Ist Fluorid schädlich für das Gehirn? Eine umfassende Analyse

Fluorid ist ein Mineral, das natürlicherweise in Wasser, Boden und Luft vorkommt. Es wird auch künstlich zu bestimmten Produkten wie Zahnpasta, Mundwasser und Trinkwasser hinzugefügt, um Karies vorzubeugen. Die Verwendung von Fluorid zur Kariesprävention ist seit langem ein Thema der öffentlichen Gesundheit, aber in den letzten Jahren sind Bedenken hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen von Fluorid auf die Gehirnfunktion aufgekommen.

Fluorid in der Kariesprävention

Es gibt eine hohe wissenschaftliche Evidenz für die Kariesprävention mittels Fluoriden. Die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) konnte einen deutlichen Kariesrückgang durch Fluoride unter Beweis stellen. Trotzdem grassiert die Frage, ob Fluoride für die Zähne wirklich notwendig sind. Dabei verbleibt die Bekämpfung der „Early Childhood Caries“ (ECC) als ein wichtiger Bestandteil der Prophylaxe. Daher ist es von großer Bedeutung, während der Betreuung die Eltern und Patient*innen von der Wichtigkeit der Fluoridapplikation durch lokal wirkende Zahnpflegeartikel zu überzeugen und mögliche Bedenken, hervorgerufen durch Argumentationen zur Neurotoxizität und Intelligenzminderung, aus dem Weg zu räumen.

Kontroverse um die Neurotoxizität von Fluorid

Eine Ursache für die Diskussion, ob die Fluoridapplikation ihre Berechtigung in der Prävention haben sollte, ist, dass Publikationen die toxikologischen Auswirkungen von Fluoriden auf den menschlichen Organismus aus In-vivo- und In-vitro-Studien vermuten lassen. Ziel des zweiteiligen Artikels ist, aus einer Plethora von Argumenten der Fluoridgegner dem Vorwurf der Neurotoxizität und der damit verbundenen Intelligenzminderung durch Fluoride in Form einer systematischen Literaturrecherche nachzugehen. Im zweiten Teil werden die Ergebnisse diskutiert und ein Fazit gezogen.

Studienergebnisse zu Fluorid und Intelligenz

Auswirkungen hoher Fluoridkonzentrationen auf die Gedächtnis- und Lernleistung

Es ist bekannt, dass Fluorionen sowohl die Bluthirnschranke überwinden können als auch die Plazenta durchqueren. Vor diesem Hintergrund untersuchten Niu et al. die Auswirkungen von Natriumfluorid auf Stress des Endoplasmatischen Retikulums (ER) und Autophagie (Abbau und Verwertung eigener Zellbestandteile, z. B. bei Fehlbildung). Dazu wurden jeweils zehn Ratten Fluoridkonzentrationen von 10, 50 und 100 mg/l Fluorid im Trinkwasser zur Verfügung gestellt, wobei die üblichen Trinkwasserfluoridierungen bei 0,7 mg/ (USA) bis maximal 1,2 mg/l liegen. Zudem gab es eine Kontrollgruppe von zehn Ratten, die kein fluoridiertes Trinkwasser erhielten. Um Rückschlüsse auf die Gedächtnisleistung treffen zu können, wurde über zwei Monate hinweg der Morris-Water-Maze-Test durchgeführt, bei dem an Nagetieren das Erlernen räumlicher Orientierung getestet wird. Ergänzend wurden permanente neuroblastenähnliche Zellen (SH-SY5Y) mit Natriumfluorid behandelt, um ein besseres Verständnis in Bezug auf die Neurotoxizität zu erhalten. Die Autoren konnten bestätigen, dass eine Exposition von Natriumfluorid in hohen Konzentrationen Lern- und Gedächtnisstörungen hervorruft. Zudem wurde übermäßiger Stress am ER nachgewiesen, was zu einem Autophagiedefekt in SH-SY5Y-Zellen führte.

