Das Lesen ist nicht nur ein angenehmes Hobby, sondern auch eine wertvolle Aktivität für die Gesundheit unseres Gehirns. Zahlreiche Studien belegen, dass regelmäßiges Lesen das Risiko für Demenz und Alzheimer senken kann. Dieser Artikel fasst die aktuelle Studienlage zusammen und gibt praktische Tipps, wie Sie das Lesen in Ihren Alltag integrieren können, um Ihre geistige Fitness zu fördern.
Die wissenschaftliche Basis: Studien zum Thema Lesen und Demenz
Mehrere Studien haben einen positiven Zusammenhang zwischen Lesen und der Vorbeugung von Demenz festgestellt. Eine Studie des Albert Einstein College of Medicine in New York begleitete ältere Amerikaner über fünf Jahre und fand heraus, dass diejenigen, die ihr Gehirn regelmäßig trainierten, einem geringeren Demenzrisiko ausgesetzt waren. Die Rush University in Chicago stellte fest, dass regelmäßige Leser ein geringeres Alzheimer-Risiko hatten. Eine taiwanesische Studie über 14 Jahre zeigte, dass Menschen, die wöchentlich lesen, seltener an geistigem Abbau leiden.
Die Seniorenhilfe-Experten von Alderberry Care verweisen auf diese globalen Daten und ermutigen dazu, eine „Zeitungsstunde“ einzurichten, um den Geist aktiv zu halten. Sie beobachten immer wieder, dass Klienten, die ihr Gehirn aktiv halten, oft ein besseres Gedächtnis und eine bessere Aufmerksamkeit im Alltag haben als weniger engagierte Altersgenossen.
Eine Analyse von Daten der "Mayo Clinic Study of Aging" (MCSA) ergab, dass regelmäßiges Spielen, gesellschaftliche Aktivitäten, handwerkliche Tätigkeiten und vor allem die Arbeit am Computer das Risiko für eine leichte kognitive Störung (MCI) senken können. MCI gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz. Bücherlesen zeigte in dieser Studie eine nicht signifikante Reduktion des MCI-Risikos um 17 Prozent.
Eine Studie der University of Michigan, USA, zum Thema Gesundheit und Ruhestand, die seit 1992 jährlich an Tausende Haushalte verschickt wird, analysierte die Studiendaten von zwölf Jahren. Dabei zeigte sich, dass Personen, die über mehrere Jahre hinweg mindestens 30 Minuten pro Tag ein Buch lasen, im Durchschnitt zwei Jahre länger lebten als Personen, die nicht lasen. Buchleser, die mehr als drei Stunden pro Woche lasen, wiesen eine um 23 Prozent geringere Sterberate auf als die Studienteilnehmer, die nur Zeitungen oder Zeitschriften lasen.
Lesen Sie auch: Wie Lesen Ihr Gehirn verändert und verbessert
Warum Lesen gut für das Gehirn ist
Das Lesen von Büchern fördert das „tiefe Lesen“, im Gegensatz zum Überfliegen von Zeitungsseiten. Das Gehirn muss kritisch denken und Bezüge von einem Kapitel zum nächsten sowie zur realen Welt herstellen. Dabei werden neue Verbindungen zwischen Regionen in allen vier Hirnlappen und beiden Hirnhälften angelegt. Das Lesen von Büchern, insbesondere von Belletristik, steigert Empathie und emotionale Intelligenz. Die Entwicklung sozialer Kompetenzen wie Empathie und emotionale Intelligenz kann zu mehr und positiveren menschlichen Interaktionen führen, was wiederum das Stressniveau senkt.
Forscher der Emory University in Atlanta haben gezeigt, dass das Lesen im Gehirn sogar auf biologischer Ebene Spuren hinterlässt. Gehirnscans der Probanden zeigten nach dem Lesen Veränderungen in einem Gehirnbereich, der für die Aufnahme von Sprache zuständig ist. Die Konnektivität war erhöht, was bedeutet, dass der Informationsfluss der Neuronen besser funktionierte. Das Gleiche galt für die Zentralfurche des Gehirns (Sulcus centralis), die mit Körperempfindungen in Verbindung gebracht wird.
Lesen vs. Fernsehen und soziale Medien
Während regelmäßiges Lesen Demenz womöglich vorbeugen kann, fördert Fernsehen die Gehirntätigkeit anscheinend nicht im positiven Sinne. Eine Langzeitstudie fand Hinweise darauf, dass intensiver Fernsehkonsum von mehr als vier Stunden täglich das Risiko für eine Demenz erhöhen könnte, weil es vermutlich dazu beiträgt, dass Gehirnzellen früher absterben. Auch soziale Medien können nicht mit den positiven Effekten des Lesens mithalten.
