Die klinische Neuropsychologie und die kognitive Neurologie sind zwei eng verwandte, aber dennoch unterschiedliche Disziplinen, die sich mit der Beziehung zwischen Gehirn und Verhalten befassen. Beide Disziplinen untersuchen kognitive, sensorische, motorische und affektive Funktionen einzelner Hirnregionen mithilfe entsprechender Untersuchungsverfahren. Neurologische Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologien können neuropsychologische Funktionen wie Raumorientierung, Aufmerksamkeit, Sprache, Wahrnehmung, Gedächtnis, Motorik und Exekutivfunktionen beeinträchtigen.
Neuropsychologische Funktionen und ihre neuronalen Grundlagen
Die neuropsychologischen Funktionen, die im Folgenden detaillierter beschrieben werden, repräsentieren spezifische neo- und subkortikale Funktionsnetzwerke. Störungen dieser Funktionen können durch eine hypothesengeleitete Anamnese und Diagnostik erfasst und anschließend einer störungsspezifischen Therapie zugeführt werden.
Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeitsstörungen gehören zu den häufigsten neuropsychologischen Folgen erworbener Hirnschädigungen. Es werden vier Aufmerksamkeitskomponenten unterschieden, die unabhängig voneinander beeinträchtigt sein können und unterschiedlichen Alltagsstörungen und anatomischen Strukturen zugeordnet sind:
- Vigilanz: Reaktionsbereitschaft herstellen ("Aufmerksamkeitswachheit"). Beispiel: Vor roter Ampel bremsen. Beteiligte Strukturen: Subkortikal, Hirnstamm.
- Daueraufmerksamkeit: "Durchhalten" längerer Phasen von konzentrativer Belastung. Beispiel: Hörbuch hören. Beteiligte Strukturen: Rechts frontoparietal.
- Selektive Aufmerksamkeit: Informationsauswahl und Ignorieren irrelevanter Informationen ("Fokussierung"). Beispiel: Mit einer Person in lautem Café sprechen. Beteiligte Strukturen: Parietal.
- Geteilte Aufmerksamkeit: Mehrere Aufgaben simultan ausführen ("Multitasking"). Beispiel: Gehen und telefonieren. Beteiligte Strukturen: Frontal.
- Exekutive Aufmerksamkeit: Willentliche Steuerung von Aufmerksamkeit, Aufgabenwechsel ("Task-Management"). Beispiel: Essenszubereitung.
Das Biased-Competition-Modell geht von einer ständigen Konkurrenz sensorischer Reize in den sie verarbeitenden neuronalen Strukturen aus. Etwa 80 % aller neurologischen Diagnosen sind mit Aufmerksamkeitsstörungen assoziiert, unabhängig von der Ätiologie. Diese hohe Inzidenz ist durch die weitverzweigten Funktionsnetzwerke erklärbar. Aufmerksamkeitsstörungen beeinflussen kognitive (Gedächtnis), motorische (Gleichgewicht) und sensorische Funktionen (Hemianopsie) negativ.
Das aufsteigende retikuläre Aktivierungssystem (ARAS) ist gemeinsam mit dem Nucleus reticularis thalami wichtig für die Modulation der tonischen Alertness ("Aufmerksamkeitstonus"). Noradrenerge (Locus coeruleus) und cholinerge (Septum, Habenula) Strukturen sind wichtig für die selektive Aufmerksamkeit. Das rechtsseitige, frontoparietale Netzwerk ist dominant für die räumliche Aufmerksamkeit, Alertness und Vigilanz. Antikonvulsiva können zur "Reaktionsverlangsamung" in "Aufmerksamkeitstests" führen.
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Neurovisuelle Funktionen
Entgegen der Überzeugung vieler Kliniker weisen etwa die Hälfte aller hirngeschädigten Patienten vaskulärer (40-60 %), traumatischer (50 %) oder degenerativer (40 % der Patienten mit Alzheimer-Demenz) Genese neurovisuelle Störungen auf. Homonyme Gesichtsfeldausfälle, Lese- und visuelle Explorationsstörungen finden sich bei etwa 40-70 % der Betroffenen.
