Taubheitsgefühl auf der Zunge: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Ein Taubheitsgefühl auf der Zunge ist eine Sensibilitätsstörung, bei der Sinnesreize verändert wahrgenommen werden. Es kann verschiedene Ursachen haben, von harmlosen Reizungen bis hin zu ernsten Erkrankungen. In den meisten Fällen verschwindet das Taubheitsgefühl nach einigen Tagen von selbst. Es ist jedoch wichtig, die Ursache abzuklären, wenn das Taubheitsgefühl anhält oder von anderen Symptomen begleitet wird.

Ursachen für ein Taubheitsgefühl auf der Zunge

Ein Taubheitsgefühl der Zunge kann vielfältige Ursachen haben. Einige der häufigsten Ursachen sind:

  • Reizung oder Schädigung der Nerven: Das Taubheitsgefühl entsteht durch eine Reizung oder Schädigung der Nerven. Folglich können die Reizimpulse nicht mehr weitergeleitet werden. Bei einem Taubheitsgefühl der Zunge liegt meist eine Reizung/ Schädigung des N. trigeminus (5. Hirnnerv) vor. Dieser Nerv kann in seinem Verlauf an verschiedenen Stellen geschädigt werden. Beispielsweise kann dieser im Rahmen einer Infektion der Nasennebenhöhle oder des Mundraumes irritiert werden. Neben einer Beeinträchtigung der Nervenfunktion kann auch eine Schädigung spezieller Hirnareale zu Sensibilitätsstörungen führen.
  • Lokale Betäubung beim Zahnarzt: Die Leitungsanästhesie beschreibt eine lokale Betäubung der Nerven, um eine schmerzfreie Zahnbehandlung zu ermöglichen. Hierbei wird ein Ast des N. trigeminus mit einem Lokalanästhetikum (Lidocain) betäubt. Die Betäubung setzt nach wenigen Minuten ein und hält bis zu zwei Stunden. Meist wird die Muskelkraft der Lippe geschwächt und auch die Zunge kann nicht mehr richtig bewegt werden. Zudem fühlt sich die Zunge pelzig und geschwollen an. Eine Weisheitszahn- OP kann durch verschiedene Erkrankungen, wie wiederkehrende Entzündungen oder bei Kiefergelenkschmerzen notwendig sein. Für die OP wird die betroffene Stelle betäubt um Schmerzen auszuschalten. Anschließend wird der Weisheitszahn chirurgisch entfernt.
  • Schlaganfall: Ein akut eingetretenes Taubheitsgefühl der Zunge kann auf einen Schlaganfall hinweisen. Der Schlaganfall wird durch eine Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst. Die Durchblutungsstörung kann durch arteriosklerotische Veränderungen oder durch Blutgerinnsel, welche die Gefäße verstopfen, ausgelöst werden. Weiterhin kann auch eine Hirnblutung zu einer Minderversorgung des Gewebes führen. Das betroffenen Areal wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Je nachdem welches Areal betroffen ist, können verschiedene Funktionsstörungen entstehen. Weiterhin können Lähmungen, Sprach- und Sensibilitätsstörungen auftreten.
