Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das für Betroffene und deren Umfeld oft einen großen Schock darstellt. Die Rehabilitation spielt eine zentrale Rolle, um den Weg zurück ins normale Alltagsleben zu ermöglichen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dieser Artikel beleuchtet die Definition, Phasen und verschiedenen Aspekte der Schlaganfall-Rehabilitation, um ein umfassendes Verständnis dieser wichtigen Thematik zu vermitteln.
Was ist ein Kompetenznetz Schlaganfall Rehabilitation?
Kompetenznetze Schlaganfall sind offene Zusammenschlüsse von therapeutischen Praxen, interdisziplinären Therapiezentren, Kliniken, regionalen Ärztenetzen, Organisationen und Unternehmen aus dem Bereich der Schlaganfall-Versorgung einer Region. Sie arbeiten partnerschaftlich und ohne Konkurrenzdenken zusammen an einer verbesserten ambulanten Schlaganfall-Rehabilitation Phase E von Schlaganfallpatienten. Ziel ist es, die Versorgung von Schlaganfallpatienten in einer Region zu verbessern, indem alle Beteiligten an denselben Grundsätzen orientieren und mit den vorhandenen Strukturen des heutigen Gesundheitssystems arbeiten.
Die Akutversorgung des Schlaganfalls: "Time is Brain"
Bei einem akuten Schlaganfall gilt der Leitsatz „Time is brain“ (Zeit ist Gehirn). Das heißt, jede Minute zählt! Je schneller und effizienter ein Patient nach einem Schlaganfall behandelt wird, desto mehr Nervenzellen im Gehirn können „gerettet“ werden. Die rasche Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Schäden im Gehirn zu minimieren. In vielen Kliniken gibt es spezielle Abteilungen für Schlaganfall-Patienten, sogenannte „Stroke Units“, die auf die multidisziplinäre Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert sind.
Akuttherapeutische Maßnahmen
- Thrombolyse/Lyse-Therapie: Bei einem durch ein Blutgerinnsel ausgelösten Schlaganfall werden Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Diese Therapie ist in Einzelfällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten erster Symptome möglich.
- Thrombektomie: Bei größeren Blutgefäßen im Gehirn, die verschlossen sind, kommt ein katheterbasiertes Verfahren zum Einsatz, um das Gefäß wieder zu eröffnen. Hierzu wird der Katheter über die Leistenarterie eingeführt.
- Operation am offenen Gehirn: Bei einer Hirnblutung kann eine Operation notwendig sein, um die Blutung zu stoppen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.
Die Überwachung des Patienten erfolgt in der Regel auf der „Stroke Unit“ oder der Intensivstation, um den Blutdruck und Blutzucker exakt einzustellen und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Die Phasen der neurologischen Rehabilitation
Die neurologische Rehabilitation in Deutschland gliedert sich in die Phasen A bis F, wobei für den unmittelbar postakuten Bereich die Phasen B bis D relevant sind.
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- Phase B: Patienten mit schweren neurologischen Beeinträchtigungen werden unter Bereitstellung intensivmedizinischer Maßnahmen behandelt.
- Phase C: Patienten ohne intensivmedizinische Behandlungsnotwendigkeit werden aufgenommen, die bereits in gewissem Maß bei den Therapien mitarbeiten können.
- Phase D ("Anschlussheilbehandlung"): Richtet sich an Patienten, die wenig pflegebedürftig sind und die Grundverrichtungen des täglichen Lebens selbstständig bewältigen.
- Phase E: Verbesserte ambulante Schlaganfall-Rehabilitation.
- Phase F: Langzeitrehabilitation.
Frührehabilitation nach Schlaganfall
Oberstes Ziel der Frührehabilitation (kurz: Frühreha) nach einem Schlaganfall ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Körperfunktionen, die durch den Schlaganfall womöglich geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden. Viele Reha-Maßnahmen werden heute bereits ambulant, aber auch in stationären geriatrischen oder neurologischen Reha-Kliniken angeboten.
Ziele der Rehabilitation
Die medizinische Rehabilitation hat die Aufgabe, den häufig chronisch kranken Menschen auf die Rückkehr in seine soziale und berufliche Umgebung vorzubereiten. Neben Beruf und Privatleben ist dies vor allem die Selbstständigkeit in der eigenen Wohnung. Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist stets individuell, denn letztlich gleicht kaum ein Schlaganfall dem anderen.
Neuropsychologische Rehabilitation
Ziel der neuropsychologischen Rehabilitation ist die Reduzierung der durch die Hirnschädigung eingetretenen Behinderung, die ohne Intervention chronisch werden würde. Hierbei wird angenommen, dass einzelne Verhaltensweisen und Fähigkeiten bestimmten Regionen des Gehirns zugeordnet werden können. Durch ein auf den Patienten abgestimmtes Training wird versucht die Folgeschäden des Schlaganfalls im Alltag zu minimieren. Für den Therapieverlauf und die Therapieplanung ist es wichtig zunächst die Defizite und die Ressourcen (verbleibenden Fähigkeiten) des Patienten zu erfassen und darauf aufbauend gemeinsam mit dem Patienten die Therapieziele festzulegen.
Bereiche der neuropsychologischen Rehabilitation
- Aufmerksamkeit und Konzentration: Verbesserung der Fähigkeit, sich auf Aufgaben zu konzentrieren und Ablenkungen zu ignorieren.
- Gedächtnis: Training verschiedener Gedächtnisbereiche, wie Kurzzeit-, Langzeit- und Arbeitsgedächtnis.
- Sprache: Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten, wie Sprachverständnis, Wortfindung und sprachliche Artikulation.
