Das Ostschweizer Kinderspital St. Gallen (OSK) ist ein Zentrum der Maximalversorgung in der Kindermedizin. Das Neurologie-Team des Kinderspitals St. Gallen widmet sich der Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf innovativen diagnostischen Verfahren und der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Neurologische Diagnostik im Kindesalter: Herausforderungen und Innovationen
Die neurologische Untersuchung von Kindern stellt aufgrund verschiedener Faktoren besondere Herausforderungen dar. Kinder können ihre Beschwerden oft nicht präzise beschreiben, und herkömmliche diagnostische Methoden sind möglicherweise nicht geeignet oder zu belastend.
Ein typisches Beispiel ist die Untersuchung der Muskeln bei unklarer Muskelschwäche, Lähmungen, Krämpfen, Zuckungen oder Schmerzen. Bislang wurde hierzu häufig eine Nadelelektromyographie (EMG) durchgeführt, bei der eine Nadelelektrode in den Muskel eingeführt wird, um die elektrischen Muskelsignale zu messen. Diese Prozedur ist jedoch schmerzhaft und daher gerade bei Kindern schwierig durchzuführen.
Quantensensoren als schmerzfreie Alternative
Ein internationales Forschungsteam um Dr. Justus Marquetand vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem Universitätsklinikum Tübingen hat nun eine vielversprechende Alternative entwickelt: Die Untersuchung der Muskelsignale mittels Quantensensoren. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie kontaktlos und somit schmerzfrei ist.
Grundlage für die Diagnostik mit Quantensensoren ist das Magnetfeld, das durch die elektrische Aktivität in den Muskeln entsteht. Die magnetischen Signale dringen ungehindert an die Körperoberfläche, wo sie ohne direkten Hautkontakt gemessen werden können. Das Forschungsteam nutzte nun erstmals diese Signale, um krankhafte Muskelzuckungen (Faszikulationen) bei Patientinnen und Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen zu untersuchen. Dabei kamen optisch gepumpte Magnetometer (OPM) zum Einsatz, eine neue Generation von Quantensensoren.
Lesen Sie auch: Kantonsspital St. Gallen: Neurochirurgie im Überblick
Vorteile und Perspektiven der Quantensensorik
Die Ergebnisse der Studie sind vielversprechend:
- Schmerzfreie Diagnostik: Quantensensoren ermöglichen eine schmerzfreie Muskeldiagnostik, was besonders für Kinder von Vorteil ist.
- Aussagekräftige Ergebnisse: Die Methode ist in der Lage, krankhafte Muskelsignale zu detektieren und könnte somit das schmerzhafte Nadel-EMG teilweise ersetzen.
- Relevanz für Gentherapien: Eine schmerzlose und aussagekräftige Muskeldiagnostik ist vor allem vor dem Hintergrund aufkommender Gentherapien für genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankungen wie die spinale Muskelatrophie (SMA) hochrelevant.
Die Studie identifizierte auch technische Limitationen der verwendeten OPM, die nun in die Entwicklung eines neuen OPM-Prototyps für die Muskeldiagnostik an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt einfließen.
Zusammenarbeit und Anerkennung
Die Studie entstand in enger Zusammenarbeit mit Dr. Thomas Middelmann (Physikalisch-technische Bundesanstalt Berlin), Dr. Dr. Philip Broser (Ostschweizer Kinderspital St. Gallen), Prof. Dr. Braun und Prof. Dr. Markus Siegel (Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und Universitätsklinikum Tübingen). Die grundlagenwissenschaftlichen Vorarbeiten im Bereich der Muskeldiagnostik mittels Quantensensoren wurden kürzlich durch die Verleihung des Anna Müller Grocholski Stiftung-Preis der Schweizerischen Gesellschaft für Neuropädiatrie an Dr. Dr. Broser gewürdigt.
Weitere Schwerpunkte des Neurologie-Teams
Neben der innovativen Muskeldiagnostik widmet sich das Neurologie-Team des Kinderspitals St. Gallen auch anderen wichtigen Bereichen der Neuropädiatrie:
- Epilepsie: Prof. Dr. Susanne Schubert-Bast, Leiterin der Pädiatrischen Epileptologie, forscht an krankheitsverändernden Therapieoptionen für genetische Erkrankungen.
- Neurophysiologie: Dr. med. Dr. rer. nat. Philip Julian Broser leitet die Abteilung klinische Neurophysiologie und untersucht die Entwicklung des peripheren Nervensystems bei Neugeborenen mithilfe von Neurographie und hochauflösendem Nervenultraschall.
- Schwindel: Prof. Dr. Andreas Zwergal ist ein Experte für Schwindel- und Gleichgewichtsstörungen und leitet das Deutsche Schwindel- und Gleichgewichtszentrum (DSGZ) am LMU Klinikum München.
Fortbildungen und Veranstaltungen
Das Neurologie-Team des Kinderspitals St. Gallen engagiert sich auch in der Fort- und Weiterbildung von Ärzten. Regelmäßig finden Veranstaltungen und Fortbildungen zu verschiedenen Themen der Neuropädiatrie statt.
Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei Krämpfen nach Gallenblasenentfernung
Kooperationen und interdisziplinärer Austausch
Das Ostschweizer Kinderspital St. Gallen pflegt eine enge Zusammenarbeit mit anderen Kliniken und Institutionen, um eine optimale Versorgung der Patienten zu gewährleisten. So kooperiert das Kinderspital beispielsweise mit dem St. Elisabethen-Klinikum (EK) in Ravensburg, um Frühgeborene in Notfällen kinderchirurgisch zu versorgen. Auch mit dem Landeskrankenhaus Feldkirch (Voralberg) besteht ein intensiver fachlicher Austausch.
Nachsorgeangebote für Patienten und Familien
Für Patienten und Familien, die von einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter betroffen sind, stehen verschiedene Nachsorgeangebote zur Verfügung. Diese Angebote werden von Kliniken, Vereinen und Gruppen selbst eingegeben und können auf einer zentralen Plattform gesucht werden.
Lesen Sie auch: Umfassender Überblick: Neurologie KS St. Gallen
tags: #kinderspital #st #gallen #neurologie #team