  • Folsäuremangel: Die Folsäure ist ein essentielles Vitamin, welches Bestandteil der DNA ist. Sie steuert wichtige Prozesse im Körper, unter anderem die Zellvermehrung, den Energiestoffwechsel und den Fettstoffwechsel. Vor allem letzteres ist wichtig für den Aufbau von Zellmembranen und Myelinscheiden. Bei einem länger bestehendem Folsäuremangel entstehen neurologische Symptome, da die Impulse verzögert weitergeleitet werden. Durch einen chronischen Folsäure- Mangel entsteht eine Blutarmut, welche wieder zu Schwindel, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche führt.
  • Multiple Sklerose (MS): Auch im Rahmen einer Multiplen Sklerose kann es zu Schädigungen bestimmter Bereiche des Gehirns kommen, die eine (vorübergehende) Taubheit der Zunge, aber beispielsweise auch Sehstörungen zur Folge haben können.
  • Burning-Mouth-Syndrom (Zungenbrennen): Das Burning-Mouth-Syndrom (Zungenbrennen) zeigt sich durch Empfindungsstörungen in der Mundhöhle, darunter Brennen, Kribbeln, stechende Schmerzen oder ein Taubheitsgefühl. Auch die Zunge kann davon betroffen sein.
  • Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD): Bei der sogenannten Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) handelt es sich um eine Funktionsstörung des Kausystems.
  • Infektionen: Als eines von vielen Symptomen bei mit dem Coronavirus infizierten Personen wurden auch Veränderungen der Zunge beobachtet. Diese werden als "Corona-Zunge" bezeichnet und können sich durch Schwellungen, Rötungen oder einen Belag auf der Zunge und im Mundraum bemerkbar machen.
  • Verbrennungen: Ein beherzter Schluck aus der heißen Teetasse oder ein hungriger Biss in die ofenheiße Pizza und schon ist die Zunge verbrannt und die Zungenspitze taub. Auch der Gaumen kann betroffen sein. Die Folge ist ein unangenehmes Gefühl im Mund, das jedoch im Falle eine leichten Verbrennung nach ein bis zwei Tagen von allein wieder vorübergeht.
  • Medikamente: Auch einige Medikamente können als Nebenwirkung Missempfindungen im Mund auslösen. So beispielsweise Lidocain, welches als örtlich betäubendes Mittel zur Schmerzlinderung bei einer Mundschleimhautentzündung eingesetzt wird. Ein beeinträchtigtes Geschmacksempfinden und eine taube Zunge sind dabei nicht ungewöhnlich.
  • Mundhöhlenkrebs: Auffälligkeiten an der Mundschleimhaut, die länger als 2 Wochen bestehen, sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Rauchen und Alkoholkonsum sind wesentliche Risikofaktoren für die Entwicklung von Mundhöhlenkrebs. Erstes Anzeichen können nichtabwischbare weiße oder rote Flecken (Leukoplakie bzw. Erythroplakie), zunächst nicht schmerzende Wunden oder Schwellungen sein, die länger als 2 Wochen bestehen.
  • Allergische Reaktionen: Allergien auf bestimmte Lebensmittel, Medikamente oder Substanzen können eine sofortige Reaktion auf der Zunge auslösen. Oft tritt das Kribbeln zusammen mit Schwellungen, Juckreiz oder anderen Symptomen auf. Insbesondere bei Nahrungsmittelallergien können Nüsse, Früchte oder Gewürze die Zunge irritieren.

