Krampfartige Beschwerden nach Gallen-OP: Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Die Entfernung der Gallenblase, auch Cholezystektomie genannt, ist ein häufiger chirurgischer Eingriff, der oft bei Erkrankungen wie Gallensteinen oder Entzündungen der Gallenblase erforderlich ist. Obwohl die Cholezystektomie in der Regel als Routineeingriff gilt, können nach der Operation verschiedene Beschwerden auftreten. Eines der möglichen Symptome sind krampfartige Schmerzen, die verschiedene Ursachen haben können. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen von Krämpfen nach einer Gallen-OP und bietet Informationen zu Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Die Rolle der Gallenblase im Verdauungsprozess

Die Gallenblase ist ein kleines, birnenförmiges Organ, das unterhalb der Leber liegt. Ihre Hauptfunktion besteht darin, Gallenflüssigkeit zu speichern und zu konzentrieren, die von der Leber produziert wird. Die Gallenflüssigkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der Verdauung von Fetten, indem sie diese emulgiert und so für die Enzyme der Bauchspeicheldrüse zugänglich macht. Wenn fetthaltige Nahrung in den Zwölffingerdarm gelangt, zieht sich die Gallenblase zusammen und gibt die Gallenflüssigkeit in den Darm ab.

Ursachen von Krämpfen nach einer Gallen-OP

Krämpfe nach einer Gallen-OP können verschiedene Ursachen haben, die von vorübergehenden Beschwerden bis hin zu spezifischen medizinischen Problemen reichen.

Chologene Diarrhö

Eine häufige Ursache für krampfartige Beschwerden und Durchfall nach einer Cholezystektomie ist die chologene Diarrhö. Nach der Entfernung der Gallenblase fließt die Gallenflüssigkeit kontinuierlich von der Leber in den Dünndarm, ohne zwischengespeichert zu werden. Dies kann dazu führen, dass eine größere Menge an Gallensäuren in den Dickdarm gelangt, wo sie eine abführende Wirkung haben und Krämpfe verursachen können. Zur Behandlung der Symptome werden in der Regel Wirkstoffe eingesetzt, die Gallensäure im Dünndarm binden.

Das Gallensäurenverlustsyndrom äußert sich als chronischer Durchfall, der oft zur Diagnose eines Reizdarms führt. Die Symptome des Gallensäurenverlustsyndroms ähneln denen des weit verbreiteten Reizdarmsyndroms, unter dem Schätzungen zufolge ca. 4 Millionen Menschen in Deutschland leiden. Es wird vermutet, dass bei einer von drei Personen, die die Diagnose Reizdarm mit Durchfall erhalten haben, ein Gallensäurenverlustsyndrom vorliegt. Beim Gallensäurenverlustsyndrom handelt es sich um einen chronischen Durchfall, der durch überschüssige Gallensäuren im Dickdarm verursacht wird. Bei den Betroffenen des Gallensäurenverlustsyndroms werden die Gallensäuren nicht ausreichend vom Dünndarm absorbiert und gelangen in den Dickdarm (Kolon). Die Gallensäuren im Kolon verursachen aufgrund ihrer osmotischen Wirkung mittels Wassereinstrom die sogenannte chologene Diarrhö (Durchfall bedingt durch Gallensäure). Zudem kommt es durch den Gallensäurenverlust zu einer gestörten Resorption von Fetten und demzufolge auch der fettlöslichen Vitamine.

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Postcholezystektomie-Syndrom (PCS)

Bei manchen Patienten können nach einer Cholezystektomie weiterhin ähnliche Symptome wie vor der Operation auftreten, wie z. B. Oberbauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit und Krämpfe. Dieses Phänomen wird als Postcholezystektomie-Syndrom (PCS) bezeichnet. Die Ursachen für das PCS sind vielfältig und können organische oder funktionelle Ursachen haben.

Gallengangsteine

In einigen Fällen können nach einer Cholezystektomie Gallengangsteine entstehen, die den Gallenfluss behindern und zu Krämpfen führen können. Diese Steine können sich entweder neu bilden oder bereits vor der Operation vorhanden gewesen sein und unentdeckt geblieben sein.

Narbengewebe und Verwachsungen

Wie bei jeder Operation kann es auch nach einer Cholezystektomie zur Bildung von Narbengewebe und Verwachsungen im Bauchraum kommen. Diese Verwachsungen können umliegende Organe komprimieren oder verkleben, was zu Schmerzen und Krämpfen führen kann.

Reizdarmsyndrom (RDS)

Die Symptome des Gallensäurenverlustsyndroms ähneln denen des weit verbreiteten Reizdarmsyndroms. Die Ähnlichkeit der Symptome beider Erkrankungen führt dazu, dass das Gallensäurenverlustsyndrom bei vielen Patienten unerkannt bleibt und sie die Diagnose „Reizdarm“ erhalten.