Weitere positive Effekte des Lesens
- Stressabbau: Eine Studie der Universität Sussex ergab, dass Lesen den Stresspegel um bis zu 68 Prozent senken kann.
- Verbesserung der Lesekompetenz: Lesen stärkt die Lesekompetenz.
- Kompensation von Alterserscheinungen: Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass es möglich ist, durch häufiges Lesen von Zeitschriften und Büchern zumindest einen Teil der Alterserscheinungen bei den verbalen Fähigkeiten zu kompensieren.
- Höhere Lebenserwartung: Eine US-amerikanische Studie mit 3.635 Teilnehmenden über 12 Jahre hinweg ergab, dass eifrige Leser und Leserinnen von Büchern im Durchschnitt 23 Monate länger leben als Personen, die keine Bücher lesen.
- Steigerung der Intelligenz: Lesen verbessert den Wortschatz, die Rechtschreibung, die Ausdrucksfähigkeit und das Allgemeinwissen. Leseratten haben eine größere verbale Intelligenz.
- Stärkung des Arbeitsgedächtnisses: Lesen stärkt das Arbeitsgedächtnis.
- Erweiterung des Wortschatzes: Mit jedem Buch, das man liest, erweitert man seinen Wortschatz.
- Förderung der emotionalen Intelligenz: Durch das Lesen verschiedener Charaktere und Situationen schult man seine Fähigkeit, Emotionen zu erkennen und darauf zu reagieren.
- Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten: Je mehr man liest, desto besser kann man sich ausdrücken.
- Lebenslanges Lernen: Lesen hält das Gehirn flexibel und aufnahmefähig.
Geistige Aktivität und Alzheimer-Prävention
Wer geistig aktiv ist, kann die Leistungsfähigkeit seines Gehirns verbessern. Durch Anregung der Nervenzellen können sich diese besser vernetzen und sich die Verbindungen besser festigen. Die kognitive Reserve ist einer von mehreren Aspekten, die den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung beeinflussen können. Typische Alzheimer-Symptome zeigen sich nachweislich später bei Menschen, die ihr Leben lang geistig aktiv waren - zum Beispiel im Beruf oder im sozialen Leben. Auch wer schon älter ist, kann seine geistigen Reserven positiv beeinflussen.
Welche geistigen Aktivitäten das Gehirn besonders gut fordern? Eine Auswahl:
Lesen Sie auch: Anwendung des Konzepts: Lesen ist Denken
- Musik - hören oder machen
- Lesen - Bücher, Zeitschriften, Zeitungen
- Spiele - Kartenspiele, Gesellschaftsspiele, Puzzles, Computer- und Videospiele
- Neues lernen - eine Fremdsprache, eine Sportart, ein Hobby
Je komplexer die Tätigkeit, desto anregender fürs Gehirn. Wer zum Beispiel tanzt, trainiert gleichzeitig Gedächtnis, Motorik und Koordination - und profitiert zudem vom sozialen Miteinander als Paar oder in der Gruppe.
Praktische Tipps zur Förderung des Lesens
- Finden Sie Bücher zu Themen, die Sie wirklich interessieren. Wenn Sie merken, dass ein Buch Sie gar nicht fesselt oder das Lesen sehr schwerfällt, legen Sie es beiseite und suchen Sie sich ein Neues.
- Versuchen Sie, Lesen regelmäßig in Ihren Alltag einzubauen und so zur Gewohnheit zu machen - zum Beispiel, indem Sie jeden Tag 20 Minuten vor dem Einschlafen lesen.
- Legen Sie Ihr Smartphone am besten in einen anderen Raum, wenn Sie sich zum Lesen hinsetzen. So vermeiden Sie Ablenkung.
- Wenn dicke, schwere Bücher Sie abschrecken, könnte ein E-Book-Reader eine gute Alternative sein.
- Beginnen Sie mit kleinen Schritten. Sie können sich zu Beginn auch mit Lesen und Vorlesen abwechseln.
- Verbinden Sie Lesen mit einem Ritual. Sie können zum Beispiel immer in einer gemütlichen Ecke gemeinsam lesen oder immer die gleiche (Lese-)Lampe anmachen.
- Setzen Sie kleine Ziele und machen Sie Ihr Kind auf Fortschritte aufmerksam - zum Beispiel, wenn es zehn Minuten am Stück oder ein ganzes Buch gelesen hat.
- Nutzen Sie Wartezeiten: Ob beim Arzt oder im Zug - immer ein Buch dabeihaben!
- Sprechen Sie mit anderen über das Gelesene, sei es mit Freunden, in einem Buchclub oder in Online-Foren.
Lesen Sie auch: Lesen als Denken mit fremdem Gehirn