Grundlagenstudien sowie bildgebende Studien haben die Sichtweise zweier anatomisch und funktional spezialisierter, aber eng verknüpfter visueller Projektionssysteme etabliert. In V1 wird eine retinotope Karte des kontralateralen Gesichtsfeldes repräsentiert, die aufgrund der Analyse elementarer visueller Reizmerkmale wie Luminanz und Kontrast erfolgt. V2/V3 haben jeweils eine dorsale und ventrale Repräsentation im Kortex.
Beim Erstkontakt mit dem Patienten sollte eine strukturierte Anamnese erfolgen. Ein von uns entwickeltes und umfangreich (an 656 Patienten) hinsichtlich Spezifität, Sensitivität und Praktikabilität validiertes Verfahren eignet sich zur raschen (in 10 Minuten) neurovisuellen Anamnese. Die gewonnenen Informationen geben dem Untersucher konkrete Informationen für entsprechende diagnostische und therapeutische Maßnahmen.
Eine strukturierte Anamnese sollte folgende Fragen beinhalten:
- Veränderungen im Sehen seit der Erkrankung? (Hinweis auf Awareness für Störungen)
- Eindruck, dass das Sehen nicht mehr so klar ist wie früher? (Hinweis auf Störungen der Sehschärfe und des Kontrastsehens, Fusionsstörung)
- Doppelbilder seit der Erkrankung? (Hinweis auf Fusionsstörung, Augenmuskelparesen)
- Probleme beim Ausweichen von Gegenständen oder Anstoßen an Personen/Türrahmen? (Hinweis auf Explorationsstörung)
- Schwierigkeiten beim Lesen? (Hinweis auf Hemianope Lesestörung, Neglectdyslexie, reduzierte visuelle Belastbarkeit)
- Schwierigkeiten beim Abschätzen der Tiefe der Stufen, beim Treppengehen/auf unebenen Untergründen oder beim gezielten Greifen nach Gegenständen? (Hinweis auf Stereopsis, Tiefenschätzung)
- Sehen Farben anders aus als früher? (Hinweis auf Farbwahrnehmungsstörungen)
- Probleme beim Erkennen von Objekten oder Gesichtern? (Hinweis auf Visuelle Agnosien)
- Blendet helles Licht leichter als früher oder benötigen Sie mehr Licht?
Visuelle Reizerscheinungen bezeichnen "positive Symptome" in Abwesenheit eines externen visuellen Reizes. Einfache visuelle Reizerscheinungen (helle Punkte, Balken, Linien, Sterne, Nebel, farbige Empfindungen) werden häufig von Patienten kurz vor oder nach einer vaskulären, okzipitalen Läsion berichtet. Komplexere visuelle Halluzinationen und Illusionen resultieren meist aus temporalen Läsionen und sind seltener. Visuelle Reizerscheinungen müssen erfragt werden (→ Anamnese), da die Betroffenen sie nicht berichten. Trotz irritierender Phänomene und guter Prognose ist eine Information und Beruhigung der Patienten wichtig.
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Sehschärfe bezeichnet die räumliche Auflösungskapazität des visuellen Systems. Primäre Ursachen einer zentralen Visusreduktion stellen bilaterale postchiasmatische Läsionen dar, welche zu einem partiellen bis vollständigen Verlust der Sehschärfe führen und nicht durch Linsen korrigiert werden können.
Kontrastsehen bezeichnet die visuelle Fähigkeit, zwischen Streifenmustern unterschiedlicher Helligkeit (Kontrast) und Streifenbreite (räumliche Frequenz) zu unterscheiden. Störungen des Kontrastsehens finden sich bei 80 % der akuten Patienten mit vaskulär bedingten posterioren Hirnläsionen und ca. 8-10 % der chronischen Patienten. Beide Beeinträchtigungen erschweren die Bearbeitung aller visuellen Vorlagen und Tests signifikant. Sehschärfe und Kontrastsehen können mit Reihenoptotypen bzw.
