Neurologische Abteilung am Klinikum Leer: Fortschritt und Herausforderungen in der Schlaganfallversorgung

Die Einrichtung einer neurologischen Abteilung am Klinikum Leer stellt einen bedeutenden Fortschritt für die medizinische Versorgung im Landkreis Leer dar. Schlaganfallpatienten können zukünftig schnell und wohnortnah versorgt werden. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, den aktuellen Stand und die Herausforderungen im Zusammenhang mit der neuen Abteilung.

Hintergrund und Entscheidung

Bereits 2014 wurde ein entsprechender Antrag beim Niedersächsischen Sozialministerium gestellt. Trotz Unterstützung durch die ehemaligen Ministerinnen Rund und Reimann wurde das Vorhaben vom Krankenhaus-Planungsausschuss mehrfach abgelehnt, zuletzt im November 2021. Gesundheitsministerin Daniela Behrens machte jedoch von ihrem Letztentscheidungsrecht Gebrauch und gab grünes Licht für eine neurologische Abteilung mit 30 Betten. Die Entscheidung des niedersächsischen Sozialministeriums für eine neue Fachabteilung für Neurologie am Klinikum Leer erfolgte am 17. Februar 2022. Rückwirkend zum 01.01.2022 wurde die Einrichtung der neurologischen Klinik mit 30 Betten beschlossen.

Geschäftsführer Holger Glienke und Landrat Matthias Groote als Aufsichtsratsvorsitzender begrüßen die Entscheidung: „Für unsere Einwohnerinnen und Einwohner ist das eine deutliche Verbesserung in der medizinischen Versorgung."

Vorteile für die Patientenversorgung

Die Einrichtung der neurologischen Abteilung am Klinikum Leer bringt erhebliche Vorteile für die Patientenversorgung mit sich:

  • Schnellere Versorgung: Schlaganfallpatienten können im Landkreis Leer zukünftig schnell und wohnortnah versorgt werden. Die nächstgelegenen Schlaganfall-Stationen befinden sich derzeit in Emden und Westerstede, wodurch sich die Anfahrtszeiten verkürzen und das Risiko bleibender Schäden reduziert wird.
  • Verbesserte Notfallversorgung: Das Klinikum Leer kann als größtes Einzelkrankenhaus in Ostfriesland mit insgesamt 407 Betten (390 stationär, 17 Tagesklinik) eine umfassende Notfallversorgung anbieten. Zusammen mit den zum Klinikum gehörenden Krankenhäusern in Weener (Krankenhaus Rheiderland) und auf Borkum (Inselkrankenhaus) sind es 475 Betten.
  • Erweiterung des Leistungsspektrums: In der Klinik für Neurologie und Geriatrie unter Leitung von Frau Professor Dr. Sylvia Kotterba laufen die Vorbereitungen zur Ausweitung des neurologischen Leistungsspektrums bereits auf Hochtouren. Neben neurovaskulären Krankheitsbildern mit Schlaganfall und zerebralen Gefäßerkrankungen können auch Entzündungen des zentralen Nervensystems (Multiple Sklerose, GBS etc.) oder Bewegungserkrankungen behandelt werden.

Aktueller Stand und Vorbereitungen

Die Vorbereitungen zur Ausweitung des neurologischen Leistungsspektrums laufen bereits auf Hochtouren. Zusätzliches Fachpersonal wird in den nächsten Monaten schrittweise den Dienst aufnehmen mit dem Ziel, bis zum Oktober eine „Rund-um-die-Uhr-Versorgung“ für Schlaganfallpatienten in einer sogenannten Stroke-Unit anbieten zu können.

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Rechtliche Auseinandersetzung und Herausforderungen

Gegen die Entscheidung des Niedersächsischen Sozialministeriums regte sich Widerstand. Auf Antrag der Ammerland-Klinik hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg im Rahmen eines Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz entschieden, dass die Entscheidung des Landes aktuell nicht vollzogen werden darf und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (Beschl. v. 04.08.2023 - 14 ME 66/23). Hauptgeschäftsführer Axel Weber sieht sich damit in seiner Rechtsauffassung bestätigt: „Das Land Niedersachsen hätte eine Auswahlentscheidung zwischen dem Antrag des Klinikums Leer auf eine neue Fachabteilung für Neurologie und unserem eigenen Antrag auf Ausbau des vorhandenen Versorgungsangebots treffen müssen“.

Landrätin Karin Harms bedauert zwar, dass es infolge der Letztentscheidung des Ministeriums zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung gekommen ist, betont jedoch: „Der Aufbau zusätzlicher neurologischer Versorgungsangebote würde am Ende zu keiner Verbesserung der Versorgung von Schlaganfallpatientinnen und -patienten führen, sondern insbesondere wegen des fehlenden medizinischen Personals eine Qualitätsverschlechterung bedeuten."

Es bleibt nun der Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Gut möglich, dass am Ende das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine endgültige Entscheidung treffen muss.

Das neue Niedersächsische Krankenhausgesetz, das am 01.01.2023 als Änderungsgesetz ohne Übergangsvorschriften in Kraft getreten ist, sieht in § 6 Absatz 5 vor, dass die Anfechtungsklage eines Dritten gegen einen Feststellungsbescheid auf Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan keine aufschiebende Wirkung hat. Mit der jetzigen Gesetzesänderung kann die Neurologie nun endlich starten, solange kein gegenteiliges, rechtskräftiges Urteil bzgl. der begehrten Rücknahme des Feststellungsbescheides vorliegt. Ein solches Verfahren könnte sich durch verschiedene Instanzen über viele Jahre hinziehen, zumal sich die Krankenhauslandschaft in Niedersachsen und im Nord-Westen ändert.

Neurologisch-Psychiatrische Gemeinschaftspraxis Leer

Ergänzend zum Klinikum Leer existiert in Leer die Neurologisch-Psychiatrische Gemeinschaftspraxis Leer, die das gesamte Spektrum neurologischer Erkrankungen diagnostiziert und behandelt. Die Neurologie befasst sich mit den Erkrankungen des Nervensystems und der Muskeln, einschließlich der Übertragungsstörungen vom Nerv auf den Muskel. In der psychiatrischen Praxis wird das gesamte psychiatrische Spektrum diagnostiziert und behandelt, darunter Angst- und Panikattacken, Depressionen und Erschöpfungszustände, Zwangsstörungen, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, Demenz, ADHS und posttraumatische Belastungsstörungen. Die Substitutions-Therapie bietet eine alternative Behandlungsmethode für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, um ihre Gesundheit zu verbessern und ihre soziale Integration zu fördern. Es gibt eine Zusammenarbeit mit folgenden Selbsthilfegruppen: Parkinson Leer, Parkinson Papenburg, Parkinson U40 Ammerland, Multiple Sklerose Leer. Um das Infektionsrisiko zu senken, wird eine Video-Sprechstunde angeboten.

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