Ein Schlaganfall kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von Grund auf verändern. Oftmals bleiben körperliche und psychische Einschränkungen zurück, die eine umfassende Rehabilitation erforderlich machen. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für eine Kur nach einem Schlaganfall, die verschiedenen Rehabilitationsphasen und -maßnahmen sowie die rechtlichen Grundlagen und Antragsverfahren.
Die Folgen eines Schlaganfalls und die Bedeutung der Rehabilitation
Nach einem Schlaganfall ist es wichtig, so schnell wie möglich mit der Rehabilitation zu beginnen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Die Rehabilitation zielt darauf ab, die verloren gegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen, die Selbstständigkeit im Alltag zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen.
Ursachen und Behandlung des Schlaganfalls
In den meisten Fällen wird ein Schlaganfall durch einen Verschluss einer Gehirnarterie (Arteriosklerose) verursacht. Aber auch eine Hirnblutung kann einen Schlaganfall auslösen. Je schneller der Betroffene nach dem Auftreten des Schlaganfalls medizinisch behandelt wird, desto besser sind die langfristigen Folgen. Es gibt ein Zeitfenster von ein bis zwei Stunden, in dem erste sowie intensive medizinische Hilfe erfolgen muss.
Auswirkungen des Schlaganfalls auf verschiedene Hirnareale
Je nachdem, welche Form eines Apoplexes vorliegt, können die Folgen und die entsprechenden therapeutischen Hilfen sehr verschieden sein. Liegt ein hämorrhagischer Apoplex vor, wird die Hirnblutung durch eine Operation behandelt.
Rehabilitationsphasen nach einem Schlaganfall
Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall erfolgt in verschiedenen Phasen, die jeweils unterschiedliche Ziele und Schwerpunkte haben.
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Phase A: Akutbehandlung
In der Akutphase geht es darum, lebensrettende Maßnahmen einzuleiten und weitere Komplikationen zu verhindern.
Phase B: Frührehabilitation
Die Frührehabilitation beginnt in der Regel während des Krankenhausaufenthalts oder nach einer Verlegung in eine Spezialklinik. In dieser Phase liegt der Fokus auf der frühzeitigen Mobilisierung, der Vermeidung von Komplikationen und der Planung weiterer Reha- und Versorgungsmaßnahmen. Besonders bei neurologischen Erkrankungen (z.B. Hirnblutung, operative Entfernung eines Hirntumors, schwerer Schub bei Multipler Sklerose) ist Frührehabilitation ein häufiger Bestandteil der Behandlung. Aus rechtlicher Sicht findet Frührehabilitation nur in der Phase B statt. Dabei benötigen Patienten in der Regel noch eine intensivmedizinische Behandlung, das heißt, sie müssen z.B. beatmet werden.
Phase C: Therapie der Folgeschäden
Während es in den beiden vorherigen Phasen verstärkt um die Vorbeugung weiterer Komplikationen ging, beginnt man in der Reha-Phase C die Folgeschäden nach dem Schlaganfall zu therapieren. In kleinen Schritten werden motorische und körperliche Abläufe trainiert und weiter gestärkt. In Phase C können sie bei der Therapie schon mitarbeiten, müssen jedoch weiterhin medizinisch betreut und gepflegt werden. In der Praxis findet aber die Rehabilitation in der Phase C üblicherweise in der selben Spezialklinik für Frührehabilitation statt, wie die Frührehabilitation in der Phase B.
Anschlussbehandlung (AHB)
Nach der Reha-Phase C werden die Schlaganfall-Folgen mit einer sogenannten Anschlussbehandlung (AHB) therapiert. Das hängt ganz von der Schwere der Folgeschäden ab, aber auch vom Alter des Patienten. Jüngere Menschen erholen sich tendenziell schneller von einem Schlaganfall. Die Reha innerhalb Phasen A bis C kann einige Wochen bis Monate in einer Schlaganfall-Klinik Anspruch nehmen.