Foveale photopische Adaptation meint die Anpassung an eine hellere Beleuchtung (Helladaptation), foveale skotopische Adaptation die Anpassung an eine dunklere Beleuchtung (Dunkeladaptation). Beide Prozesse sind dissoziierbar, können jedoch auch kombiniert gestört sein. Insbesondere Störungen der Dunkeladaptation sowie der Hell- und Dunkeladaptation führen bei defizitärer Raumausleuchtung (<200 Lux) zu erheblich schlechteren visuellen Alltagsleistungen (z. B. Sehschärfe, Lesen, PC-Arbeit). Die Anamnese kann mittels Fragebogen erfolgen, die Objektivierung mithilfe von Blendungstests oder Verfahren zur subjektiv präferierten Beleuchtungseinstellung. Eine kausale Therapie ist nicht verfügbar.
Homonyme Gesichtsfelddefekte treten bei 20-50 % aller Schlaganfallpatienten auf. Bei 70 % der Betroffenen ist das Restgesichtsfeld im blinden Halbfeld <6°. Eine spontane, oft partielle Rückbildung des Skotoms kann bis zu 6 Monate nach dem Insult auftreten, danach ist sie sehr unwahrscheinlich.
Visuelle Explorationsstörung: Das visuelle Absuchen von Vorlagen ist zeitaufwendig, langsam und ineffizient. Verschobene subjektive Mitte: Die "subjektive Mitte" der Patienten im Raum sowie beim Halbieren von Linien und Objekten ist bei 90 % zum Skotom verschoben. Dieser Halbierungsfehler ist Folge der okzipitalen Läsion in V2. Die Fingerperimetrie "entdeckt" nur ca. 52 % aller Gesichtsfelddefekte; die Sensitivität lässt sich aber einfach durch Verwendung eines farbigen (roten) Stiftes für die Fingerperimetrie um weitere 20 % steigern. Eine PC-basierte Kampimetrie oder noch besser Perimetrie ist daher zumindest bei allen Patienten mit "posterioren", vaskulären Läsionen sowie diffusen Hirnläsionen (Schädel-Hirn-Trauma, Hypoxie) unerlässlich.
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Konvergente Fusion meint die Vereinigung der beiden leicht disparaten monokularen Seheindrücke zu einem einzigen, stereoskopischen Seheindruck. Dies umfasst eine motorische (Vergenzbewegungen der Augen) und eine sensorische Komponente (Verschmelzung der monokularen Eindrücke zu einem beidäugigen, "räumlichen" Seheindruck "3D-Perzept"). Fusionsstörungen treten infolge vaskulärer Läsionen bei ca. 20 %, nach Schädel-Hirn-Trauma bei ca. Reduktion der Stereopsis; → resultierende Defizite bei allen visuomotorischen Aktivitäten im Nahbereich (z. B. Die konvergente Fusionsbreite lässt sich mit Prismen (Basis außen; appliziert vor einem Bagolini-Glas) bestimmen. Zur Untersuchung des Stereosehens empfehlen sich konventionelle Tests, welche sowohl die lokale (konturbasierte) als auch die globale Stereopsis erfassen (Titmus, TNO, Lang-Test). Fusionsstörungen reduzieren erheblich die beidäugige Belastbarkeit beim Sehen (<25 min).
Zerebrale Farbwahrnehmungsstörungen können im Skotom oder im zentralen Gesichtsfeldbereich auftreten. Ein vollständiger Ausfall der zerebralen Farbwahrnehmung ist selten und bedarf meistens symmetrischer, bilateraler okzipitotemporaler Läsionen. Relative Störungen der Farbtonunterscheidung nach unilateralen okzipitotemporalen Läsionen sind kommen dagegen häufiger nach Infarkten, Hypoxien oder bei Alzheimer-Demenz vor.