Chen et al. untersuchten an Ratten und SH-SY5Y-Zellen, ob Natriumfluoridkonzentrationen (4,52, 22,6 und 45,2 mg/l) einen Einfluss auf die Synaptogenese (Bildung von Synapsen, Verbindungsstelle einer Nervenzelle mit einer anderen Zelle, dient der Reizweiterleitung) haben. Die Ergebnisse zeigten, dass die Exposition von Natriumfluorid während der Entwicklungsphase den Verlust von Zellbestandteilen (dendritischen Ästen und Stacheln) in den Neuronen des Hypocampus verursacht. Zudem wurde dargestellt, dass hohe Fluoridkonzentrationen zu einer Signalunterbrechung führen und eine fluoridinduzierte kognitive Defizitassoziation mit synaptischen Beeinträchtigungen entstehen kann.

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Tu et al. zeigten, dass Natriumfluorid in Konzentrationen von 40-60 mg/l eine Apoptose der aus einem Neuroblastom gewonnenen permanenten SH-S5SY-Zellen hervorrief. In Anbetracht dessen wurde die Dopaminproduktion und das Experimieren von Dopaminrezeptoren eingeschränkt, für welche die SH-SY5Y-Zellen zuständig sind. Bis dahin war unklar, ob es sich bei der Apoptose um einen P53-vermittelten Weg derselben handelt. P53 ist ein Protein, das in der Zelle vorliegt, um bei Schäden an der DNA dieser zu ermöglichen, sich selbst zu reparieren. Liegen jedoch zu viele P53-Proteine vor, so kann ein programmierter Zelltod ermöglicht werden, wodurch dieses Protein die Zelle vor unkontrolliertem Wachstum schützt. Bei Mutationen kann eine verstärkte Teilung herbeigeführt werden, sodass Krebserkrankungen entstehen. Tu et al. konnten durch eine weitere Exposition von 60mg/l Natriumfluorid über 24 Stunden hinweg jedoch zeigen, dass sich der Gehalt an P53 und weiteren Apoptose bedingten Proteinen stark erhöht, wodurch in den SH-SY5Y-Zellen ein programmierter Zelltod ausgelöst wird.

Einfluss der Fluoridkonzentration von Mutter zu Kind

Das und Mondal untersuchten den Zusammenhang zwischen Fluoridexposition, Dentalfluorose, Urinkonzentrationen, Intelligenzquotienten und dem Body Mass Index (BMI). Hierzu wurde eine Stichprobe von 149 Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 18 Jahren erhoben. Die Fluoridkonzentrationen wurden anhand der Wasserverbrauchsmuster der Proband*innen errechnet und lag im Bereich von 2,11 mg/l. Die höchste Fluoridkonzentration, die im Urin eines Kindes gefunden wurde, lag bei 17 mg/l. Trotz dieser hohen Fluoridexposition war nur ein als moderat einzustufender Befund im Hinblick auf eine Dentalfluorose zu registrieren. Die Ergebnisse zeigten eine positive Korrelation zwischen der Expositionsdosis einer Dentalfluorose und Urinfluorid sowie eine negative Korrelation zum Intelligenzquotienten und dem BMI. Daraus folgt, dass das Urinfluorid und die Dentalfluorose als Biomarker für die Fluoridtoxizität dienen können.

