Die Frage, ob Alzheimer eine Behinderung darstellt, ist komplex und vielschichtig. Um sie zu beantworten, ist es wichtig, die Konzepte von Demenz und Behinderung zu verstehen und die verschiedenen Stadien der Alzheimer-Krankheit zu berücksichtigen.
Demenz und Alzheimer: Was ist der Unterschied?
Es ist wichtig zu verstehen, dass "Demenz" und "Alzheimer" nicht dasselbe sind. Demenz ist ein Oberbegriff für ein Muster von Symptomen, das verschiedene Ursachen haben kann. Diese Symptome führen zu einer Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten im Vergleich zum früheren Zustand. Alzheimer hingegen ist die häufigste Ursache von Demenz.
Symptome und Ursachen von Demenz
Eine Demenz führt dazu, dass sich verschiedene geistige Fähigkeiten im Vergleich zum früheren Zustand verschlechtern. Zunächst: Es gibt eine ganz normale Vergesslichkeit, bei einigen Menschen mehr, bei anderen weniger stark. Wenn Sie ab und zu Ihren Schlüssel verlegen, einen Termin vergessen oder Ihnen der Name eines Bekannten nicht einfällt, dann ist das kein Grund zur Beunruhigung. Treten jedoch häufig und über längere Zeit Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, der Konzentration oder der Orientierung auf (man kann sich nicht mehr erinnern, einen bestimmten Termin überhaupt vereinbart zu haben, oder man findet sich in neuen Umgebungen wesentlich schlechter zurecht als früher), so ist dies ein Grund, einen Arzt aufzusuchen. Auch bei stärkeren Schwankungen der Stimmungslage und geistigen Fähigkeiten ist es gut, einen Arzt zu kontaktieren.
Die genannten Symptome können ganz verschiedene Ursachen haben und stehen nicht unbedingt im Zusammenhang mit einer Demenz. Sie können beispielsweise durch Stress, Burn-out, seelische Belastungen, Depressionen oder auch eine Umstellung des Hormonhaushalts - wie in den Wechseljahren - hervorgerufen werden. Weitere körperliche Ursachen sind unter anderem eine Unterfunktion der Schilddrüse, ein erhöhter Hirndruck, wie er im Alter auftreten kann, oder ein Tumor.
Die Diagnose von Demenz und Alzheimer
Die Diagnose von Demenzerkrankungen lässt sich bei den meisten Betroffenen mit einfachen Mitteln stellen. Auch die Alzheimer-Krankheit kann mit geringem diagnostischen Aufwand gut erkannt werden. Die Ärztin oder der Arzt muss bei Patientinnen und Patienten mit Störungen des Gedächtnisses, der Orientierung, der Sprache oder des Denk- und Urteilsvermögens eine sorgfältige Untersuchung durchführen, um behebbare Ursachen dieser Leistungsstörungen auszuschließen, einen individuell abgestimmten Behandlungsplan zu entwerfen und die Betroffenen und ihre Familien aufzuklären und zu beraten. Sofern Warnsignale vorliegen, zum Beispiel Vergesslichkeit für wiederkehrende Ereignisse und alltägliche Begebenheiten, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.
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Behandlungsmöglichkeiten bei Demenz
In der Behandlung von Menschen mit einer Demenzerkrankung spielen auch Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden in erster Linie zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung sowie zur Milderung von psychischen und verhaltensbezogenen Symptomen eingesetzt. Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.
Demenz als Behinderung im Sinne des Gesetzes
Das Sozialgesetzbuch (SGB IX, Artikel 1, § 2) definiert Menschen als behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Grad der Behinderung (GdB) bei Demenz
Demenz zählt nach der "GdB-Tabelle" zu den "organisch-psychischen Störungen". Der Grad der Behinderung (GdB) wird je nach Schweregrad der Erkrankung festgelegt. Bei einer mittelgradig ausgeprägten Störung, die deutliche Auswirkungen im Alltag hat, beträgt der GdB bereits 50 bis 60 Prozent. In schweren Fällen kann er 70 bis 100 Prozent betragen.
Schwerbehindertenausweis bei Demenz
Ab einem GdB von 50 gilt man als schwerbehindert und hat Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis. Dieser Ausweis ermöglicht den Zugang zu verschiedenen Nachteilsausgleichen und Vergünstigungen.
Stadien der Demenz und ihre Auswirkungen auf den GdB
Der GdB bei Demenz wird nach der Schwere der Symptome eingeteilt. Daher ist es nicht möglich, pauschale Zahlen zu nennen. Die Behinderung bei Demenz wird individuell festgelegt. Die Einstufung wird vorgenommen auf Grundlage von ärztlichen Unterlagen und medizinischen Gutachten. Auch Berichte von Pflegekräften können bei der Bewertung hilfreich sein.