Ein vollständiger Verlust der Bewegungswahrnehmung ("Akinetopsie") ist selten. Relative Beeinträchtigungen nach unilateralen Läsionen bewegungssensitiver Kortexregionen (Area V5, V3), oder Kleinhirnläsionen sind häufiger. Die Betroffenen haben Probleme beim Einschätzen von Geschwindigkeit und Lageveränderungen sich bewegender Fahrzeuge/Personen. Neben diesen Störungen der linearen Bewegungswahrnehmung kommt es nach okzipitoparietalen Läsionen auch zu Störungen der radialen Bewegungswahrnehmung ("Optic Flow"). Unser Gehirn nutzt diese "optische Fluss-Information" zur räumlichen Orientierung im 3D-Raum.
Die Unfähigkeit, Objekte, Bilder oder Gesichter visuell trotz ausreichender elementarer visueller (Sehschärfe, Kontrastsehen, visuelle Exploration) und sprachlicher Funktionen sowie einer intakten Erkennung mittels anderer Sinne (auditiv, haptisch) zu erkennen, bezeichnet man als visuelle Agnosien. Apperzeptive Agnosie beschreibt Defizite in der kohärenten Wahrnehmung eines visuellen Objekts bei intakten elementaren visuellen Leistungen. : Nichterkennen von Objekten wegen fehlenden semantischen Objektwissens (Funktion, Name). Visuelle Formagnosie bezeichnet die Unfähigkeit, einfache geometrische Formen zu erkennen. Visuelle Agnosien gelten als selten (<3 % aller neurologischen Patienten), Indizidenzangaben aus quantitativen Studien fehlen jedoch. Ursächlich sind bi- oder unilaterale, okzipitotemporale Läsionen (vaskulär, traumatisch, anoxisch). Relative Störungen der visuellen Objekterkennung für objekt-/gesichterbezogenes Reizmaterial (z. B. Muster, Gegenstände, Teile von Fotos) treten nach Martinaud et al. (2012) bei 65 % aller einseitigen Posteriorinfarkte auf, sind also deutlich häufiger.
Sprache
Sprachstörungen wie Dysarthrie und Sprechapraxie können die Verständlichkeit und Flüssigkeit der Sprache beeinträchtigen. Die Diagnostik umfasst das Münchner Verständlichkeits Profil (MVP) für Dysarthrie und die Analyse der Sprachproduktion im freien Gespräch sowie Nachsprechaufgaben mit hierarchischen Wortlisten für Sprechapraxie. Die Therapie umfasst Sprachtherapie und alternative Kommunikationsmittel (Gesten).
Gedächtnis
Gedächtnisstörungen können verschiedene Bereiche des Gedächtnisses betreffen:
- Orientierung: Zeitlich, örtlich, situativ und zur Person.
- Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis: Kurzfristiges Halten und Manipulieren verbaler/räumlicher Informationen.
- Langzeitgedächtnis: Tests für verbales und figuratives Lernen und Behalten.
- Altgedächtnis: Befragung der Patienten zu persönlichen und episodischen Informationen (mit Angehörigen).
Die Therapie umfasst übende Funktionstherapie nur bei leichten und mittelschweren Störungen sowie Kompensationstherapie (Strategielernen, Reduktion von Anforderungen, Rückwärtsverkettung, externe Gedächtnishilfen, Gedächtnisbuch, Kalender).
Exekutivfunktionen
Störungen der Exekutivfunktionen beeinträchtigen Arbeitsgedächtnis, Planungsfähigkeit, kognitive Flexibilität und die Fähigkeit zur Doppelaufgabenbearbeitung. Die Therapie umfasst das Training einzelner Komponenten wie Planung, Aufgabenwechsel, Flexibilität und Arbeitsgedächtnis.