Begleitende Symptome

Je nachdem welche Grunderkrankung vorliegt, können unterschiedliche Symptome auftreten.

  • Bei einem Schlaganfall treten häufig Symptome wie Sprach- und Sehstörungen auf.
  • Bei einer Multiplen Sklerose leiden die Patienten an Taubheitsgefühlen in anderen Bereichen und an Sehstörungen.
  • Schmerzen können als begleitendes Symptom auftreten. Vor allem Patienten, die an einer Trigeminusneuralgie leiden, beschreiben Schmerzattacken und Sensibilitätsverlust im Gesicht. Weiterhin können im Rahmen von einer Multiplen Sklerose oder nach einem Schlaganfall Schmerzen entstehen. Darüber hinaus können Schmerzen auch nach einer Weisheitszahn-Op entstehen.
  • Ein Kribbeln auf der Zunge kann verschiedene Ursachen haben, von harmlosen Allergien bis hin zu schwerwiegenderen neurologischen Problemen.

Diagnose

Zunächst sollte der behandelnde Arzt eine ausführliche Anamnese (Erfassung der Krankengeschichte) erheben. Hierbei ist der zeitliche Verlauf und die begleitenden Symptome besonders wichtig. Ein akutes Geschehen mit Lähmung, Sprach- und Sehstörungen kann auf einen Schlaganfall weisen und muss sofort abgeklärt werden. Hierfür ist ein CT des Schädels notwendig. Weiterhin sollte eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Die begleitenden Symptome sollten genau erfasst werden. Anschließend kann der Arzt eine Diagnose stellen bzw. weitere Untersuchungen veranlassen.

Um ungeklärtem Zungenbrennen auf den Grund zu gehen, erkundigt sich der Arzt zuerst nach Ihrer Krankengeschichte (Anamnese). Er fragt Sie zum Beispiel, seit wann Sie das Brennen auf der Zunge haben, ob es in manchen Situationen stärker ist und ob Sie noch andere Beschwerden haben. Außerdem erkundigt er sich, ob Sie irgendwelche Medikamente nehmen und ob eine Grunderkrankung bei Ihnen bekannt ist.

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Ein Blick in den Mund liefert dem Arzt manchmal schon wichtige Informationen. Normal ist eine blassrote Zunge (auch an den Rändern), die leicht feucht und gut beweglich ist und auf der Oberfläche keine Veränderungen hinsichtlich Struktur oder Färbung aufweist. Finden sich dagegen beispielsweise weiße Stippchen auf geröteter Schleimhaut (Zunge, Mundraum), spricht dies für eine Hefepilzinfektion (Mundsoor). Ist die Zunge entzündet (etwa infolge von Vitamin-B12- oder Eisenmangel), zeigt sie eine starke Rötung. Tiefe Risse in der Zunge sind oftmals ein Hinweis auf Probleme mit dem Verdauungstrakt (Achtung: Eine rissige Zunge hat nicht immer Krankheitscharakter!).

In vielen Fällen von Zungenbrennen sind aber keine äußerlichen Veränderungen auf der Zunge oder im Mundraum erkennbar. Dann ist der Arzt für eine Diagnose auf weitere Untersuchungen angewiesen. In Frage kommen zum Beispiel:

  • Blutuntersuchungen: Mit ihrer Hilfe lässt sich beispielsweise ein Eisen- oder Vitaminmangel beziehungsweise eine dadurch bedingte Blutarmut (Anämie) nachweisen.
  • Test zur Speichelproduktion: Damit kann der Arzt feststellen, ob Mundtrockenheit vorliegt, welche die brennende Zunge verursacht.
  • Allergietests: Sie können weiterhelfen, wenn der Arzt vermutet, dass das Brennen auf der Zunge oder im Mund eine allergische Reaktion etwa auf Metallfüllungen sein könnte.

Um die Ursache für das Zungenbrennen zu ermitteln, kann die Beteiligung verschiedener Fachärzte (HNO-Arzt, Zahnarzt, Dermatologie, Neurologe, Psychiater etc.) notwendig sein.

Behandlung

Die Behandlung richtet sich nach der zugrundeliegenden Erkrankung.

  • Falls ein Taubheitsgefühl nach einer Zahn-OP entsteht, benötigt der Körper Zeit um sich zu regenieren. Durch die OP und die Leitungsanästhesie sind die Nerven vorübergehend gereizt. Bei einem Schlaganfall sollte der Patient in eine Klinik mit einer Stroke Unit eingewiesen werden. Dort werden spezielle Therapiemaßnahmen eingeleitet. Unter anderem erfolgt dort die sogenannte Lysetherapie. Sie soll das Blutgerinnsel auflösen und das verstopften Gefäß befreien.
  • Falls der Verdacht auf einen chronischen Folsäure Mangel besteht, sollte der Wert im Blut untersucht werden. Bei einem Mangel sollte Folsäure substituiert werden. Die richtige Dosierung sollte der behandelnde Arzt festlegen. Weiterhin können betroffene Patienten auf ihre Ernährung achten.
  • Liegt ein Nährstoffmangel vor, können Nahrungsergänzungsmittel oder eine Ernährungsumstellung mit vitaminreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Eiern oder grünem Gemüse helfen, das Symptom zu lindern.
  • Wenn das Kribbeln durch eine allergische Reaktion ausgelöst wird, können Antihistaminika eingenommen werden. Ratsam ist es zudem, das auslösende Lebensmittel zu meiden. Falls das Kribbeln eine Nebenwirkung von Medikamenten ist, sollte der behandelnde Arzt eine Anpassung der Dosierung oder einen Wechsel des Medikaments vornehmen.
  • Bei neuropathischen Ursachen sind oft spezifische Behandlungen notwendig, um den Nervenschaden zu behandeln oder zu lindern. Liegt das Burning-Mouth-Syndrom vor, wird zumeist versucht, die Schmerzen zu lindern. Über eine wirkungsvolle Behandlung liegen derzeit aber keine aussagekräftigen Studien vor. Mitunter werden Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen therapeutisch eingesetzt.

