Johanniskraut: Ein Hoffnungsschimmer bei Alzheimer?

Demenzerkrankungen, insbesondere die Alzheimer-Krankheit, stellen eine wachsende Herausforderung für die Gesundheits- und Pflegesysteme weltweit dar. Prognosen zufolge werden im Jahr 2050 zwischen 106 und 360 Millionen Menschen weltweit von Demenz betroffen sein, wobei die Alzheimer-Krankheit mit über zwei Dritteln aller Fälle die häufigste Form darstellt. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen suchen Forscher intensiv nach neuen Wegen zur Vorbeugung und Behandlung dieser verheerenden Krankheit. Ein vielversprechender Ansatzpunkt liegt in der Erforschung natürlicher Substanzen, darunter das Johanniskraut (Hypericum perforatum).

Die Herausforderung Alzheimer

Die Alzheimer-Krankheit ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters, deren Ursache bis auf wenige familiäre Fälle bisher nicht geklärt ist. Sie ist durch den fortschreitenden Verlust von Gedächtnis und kognitiven Fähigkeiten gekennzeichnet, was die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Familien erheblich beeinträchtigt. Die Suche nach wirksamen Therapien ist daher von entscheidender Bedeutung.

Johanniskraut im Fokus der Forschung

Ein Forscherteam um Prof. Jens Pahnke von der Klinik für Neurologie der Universität Magdeburg und dem Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) hat sich auf die Suche nach neuen Wirkstoffen begeben, um den Reinigungsmechanismus des Gehirns zu aktivieren. Dieser Reinigungsmechanismus, der bereits 2011 von Prof. Pahnke und seinem Team beschrieben wurde, spielt eine wichtige Rolle bei der Entfernung von schädlichen Ablagerungen, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind.

In einer Kooperation wurden verschiedene Pflanzenauszüge auf ihre vorbeugende und therapeutische Wirkung im Mausmodell untersucht. Dabei wurden die Forscher in speziellen 80%-igen, ethanolischen Extrakten des Johanniskrautes (Hypericum perforatum) fündig.

Überraschende Ergebnisse: 80%-ige Extrakte zeigen Wirkung

Die Ergebnisse der Studie waren vielversprechend. Im Gegensatz zu den häufig in der Depressionsbehandlung eingesetzten 60%-igen Extrakten konnten die 80%-igen Extrakte sowohl die löslichen als auch die unlöslichen Aggregate des giftigen Alzheimerproteins beta-Amyloid signifikant reduzieren (bis zu -50%). Diese Reduktion führte darüber hinaus zu einer Verbesserung der Gedächtnis- und Orientierungsfunktionen.

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Grundlage dieser Verbesserung war nicht nur die Reduktion der giftigen Ablagerungen, sondern darüber hinaus die Wiederherstellung der Anzahl der Nervenzellen auf dem Niveau von Gesunden.

Zwei Mechanismen im Fokus

Die Forscher konnten zwei Mechanismen identifizieren, die für die positive Wirkung des Johanniskrautextrakts verantwortlich sind:

  1. Aktivierung der Müllabfuhr: Das Johanniskraut aktiviert das Transportprotein ABCC1, das für den Abtransport von schädlichen Substanzen aus dem Gehirn verantwortlich ist.
  2. Aktivierung der Fresszellen: Das Johanniskraut aktiviert die Fresszellen des Gehirns (Mikroglia), die Alzheimer-Plaques und deren Vorstufen abbauen und verdauen.

Durch diese beiden Mechanismen wird nicht nur die Anzahl von Alzheimer-Plaques verringert, sondern auch deren toxische Abbauprodukte beseitigt. Letztere werden in den vergangenen Jahren zunehmend mit den Hirnleistungsstörungen bei Alzheimer in Zusammenhang gebracht.

Johanniskraut: Mehr als nur ein Stimmungsaufheller

Johanniskraut-Präparate werden bisher hauptsächlich zur Behandlung von depressiven Verstimmungen eingesetzt. Da depressive Verstimmungen häufig bei älteren Menschen und insbesondere bei Demenzpatienten auftreten, ist eine kombinierte anti-dementive und anti-depressive Behandlung von großem Interesse für diese Bevölkerungsgruppe.

Ein frei verfügbares Präparat des speziellen Hyperforin/Hyperizin-armen 80%-igen ethanolischen Extraktes wird bereits von Patienten mit Erfolg genutzt. Dieses Präparat, bekannt als LAIF900 balance, ist rezeptfrei erhältlich und wird von einigen Krankenkassen für die Behandlung von leichten Depressionen übernommen.

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Expertenmeinung und Ausblick

Professor Jens Pahnke betont, dass die Ergebnisse vielversprechend sind, aber weitere Forschung erforderlich ist, um die genauen Wirkmechanismen des Johanniskrauts bei Alzheimer aufzuklären. Er rät Patienten, die an Alzheimer oder Depressionen leiden, vor der Einnahme von Johanniskraut-Präparaten unbedingt ihren Arzt zu konsultieren, da es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen kann.

Die Ergebnisse der Studie eröffnen neue Perspektiven für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit. Johanniskraut könnte eine vielversprechende Option sein, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Weitere Forschung und alternative Ansätze

Die Forschung zur Behandlung von Alzheimer ist vielfältig und umfasst neben der Erforschung natürlicher Substanzen auch die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen. Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Erforschung des griechischen Bergtees (Sideritis scardica), der ebenfalls positive Auswirkungen auf die Gedächtnisleistung und die Reduktion von Alzheimer-typischen Plaque-Ablagerungen im Gehirn gezeigt hat.

Griechischer Bergtee: Ein traditionelles Heilmittel im Fokus der Wissenschaft

Der griechische Bergtee, auch bekannt als Sideritis, ist ein Kräutertee mit einer langen Geschichte in der europäischen Volksmedizin. Er wird traditionell zur Behandlung verschiedener Leiden eingesetzt und ist reich an wertvollen Inhaltsstoffen wie Flavonoiden, Antioxidantien, zahlreichen Phenolsäuren sowie ätherischen Ölen.

Studien, insbesondere an der Universität Magdeburg und durch Forscher wie Prof. Dr. Dr. Jens Pahnke, haben Hinweise auf seine Wirksamkeit bei der Reduktion von Alzheimer-typischen Plaque-Ablagerungen im Gehirn gefunden, was eine Verbesserung von Gedächtnis und Orientierungsfunktionen zur Folge haben kann.

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Mentalbrot: Eine innovative Darreichungsform

Ein findiger Bäckermeister aus Schwaben hat eine innovative Möglichkeit gefunden, den griechischen Bergtee in die Ernährung zu integrieren: das "Mentalbrot". Dieses Brot enthält ein Konzentrat aus griechischem Bergtee und Johanniskraut und soll die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern.

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