Lernprozesse und Interventionen zur Lernverbesserung
Lernprozesse werden im gesunden alternden, durch neurodegenerativ veränderten oder durch Schlaganfall geschädigten Gehirn auf ihre neuronalen Korrelate hin untersucht (Verhaltensmessungen, funktionelle und strukturelle MRT-basierte Bildgebung, elektrophysiologisch ermittelte Langzeitpotenzierung). Darauf aufbauend entwickeln wir interventionelle Verfahren zur Lernverbesserung, speziell im Bereich der Erholung von Sprache und Motorik nach einem Schlaganfall sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen. Dazu gehören die pharmakologische Lernförderung (dopaminerge und serotonerge Substanzen), die elektrische Hirnstimulation (transkranielle Magnetstimulation, transkranielle Gleichstromstimulation) und Lebensstil-Interventionen wie körperliche Aktivität oder diätische Ansätze. In diesem Kontext untersuchen wir außerdem die Interaktion des Ansprechens auf interventionelle Verfahren mit genetischer Prädisposition. Klinische Studien werden im Bereich der Spracherholung und der motorischen Erholung sowie bei Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen durchgeführt.
Schlaf und Gedächtniskonsolidierung
Schlaf spielt eine wesentliche Rolle bei der Gedächtniskonsolidierung. Mit zunehmendem Alter nehmen gedächtnisrelevante Schlafparameter ab, begleitet von einer Verschlechterung der Gedächtnisleistung. Besonders ausgeprägt treten diese Veränderungen bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz auf. Studien untersuchen die individualisierte Optimierung der nicht-invasiven elektrischen Stimulation zur Verbesserung der Schlafqualität und der Gedächtnisleistung.
Gedächtnisbildung während des Schlafs unterstützen spezifische Oszillationen: langsame kortikale Oszillationen (engl. Slow oscillations, SO, 0,5-1 Hz), thalamokortikale Spindel- (12-15 Hz) und hippokampale Ripple- Aktivität (80-140 Hz). Aktuelle Studien liefern schon Hinweise, dass Interplay zwischen kortikalen SO und Spindeln sowie die Modulation derer Kopplung eine bedeutende Rolle bei der schlafbezogenen Gedächtniskonsolidierung spielen. Weitere Studien konnten eine funktionelle Kopplungshierarchie zwischen SO-, Spindel- und Ripple-Aktivität finden.
Kognitives Training und Hirnstimulation
Aus aktueller Forschung geht hervor, dass die Kombination von kognitivem Training und gleichzeitiger nicht-invasiver elektrischer Hirnstimulation kognitive Leistung verbessern kann. Eine solche Intervention könnte kognitivem Abbau im Alter entgegenwirken. Studien untersuchen den Einfluss eines intensiven mehrwöchigen kognitiven Trainings in Kombination mit der Hirnstimulation auf kognitive Leistung bei gesunden älteren Erwachsenen sowie die neuronalen Korrelate und Wirkmechanismen der Hirnstimulation.
Neuropsychologische Psychotherapie: Wege und Perspektiven
Die Interessengruppe (IG) Klinische Neuropsychologie und Neuropsychologische Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) setzt sich für die Förderung und Weiterentwicklung der neuropsychologischen Psychotherapie ein. Sie bietet Informationsveranstaltungen und unterstützt den Nachwuchs bei der Wahl des Qualifikationsweges in die Neuropsychologie.
Qualifikationswege in der Neuropsychologie
Um den Nachwuchs an klinischen Neuropsycholog:innen und neuropsychologischen Psychotherapeut:innen bei der Wahl des Qualifikationsweges in die Neuropsychologie zu unterstützen, führte das Sprecher:innenteam der IG am 23.10.2024 online eine einstündige Infoveranstaltung zum Thema „Wege in die Neuropsychologie“ für den interessierten Nachwuchs durch. Die Kapazitätsgrenze der Onlineveranstaltung von 300 Teilnehmenden wurde schnell erreicht und zeigt, wie groß einerseits das Interesse an neuropsychologischer Tätigkeit ist und wie groß andererseits auch die Unsicherheit bezüglich verschiedener Qualifikationswege sowie den aktuellen Veränderungen in den Bereichen Approbation und Weiterbildung ist. Aufgrund des unerwartet großen Erfolgs dieser Infoveranstaltung und dem weiterhin enormen Bedarf an Informationen zur neuropsychologischen Qualifikation, soll diese Form der Infoveranstaltung nun ca. halbjährlich angeboten werden.
