Epilepsie: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die Menschen jeden Alters betreffen kann. Sie ist gekennzeichnet durch wiederholte epileptische Anfälle, die durch eine vorübergehende Störung der Gehirnfunktion verursacht werden. Bei einem epileptischen Anfall sind einzelne Hirnbereiche oder das gesamte Gehirn übermäßig aktiv. Es werden zu viele Signale abgegeben, was die sogenannten epileptischen Anfälle auslösen kann. Diese Anfälle können sich unterschiedlich äußern, von kurzen Absencen oder Muskelzuckungen bis hin zu schweren Krämpfen mit Bewusstlosigkeit.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist keine einzelne Krankheit, sondern ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Sie alle haben ihren Ursprung im Gehirn. Die Gemeinsamkeit besteht in einer Übererregbarkeit der Nervenzellen und/oder des neuronalen Netzwerkes im Gehirn. Diese Übererregbarkeit führt dazu, dass Nervenzellen plötzlich und unkontrolliert elektrische Signale aussenden. Diese rasch aufeinanderfolgenden Entladungen der Nervenzellen des Gehirns äußern sich in epileptischen Anfällen.

Von Epilepsie spricht man erst dann, wenn mehrfach ohne ersichtlichen Auslöser epileptische Anfälle auftreten. Laut Statistiken kommt dies bei knapp einem von 100 Menschen vor. Ein erster epileptischer Anfall kann in jedem Alter auftreten. Viele sind noch ein Kind, wenn die Epilepsie beginnt. Etwas seltener tritt im Alter von 40 bis 59 Jahren der erste Anfall auf. Erst danach kommen Neuerkrankungen häufiger vor.

Es gibt verschiedene Formen epileptischer Anfälle, die sich in ihren Symptomen und ihrer Ursache unterscheiden. Um diese zu ordnen, hat die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) im Jahr 2017 ein System entwickelt, bei dem die Anfallsformen nach ihren Merkmalen klassifiziert werden. Im ersten Schritt der Anfallsklassifikation unterscheidet man nach dem Beginn eines Anfalls:

  • Fokaler Beginn: Der Anfall findet in einer Hirnhälfte statt.
  • Generalisierter Beginn: Der Anfall geht von beiden Hirnhälften aus.
  • Unbekannter Beginn: Es ist nicht bekannt, wie der Anfall angefangen hat.

Ursachen von Epilepsie

Die Ursachen der Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. Grundsätzlich gilt, dass jedes Ereignis, das einen Schaden im Gehirn verursacht, ein potenzieller Auslöser für ein epileptisches Anfallsleiden sein kann. Die Medizin unterscheidet hier zurzeit strukturelle, infektiöse, metabolische, genetische und immunologische Ursachen.

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  • Genetische Faktoren: Bei manchen Menschen besteht eine genetisch bedingte Veranlagung zu epileptischen Anfällen. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden.
  • Strukturelle Veränderungen im Gehirn: Strukturelle Veränderungen am Gehirn können beispielsweise durch Schlaganfälle oder Tumore entstehen. Auch Narben im Gehirn, die beispielsweise nach einem Schlaganfall, einem Unfall oder einer Entzündung entstanden sind, können zu einer Übererregbarkeit mit fokalen Anfällen führen. Ein Teil dieser Fehlbildungen betrifft beide Hirnhälften und manchmal die gesamte Hirnrinde (Pachygyrie, Lissenzephalie, beidseitige Polymirkogyrie, Bandheterotopie). Die Betroffenen sind meist schwer behindert und haben schwierig zu behandelnde Epilepsien. Andere Fehlbildungen sind regional begrenzt und verursachen fokale Anfälle aus dieser Region (umschriebene Polymikrogyrie, noduläre Heterotopie). Eine besondere Rolle spielen die fokalen kortikalen Dysplasien (fokal= nicht überall, umschrieben; kortikal= die Hirnrinde betreffend; Dysplasie= Fehlanlage). Diese sind eine häufige Ursache schwer behandelbarer fokaler Epilepsien im Kindesalter und entgehen häufig einer Routine-MRT-Untersuchung, vor allem im Alter unter 2 Jahren.
  • Infektionen des Gehirns: Infektionen des Gehirns können unter anderem durch Viren oder Bakterien verursacht werden und eine Epilepsie auslösen.
  • Metabolische Störungen: Metabolische Veränderungen, also solche, die den Stoffwechsel betreffen, stehen z. B. mit seltenen Stoffwechselerkrankungen, wie der Phenylketonurie in Verbindung.
  • Immunologische Ursachen: Bei den immunologischen Ursachen handelt es sich um Entzündungsvorgänge im Gehirn, z. B. wenn die eigene Körperabwehr (Immunsystem) das Hirngewebe angreift und es zu einer Hirnhautentzündung kommt.
  • Unbekannte Ursache: In einigen Fällen bleibt die Ursache der Epilepsie trotz umfangreicher Untersuchungen unklar. Diese Epilepsien werden als kryptogene Epilepsien oder Epilepsien mit unbekannter Ursache bezeichnet. Sie erfüllen also zum Beispiel die Kriterien wie Anfallshäufigkeit von nicht-provozierten Anfällen, nach denen eine Epilepsie laut Leitlinie definiert und von anderen Anfallsleiden abgrenzt wird. Jedoch ohne erkennbare strukturelle, immunologische, genetische, metabolische oder infektiöse Ursache.