Einige einfache Maßnahmen können die Beschwerden wirksam lindern:

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  • Kühlen: Eiswürfel lutschen oder kaltes Wasser trinken - Kälte beruhigt die Nerven.
  • Speichel anregen: Zuckerfreier Kaugummi oder Bonbons fördern den Speichelfluss und schützen die Schleimhaut.
  • Spülen: Kamillentee wirkt entzündungshemmend (auch bei starken Zahnschmerzen), Salzwasser desinfizierend - ideal zum Spülen.
  • Reizstoffe meiden: Verzichten Sie auf scharfe, saure oder heiße Speisen, Alkohol und Tabak.

Dauer und Prognose

Für die Dauer des Taubheitsgefühles lässt sich keine allgemeingültige Aussage treffen. Ein Taubheitsgefühl nach einer Zahn-OP sollte nach ein paar Tagen verschwunden sein. Bei einem Schlaganfall können die Symptome ein leben lang anhalten, wenn die Therapie nicht rechtzeitig eingeleitet wird.

Auch für die Prognose lässt sich keine klare Antwort geben. Die Prognose einer Sensibilitätsstörung nach einer Zahn-OP ist sehr gut. Auch die Prognose eines Folsäure Mangels ist gut, wenn die entsprechende Therapie eingeleitet wird. Im Gegensatz dazu ist die Prognose eines Schlaganfalles individuell recht unterschiedlich.

Vorbeugung

Um einer brennenden Zunge vorzubeugen, hilft ein achtsamer Umgang mit Ernährung, Lebensstil und Mundgesundheit:

  • Nährstoffreich essen: Achten Sie auf ausreichend Vitamin B12, Eisen und Folsäure - und meiden Sie stark gewürzte oder saure Speisen.
  • Reizstoffe vermeiden: Reduzieren Sie Tabak und Alkohol, um die Schleimhäute zu schützen.
  • Genug trinken: Halten Sie den Mund durch regelmäßiges Wassertrinken feucht.
  • Stress abbauen: Entspannung fördert auch die Mundgesundheit.
  • Vorsorge ernst nehmen: Regelmäßige Arztbesuche und Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt helfen, mögliche Ursachen früh zu erkennen.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Ein kurzfristiges Kribbeln der Zunge ist meist harmlos. Wenn das Symptom jedoch wiederkehrend oder dauerhaft auftritt, sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Vor allem bei Begleitsymptomen wie Schwellungen, Taubheit oder Sprachproblemen könnte eine ernsthafte Ursache vorliegen.

Anhaltende Beschwerden: Wenn das Brennen länger als einige Tage besteht und keine Besserung eintritt. Zusätzliche Symptome: Mundtrockenheit, die nicht auf zu wenig Trinken zurückzuführen ist Veränderter Geschmackssinn, z. B. metallisch oder bitter Auffälligkeiten an der Zunge, etwa weiße Beläge, Rötungen oder Schwellungen Schmerzen beim Essen oder Trinken, die den Alltag erschweren.

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