Zertifizierung und Weiterbildung
Die "Zertifizierung als Klinische Neuropsychologin/ Klinischer Neuropsychologie" der Gesellschaft für Neuropsychologie ist mit und ohne Approbation möglich, jedoch nicht sozialrechtlich/ berufsrechtlich anerkannt. Das bedeutet, dass man selbst mit Approbation und dem GNP-Zertifikat im Rahmen einer Niederlassung in eigener Praxis nicht automatisch auch neuropsychologische Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen kann. Sofern Approbation und GNP-Zertifikat schon vorliegen, kann bei der zuständigen Landespsychotherapeutenkammer angefragt werden, ob die jeweils gültige Weiterbildungsordnung Anrechnungsmöglichkeiten erlaubt, die dann einer sozialrechtlichen Anerkennung zuträglich sein könnten. Das GNP-Zertifikat allein bietet aktuell keine belastbare berufliche Perspektive mehr, selbst im stationären Bereich, in dem künftig immer mehr Personen mit Approbation nach neuem Recht tätig sein werden.
Die Weiterbildung nach altem Recht im Bereich „Klinische Neuropsychologie“ nach den Weiterbildungsordnungen der jeweiligen Landespsychotherapeutenkammern ist hingegen ausschließlich in Verbindung mit einer Approbation (je nach Bundesland verzahnt mit der Therapieausbildung oder der Therapieausbildung nachgeordnet) möglich. Damit bietet sie eine belastbare berufsrechtliche und sozialrechtliche Grundlage, die zu einer Abrechnung neuropsychologischer Leistungen mit den Krankenkassen z.B.
Weiterbildungsstätten und Supervision
Die Anzahl der anerkannten Weiterbildungsstätten ist bedauerlicherweise regional häufig noch gering. Dies wird sich aber nur ändern, wenn sich genügend Kolleg:innen qualifizieren, um dann in absehbarer Zeit selbst als Weiterbildungsermächtigte die Weiterbildungsstätten verantworten zu können. Daher treten wir für eine bundesweite kollegiale Vernetzung ein, die aktuell Nachwuchs auf dem Qualifizierungsweg bestmöglich unterstützen kann, individuelle Lösungen zu finden. Ja, die Supervisor:innen im neuen System müssen approbiert und entsprechend der Weiterbildungsordnungen der Landespsychotherapeutenkammern neuropsychologisch qualifiziert sein. Sie müssen von den jeweiligen Landespsychotherapeutenkammern explizit als Supervisor:innen für die neue Gebietsweiterbildung Neuropsychologische Psychotherapie anerkannt werden.
Forschung in der Neuropsychologie
Zahlreiche Forschungsprojekte befassen sich mit verschiedenen Aspekten der Neuropsychologie, darunter:
- Verbesserte Hirnstruktur und -funktion bei Adipositaspatienten nach bariatrischer Chirurgie.
- Kognitive und affektive Defizite von Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie (DCM).
- Wirkung therapeutischer Maßnahmen bei sprachlichen Störungen nach Schädelhirntraumata (SHT) durch nicht-invasive, transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS).
- Identifizierung von sensitiven Biomarkern zur Unterscheidung von Patienten mit leichten kognitiven Einschränkungen (MCI) und Patienten mit Verdacht auf Alzheimer-Erkrankung.
- Wirkung polyaminreicher Nahrungsergänzung auf kognitive Fähigkeiten bei älteren Menschen mit subjektiv empfundener Gedächtnisverschlechterung.
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