Wie kann man Epilepsie bekommen: Ursachen und Risikofaktoren

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn, die zu vorübergehenden Funktionsstörungen führen. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft komplex. Es ist wichtig zu verstehen, dass ein einzelner epileptischer Anfall nicht gleichbedeutend mit einer Epilepsie-Erkrankung ist. Erst wenn Anfälle wiederholt auftreten, sprechen Mediziner von Epilepsie.

Alle Epilepsien haben eines gemeinsam: ihren Ursprung im Gehirn. Die Medizin unterscheidet hier zurzeit strukturelle, infektiöse, metabolische, genetische und immunologische Ursachen.

Was sind die Ursachen von Epilepsie?

Die Ursachen von Epilepsie sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Faktoren, die das Risiko für die Entwicklung einer Epilepsie erhöhen können.

Genetische Faktoren

Eine genetische Veranlagung spielt bei manchen Menschen eine Rolle. Genetisch bedingt haben manche Menschen eine stärkere Veranlagung zu epileptischen Anfällen als andere. Die Forschung geht heute davon aus, dass bei diesen Patienten ein oder mehrere Gene defekt sind, die als Ursache der Epilepsie anzusehen sind. Häufig sind die betroffenen Gene nicht bekannt, und es müssen bestimmte Gen-Konstellationen vorliegen, damit es zu einer Epilepsie kommt. Daher sind diese Epilepsie-Ursachen meist nicht vererbbar, auch wenn sie neuerdings als genetische Epilepsien bezeichnet werden. Bei den meisten Menschen mit genetischer Epilepsie sind die Ergebnisse der Mutationssuche normal. Die exakte Ursache bleibt unklar. In den meisten dieser Fälle ist es so, dass gar nicht ein einziges, für das Gehirn wichtiges Gen krankhaft mutiert ist, sondern eine kritische Anzahl an Genen minimale Varianten ihrer Aktivität zeigen, die jede für sich eigentlich noch normal sind (Normvarianten). Dabei funktioniert das eine Gen vielleicht ein bisschen zu stark und ein anderes ein bisschen zu wenig. Erst die Kombination dieser Veränderungen führt dann zur Krankheit. Diese Veranlagung nennt man „polygenetisch“. Diese häufige Form genetischer Epilepsien lässt sich heutzutage noch nicht im Labor diagnostizieren, da ja kein Gen krankhaft verändert ist und die Varianten ja auch bei Gesunden vorkommen. Gerade bei polygenetischer Epilepsie ist die Hoffnung auf einen selbstlimitierten Verlauf mit spontaner Ausheilung („verwächst sich“) groß, da ein Teil der Gene möglicherweise im Laufe der Entwicklung weniger Bedeutung haben und andere, ähnliche Gene ihre Funktion übernehmen können. Auch kann das Gleichgewicht von Erregung und Hemmung wiederhergestellt werden, wenn weitere genetische Aktivitäten im Laufe der Zeit hinzukommen und kleine Funktionsstörungen ausgleichen.

Genetische Epilepsie

Früher auch als idiopathische Epilepsie bezeichnet. Es wird eine genetische Ursache vermutet. Häufig ist der Gendefekt schon identifiziert.

Lesen Sie auch: Was Sie über Epilepsie wissen sollten

Strukturelle Veränderungen im Gehirn

Strukturelle Veränderungen am Gehirn können ebenfalls Epilepsie auslösen. Strukturelle Veränderungen am Gehirn entstehen beispielsweise durch Schlaganfälle oder Tumore. Strukturelle Ursachen von Epilepsie lassen sich meist mittels Magnetresonanztomographie (MRT) feststellen. Hier findet man eine Läsion, also eine Auffälligkeit der Hirnstruktur. So kann z. B. eine Narbe im Gehirn zu einer Übererregbarkeit mit fokalen Anfällen aus genau dieser Region führen. Häufige Ursachen für strukturelle Epilepsien sind Narben nach Geburtsschaden, Schlaganfall, Unfall oder Entzündung (z. B.

Strukturelle Epilepsie

Früher auch als symptomatische Epilepsie bezeichnet, ist sie als Folge einer bekannten Ursache wie einem Schlaganfall, Hirntumor oder einer Kopfverletzung bzw. Hirnverletzung entstanden. Die strukturellen Veränderungen können mitunter zu einem erhöhten Hirndruck oder Durchblutungsstörungen führen, die dann epileptische Anfälle begünstigen.