Langzeittherapie im häuslichen Umfeld
Ist die teilstationäre Therapie erfolgreich, erhält der Patient unter Umständen eine ambulante Reha. Die Bekämpfung der Langzeitfolgen nach dem Schlaganfall wird dann ins häusliche Umfeld verlagert.
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Reha-Maßnahmen und Therapieansätze
Die Reha-Maßnahmen nach einem Schlaganfall sind vielfältig und werden individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt.
Physiotherapie und Ergotherapie
Bei körperlichen Beeinträchtigungen wie Lähmungserscheinungen bestehen die Reha-Maßnahmen aus Physio- und Ergotherapie. Hierfür gibt es im Sanitätshaus Hilfsmittel, die elektronische Unterstützung liefern. Den Nervus Peroneus können Sie jedoch auch zusätzlich trainieren: Ein Therapeut stellt Ihnen einen individuellen Übungsplan zusammen. Eine etwas bekanntere Reha-Maßnahme für den Fußbereich ist die Peroneusschiene, die bei einer Peroneusparese (Lähmung) vom Arzt verschrieben wird. Zusätzlich sollten Sie sensomotorische Einlagen ausprobieren - durch einen speziellen Wirkmechanismus können durch Druckpunkte an der Einlage spezielle Rückmeldungen an die Muskulatur des Unterschenkels gesendet werden, so dass hierbei auch ein positiver Effekt zum Wiedererlernen des Laufens erzielt werden kann. Myo-Orthesen haben sich hier besonders bei Schlaganfall-Patienten mit einer Fußheberschwäche bewährt, die das Laufen neu erlernen mussten. Ein wichtiger Bestandteil dieser Maßnahmen ist Physiotherapie, bei der die Mobilität und körperliche Verfassung von Betroffenen wieder gestärkt wird.
Logopädie
Einige Schlaganfall-Patienten müssen das Sprechen teilweise oder komplett wieder neu lernen und sind hierbei auf logopädische Therapien angewiesen. Auch hier gibt es inzwischen hochwertige, elektronische Unterstützung, beispielsweise durch Sprachcomputer, die Sie über den Sanitätsfachhandel beziehen können. Eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist möglich.
Anspruch auf Reha: Gesetzliche Grundlagen und Voraussetzungen
Jedes Mitglied der Sozialversicherung hat laut Sozialgesetzbuch I § 4 einen Anspruch auf Rehabilitation. Explizit haben Sie ein Recht auf die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit sowie zur wirtschaftlichen Sicherung bei Krankheit und Minderung der Erwerbsfähigkeit. Durch ihr Recht auf Reha können Sie somit jederzeit eine Rehabilitation beantragen, wenn Sie an einer körperlichen oder seelischen Erkrankung mit dem Potential dauerhafter Einschränkungen leiden, eine chronische Krankheit haben oder belastenden Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, die zu dauerhaften Erkrankungen beisteuern.
Grundvoraussetzungen für die Bewilligung einer Reha
Damit Ihr Reha Antrag bewilligt wird, gibt es Voraussetzungen, die Sie erfüllen müssen. Es gibt Gesetze, die Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen festen Anspruch auf eine Rehabilitationsleistung einräumen.
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- Notwendigkeit der Reha: Sie müssen vorweisen können, dass eine Reha medizinisch notwendig ist und Besserung verspricht.
- Gesundheitszustand: Es muss gewährleistet sein, dass Ihr Gesundheitszustand es Ihnen ermöglicht, an Reha Maßnahmen teilzunehmen.
- Rehabilitationsfähigkeit: Der Patient ist in der Lage, die Rehamaßnahmen durchzuführen.
- Positive Gesundheitsprognose: Die Ziele der Rehabilitationsleistung sind in einem realistischen Zeitrahmen zu erreichen.
- Genehmigung durch Kostenträger
- Ggf. erhebliche oder teilweise Gefährdung der Erwerbsfähigkeit
Voraussetzungen nach Rehabilitationsträgern
Es gibt weitere Voraussetzungen für die Bewilligung Ihrer Reha, die von der Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers abhängig sind. Trägt die gesetzliche Rentenversicherung die Kosten Ihrer Reha, können somit andere Voraussetzungen bestehen als bei einer Übernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung.
