Medikamenteninduzierte Muskelkrämpfe: Ursachen, Behandlung und Prävention

Muskelkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Menschen betrifft. Sie äußern sich als plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktionen der Muskulatur, oft begleitet von einer tastbaren Verhärtung des betroffenen Muskels. Obwohl die meisten Muskelkrämpfe harmlos sind, können sie die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, insbesondere wenn sie häufig auftreten oder den Schlaf stören.

Was sind Muskelkrämpfe? Definition und Symptome

Muskelkrämpfe sind plötzliche, vorübergehende und ungewollte Anspannungen eines Muskels oder einer Muskelgruppe, die mit Schmerzen und oft tastbaren Verhärtungen einhergehen. Die Muskeln ziehen sich so stark wie möglich zusammen, meist mit einem plötzlichen Beginn ohne klaren Auslöser. Die Dauer geht von Sekunden bis zu wenigen Minuten. Oft sind die Wadenmuskeln oder das Fußgewölbe betroffen. Manchmal kommt es danach zu Muskelschmerzen über einige Tage. Sehr störend können auch nächtliche Krämpfe sein, die den Schlafrhythmus unterbrechen.

Ursachen von Muskelkrämpfen

Muskelkrämpfe haben keine einheitliche Ursache. Es gibt verschiedene Faktoren, die zu ihrer Entstehung beitragen können. Man unterscheidet zwischen:

  • Harmlosen Muskelkrämpfen: Sie treten ohne erkennbare Ursache auf und sind meist auf eine vorübergehende Störung des Elektrolythaushaltes oder eine Überlastung der Muskulatur zurückzuführen.
  • Symptomatischen Muskelkrämpfen: Sie sind die Folge einer Grunderkrankung oder einer Medikamenteneinnahme.

Zu den häufigsten Ursachen und Risikofaktoren für Muskelkrämpfe gehören:

  • Elektrolytstörungen: Ein Mangel an Magnesium, Kalzium, Kalium oder Natrium kann die Erregbarkeit der Muskelzellen erhöhen und Krämpfe auslösen.
  • Dehydration: Flüssigkeitsmangel kann ebenfalls zu Elektrolytstörungen führen und die Muskeln anfälliger für Krämpfe machen. Starkes Schwitzen, Durchfall oder die Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika) können zu Dehydration führen.
  • Muskuläre Überlastung: Intensive körperliche Anstrengung oder ungewohnte Bewegungen können die Muskeln überlasten und Krämpfe verursachen.
  • Bewegungsmangel: Längere Inaktivität kann die Muskeln schwächen und ihre Anfälligkeit für Krämpfe erhöhen.
  • Hormonelle Störungen: Erkrankungen der Schilddrüse oder der Nebenniere können den Elektrolythaushalt beeinflussen und Muskelkrämpfe verursachen. Auch in der Schwangerschaft treten Muskelkrämpfe häufiger auf, da der Bedarf an bestimmten Mineralstoffen erhöht ist.
  • Neurologische Erkrankungen: Polyneuropathien, Spinalkanalstenose oder Nervenwurzelschädigungen können ebenfalls Muskelkrämpfe verursachen.
  • Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Muskelkrämpfe auslösen.

Medikamente als Auslöser von Muskelkrämpfen

Verschiedene Medikamente können Muskelkrämpfe als unerwünschte Nebenwirkung verursachen. Zu den häufigsten gehören:

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  • Diuretika (Entwässerungsmittel): Sie können den Elektrolythaushalt stören und zu einem Mangel an Magnesium, Kalium und Natrium führen.
  • Statine (Cholesterinsenker): Sie können Muskelschmerzen und -krämpfe verursachen, insbesondere bei hoher Dosierung oder in Kombination mit anderen Medikamenten.
  • Beta-2-Sympathomimetika (Asthmasprays): Sie können die Muskelzellen stimulieren und Krämpfe auslösen.
  • Hormonelle Verhütungsmittel (Pille, Spirale): Sie können den Elektrolythaushalt beeinflussen und Muskelkrämpfe verursachen.
  • ACE-Hemmer und Kalziumkanalblocker (Blutdrucksenker): Sie können die Durchblutung der Muskeln beeinträchtigen und Krämpfe verursachen.
  • Cholesterinsenker mit dem Wirkstoff Fenofibrat.
  • Insulin.
  • Chemotherapeutika.
  • Arzneimittel gegen Bluthochdruck wie Beta-Blocker, ebenso ACE-Hemmer, Diuretika oder Kalziumkanalblocker.
  • Hormonelle Verhütungsmittel wie unter anderem die Pille oder die Spirale.
  • Sprays gegen Asthma, die Salbutamol enthalten.
  • Wirkstoffe wie Insulin.
  • Chemotherapeutika.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder, der diese Medikamente einnimmt, auch Muskelkrämpfe entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Muskelkrämpfen hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Dosierung des Medikaments, der individuellen Empfindlichkeit und dem Vorliegen anderer Risikofaktoren.