Infektionen des Gehirns

Infektionen des Gehirns können unter anderem durch Borreliose hervorgerufen werden.

Infektiöse Epilepsie

Auch die infektiösen Epilepsien wurden früher als strukturell bezeichnet. Ihnen liegt eine infektiöse Erkrankung (hervorgerufen durch Viren oder Bakterien) des Gehirns zugrunde, wie z. B.

Metabolische Ursachen

Metabolische Veränderungen, also solche, die den Stoffwechsel betreffen, stehen z. B. mit seltenen Stoffwechselerkrankungen, wie der Phenylketonurie* in Verbindung.

Lesen Sie auch: Epilepsie Überblick

Metabolische Epilepsie

Die metabolische Epilepsie wurde ebenfalls lange zu den strukturellen Epilepsien gezählt. Sie gehen aus Veränderungen im Stoffwechsel (Metabolismus) hervor, z. B.

Phenylketonurie

Angeborene, erbliche Erkrankung des Eiweißstoffwechsels, die den Abbau der Aminosäure Phenylalanin verhindert. Diese sammelt sich im Körper an und stört beim Kind die Entwicklung des Gehirns.

Immunologische Ursachen

Bei den immunologischen Ursachen handelt es sich um Entzündungsvorgänge im Gehirn, z. B. wenn die eigene Körperabwehr (Immunsystem) das Hirngewebe angreift und es zu einer Hirnhautentzündung kommt.

Immunologische Epilepsie

Ebenfalls bis vor Kurzem zu den strukturellen Epilepsien gezählt, unterscheidet man heute die immunologischen Epilepsien dahingehend, dass ihnen eine chronische Entzündung des Gehirns zugrunde liegt. Verursacht wird die Entzündung durch eine Autoimmunkrankheit, also eine Krankheit, bei der das Immunsystem den eigenen Körper angreift.

Hirnreifungsstörungen

Störungen der Hirnreifung während der Schwangerschaft oder Geburtskomplikationen können ebenfalls eine Epilepsie auslösen. Ein Teil dieser Fehlbildungen betrifft beide Hirnhälften und manchmal die gesamte Hirnrinde (Pachygyrie, Lissenzephalie, beidseitige Polymirkogyrie, Bandheterotopie). Die Betroffenen sind meist schwer behindert und haben schwierig zu behandelnde Epilepsien. Andere Fehlbildungen sind regional begrenzt und verursachen fokale Anfälle aus dieser Region (umschriebene Polymikrogyrie, noduläre Heterotopie). Eine besondere Rolle spielen die fokalen kortikalen Dysplasien (fokal= nicht überall, umschrieben; kortikal= die Hirnrinde betreffend; Dysplasie= Fehlanlage). Diese sind eine häufige Ursache schwer behandelbarer fokaler Epilepsien im Kindesalter und entgehen häufig einer Routine-MRT-Untersuchung, vor allem im Alter unter 2 Jahren. Bei Kindern mit entsprechend schwierigem Verlauf sollte unbedingt eine hochauflösende MRT mit gezielten Sequenzen zur Darstellung fokaler kortikaler Dysplasien durchgeführt und ggf. nach Abschluss der Hirnreifung wiederholt werden. Da das Gehirn nicht repariert werden kann und sich Nervenzellen nicht im Nachhinein umorganisieren können, ist eine Ausheilung der Epilepsie (also ein Leben ohne Anfälle und ohne Therapie) bei den Betroffenen unwahrscheinlich. Allerdings kann sich in einzelnen Fällen bei einem schweren Verlauf die Möglichkeit einer Epilepsiechirurgie mit Entfernung der anfallsauslösenden Läsion ergeben.

Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?

Unbekannte Ursachen

Zusätzlich gibt es sogenannte kryptogene Epilepsien, die heute schlichtweg als Epilepsie mit unbekannter Ursache bezeichnet werden. Sie erfüllen also zum Beispiel die Kriterien wie Anfallshäufigkeit von nicht-provozierten Anfällen, nach denen eine Epilepsie laut Leitlinie definiert und von anderen Anfallsleiden abgrenzt wird. Jedoch ohne erkennbare strukturelle, immunologische, genetische, metabolische oder infektiöse Ursache.