Andere Ursachen

Weitere mögliche Ursachen für Krämpfe nach einer Gallen-OP sind:

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  • Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis)
  • Magengeschwüre
  • Muskelverspannungen im Bauchbereich
  • Medikamentennebenwirkungen

Diagnose von Krämpfen nach einer Gallen-OP

Die Diagnose von Krämpfen nach einer Gallen-OP erfordert eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und gegebenenfalls weitere diagnostische Tests. Zu den gängigen Diagnoseverfahren gehören:

  • Ultraschalluntersuchung: Um Gallengangsteine oder andere Anomalien der Gallenwege auszuschließen.
  • Endoskopisch retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP): Ein Verfahren, bei dem ein Endoskop durch den Mund in den Zwölffingerdarm eingeführt wird, um die Gallenwege und den Bauchspeicheldrüsengang darzustellen und gegebenenfalls Steine zu entfernen.
  • Computertomographie (CT): Um andere mögliche Ursachen für die Beschwerden zu identifizieren, wie z. B. Entzündungen oder Tumore.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Eine weitere bildgebende Technik, die detailliertere Bilder der Bauchorgane liefern kann.
  • Stuhluntersuchung: Um eine chologene Diarrhö zu diagnostizieren und andere Ursachen für Durchfall auszuschließen.

Behandlungsmöglichkeiten bei Krämpfen nach einer Gallen-OP

Die Behandlung von Krämpfen nach einer Gallen-OP richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Zu den gängigen Behandlungsansätzen gehören:

Medikamentöse Therapie

  • Gallensäurebinder: Medikamente wie Cholestyramin oder Colesevelam können helfen, überschüssige Gallensäuren im Dickdarm zu binden und die Symptome der chologenen Diarrhö zu lindern.
  • Krampflösende Mittel: Diese Medikamente können helfen, die Muskelkrämpfe im Bauchbereich zu reduzieren.
  • Schmerzmittel: Bei Bedarf können Schmerzmittel zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden.
  • Antibiotika: Bei bakteriellen Entzündungen können Antibiotika erforderlich sein.

Ernährungsumstellung

Eine Ernährungsumstellung kann hilfreich sein, um die Symptome zu reduzieren. Besonders wenn die Betroffenen einen fettigen Stuhlgang haben, kann eine fettreduzierte Kost bzw. der Verzicht auf fettige Speisen dazu beitragen, die Beschwerden zu lindern. Sobald ein Gallensäurenverlustsyndrom diagnostiziert wurde, ist es deshalb ratsam, einen Ernährungsberater aufzusuchen. Zudem ist gegebenenfalls eine Nahrungsergänzung mit fettlöslichen Vitaminen sinnvoll.

Endoskopische oder chirurgische Intervention

  • ERCP: Wenn Gallengangsteine die Ursache der Beschwerden sind, kann eine ERCP durchgeführt werden, um die Steine zu entfernen.
  • Chirurgische Entfernung von Verwachsungen: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um Verwachsungen zu lösen, die die Beschwerden verursachen.

Alternative Therapien

Einige Patienten finden Linderung ihrer Beschwerden durch alternative Therapien wie Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin (TCM) oder Entspannungstechniken. Die TCM trennt nicht zwischen Körper und Seele, zwischen Organen und Emotionen. Diesen entsprechen einander und beeinflussen sich gegenseitig. Den sogenannten „Funktionskreisen von Leber und Gallenblase“ sind in der TCM ebenfalls Gefühle wie Wut, Ärger und Frust zugeordnet. Zugleich werden sie auch als Fluss von Energie in den Leitbahnen, den „Meridianen“, verstanden und haben umfassendere Aufgaben.

Präventive Maßnahmen

Obwohl nicht alle Ursachen für Krämpfe nach einer Gallen-OP vermeidbar sind, können einige präventive Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko zu minimieren:

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  • Sorgfältige Auswahl der Patienten: Vor einer Cholezystektomie sollte sorgfältig geprüft werden, ob die Operation tatsächlich indiziert ist und ob andere Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen wurden.
  • Minimalinvasive Operationstechniken: Die minimalinvasive (laparoskopische) Cholezystektomie ist in der Regel mit weniger Komplikationen und einer schnelleren Erholung verbunden als die offene Operation.
  • Frühzeitige Behandlung von Komplikationen: Wenn nach der Operation Beschwerden auftreten, sollten diese frühzeitig abgeklärt und behandelt werden, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden.

Leben ohne Gallenblase

Grundsätzlich gilt: Eine fehlende Gallenblase beeinträchtigt weder die Lebenserwartung noch hat sie größere Nachteile für die Lebensqualität. Denn das Gallensystem ist weiterhin funktionstüchtig: Beim Essen schickt die Leber unverändert Gallenflüssigkeit in Richtung Zwölffingerdarm, wo sie bei der Verdauung hilft. Lediglich die "Extradosis", die die Gallenblase zwischen den Mahlzeiten eingelagert hat, entfällt. So steht dem Körper zur Verdauung zwar unterm Strich weniger Galle zur Verfügung. Bei einer ausgewogenen Ernährung reicht der Verdauungssaft, sodass keine spezielle Diät eingehalten werden muss. Ganz grundsätzlich gilt eine fettarme, gesunde Ernährung auch als gute Prophylaxe für Gallenbeschwerden.

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