- Wahrnehmungsfähigkeit: Förderung der Verarbeitung von Sinnesinformationen, wie Sehen, Hören und Tasten.
- Exekutivfunktionen: Training von Fähigkeiten zur Planung, Problemlösung und Entscheidungsfindung.
Alle diese Leistungen sind wichtig für die Alltagsbewältigung und ein Ausfall einzelner oder mehrerer Funktionen kann die Einschränkung bzw. Beeinträchtigung der Selbstständigkeit im Alltag bedeuten.
Methoden der neuropsychologischen Rehabilitation
- Restitution: Wiederherstellung der durch die Hirnschädigung verlorenen kognitiven Funktionen.
- Kompensation: Übernahme und Ausgleich von ausgefallenen Funktionen durch andere psychische Funktionen.
- Spezifische Stimulation: Training spezifischer Leistungen basierend auf detailliertem Wissen über die Art und das Ausmaß kognitiver Störungen.
- Computergestützte Verfahren: Training von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen sowie Rehabilitation von Gesichtsfelddefekten.
- Strategietraining: Einüben gezielter mentaler und/oder externer Strategien zur Kompensation von Defiziten.
- Einsatz von Hilfsmitteln: Verwendung von Hilfsmitteln, z.B. das Führen eines Tagebuches bei Gedächtnisstörungen.
- Psychotherapeutisch orientierte Einzelgespräche: Betreuung bei psychiatrischer Begleitsymptomatik, wie depressive Anpassungsstörungen.
Rehabilitationstherapien
Die Neuro-Reha-Vechta ist hoch spezialisiert auf die Rehabilitation von Symptomen nach neurologischen Erkrankungen und Schädigungen. Das Therapie-Konzept ermöglicht es Rehabilitanden dem Ziel der Teilhabe - wieder ein aktives Leben führen zu können - näher zu kommen. Die individuelle Planung, familiäre Umgebung, das motivierte Team und die intensive Behandlung aus verschiedenen Therapiearten wie Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie, Neuropsychologie und Psychologie führen zu einer effektiven und erfolgreichen Rehabilitation. Dies erfolgt in intensivem Funktionstraining v.a. aber auch in einem Training zurück ins Leben - gelebte Teilhabe. Zudem bietet das Zentrum für das Einzugsgebiet Weser-Ems die Möglichkeit der ambulanten Therapie im Bereich Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie.
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Kognitiv Therapeutischen Übungen nach Perfetti
Die "Kognitiv Therapeutischen Übungen" sind eine Behandlungsform für die Rehabilitation von Hemiplegie nach Schlaganfall. Sie unterscheidet sich von den anderen klinisch etablierten Therapien durch den neuen Ansatz, den der italienische Arzt Dr. Carlo Perfetti mit seinen Mitarbeitern entwickelte. Man will in der Behandlung keine Aktivitäten fördern bei denen bestimmte Bewegungsabläufe wiedererlernt werden, da angenommen wird, dass diese zu abnormalem kompensatorischen Bewegungsverhalten führen. Ziel ist die Organisation bzw. Grundlage der Therapie ist der Tastsinn (Sensibilität), der eine wesentliche Rolle bei der Organisation von Bewegungen spielt.
Faktoren, die die Rehabilitation beeinflussen
Mehrere Faktoren können die Wahrscheinlichkeit einer Rehabilitationsteilnahme beeinflussen:
- Patientenmerkmale: Höheres Alter, weibliches Geschlecht, vorhergehender Insult, Sprachstörung (Aphasie) und Bewusstseinsstörung (Koma, Sopor) bei Aufnahme senken die Wahrscheinlichkeit einer Rehabilitationsmaßnahme. Sprechstörungen (Dysarthrien), Komorbiditäten wie Bluthochdruck und Hypercholesterinämie sowie die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung während des akutstationären Aufenthaltes erhöhen die Wahrscheinlichkeit.
- Klinikmerkmale: Eine fehlende Beratung durch den Sozialdienst zu Unterstützungsangeboten ist mit einer deutlich niedrigeren Chance für eine Rehabilitation assoziiert.
- Funktions-Scores: Die Kostenträger orientieren sich unter anderem an Funktions-Scores wie Barthel-Index (BI) oder Frühreha-Barthel-Index (FRB) sowie der Beurteilung durch das behandelnde Akutkrankenhaus.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz der Fortschritte in der Schlaganfallversorgung und Rehabilitation gibt es weiterhin Herausforderungen. Nicht alle Schlaganfall-Patienten erhalten eine Reha, was kritisch hinterfragt werden muss, insbesondere vor dem Hintergrund des Rechts auf Leistungen zur Rehabilitation. Es ist wichtig, die Gründe für nicht durchgeführte Rehabilitationsmaßnahmen zu analysieren und sicherzustellen, dass alle Patienten die bestmögliche Versorgung erhalten.
Bedeutung der Angehörigen
Neben Ärzten und Pflegepersonal spielen Angehörige eine besonders wichtige Rolle bei der Begleitung und Versorgung des Schlaganfallpatienten. Sie sollten aufmerksam auf Anzeichen einer Spastik achten und mit dem behandelnden Arzt darüber sprechen. Die Unterstützung der Angehörigen ist auch während der Rehabilitation wichtig, indem sie in engem Kontakt mit den Therapeuten bleiben und sich über die geplanten Maßnahmen informieren.
Selbsthilfegruppen und Beratungsangebote
Sowohl für Schlaganfall-Patienten selbst als auch für deren Angehörige können Schlaganfall-Selbsthilfegruppen eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen. Es gibt umfangreiche Beratungs- und Hilfsangebote im Internet, die den Betroffenen und deren Angehörigen über die ärztliche und therapeutische Versorgung hinaus zur Verfügung stehen.
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