Stammzelltherapie bei Parkinson: Hoffnung und Herausforderungen

Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch den Verlust von Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Bisher ist eine Heilung nicht möglich, und die Behandlung konzentriert sich hauptsächlich auf die Linderung der Symptome. Stammzelltherapien könnten jedoch einen neuen Weg zur Behandlung dieser Krankheit eröffnen, indem sie die Möglichkeit bieten, die verloren gegangenen Nervenzellen zu ersetzen. Zwei aktuelle Studien haben vielversprechende Ergebnisse in diesem Bereich gezeigt.

Aktuelle Studien zu Stammzelltherapien bei Parkinson

Zwei aktuelle Studien, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Nature“, haben gezeigt, dass die Transplantation von im Labor gezüchteten Nervenzellen in das Gehirn von Parkinson-Patienten sicher ist und in einigen Fällen sogar zu messbaren Verbesserungen führen kann. Beide Studien verwendeten unterschiedliche Arten von Stammzellen als Ausgangsmaterial, kamen aber zu ähnlichen, hoffnungsvollen Ergebnissen.

Studie 1: Embryonale Stammzellen

In einer klinischen Phase-1-Studie in den USA unter der Leitung von Viviane Tabar wurde eine Therapie mit aus Embryonen gewonnenen Stammzellen getestet. Embryonale Stammzellen haben die Fähigkeit, sich in fast alle Zelltypen des Körpers zu entwickeln. Im Labor wurden sie gezielt in eine Vorstufe von Dopamin-produzierenden Nervenzellen umgewandelt. Diese Zellen wurden anschließend in das Gehirn von zwölf Parkinson-Patienten transplantiert. Fünf Personen erhielten eine niedrigere und sieben eine höhere Dosis der Zellen.

Nach 18 Monaten waren keine schweren Nebenwirkungen zu beobachten, und es bildeten sich keine Tumore. Radiologische Untersuchungen zeigten, dass die Zellen überlebten und Dopamin produzierten. Die Beweglichkeit verbesserte sich vor allem in der Hochdosisgruppe.

Studie 2: Induzierte Pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen)

Ein anderes Forschungsteam aus Japan um Ryosuke und Jun Takahashi setzte in einer Phase-2-Studie auf induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen). Diese Zellen werden aus Körperzellen, z. B. Blutzellen, von gesunden Spendern gewonnen und im Labor in einen Stammzell-Zustand zurückversetzt. Aus den iPS-Zellen wurden dann Vorläufer von Dopamin-produzierenden Nervenzellen hergestellt und insgesamt sechs Patienten ins Gehirn transplantiert. Die Teilnehmenden wurden über zwei Jahre beobachtet. Auch hier zeigten sich positive Effekte.

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Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Studien

Beide Studien beleuchteten die Sicherheit (Phase 1) und Effektivität (Phase 2) der Behandlung und wählten ein offenes Studiendesign ohne Kontrollgruppe. Dies erhöht das Risiko von Placeboeffekten. Trotzdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Transplantation von Stammzellen eine vielversprechende Behandlungsoption für Parkinson sein könnte.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Studien ist die Quelle der Stammzellen. Während die US-amerikanische Studie embryonale Stammzellen verwendete, die ethisch umstritten sind, setzten die japanischen Forschenden auf iPS-Zellen, die aus Blutzellen von gesunden Spendern gewonnen wurden. iPS-Zellen sind ethisch weniger umstritten, da keine Embryonen benötigt werden.

Bewertung der Studienergebnisse durch Experten

Experten bewerten die Ansätze als vielversprechend, wenngleich noch keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine langfristige Wirksamkeit möglich seien. Sie betonen, dass es sich um frühe klinische Studien handelt, die hauptsächlich auf die Sicherheit und Verträglichkeit der Behandlung abzielen.

Sicherheit und Verträglichkeit

Die Studien zeigen, dass die Implantation von Stammzellen in das Gehirn von Parkinson-Patienten sicher und verträglich zu sein scheint. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Tumorbildung oder übermäßiges Zellwachstum auf. Einige Patienten berichteten jedoch über Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der immunsuppressiven Therapie, die erforderlich ist, um eine Abstoßung der transplantierten Zellen zu verhindern.

Hinweise auf Wirksamkeit

Die Studien liefern erste Hinweise auf eine Wirksamkeit der Stammzelltherapie bei Parkinson. Bei einigen Patienten verbesserten sich die motorischen Symptome, und radiologische Untersuchungen zeigten, dass die transplantierten Zellen überlebten und Dopamin produzierten. Allerdings sind die Studiengrößen klein, und es fehlt eine Verblindung, was die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt.