Die ELEMENT-Studie steht als Akronym für “Early Life Exposure in Mexico to Environmental Toxicants”. Dabei handelte es sich um eine groß angelegte Langzeitstudie, welche den Einfluss von Schadstoffen auf die Gesundheit von Kindern aus Mexiko City untersuchte. In diesem Zusammenhang publizierten Bashash et al. eine epidemiologische Längsschnittstudie zu der Frage, ob verminderte Intelligenz bei vier und sechs bis zwölf Jahre alten Kindern bestehe, wenn die Mutter während der Schwangerschaft hohen Fluoridkonzentrationen ausgesetzt wurde. Für die Studie wurden 500 Urinproben von Schwangeren und ihren Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren gesammelt. Der Wasserfluoridwert der Stadt Mexiko City lag zwischen 0,15 und 1,36 mg/l. Zur Intelligenzdiagnostik wurden altersentsprechende Intelligenztests mit den Kindern durchgeführt. Im Ergebnis zeigte sich mit dem Anstieg der mütterlichen Urinfluoridkonzentration auf 0,5 mg/l ein um 2,5 Punkte verringerter Intelligenzquotient der Nachkommen.

Till et al. (2018) konnten 1566 Frauen in Kanada rekrutieren und evaluierten Faktoren, wie Alter, BMI vor der Schwangerschaft, Bildung, Einkommensniveau, Konsum von Wasser und Tee sowie das Fluoridniveau aus der Trinkwasser- versorgung der Proband*innen. Die Studie zeigte mit steigendem Alter eine gesteigerte Fluoridkonzentration im Urin der Mütter. In Gebieten mit fluoridiertem Trinkwasser stieg die mütterliche Urinfluoridkonzentration über die drei Trimena der Schwangerschaft. Dieser lineare Anstieg kann eine Reihe von potenziellen Mechanismen widerspiegeln, die sich im Laufe der fetalen Entwicklung und Schwangerschaft ändern, wie z. B. die höhere Aufnahme von Fluorid in den fetalen Knochen im ersten Trimenon im Vergleich zum dritten, wenn das fetale Knochengewebe mineralisiert wird. Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss wiesen leicht höhere Urinfluoridkonzentrationen auf. Das Einkommensniveau und der BMI vor der Schwangerschaft stehen jedoch nicht im Zusammenhang mit einer erhöhten Urinfluoridkonzentration. Die stärkste Korrelation gab es zwischen dem Wasserfluoridgehalt und dem mütterlichen Urinfluorid. Dies deutet darauf hin, dass künstlich fluoridiertes Wasser die Hauptquelle der Fluoridaufnahme darstellt. Es konnte gezeigt werden, dass bei jedem Anstieg des Wasserfluoridspiegels um 0,5 mg/l auch ein Anstieg der Urinfluoridkonzentration von 74-82 Prozent erwartet werden kann. Der Konsum von schwarzem Tee war ebenfalls ein signifikanter Prädiktor für die mütterlichen Urinfluoridwerte und machte etwa fünf Prozent der Varianz aus. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Till et al. einen Zusammenhang zwischen fluoridiertem Trinkwasser, einem Anstieg des mütterlichen Urinfluorids und demzufolge einen niedrigeren IQ bei Kindern und Jugendlichen darstellen konnten. Dabei bleibt anzumerken, dass in Ländern wie Deutschland ohne Trinkwasserfluoridierung diese systemische Fluoridverfügbarkeit nicht erreicht wird.

Bashash et al. untersuchten auf Basis der ELEMENT-Studie den Zusammenhang zwischen pränataler Fluoridbelastung und den Symptomen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Es wurden 210 Mutter-Kind-Paare ausgewählt. Die Verhaltensweisen, die mit ADHS assoziiert werden, wurden mittels der spanischen Version der Conners‘ Rating Scales-Revised (CRS-R) bewertet. Die Verhaltensauffälligkeiten wurden mittels Fragebögen von Müttern und Kindern erhoben. Die Urinfluoridkonzentration wurde als geeigneter Biomarker für die Fluoridbelastung bestimmt. Es wurde eine positive Assoziation zwischen höheren pränatalen Fluoridexpositionen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern gezeigt. Erhöhte Konzentrationen konnten als Ursache für ADHS jedoch nicht bestätigt werden.

