Die ketogene Diät ist eine spezielle Ernährungsform, die sich durch einen hohen Fettanteil, eine moderate Proteinzufuhr und eine sehr geringe Kohlenhydratzufuhr auszeichnet. Ursprünglich in den 1920er Jahren zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, findet sie heute auch in anderen Bereichen Anwendung. Besonders bei Kindern mit medikamentenresistenter Epilepsie kann die ketogene Diät eine wirksame Therapieoption darstellen.
Grundlagen der ketogenen Diät
Bei einer normalen Ernährung bezieht der Körper seine Energie hauptsächlich aus Kohlenhydraten, die in Glukose umgewandelt werden. Bei einer ketogenen Diät wird die Kohlenhydratzufuhr jedoch drastisch reduziert, wodurch der Körper gezwungen wird, auf alternative Energiequellen zurückzugreifen.
Der Ketose-Stoffwechsel
Wenn der Körper keine ausreichenden Mengen an Kohlenhydraten erhält, beginnt er, Fettsäuren in der Leber in sogenannte Ketonkörper umzuwandeln. Diese Ketonkörper, wie Aceton, Acetoacetat und Beta-Hydroxybuttersäure, dienen dann als Hauptenergiequelle für das Gehirn und andere Organe. Dieser Stoffwechselzustand wird als Ketose bezeichnet.
Zusammensetzung der ketogenen Diät
Die klassische ketogene Diät besteht typischerweise aus:
- 80-90% Fett
- 10-20% Eiweiß
- Sehr geringe Mengen an Kohlenhydraten (ca. 5%)
Es gibt auch modifizierte Formen der ketogenen Diät, wie die modifizierte Atkins-Diät (MAD), die MCT-Diät (mit mittelkettigen Fettsäuren) und die niedrig-glykämische Index-Therapie (LGIT), die etwas flexiblere Kohlenhydratmengen erlauben.
Lesen Sie auch: Ketogene Ernährung: Ein möglicher Therapieansatz für Demenz?
Anwendung der ketogenen Diät bei Epilepsie
Die ketogene Diät hat sich als wirksame Behandlungsmethode für bestimmte Formen von Epilepsie erwiesen, insbesondere bei Kindern, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken.
Wirkungsweise bei Epilepsie
Die genaue Wirkungsweise der Ketose bei Epilepsie ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass die Ketonkörper die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn reduzieren und so die Anfallshäufigkeit verringern können.
Indikation
Die ketogene Diät wird vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit pharmakoresistenter Epilepsie eingesetzt, das heißt, wenn mindestens zwei fachgerecht verordnete Medikamente keine ausreichende Anfallskontrolle erzielen. Grundsätzlich kann die ketogene Ernährungstherapie aber bei allen Formen der Epilepsie als nicht-medikamentöse Behandlung in Erwägung gezogen werden. Vor allem dann, wenn es um Personen geht, die unter nicht tolerablen Nebenwirkungen der Anfallssuppressiva leiden, oder bei Personen, die besonders häufig einen Status epilepticus erleiden.
Durchführung
Die ketogene Diät sollte immer unter ärztlicher Aufsicht und in Zusammenarbeit mit speziell ausgebildeten Ernährungsfachleuten durchgeführt werden. Die Einleitung der Diät erfolgt meist stationär in einer Klinik, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen und die Patienten und ihre Angehörigen intensiv zu schulen.
Überwachung und Anpassung
Während der Diät ist eine regelmäßige Überwachung der Blutwerte (Blutzucker, Ketonkörper, Blutfette) erforderlich. Der Diätplan muss individuell angepasst werden, um eine optimale Ketose zu erreichen und Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Lesen Sie auch: Ketogene Ernährung bei Anfällen
Dokumentation
Eine sorgfältige Dokumentation der Anfallshäufigkeit und -dauer vor und während der Diät ist wichtig, um die Wirksamkeit der Therapie beurteilen zu können.
Geeignete und ungeeignete Lebensmittel
Bei der ketogenen Diät ist die Auswahl der Lebensmittel entscheidend für den Erfolg der Therapie.
