Wandernde Nervenschmerzen: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, sind eine besondere Art von Schmerz, die durch eine Schädigung oder Erkrankung des Nervensystems verursacht wird. Sie unterscheiden sich grundlegend von anderen Schmerzarten wie Rücken-, Kopf- oder Tumorschmerzen, da die Schmerzimpulse nicht von den Nervenendigungen in den Geweben des Körpers ausgehen, sondern direkt von den geschädigten Nerven selbst. Diese Schmerzen können sich auf verschiedene Weise äußern und verschiedene Ursachen haben, was die Diagnose und Behandlung oft erschwert.

Was sind Nervenschmerzen?

Als Mitglied der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. haben Sie viele Vorteile. Nervenschmerzen werden fachsprachlich auch als neuropathische Schmerzen bezeichnet. Sie entstehen als direkte Folge einer Schädigung von „Gefühlsfasern“ des Nervensystems. In diesem Punkt unterscheiden sich neuropathische Schmerzen grundsätzlich von allen anderen Schmerzen, zum Beispiel Rücken-, Kopf- oder Tumorschmerzen. Anders als beim „normalen“ Schmerzerleben entstehen die Schmerzimpulse in der Regel nicht mehr im Bereich der Nervenendigungen von Schmerzfasern in den Geweben des Körpers.

Symptome neuropathischer Schmerzen

Die Symptome neuropathischer Schmerzen können vielfältig sein und variieren je nach betroffenem Nerv und Ursache der Schädigung. Häufige Beschreibungen sind:

  • Brennende Schmerzen: Ein anhaltendes, brennendes Gefühl, das sich wie Feuer anfühlt. Nervenschmerzen werden auch oft als „brennend”, „wie Feuer”, auch als „Wundschmerz”, oder „wie nach Sonnenbrand” etc.
  • Stechende oder einschießende Schmerzen: Plötzliche, heftige Schmerzattacken, die sich wie Stromschläge anfühlen können.
  • Bohrende Schmerzen: Ein tief sitzender, quälender Schmerz.
  • Allodynie: Schmerzen, die durch normalerweise nicht schmerzhafte Reize ausgelöst werden, z. B. leichte Berührung der Haut. Schon harmlose Reize wie leichte Berührung, Wärme, Kälte oder Druck auf der Haut können bei Betroffenen Schmerzen auslösen. So kann eine leichte Berührung der Haut zu Schmerzen führen, die normalerweise keine Schmerzempfindung auslöst. Diese Art von Schmerzen nach leichter Berührung wird auch als Allodynie bezeichnet.
  • Hyperalgesie: Verstärkte Schmerzempfindlichkeit gegenüber schmerzauslösenden Reizen. Zudem weisen Betroffene häufig eine verstärkte Schmerzempfindlichkeit nach anderen schmerzauslösenden Reizen auf, die als Hyperalgesie beschrieben wird.
  • Taubheitsgefühl: Verlust der Empfindung im betroffenen Bereich. Taubheitsgefühl: Berührung wird nicht oder nur abgeschwächt empfunden.
  • Kribbeln oder Parästhesien: Ein unangenehmes Kribbeln oder „Ameisenlaufen“ auf der Haut. Häufig treten auch Mißempfindungen auf. Das Fachwort ist Parästhesien.
  • Schwäche: Sollte eine Schwäche einzelner Muskeln auftreten, kann dies ebenfalls Auswirkung einer Nervenläsion sein.
  • Muskelkrämpfe: Auch Muskelkrämpfe können Folge einer Nervenreizung sein (viel seltener als allgemein angenommen liegt ein Magnesiummangel zugrunde).

Neuropathische Schmerzen strahlen meist in den ganzen Körperbereich aus, der von einem Nerv oder mehreren Nerven versorgt wird. Manchmal haben Betroffene auch an verschiedenen Körperstellen gleichzeitig stechende Schmerzen.

Wandernde Nervenschmerzen: Eine besondere Herausforderung

Eine besondere Form der Nervenschmerzen sind die wandernden Nervenschmerzen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass die Schmerzen an verschiedenen Stellen des Körpers auftreten und ihre Lokalisation ohne erkennbaren Grund verändern. Beim wandernden Schmerz beginnen die Symptome scheinbar grundlos und lassen sich auch nicht ganz so leicht von Therapien beeindrucken. Sie dauern oft Monate oder Jahre an und verändern sich ohne direkt erkennbare Ursache. Manchmal geschieht das mehrmals täglich. Das heißt, es könnte sein, dass am Morgen Schmerzen im unteren Rücken auftreten. Im Laufe des Tages schmerzen dann vielleicht die Fingergelenke und am Abend der Nacken. Auch die Schmerzqualität ändert sich - Druckschmerz, ziehender Schmerz, einengender Schmerz, Organschmerzen… Patienten schildern uns die verschiedensten Qualitäten.