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Einfluss von Fluorid in der Säuglingsernährung

Durch die Einführung der Trinkwasser- fluoridierung konnte die Kariesprävalenz zwar deutlich gesenkt werden, jedoch ist zu beachten, dass Säuglinge, die Nahrung mit fluoridiertem Trinkwasser zubereitet bekommen, eine um etwa 70 Mal höhere Fluoridaufnahme aufweisen als ein Erwachsener. So zeigte sich, dass die Schmelzfluoroseprävalenz bei Kindern, die als Säuglinge mit Muttermilch ernährt wurden, geringer war.

Till et al. untersuchten den Zusammenhang zwischen Wasserfluoridkonzentration und den intellektuellen Fähigkeiten kanadischer Kinder, die mit Flaschennahrung oder Muttermilch ernährt wurden. Von 2008 bis 2011 wurden über das „Maternal-Infant Research on Environmental Chemicals“ schwangere Frauen aus zehn Städten in ganz Kanada und 601 Kinder ausgewählt. Vorab gaben alle Probandinnen während der Schwangerschaft Urinproben ab. Sie lebten in etwa zu gleichen Teilen in Gebieten mit und ohne Trinkwasserfluoridierung. Als die Kinder zwischen 30 und 48 Monaten alt waren, wurden die Mütter gebeten, einen Fragebogen zur Säuglingsernährung auszufüllen. Es wurde, um die intellektuellen Fähigkeiten von Kindern im Alter zwischen drei und vier Jahren zu untersuchen, der Wechsler-Intelligenztest durchgeführt. Bei ausschließlich gestillten Kindern konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Wasserfluoridkonzentration und einem verminderten Intelligenzquotienten festgestellt werden. Kinder, deren Ernährung mit fluoridiertem Trinkwasser hergestellt war, schnitten deutlich schlechter im Intelligenztest ab. Für jeden 0,5 mg/l Anstieg der Wasserfluoridkonzentration konnte eine Abnahme von 4,4 FSIQ-Punkten festgestellt werden. Eine stärkere Assoziation wurde zwischen Wasserfluoridierung und nonverbaler Intelligenz (PIQ) konstatiert. Für jeden 0,5 mg/l Anstieg der Wasserfluoridkonzentration ergab sich eine Abnahme des PIQ von 9,3 Punkten. Resümierend zeigte eine als optimal angesehene Wasserfluoridierung mit 0,7 mg/l sowohl pränatal, über den Wasserkonsum der Mutter, als auch postnatal, in Bezug auf die mit Kranwasser zubereitete Säuglingsnahrung, dass sich pro 0,5 mg/l erhöhte Trinkwasserfluoridierung eine Reduktion der intellektuellen-und nonverbalen Fähigkeiten beeinträchtigt um 9,3 Punkte zeigte, sodass sie die intellektuellen und nonverbalen Fähigkeiten beeinträchtigt. In Deutschland werden derartige Werte nicht erreicht. So lag der Fluoridgehalt des Trinkwassers in Köln im Jahr 2020 beispielsweise bei 0,13 mg/l. Lokale Fluoridierungsmaßnahmen vermögen nicht, sich auf die systemisch verfügbare Menge aufzuaddieren.

Fluorid in Zahnpasta: Nutzen und Risiken

Zahnpasta mit Fluorid oder ohne Fluorid? Das ist die grosse Frage und ein heiss diskutiertes Thema in der Gesundheitswelt. Immer mehr Verbraucher:innen haben Bedenken und entscheiden sich für fluoridfreie Zahnpasta. Dabei schwören sowohl Zahnärzt:innen, Ärzteverbände und Behörden auf Fluorid und empfehlen die Verwendung sogar ausdrücklich. Was ist also dran an der Annahme, dass Fluorid schädlich für die Gesundheit sei?