Symptome von Epilepsie

Die Symptome eines epileptischen Anfalls können sehr unterschiedlich sein und hängen von der Art des Anfalls und der betroffenen Hirnregion ab. Einige häufige Symptome sind:

  • Bewusstseinsveränderungen: Diese können von kurzer Abwesenheit (Absence) bis hin zu Bewusstlosigkeit reichen.
  • Krämpfe: Muskelzuckungen oder -krämpfe können in einem Teil des Körpers oder im ganzen Körper auftreten.
  • Wahrnehmungsstörungen: Dazu gehören Sehstörungen, Geschmacks- und Geruchshalluzinationen, Schwindelgefühle und Kribbeln in den betroffenen Körperteilen.
  • Verhaltensänderungen: Manche Menschen zeigen während eines Anfalls ungewöhnliches Verhalten, wie z. B. ziellose Bewegungen oder unkontrolliertes Sprechen.
  • Aura: Einige Menschen erleben vor einem Anfall eine Aura, die sich durch bestimmte Empfindungen oder Wahrnehmungen äußert.

Diagnose von Epilepsie

Die Diagnose von Epilepsie basiert in erster Linie auf der Anamnese des Patienten und der Beschreibung der Anfälle. Dabei sind die Angaben des Betroffenen wichtig, wobei wir insbesondere bei eingeschränktem Bewusstsein auf Angaben von Augenzeugen angewiesen sind. Diese haben einen herausragenden Stellenwert, weshalb wir bitten, bei Terminen in unserer Epilepsieambulanz Augenzeugen - wenn möglich - mitzubringen.

Zusätzlich kommen verschiedene diagnostische Verfahren zum Einsatz:

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Das EEG misst die elektrische Aktivität des Gehirns und kann epilepsietypische Veränderungen aufzeigen.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ermöglicht eine detaillierte Darstellung des Gehirns und kann strukturelle Veränderungen, wie z. B. Tumore oder Narben, aufdecken.
  • Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können helfen, Stoffwechselstörungen oder Infektionen als Ursache der Epilepsie auszuschließen.

Behandlung von Epilepsie

Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

  • Medikamentöse Therapie: Die meisten Menschen mit Epilepsie werden mit Medikamenten, sogenannten Antiepileptika, behandelt. Diese Medikamente können die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so das Auftreten von Anfällen verhindern. Es stehen unterschiedliche Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Die Wahl des Medikaments richtet sich zum einen nach dem vorliegenden Epilepsiesyndrom sowie nach den persönlichen Merkmalen, die ein Patient mit sich bringt.
  • Chirurgische Therapie: Bei manchen Menschen mit fokaler Epilepsie, bei denen die Anfälle trotz medikamentöser Behandlung nicht kontrolliert werden können, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Dabei wird der Teil des Gehirns, der die Anfälle auslöst, entfernt.
  • Vagusnervstimulation (VNS): Die VNS ist eine weitere Behandlungsoption für Menschen mit Epilepsie, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken. Dabei wird ein Schrittmacher unter die Haut im Brustbereich implantiert, der elektrische Impulse an den Vagusnerv im Hals abgibt. Diese Impulse können die Erregbarkeit des Gehirns reduzieren und so das Auftreten von Anfällen verhindern.
  • Ketogene Diät: Bei Kindern mit bestimmten Formen von Epilepsie kann eine ketogene Diät, eine sehr fettreiche und kohlenhydratarme Diät, helfen, die Anfälle zu kontrollieren.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Bei einem epileptischen Anfall ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und den Betroffenen vor Verletzungen zu schützen. Hält der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden.

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  • Schützen Sie den Betroffenen vor Verletzungen: Räumen Sie gefährliche Gegenstände aus dem Weg und polstern Sie den Kopf des Betroffenen ab.
  • Lockern Sie enge Kleidung: Lockern Sie enge Kleidung am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
  • Versuchen Sie nicht, den Anfall zu stoppen: Halten Sie den Betroffenen nicht fest und versuchen Sie nicht, ihm etwas in den Mund zu schieben.
  • Bleiben Sie beim Betroffenen, bis er wieder vollständig orientiert ist: Bieten Sie Ihre Unterstützung an und beruhigen Sie den Betroffenen.
  • Bringen Sie die Person nach dem Anfall in die stabile Seitenlage: Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage.

Leben mit Epilepsie

Mit einer guten Behandlung und einem bewussten Umgang mit der Erkrankung können die meisten Menschen mit Epilepsie ein normales und erfülltes Leben führen. Es ist wichtig, sich über die Erkrankung zu informieren, Auslöser für Anfälle zu meiden und regelmäßig den Arzt aufzusuchen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein.

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