Unbekannte Ursache

Früher auch als kryptogen bezeichnet.

Risikofaktoren für Epilepsie

Obwohl die genauen Ursachen oft unklar sind, gibt es bestimmte Risikofaktoren, die mit einem erhöhten Risiko für Epilepsie verbunden sind:

  • Familiäre Vorbelastung: Epilepsie in der Familie erhöht das Risiko.
  • Hirnschäden: Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall, Hirntumore oder Infektionen des Gehirns können das Risiko erhöhen.
  • Entwicklungsstörungen: Bestimmte Entwicklungsstörungen im Gehirn können das Risiko erhöhen.
  • Fieberkrämpfe: Insbesondere bei Kindern können komplizierte Fieberkrämpfe das Risiko für Epilepsie erhöhen.
  • Alter: Epilepsie tritt häufiger bei Kindern und älteren Menschen auf.

Trigger vs. Ursachen

Es ist wichtig, zwischen den eigentlichen Ursachen einer Epilepsie und den Faktoren, die einzelne Anfälle auslösen können (Trigger), zu unterscheiden. Trigger sind Reize oder Situationen, die bei manchen Menschen mit Epilepsie einen Anfall provozieren können. Beispiele für solche Trigger sind:

  • Schlafmangel
  • Stress
  • Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Flackerndes Licht
  • Hormonelle Veränderungen
  • Bestimmte Medikamente

Diese Trigger sind jedoch nicht die Ursache der Epilepsie, sondern lediglich auslösende Faktoren. Zudem reagieren lange nicht alle Menschen mit Epilepsie mit einem Krampfanfall auf diese Trigger. Mehr noch; die genannten Trigger können theoretisch bei allen Menschen zu sog. akut-symptomatischen Krampfanfällen oder Fieberkrämpfen führen, auch wenn diese nicht an Epilepsie leiden. Das Krankheitsbild Epilepsie wird zudem gerade dadurch definiert, dass Krampfanfälle auch ohne erkennbare Auslöser, also als nicht-provozierte Anfälle, auftreten. Nur dann spricht man wirklich von einer Epilepsie. Treten Anfälle ausschließlich bei entsprechender Provokation oder unter bestimmten Umständen auf, so handelt es sich nicht um epileptische Anfälle. Die wirklichen Auslöser einer Epilepsie, die man viel mehr als Ursache der Erkrankung bezeichnen sollte, sind niemals äußere Reize, sondern im Gehirn und Stoffwechsel der Patientinnen und Patienten zu suchen. Grundsätzlich gilt, dass jedes Ereignis, das einen Schaden im Gehirn verursacht, ein potenzieller Auslöser für ein epileptisches Anfallsleiden sein kann.

Diagnose und Behandlung

Die Diagnose von Epilepsie umfasst in der Regel eine ausführliche Anamnese, eine neurologische Untersuchung und verschiedene technische Untersuchungen wie ein Elektroenzephalogramm (EEG) und bildgebende Verfahren (MRT).

Die Behandlung zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika ist die häufigste Behandlungsform. Bei manchen Patienten kann auch eine Operation, eine Vagusnervstimulation oder eine spezielle Diät in Betracht gezogen werden.

Leben mit Epilepsie

Epilepsie kann den Alltag der Betroffenen und ihrer Familien stark beeinflussen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Es gibt zahlreiche Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Unterstützung anbieten.

Menschen mit Epilepsie können in vielen Bereichen ein normales Leben führen. Es ist jedoch wichtig, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um das Risiko von Anfällen und Verletzungen zu minimieren. Dazu gehören:

  • Regelmäßige Einnahme von Medikamenten
  • Ausreichend Schlaf
  • Vermeidung von Triggern
  • Information von Angehörigen und Freunden über die Erkrankung und das Verhalten im Falle eines Anfalls
  • Ärztliche Beratung bezüglich Fahreignung und Berufswahl

Fazit

Epilepsie ist eine komplexe neurologische Erkrankung mit vielfältigen Ursachen und Risikofaktoren. Die frühzeitige Diagnose und eine individuelle Behandlung sind entscheidend, um die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, um den Alltag mit Epilepsie bestmöglich zu gestalten.

tags: #wie #kann #man #epilepsie #bekommen #ursachen