Wie Fluorid die Zähne schützt

Fluoride sind natürliche Mineralstoffe, die durch eine Verbindung mit dem Gas Fluor entstanden sind. Je nachdem, mit welchem Element Fluor sich bindet, entsteht Natriumfluorid, Aminfluorid oder Zinnfluorid. Dabei haben die Verbindungen komplett andere Eigenschaften als Fluor. Fluorid kommt in der Natur häufig vor und ist kein künstlicher Stoff. Sowohl Mineral- als auch Leitungswasser enthalten Fluorid. Wie viel, hängt von deinem Wohnort ab. In einigen Ländern wird das Leitungswasser zusätzlich fluoridiert, um die Bevölkerung vor Karies zu schützen. In Deutschland, Österreich und auch der Schweiz ist das allerdings nicht der Fall. Leitungswasser in Deutschland gilt mit einem Wert von unter 0,3 Milligramm pro Liter als fluoridarm. Bei Mineralwasser schwankt der Fluoridgehalt stark je nach Quelle.

Wie genau wirkt Fluorid auf die Zähne, sodass es zu einem Schutz vor Karies kommt? Der Zahnschmelz ist zwar das härteste Material im menschlichen Körper, aber trotzdem überaus empfindlich. Er besteht nämlich aus einem superfeinen Kristallgitter aus einem Stoff namens Hydroxylapatit. In diesem Gitternetz sind Mineralien wie Magnesium, Natrium, Kalzium und Phosphor eingelagert. In der Mundhöhle leben Millionen von Bakterien. Die meisten davon sind “gut” und für den Verdauungsprozess notwendig. Allerdings gibt es auch “böse” Kariesbakterien, die den Zahnschmelz angreifen. Und das funktioniert so: Diese Bakterien ernähren sich von Zucker, den sie verdauen und als Säure wieder ausscheiden.

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  1. Mit der Hilfe von Fluoriden können nach einer Demineralisation durch einen “Säureangriff” Kalziumphosphate schneller im Zahnschmelz aufgenommen werden. So schliessen sich die Schwachstellen im Zehnschmelzgitter schneller und die Bakterien haben weniger Zeit, sich in den Lücken einzunisten. Auch die Fluoride selbst werden im Zahnschmelz eingelagert.
  2. Bei regelmässiger Verwendung von Zahnpasta mit Fluorid legt sich eine Art Schutzfilm als Deckschicht über die Zähne. Statt den sauren pH-Wert mit Mineralien aus dem Zahnschmelz zu neutralisieren, wird zunächst die Schutzschicht angegriffen und nicht der Zahnschmelz selbst. Beim Zähneputzen dringt das Fluorid in den Zahnschmelz ein und nimmt den Platz von Hydroxid-Ionen ein. Es entsteht eine hauchdünne Schicht aus einem Mineral namens Fluorapatit. Es ist im Gegensatz zum Hydroxylapatit, aus dem unsere Zähne zum Grossteil bestehen, deutlich stabiler und fester. So schützt Fluorid die Zähne vor Säureangriffen.
  3. Fluorid hat eine antibakterielle Wirkung und bekämpft somit Bakterien, die sich bereits auf oder im Zahnschmelz befinden. Das Fluorid dringt dabei in die Bakterien ein und stört deren Stoffwechsel.

Bedenken und Risiken von Fluorid

Wenn Fluoride also so wirksam gegen Karies sind und von wichtigen Gesundheitsinstitutionen empfohlen werden, woher kommen dann die Zweifel? Häufig fallen Begriffe wie “Nervengift” oder “Neurotoxin”. Was richtet Fluorid also im restlichen Körper aus? In Sozialen Medien, Internetforen und alternativen Gesundheits-Blogs liest man oft Dinge wie: “Die Wahrheit über Fluorid”. Hier werden dann diverse gesundheitsschädigende Nebenwirkungen aufgezählt, die Verbraucher:innen Angst machen.

