen bestehen blieben.

Die Forschenden konnten zudem die exakten Signalwege identifizieren, mit denen diese vier Uhrneurone ihre Zeitinformation kommunizieren, wobei sie für Morgen- und Abendaktivität zwei unterschiedliche chemische Botenstoffe nutzen:

  • Morgenaktivität: Hierfür nutzen die Neuronen das Neuropeptid CCHamid-1 (CCHa1).
  • Abendaktivität: Diese wird über den klassischen Neurotransmitter Glutamat gesteuert.

Wie die Experimente des Würzburger Forschungsteams zeigen, besitzt dieser minimale Schaltkreis bereits alle notwendigen Werkzeuge, um den grundlegenden Tagesrhythmus zu orchestrieren.

Die Innere Uhr als föderales System

Der Körper braucht zwingend den natürlichen Hell-Dunkel-Wechsel als Zeitgeber. Nahrungsaufnahme kann die circadiane Uhr zwar auch auf exakt 24 Stunden eichen - sie führt aber nur zu halbwegs synchronen inneren Zeitmessern. Offenbar ist das Uhrensystem organisiert ist wie ein föderaler Staat, den die einzelnen Landesregierungen am Laufen halten können, auch wenn die Bundesregierung mal schwächelt. „Dieses System ist letzten Endes stabiler als eines, das sich ausschließlich auf den suprachiasmatischen Nukleus verlässt“, sagt Eichele.

Die Innere Uhr im Alltag: Beispiele und Auswirkungen

Wie unterschiedlich die innere Uhr von Menschen ticken kann, dafür ist Ludwig der Zweite von Bayern ein eindrucksvolles Beispiel: Historischen Quellen zufolge ging der Monarch üblicherweise nachts seinen Regierungsgeschäften nach, den Tag dagegen verschlief er weitgehend. Ob der Märchenkönig unter einer Störung litt, die seinen Schlaf-Wachrhythmus durcheinandergebracht hat, darüber kann zwar auch Gregor Eichele nur spekulieren.

Schlafstörungen durch blaues Licht

Viele Schlafstörungen werden auch damit in Verbindung gebracht, dass wir zu viel blauem Licht ausgesetzt sind. Blaues Licht ist ganz natürlich im Sonnenlicht enthalten und hilft dem Körper, Tag und Nacht zu unterscheiden. Das Problem ist, dass wir durch LED-Lampen und Bildschirme von Fernseher, Laptop und Smartphone einer Überdosis blauen Lichts ausgesetzt sind und die Ausschüttung von Melatonin dadurch gehemmt wird. Die Folgen sind Schlafstörungen und, dadurch dass das blaue Licht stärker flackert, auch Kopfschmerzen und Augenerkrankungen, die bis zur Zerstörung der Netzhaut gehen können.

Die Innere Uhr und die Verdauung

Wenn wir häufig zum falschen Zeitpunkt essen, vor allem in unserer nächtlichen Ruhephase, geraten die inneren Uhren unserer Verdauungsorgane aus dem Takt - mit negativen Folgen für den Stoffwechsel. Unsere Nahrung kann die inneren Uhren unserer Verdauungsorgane also verstellen - unabhängig vom Tageslicht und von der Zentraluhr im Gehirn.

Lübecker Forscher haben herausgefunden, dass ausgerechnet abends wir besonders viel Lust auf Kohlenhydrate und Zucker haben - und gleichzeitig sinkt der Blutzuckerwert abends nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit langsamer als morgens.

Chronotypen im Berufsleben

Die meisten Menschen gehören zur Gruppe der natürlichen "Eulen". Die durchschnittliche Aktivitätskurve des Menschen steigt morgens nach dem Aufwachen stark an, nach dem Mittagstief folgt ein zweites Leistungshoch. Während diese Kurve bei aus eigenem Antrieb Frühaufstehenden - den sogenannten Lerchen - früher beginnt, kommen die "Eulen" morgens erst viel später in Schwung.

Wenn "Eulen" frühmorgens vor der Arbeit schon ausgiebig frühstücken, kann das negative Folgen für ihren Stoffwechsel und ihr Gewicht haben, denn ihr Stoffwechsel verarbeitet Kohlenhydrate morgens genauso schlecht wie am Abend, und ihr Blutzuckerspiegel bleibt nach einem reichhaltigen frühen Frühstück länger erhöht. Für Eulen wie für Lerchen gilt letztlich, längere Essenspausen einzuhalten, vor allem abends und nachts.

Leben wir im Einklang mit unserem Biorhythmus, wirkt sich das positiv auf unseren Alltag aus: Wir sind leistungsfähiger, konzentrierter und machen weniger Fehler - auch im Beruf. Manchmal ist es möglich, den Arbeitsbeginn entsprechend dem Chronotypen nach vorne oder hinten zu schieben oder anspruchsvolle Aufgaben in die Zeit zu legen, in der wir unser Leistungshoch haben. In Berufen, die im Schichtsystem arbeiten, gilt daher die Empfehlung, nicht mehr als drei Nachtschichten hintereinander zu arbeiten. Zudem ist es ratsam, die Schichten mit der Uhr zu rotieren: Also von der Frühschicht in die übernächste Spätschicht, von der Spätschicht in die übernächste Nachtschicht. Dauerhafte Nachtarbeit dagegen vertragen Menschen in der Regel gut: Denn der Schlafrhythmus verlegt sich in den Tag. Ein fester Rhythmus mit regelmäßiger Nachtruhe ist wichtig für unsere körperliche und psychische Gesundheit. Wer seine innere Uhr dauerhaft ignoriert, leidet oft an Schlafstörungen, Erschöpfung, Konzentrationsschwäche, oder einer längeren Reaktionszeit. Die Wahrscheinlichkeit steigt, Fehler zu machen oder gar einen Unfall zu verursachen.

Innere Uhr und Medikamentenwirksamkeit

Auch die einzelnen Organe unterliegen rhythmischen Aktivitätsschwankungen. Beispielsweise verwertet die Leber Nahrung nur zu bestimmten Tageszeiten. Dies natürlichen Rhythmen beeinflussen auch die Wirksamkeit von Medikamenten. Dieses Wissen lässt sich auch gezielt einsetzen, wie zum Beispiel bei der Behandlung von Krebspatienten: Wenn die zeitlichen Fenster der biologischen Prozesse im menschlichen Körper beachtet werden, kann während der Chemotherapie eine geringere Konzentration von Zytostatika verabreicht werden.

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