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Ursachen wandernder Nervenschmerzen

Die Ursachen für wandernde Nervenschmerzen sind vielfältig und oft schwer zu identifizieren. Einige mögliche Auslöser sind:

  • Polyneuropathie: Eine Erkrankung, bei der mehrere periphere Nerven gleichzeitig geschädigt sind. Das Wort „Polyneuropathie“ bedeutet „Erkrankung vieler Nerven“ - beispielsweise im Rahmen einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) - und kann zu einem Brennschmerz der Füße führen. Diese Brennschmerzen und auch Berührungsschmerzen beginnen am Fuß und erweitern sich sockenförmig (können auch an den Händen auftreten).
  • Diabetes mellitus: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann die Nerven schädigen und zu neuropathischen Schmerzen führen. Hier hat der dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel die feinen Nervenendigungen geschädigt. Überhöhte Zuckerwerte schädigen die Nerven.
  • Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholmissbrauch kann ebenfalls Nervenschäden verursachen. Alkohol gilt als „Nervengift“ und stört die Weiterleitung von Reizen und Signalen.
  • Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B12, kann zu Nervenschäden führen. Vitamin-B12-Mangel, etwa durch eine einseitige Ernährung - gefährdet sind zum Beispiel Menschen mit veganer Ernährungsweise, die komplett auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichten.
  • Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder das Guillain-Barré-Syndrom können die Nerven angreifen und schädigen. Autoimmunerkrankungen, z. B. Guillain-Barré-Syndrom - die Nervenscheiden der peripheren Nerven nehmen Schaden
  • Infektionen: Bestimmte Infektionen, wie Borreliose oder Herpes Zoster (Gürtelrose), können Nervenschmerzen verursachen. Eine andere Form der Nervenschädigung liegt bei einer schmerzhaften Gürtelrose (Herpes zoster) vor. Hier entstehen die neuropathischen Schmerzen im Bereich kleiner Nerven in der Haut, deren Schädigung als Folge einer Nervenentzündung durch das Varizella-Zoster-Virus hervorgerufe wird. Dieses Virus kann nach einer Windpockeninfektion im Kindesalter dauerhaft in den Nervenwurzeln von Rückenmark und Hirnnerven verbleiben. Durch Stress oder ein im Alter oder durch Krankheiten geschwächtes Immunsystem können diese Viren wieder aktiv werden und Wochen bzw. Monate nach dem Auftreten der Gürtelrose zu Nervenschmerzen führen.
  • Nervenverletzungen: Nervenquetschungen oder -durchtrennungen im Rahmen von Unfällen oder Operationen können Nervenschmerzen verursachen. Auch Nervenquetschungen oder Nervendurchtrennungen im Rahmen von Unfällen oder Operationen - z.B. des Trigeminus-Nervs im Gesicht bei zahnärztlichen Eingriffen - können Nervenschmerzen nach sich ziehen. Gleiches gilt für das bis heute nicht komplett verstandene Krankheitsbild des Phantomschmerzes, bei dem Schmerzen in Gliedmaßen gespürt werden, die durch eine Amputation entfernt wurden.
  • Engpass-Syndrome: Wenn Nerven eingeengt werden, z. B. beim Karpaltunnel-Syndrom, können Nervenschmerzen auftreten. Schließlich können Nervenschmerzen auch auftreten, wenn Nerven zusammengedrückt werden, was als Engpass-Syndrom bezeichnet wird. Ein häufiges Beispiel ist das Karpaltunnel-Syndrom am Handgelenk. Es geht mit Nervenschmerzen und weiteren Ausfällen wie Taubheitsgefühl und Muskellähmung einher.
  • Psychische Faktoren: Angststörungen, Depressionen oder Stress können die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und zu wandernden Nervenschmerzen beitragen. Nervenschmerzen können nicht nur körperliche Auslöser haben. Eine Angststörung, eine Depression oder ständiger Stress kann körperliche Symptome zur Folge haben. Dann ist die Spannung im Körper erhöht, die Schmerzempfindlichkeit steigt. Man nennt diese Form von Schmerzsyndromen somatoforme Störung beziehungsweise somatoforme Schmerzstörung oder auch psychosomatische Erkrankung.

Spezifische Ursachen wandernder Nervenschmerzen

  • Fibromyalgie-Syndrom: Chronische Schmerzerkrankung, die durch wandernde Schmerzen in verschiedenen Körperbereichen gekennzeichnet ist.
  • Somatoforme Störungen: Psychische Erkrankungen, bei denen körperliche Beschwerden im Vordergrund stehen, ohne dass eine organische Ursache gefunden werden kann.
  • Zellstress: Dysbalance der Zellfunktionen aufgrund von andauernden Belastungen, Traumatisierungen, sozialen Konflikten und chemischen Prozessen, die zu Entzündungen oder Verhärtungen im Körper führen.