Fluorid ist zwar erwiesenermassen ein sehr wirksamer Schutz gegen Karies, allerdings solltest du hier lieber nach dem “Weniger ist mehr”-Grundsatz vorgehen und dich an die empfohlenen Mengen halten. Gerade für Kinder ist es wichtig, Fluorid richtig zu dosieren. Nehmen Kinder zu viel Fluorid zu sich, kann eine sogenannte Fluorose entstehen - eine Überdosierung von Fluorid, die sich als weisse Flecken auf den Zähnen zeigt. Die leichte Form der Dentalfluorose, die auch hierzulande auftreten kann, ist harmlos und lediglich ein ästhetisches “Problem”.

Wenn Menschen über einen langen Zeitraum besonders viel Fluorid aufnehmen, kann es zu der sogenannten Knochenfluorose beziehungsweise Skelettfluorose kommen. Hier ist die Knochendichte besonders hoch. Diese Werte sind sehr hoch und nur durch stark fluoridiertes Trinkwasser erreichbar. Da das Trinkwasser in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht fluoridiert wird, musst du dir keine Sorgen über eine mögliche Skelettfluorose machen.

Um die ersten Symptome einer Fluorid-Vergiftung wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Durchfall, Erbrechen und Benommenheit zu bekommen, müsste ein erwachsener Mensch mit 70 Kilogramm Körpergewicht mindestens 350 Milligramm Fluorid aufnehmen. Die wahrscheinlich toxische Dosis liegt nämlich bei fünf Milligramm Fluorid pro Kilogramm Körpergewicht. Und wie sieht es bei Kindern aus? Laut des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung ist selbst nach dem Verzehr einer ganzen Tube Kinderzahnpasta (mit einem Fluoridgehalt von 0,05 Prozent) lediglich mit Bauchschmerzen zu rechnen. Eine Vergiftung durch Fluorid ist also unwahrscheinlich.

Häufig ist der Grund für die Annahme, dass Fluorid schädlich oder sogar giftig sei, eine simple Verwechslung mit dem tatsächlich giftigen Gas Fluor. Fluorid hingegen ist ein komplett anderer Stoff mit völlig unterschiedlichen Eigenschaften.

Eine wissenschaftliche Studie, die 2017 vom US-amerikanischen National Health Institute zusammen mit verschiedenen Universitäten sowie Gesundheitsbehörden durchgeführt wurde, gab werdenden Eltern Grund zur Sorge. Das Ergebnis: Eine sehr hohe Fluoridzufuhr kann den IQ des Kindes langfristig mindern. Werdende Eltern können also aufatmen: Die Studien-Probandinnen nahmen deutlich mehr Fluorid zu sich, als hierzulande üblich ist.

Kritiker:innen von Fluorid behaupten, dass Fluoride die Zirbeldrüse verkalken würden. Tatsächlich gibt es viele Studien, die eine hohe Konzentration von Fluorid in der Zirbeldrüse festgestellt haben. Wichtig ist hier: Auch dieser Kritikpunkt bezieht sich auf fluoridiertes Wasser und nicht auf die Verwendung von Zahnpasta mit Fluorid. Es ist nicht auszuschliessen, dass fluoridiertes Wasser die Zirbeldrüse negativ beeinflusst und zu Schlafschwierigkeiten führen kann.

In hoher Dosis können Fluoride die Schilddrüsenfunktion tatsächlich hemmen. Allerdings ist der Fluoridgehalt in handelsüblicher Zahnpasta so gering, dass hier keine Bedenken bestehen - vor allem, da der Grossteil der Zahnpasta nicht heruntergeschluckt wird.

Die periorale Dermatitis ist ein roter Ausschlag, der sich um den Mund und am Kinn bildet und in etwa wie Akne aussieht. Er kommt vor allem bei Frauen zwischen 16 und 50 Jahren sowie bei Kindern vor. Die Ursachen sind nicht hinreichend geklärt, allerdings stehen neben der Anti-Baby-Pille und fettigen Gesichtscremes auch die Verwendung von Zahnpasta mit Fluorid sowie der Konsum von fluoridiertem Wasser im Verdacht. Falls du unter einem Ausschlag im Mundbereich leidest, solltest du Zahnpasta mit Fluorid und fettige Gesichtspflegeprodukte zumindest vorübergehend meiden und dich medizinisch durchchecken lassen.