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Vergleich zu früheren Studien

Im Gegensatz zu früheren Transplantationsstudien kann sowohl mit embryonalen Stammzellen als auch mit iPS-Zellen eine große Menge Transplantat hergestellt und später „von der Stange“ transplantiert werden. Die Zellen müssen also nicht für jeden Patienten einzeln hergestellt werden. Die Transplantate scheinen auch eine höhere Reinheit zu haben als in früheren Studien, sodass Kontaminationen mit serotonergen Progenitoren, die für die schweren Transplantat-bedingten Dyskinesien angeschuldigt wurden, weniger wahrscheinlich sind. Auch die Entstehung von Tumoren aus diesen Vorläuferzellen wurde in beiden Studien nicht beobachtet. Nachteil bei beiden Verfahren ist die Notwendigkeit einer zumindest zeitweisen immunsuppressiven Therapie (12 bis 15 Monate), die zwar mit Nebenwirkungen einhergeht, welche jedoch größtenteils gut beherrschbar waren.

Herausforderungen und Perspektiven

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch viele Herausforderungen, die bei der Entwicklung von Stammzelltherapien für Parkinson bewältigt werden müssen.

Langzeitwirkung

Eine der größten Herausforderungen ist die Frage nach der Langzeitwirkung der transplantierten Zellen. Es ist noch unklar, ob die Zellen über Jahre oder Jahrzehnte im Gehirn überleben und Dopamin produzieren können. Es besteht auch die Gefahr, dass die transplantierten Zellen im Laufe der Zeit die gleichen pathologischen Veränderungen entwickeln wie die ursprünglichen Nervenzellen, die für die Parkinson-Krankheit verantwortlich sind.

Auswahl der Patienten

Ein weiteres Problem ist die Auswahl der geeigneten Patienten für eine Stammzelltherapie. Es ist wahrscheinlich, dass die Therapie am wirksamsten ist, wenn sie in einem frühen Stadium der Krankheit eingesetzt wird, bevor zu viele Nervenzellen abgestorben sind. Allerdings ist es schwierig, Patienten in einem frühen Stadium zu identifizieren, da die Symptome oft unspezifisch sind.

Ethische Aspekte

Die Verwendung von embryonalen Stammzellen ist ethisch umstritten, da die Gewinnung der Zellen die Zerstörung von Embryonen erfordert. iPS-Zellen stellen eine ethisch weniger bedenkliche Alternative dar, aber auch hier gibt es Bedenken hinsichtlich der genetischen Manipulation und des Datenschutzes.

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Trotz dieser Herausforderungen sind die Perspektiven für die Stammzelltherapie bei Parkinson vielversprechend. Die aktuellen Studien haben gezeigt, dass die Transplantation von Stammzellen sicher und potenziell wirksam ist. Mit weiteren Fortschritten in der Forschung und Entwicklung könnten Stammzelltherapien in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit spielen.

Möglicher klinischer Einsatz

Der Ersatz geschädigter Dopaminzellen ist offensichtlich dann sinnvoll, wenn das Ausmaß der Schädigung ein Stadium erreicht hat, in dem eine medikamentöse Therapie nicht mehr ausreicht. Ein mögliches Problem könnte sein, dass diese Therapie überwiegend die motorischen Symptome verbessern kann, für die es auch eine Reihe anderer therapeutischer Optionen wie die tiefe Hirnstimulation oder Pumpentherapien gibt. Ob kognitive oder andere nicht motorische Probleme, die im späteren Stadium der Parkinsonkrankheit auftreten, verbessert werden können, ist derzeit unklar.

Die Zelltransplantation ändert nichts an der Grunderkrankung, welche trotz der Transplantation weitergeht. Es ist bekannt, dass transplantierte Zellen nach mehreren Jahren die Alpha-Synuclein-Pathologie (krankhafte Veränderung und Ablagerung des Proteins Alpha-Synuclein im Gehirn) ihrer Umgebung entwickeln. Herausforderungen wie etwa Demenz, die beispielsweise durch die Ausbreitung der Erkrankung in andere Hirnareale entstehen, werden durch eine solche Therapie nicht adressiert.

ANOVA-Stammzell-Sekretom-Therapie

Ein weiterer Ansatz in der Stammzelltherapie ist die ANOVA-Stammzell-Sekretom-Therapie, die auf mesenchymalen Stammzellen (MSCs) basiert. Klinische Studien mit MSCs bei Parkinson zeigen bislang ermutigende Resultate. MSCs sezernieren eine Vielzahl trophischer und neuroprotektiver Faktoren, die die Differenzierung zu neuronalen Zellen fördern und die funktionelle Regeneration von Neuronen unterstützen können. Das ANOVA-Stammzell-Sekretom wird in einem eigens entwickelten Verfahren hergestellt, um die bioaktiven Faktoren hochkonzentriert aufzubereiten. Ein wichtiger Sicherheitsfaktor ist, dass ausschließlich autologe, fettgewebsbasierte Stammzellen (aus dem eigenen Körper des Patienten) in steriler Laborumgebung verwendet werden.

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