- Gesetzliche Rentenversicherung: Sie müssen in den letzten zwei Jahren für mindestens sechs Monate Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Das ist der Fall, wenn Sie einem versicherungspflichtigen Job nachgegangen sind. Die Alternative ist, dass Sie seit mindestens 15 Jahren gesetzlich rentenversichert sind. Zu dieser Zeit zählt nicht nur die aktive Teilnahme am Arbeitsleben, sondern auch die Zeit der Kindererziehung, eine Minijob-Tätigkeit oder ein Versorgungsausgleich. Sollten Sie von einer Erwerbsminderung bedroht sein, reicht auch eine Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung seit fünf statt 15 Jahren.
- Private Krankenversicherung: Anders gestaltet sich die Situation, wenn Sie privat krankenversichert sind. In diesem Fall zahlen Sie nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Somit haben Sie auch keinen direkten Anspruch auf eine Reha Leistung. Sind Sie privat krankenversichert, entscheidet einzig Ihr individueller Vertrag darüber, ob die Kosten für Ihre Reha übernommen werden.
Wer bezahlt die Reha?
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen nur, wenn kein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. Abhängig von der beruflichen Situation und der Ursache der Erkrankung zahlen entweder die Renten-, die Unfall- oder die Pflegeversicherung die Kosten der Reha. Aber auch die Alterssicherung der Landwirte, die Träger der Kriegsopferversorgung, das Jugendamt oder der Sozialhilfeträger können in Betracht kommen. Diese übernehmen in der Regel die Behandlungs- und Unterbringungskosten der Reha, aber auch die Kosten für die An- und Abreise und den Gepäcktransport. Sind Sie erwerbstätig und in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, ist der Kostenträger für die Reha-Maßnahme in der Regel die Deutsche Rentenversicherung.
Antragstellung und Bewilligung
Den Antrag müssen Sie als Patient:in selbst stellen. Der oder die behandelnde Ärzt:in unterstützt Sie dabei. Antragsformulare gibt es zum Beispiel bei den Beratungsstellen der Rentenversicherungsträger, den Krankenkassen und Versicherungsämtern. Sie können auch einen formlosen Antrag stellen. Dann erhalten Sie vom Rehabilitationsträger die entsprechenden Formulare, die Sie ausfüllen und zurückschicken müssen. Wenn eine Reha unmittelbar nach einer Behandlung im Krankenhaus notwendig ist (Anschlussheilbehandlung), hilft in der Regel der Sozialdienst der Klinik bei der Antragsstellung. Sprechen Sie in diesem Fall die behandelnden Ärzte im Krankenhaus direkt darauf an und fragen Sie nach der Möglichkeit einer Reha als Anschlussheilbehandlung. Haus-, Fach- oder Betriebsärzt:innen sind die ersten Ansprechpartner:innen. Sie können abklären, ob die Voraussetzungen für eine Reha vorliegen, und ob die Reha ambulant (also in einer Reha-Klinik in der Nähe Ihres Wohnorts, wobei Sie zu Hause wohnen) oder stationär (mit Unterbringung in einer Reha-Klinik) sinnvoll ist.
Das Gesetz sieht eine Frist von drei Wochen für die Ablehnung oder Bewilligung Ihres Reha Antrages vor (§ 14 SGB IX). Sollten Sie Ihren Reha Antrag an den falschen Träger gegeben haben, werden zwei weitere Wochen für die Weiterleitung eingeräumt. Seit dem 01.07.2022 gibt es eine Regelung, die eine schnellere Bewilligung Ihres Reha Antrages möglich macht. Das liegt daran, dass die Krankenkassen seit Juli 2022 unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr einzeln prüfen, ob eine Reha medizinisch notwendig ist. In der Regel müssen Sie nach der Bewilligung mit einer Reha Wartezeit von drei bis acht Wochen rechnen. Es gibt bei Reha Anträgen aber auch ein Eilverfahren.