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Leichte Demenz (GdB 30-40)
In der frühen Phase der Krankheit sind die Patienten meist noch recht selbständig, können sich in ihrem Alltag gut bewegen und brauchen nur wegen der Vergesslichkeit etwas Unterstützung. Leichte Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung und leichte Einschränkungen im Alltag sind kennzeichnend.
Mittelschwere Demenz (GdB 50-70)
Im mittleren Stadium treten deutliche Gedächtnisstörungen auf, die Patienten haben Probleme sich zu orientieren und werden zunehmend hilfloser. Hilfsbedürftigkeit bei alltäglichen Aufgaben wie Haushalt und Körperpflege ist typisch.
Schwere Demenz (GdB 80-100)
In der letzten Krankheitsphase machen schwere Gedächtnis- und Orientierungsstörungen einen selbständigen Alltag unmöglich, die Patienten sind auf dauerhafte Betreuung und Pflege angewiesen.
Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis bei Demenz
Bei einer Schwerbehinderung durch Demenz werden im Schwerbehindertenausweis bestimmte Merkzeichen eingetragen, um die Einschränkungen deutlich zu machen.
- G: Erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit
- aG: Außergewöhnliche Gehbehinderung
- B: Notwendigkeit einer ständigen Begleitung
- H: Hilflosigkeit (Unterstützungsbedarf beim Essen oder der Körperpflege)
- RF: Befreiung von der Rundfunkgebühr (GEZ)
Vorteile und Leistungen mit einem Schwerbehindertenausweis bei Demenz
Ein Behindertenausweis bei Demenz ist in vieler Hinsicht vorteilhaft. In diesem Ausweis werden die Einschränkungen eingetragen, unter denen der Betroffene leidet.
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Finanzielle Vorteile
- Pauschaler Steuerfreibetrag (je nach GdB und Merkzeichen zwischen 384 und 7.400 Euro)
- Reduzierung der Kraftfahrzeugsteuer (wenn das Auto auf den Demenzkranken zugelassen ist)
Weitere Vorteile
- Preisnachlässe oder kostenloser Transport im öffentlichen Nahverkehr
- Ermäßigung oder Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
- Parkerleichterungen (mit Merkzeichen aG)
- Besonderer Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis (ab GdB 50)
- Möglichkeit, früher ein flexibles Altersruhegeld ohne Abzüge zu beantragen
Antragstellung und Verfahren
Zuständige Stellen
Für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises sind in den meisten Bundesländern die Versorgungsämter zuständig. In Nordrhein-Westfalen sind die Kreise und kreisfreien Städte zuständig.
Erforderliche Unterlagen
- Lichtbild
- Ärztliche Gutachten und Befundberichte
- Kontaktdaten der behandelnden Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Kliniken
Ablauf des Verfahrens
- Antragstellung beim zuständigen Versorgungsamt
- Das Versorgungsamt fordert Befundberichte von den behandelnden Ärzten an.
- Ein Amtsarzt wertet die Unterlagen aus und entscheidet über den GdB.
- Der Antragsteller erhält einen Bescheid mit dem Ergebnis.
- Bei Ablehnung oder unzureichendem Bescheid kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.
Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises
In den frühen Stadien der Demenz kann der Schwerbehindertenausweis befristet sein (maximal fünf Jahre). Bei schwerer Demenz wird in der Regel ein unbefristeter Ausweis mit dem Merkzeichen "H" ausgestellt.
Herausforderungen und Besonderheiten bei Demenz
Schmerzerkennung und -behandlung
Bei Menschen mit Demenz kann es schwierig sein, Schmerzen zu erkennen, deren Ursachen zu verstehen, sie zu behandeln bzw. zu lindern. In fortgeschrittenen Stadien können die Betroffenen nur unzureichend oder gar nicht Auskunft geben, ob sie Schmerzen haben, wo diese auftreten und wie intensiv sie sind. Dann sind professionell Pflegende, Ärzte sowie Angehörige gefordert, die Patienten aufmerksam zu beobachten, ob Anzeichen für Schmerz vorliegen, und herauszufinden, welches die Ursachen sein könnten.
Höreinschränkungen
Wenn das Hören eingeschränkt ist oder wegfällt, hat dies große Auswirkungen auf die soziale Situation eines Menschen. Wenn eine Demenz hinzukommt, ist die Gefahr von sozialer Isolation, Fehldiagnosen und gesundheitlicher Fehlversorgung groß.
Demenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten
Bei Menschen mit Lernschwierigkeiten treten alle Formen der Demenz genauso auf wie in der Gesamtbevölkerung. Meist zeigen sie sich aber zu einem früheren Zeitpunkt, und ihre Symptomatik wird aufgrund der schon vorhandenen Einschränkungen erst später wahrgenommen. Da die Lebenserwartung von Menschen mit Lernschwierigkeiten erheblich gestiegen ist und weiter steigt, wird es immer wichtiger, Demenzerkrankungen frühzeitig zu erkennen, um einen angemessenen Umgang und die richtige Behandlung und Pflege zu ermöglichen.
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