Erlaubte Lebensmittel
- Fettreiche Lebensmittel: Öle (Olivenöl, Avocadoöl, Kokosöl), Butter, Sahne, Mayonnaise (ohne Zuckerzusatz), Avocado, fettreiche Fischsorten (Lachs, Makrele), Nüsse und Samen (Mandeln, Walnüsse, Chiasamen)
- Eiweißreiche Lebensmittel: Fleisch, Fisch, Eier, Käse
- Kohlenhydratarme Gemüsesorten: Blattgemüse (Spinat, Salat), Kohlsorten (Brokkoli, Blumenkohl), Gurke, Zucchini, Paprika, Tomaten (in Maßen)
- Beeren: In kleinen Mengen (Himbeeren, Erdbeeren, Blaubeeren)
Nicht erlaubte Lebensmittel
- Zuckerhaltige Lebensmittel: Süßigkeiten, Limonaden, Säfte, Kuchen, Gebäck
- Getreideprodukte: Brot, Nudeln, Reis, Müsli
- Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen, Erbsen
- Stärkehaltige Gemüsesorten: Kartoffeln, Mais
- Obst: Die meisten Obstsorten enthalten zu viel Zucker und sind daher nicht geeignet.
Ketogene Rezepte für Epilepsie
Die Zubereitung von ketogenen Mahlzeiten erfordert Kreativität und eine gute Planung. Es gibt zahlreiche Rezepte, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Epilepsie zugeschnitten sind.
Frühstück
- Rührei mit Käse und Avocado
- Keto-Porridge aus Kokosmehl, Mandeln und Chiasamen
- Käse-Omelett mit Gemüse
Mittagessen
- Salat mit Hähnchen oder Fisch und einem Dressing aus Olivenöl und Essig
- Zucchini-Nudeln mit Pesto und Parmesan
- Hackfleischpfanne mit Gemüse
Abendessen
- Lachs mit Brokkoli und Mandelbutter
- Steak mit Blumenkohlpüree
- Käse-Soufflé mit Salat
Snacks
- Nüsse und Samen
- Käsewürfel
- Avocado mit Salz und Pfeffer
- Gekochte Eier
Ketogenes Brot
Da herkömmliches Brot nicht erlaubt ist, gibt es spezielle ketogene Brotvarianten, die aus Nussmehlen, Saaten und Fetten hergestellt werden.
Mögliche Nebenwirkungen und Risiken
Wie jede spezielle Ernährungsform kann auch die ketogene Diät Nebenwirkungen und Risiken haben.
Lesen Sie auch: Ketogene Therapie bei Epilepsie
Häufige Nebenwirkungen
- Verstopfung
- Übelkeit
- Erbrechen
- Kopfschmerzen
- Müdigkeit
- Unterzuckerung (Hypoglykämie)
- Elektrolytstörungen
Langfristige Risiken
- Nährstoffmangel
- Nierensteine
- Erhöhte Blutfettwerte
- Wachstumsbeeinträchtigung bei Kindern (in seltenen Fällen)
Es ist wichtig, diese Risiken zu berücksichtigen und die Diät nur unter ärztlicher Aufsicht durchzuführen.
Alternativen zur klassischen ketogenen Diät
Neben der klassischen ketogenen Diät gibt es auch modifizierte Formen, die leichter durchzuführen sind und möglicherweise weniger Nebenwirkungen haben.
Modifizierte Atkins-Diät (MAD)
Die MAD erlaubt eine etwas höhere Kohlenhydratzufuhr als die klassische ketogene Diät.
MCT-Diät
Bei der MCT-Diät werden mittelkettige Triglyceride (MCT-Öle) eingesetzt, die leichter in Ketonkörper umgewandelt werden können.
Niedrig-glykämische Index-Therapie (LGIT)
Die LGIT konzentriert sich auf Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten.
Erfolgsaussichten und Dauer der Therapie
Die ketogene Diät kann bei vielen Menschen mit Epilepsie zu einer deutlichen Reduktion der Anfallshäufigkeit führen. Studien haben gezeigt, dass etwa ein Drittel der Patienten eine Anfallsreduktion von mehr als 50% erreicht.
Die Dauer der ketogenen Diät wird individuell festgelegt. In der Regel wird sie zunächst für maximal zwei Jahre durchgeführt. Nach dieser Zeit kann in Absprache mit dem Arzt ein langsames Ausschleichen der Diät versucht werden.