Was tun bei Ablehnung des Reha-Antrags?
Es kann passieren, dass Ihr Reha Antrag nach der Prüfung abgelehnt wird. Sollte Ihr Reha Antrag nicht bewilligt werden, empfiehlt es sich, dass Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Der Rehabilitationsträger nennt Ihnen den Grund für die Ablehnung Ihres Reha Antrages. Auf diese Begründung sollten Sie, gemeinsam mit Ihrem Arzt, in Ihrem Widerspruch eingehen. Sollte Ihr Reha Antrag bewilligt werden, aber Sie können die Reha nicht in Ihrer gewünschten Reha Klinik durchführen (Wunsch- und Wahlrecht), können Sie ebenso Widerspruch einlegen. Sollten Sie auch nach Ihrem Widerspruch keine Bewilligung Ihres Reha Antrages erzielen, haben Sie im letzten Schritt die Möglichkeit einer Klage vor dem Sozialgericht.
Geriatrische Reha für ältere Schlaganfallpatienten
Geriatrie (Altersmedizin) ist der medizinische Fachbereich, der sich mit der Gesundheit und den spezifischen Bedürfnissen älterer Menschen beschäftigt. Ziel der Geriatrie ist es, die Lebensqualität und Selbstständigkeit im Alter zu erhalten oder zu verbessern und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Die geriatrische Rehabilitation richtet sich an ältere Menschen, die aufgrund von Erkrankungen oder Verletzungen Unterstützung benötigen, um ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern. Sie ist speziell darauf ausgerichtet, den besonderen Bedürfnissen von Seniorinnen und Senioren gerecht zu werden. Auch Angehörige werden miteinbezogen, wenn dies erforderlich ist.
Voraussetzungen für eine geriatrische Reha
Diese Bedingungen müssen erfüllt sein, damit Sie eine geriatrische Rehabilitation in Anspruch nehmen können:
- Höheres Lebensalter (mindestens 70 Jahre)
- Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität)
- Eine Reha muss medizinisch notwendig sein (ärztliche Empfehlung)
- Rehabilitationsfähigkeit
- Positive Rehabilitationsprognose
- Abschluss einer akuten Behandlungsphase
Ziele der geriatrischen Reha
Das Ziel der geriatrischen Reha ist es, Ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität zu verbessern und zu erhalten. Zu Beginn Ihrer Reha werden in einem Aufnahmegespräch gemeinsam mit Ihnen oder Ihren Angehörigen die Rehabilitationsziele festgelegt.
Konkrete Ziele in der geriatrischen Reha:
- Verbesserung der Mobilität: Bewegungsfähigkeit fördern und Sturzrisiken reduzieren
- Schmerzen lindern: chronische Schmerzen durch geeignete Therapien und Interventionen reduzieren
- Selbstständigkeit und Alltagskompetenzen wiederherstellen: Patient*innen befähigen, alltägliche Aktivitäten wie Ankleiden, Essen und Körperpflege ohne oder mit minimaler Unterstützung zu bewältigen und wenn möglich Pflegebedürftigkeit vermeiden
- Kognitive Förderung: kognitive Fähigkeiten durch gezielte Übungen und Therapien verbessern
- Soziale Integration: Förderung der sozialen Teilhabe und Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten
- Anpassung des Wohnumfelds: Empfehlungen zur Anpassung des häuslichen Umfelds zur Erhöhung der Sicherheit und Selbstständigkeit zu Hause.
- Psychische Stabilität: Unterstützung bei der Bewältigung von Ängsten, Depressionen oder anderen emotionalen Herausforderungen, die mit der Erkrankung oder Verletzung einhergehen können
- Beeinflussung von Risikofaktoren und Motivation zu gesundheitsförderndem Verhalten: z. B. Optimierung von Blutdruck, Blutzuckerwerten etc.
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