Fluoridfreie Zahnpasta als Alternative

Fluoridfreie Zahnpasta liegt im Trend. Aber warum interessieren sich immer mehr Menschen dafür? Verbraucher:innen sind durch Gerüchte über die schädliche Wirkung von Fluorid auf den Körper verunsichert. Der Nachteil von fluoridfreier Zahnpasta liegt auf der Hand: Die drei kariesschützenden Effekte von Fluorid fallen weg. Fluoridfreie Zahnpasta kann den Zahnschmelz nicht in gleicher Weise mit einer Schutzschicht überziehen, die Remineralisation beschleunigen und Bakterien bekämpfen.

Wenn du kein Fluorid in der Zahnpasta verwendest, kann es nicht zu einer Fluorose kommen - zumindest nicht über die Zahnpasta. Fakt ist: Es gibt keinen “Fluoridmangel” im menschlichen Körper. Wir brauchen Fluorid also nicht zum Überleben.

Wenn du dir Sorgen über schädliche Inhaltsstoffe in deiner Zahnpasta machst, musst du nicht auf den Kariesschutz von Fluorid verzichten. In einem weiteren Punkt stimmen wir den Verfechter:innen von fluoridfreier Zahnpasta zu: Die gründliche mechanische Reinigung mit der Zahnbürste ist wichtiger als die Zusammensetzung der Zahnpasta. Eine gute und gründliche Zahnpflege ist auch mit einer fluoridfreien Zahnpasta gut möglich. Allerdings sind die richtige Zahnputztechnik und regelmässiges Zähneputzen besonders wichtig, um Kariesbakterien nicht die Möglichkeit zu geben, sich im Zahnschmelz einzunisten.

Fluoridfreie Zahnpasta eignet sich vor allem für Menschen, die auf anderem Wege schon ausreichend Fluorid zu sich nehmen - zum Beispiel für Kinder, die Fluoridtabletten einnehmen, oder Menschen, die in einer Region mit starker Trinkwasserfluoridierung leben.

Empfehlungen zur Fluoridanwendung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt folgende Empfehlungen zur Fluoridanwendung:

  • Bei einer Fluoridkonzentration im Trinkwasser von < 0,3 mg/l:
    • Säuglinge bis zum 1. Zahndurchbruch: Fluoridtabletten (0,25 mg Fluorid/Tag)
    • 1. Zahndurchbruch bis 12 Monate: Entweder Zähneputzen mit oder ohne Zahnpasta ohne Fluorid oder mit fluoridhaltiger Zahnpasta (1000 ppm Fluorid) in Reiskorngröße + 0,25 mg Fluorid/Tag
    • 12-24 Monate: Mit fluoridhaltiger Zahnpasta (1000 ppm Fluorid) in Reiskorngröße + fluoridhaltiger
    • Ab 2 Jahre: Mit fluoridhaltiger Zahnpasta (1000 ppm Fluorid) + fluoridhaltiger
  • Bei einer Fluoridkonzentration im Trinkwasser > 0,7 mg/l:
    • Weder für Kinder noch für Erwachsene fluoridiertes Speisesalz verwenden.

Es sollte darauf geachtet werden, dass in einem Haushalt neben fluoridierter Zahnpasta nur eine Form der Fluoridprophylaxe, fluoridiertes Speisesalz oder Fluoridsupplemente, angewandt wird, um eine Überversorgung zu vermeiden. Letzteres betrifft Säuglinge und Kleinkinder nicht, weil sie nur sehr geringe Mengen Speisesalz zu sich nehmen.

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