Diagnose von Nervenschmerzen

Die Diagnose von Nervenschmerzen erfordert eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und gegebenenfalls spezielle Tests. Wichtig ist es, Verteilungsmuster, Stärke und Qualität der Schmerzen zu erheben, also beispielsweise ihren brennenden (häufig), bohrenden, einschießenden oder stechenden Charakter. Die Beschwerden treten oft in Ruhe auf und können oft auch durch leichte Berührungsreize ausgelöst werden.

Diagnostische Verfahren

  • Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und die genauen Beschwerden des Patienten. Diagnostische Abklärung Die Diagnose „neuropathischer Schmerz“ kann mit umso größerer Sicherheit gestellt werden, je mehr übereinstimmende Hinweise auf eine Nervenschädigung im Rahmen der Untersuchung und Befragung des Patienten gefunden werden.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Reflexe, das Tastempfinden und die Muskelkraft, um neurologische Ausfälle festzustellen. Sie kann durch eine Schmerzzeichnung, Schmerzfragebögen und weitere Spezialtests ergänzt werden.
  • Schmerzfragebögen: Der Patient füllt Fragebögen aus, um die Schmerzintensität und -qualität zu beschreiben.
  • Quantitative sensorische Testung (QST): Prüfung der Hautempfindlichkeit auf verschiedene Reize. QST = quantitative sensorische Testung zur Prüfung der Hautempfindlichkeit
  • Neurographie: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um Nervenschäden festzustellen. Neurographie = Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit
  • Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP): Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn. SEP = somatosensibel evozierte Potenziale zur Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn.
  • Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) können Nervenschädigungen sichtbar machen. Oft werden darüber hinaus moderne bildgebende Verfahren eingesetzt, zum Beispiel die Computertomografie (CT) oder die Magnetresonanztomografie (MRT, auch als Kernspintomografie bezeichnet). Sie können eine Nervenschädigung direkt sichtbar machen.

Besondere Aspekte bei wandernden Nervenschmerzen

Bei wandernden Nervenschmerzen ist es besonders wichtig, das gesamte Körpersystem zu betrachten und nach systemischen Ursachen zu suchen. Die Osteopathie kann hierbei helfen, Gewebespannungen zu regulieren und das vegetative Nervensystem zu beeinflussen. Das geschieht vor allem durch eine eingehende ausführliche Befragung, eine gründliche körperliche Untersuchung und eine Funktionsprüfunge. Die sich anschließende grundlegende osteopathische Behandlung orientiert sich vor allem an der Regulation von Gewebespannungen und der Regulation des vegetativen Nervensystems. Dafür gibt es ganz verschiedene Techniken. Zum einen durchaus kräftige Bindegewebstechniken, Mobilisationstechniken oder aber Techniken, die zum Beispiel das Vagussystem - also das Entspannungs- und Regenerationssystem fördern.

Behandlung von Nervenschmerzen

Die Behandlung von Nervenschmerzen zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Ursache der Nervenschädigung zu behandeln. Die Therapie neuropathischer Schmerzen gründet sich vor allem auf eine für jeden einzelnen Menschen individuell abgestimmte Behandlung mit Medikamenten. Sie soll die Beschwerden lindern, bis sich die geschädigten Nerven zumindest weitgehend erholt und neu aufgebaut haben.

Medikamentöse Therapie

  • Antidepressiva: Bestimmte Antidepressiva können die Schmerzweiterleitung im Nervensystem beeinflussen und Schmerzen lindern. Durch die Einnahme von Antidepressiva produziert der Körper vermehrt Botenstoffe - diese dämpfen die Weiterleitung von Schmerzsignalen.
  • Antikonvulsiva: Ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, können diese Medikamente die Erregbarkeit der Nerven reduzieren und Schmerzen lindern. Antikonvulsiva sind meist die erste Wahl, sie bremsen die Erregbarkeit der Nerven, was schmerzlindernd wirkt.
  • Opioide: Bei starken Schmerzen können Opioide eingesetzt werden, allerdings nur kurzzeitig, da sie ein hohes Abhängigkeitspotenzial haben. Bei ausgeprägten Schmerzen sind womöglich Opioide angezeigt. Da diese zu einer Abhängigkeit führen können, verschreiben Mediziner und Medizinerinnen sie nur für kurze Zeit.
  • Lokalanästhetika: Können den Teufelskreis vorübergehend unterbrechen.
  • Capsaicin-Pflaster: Können zur Therapie von Nervenschmerzen eingesetzt werden.
  • Botulinumtoxin-Spritzen: Können zur Therapie von Nervenschmerzen eingesetzt werden.

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