Diagnose von Muskelkrämpfen

In den meisten Fällen sind Muskelkrämpfe harmlos und bedürfen keiner weiteren Diagnostik. Wenn die Krämpfe jedoch häufig auftreten, sehr schmerzhaft sind oder mit anderen Symptomen einhergehen, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Die Diagnose von Muskelkrämpfen beginnt in der Regel mit einer ausführlichen Anamnese und körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird nach den genauen Beschwerden fragen, wie z.B.:

  • Wann treten die Krämpfe auf?
  • Wie lange dauern sie an?
  • Wo sind sie lokalisiert?
  • Gibt es bestimmte Auslöser?
  • Nehmen Sie Medikamente ein?
  • Gibt es Vorerkrankungen?

Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt die Muskeln auf Verhärtungen, Verspannungen oder andere Auffälligkeiten untersuchen. Außerdem wird er die Reflexe und die Sensibilität prüfen, um neurologische Ursachen auszuschließen.

In einigen Fällen können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B.:

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  • Blutuntersuchung: Um den Elektrolythaushalt, die Nieren- und Leberwerte sowie die Schilddrüsenfunktion zu überprüfen.
  • Elektromyographie (EMG): Um die elektrische Aktivität der Muskeln zu messen und Muskelerkrankungen oder Nervenschäden auszuschließen.
  • Elektroneurographie (ENG): Um die Nervenleitgeschwindigkeit zu messen und Nervenschädigungen festzustellen.
  • Bildgebende Verfahren (MRT, CT): Um strukturelle Veränderungen der Muskeln oder Nerven darzustellen.

Behandlung von Muskelkrämpfen

Die Behandlung von Muskelkrämpfen richtet sich nach der Ursache. In vielen Fällen können einfache Maßnahmen zur Linderung der Beschwerden beitragen:

  • Dehnen: Dehnen des betroffenen Muskels kann den Krampf lösen. Bei einem Wadenkrampf kann man z.B. die Zehen nach oben ziehen und die Ferse in den Boden drücken.
  • Massage: Eine sanfte Massage des verkrampften Muskels kann die Durchblutung fördern und die Muskeln entspannen.
  • Wärme: Wärme kann die Muskeln entspannen und die Schmerzen lindern. Ein warmes Bad oder eine Wärmflasche können helfen.
  • Kälte: In einigen Fällen kann auch Kälte die Krämpfe lösen. Kalte Auflagen oder eine kurze kalte Dusche können helfen.
  • Elektrolyte: Bei einem Mangel an Elektrolyten können entsprechende Präparate eingenommen werden.
  • Flüssigkeit: Ausreichend trinken ist wichtig, um den Elektrolythaushalt aufrechtzuerhalten und Dehydration zu vermeiden.

Wenn die Muskelkrämpfe durch eine Grunderkrankung verursacht werden, muss diese entsprechend behandelt werden.

In einigen Fällen kann auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein. Häufig eingesetzte Medikamente sind:

  • Magnesium: Magnesium kann bei einem Magnesiummangel helfen, die Muskelkrämpfe zu reduzieren.
  • Chinin: Chinin ist ein Krampflöser, der bei schweren und therapieresistenten Muskelkrämpfen eingesetzt werden kann. Allerdings ist Chinin nicht für jeden geeignet und kann Nebenwirkungen haben. Es sollte daher nur nach ärztlicher Rücksprache eingenommen werden.
  • Andere Medikamente: In einigen Fällen können auch andere Medikamente, wie z.B. Muskelrelaxantien oder Antiepileptika, zur Behandlung von Muskelkrämpfen eingesetzt werden.

Prävention von Muskelkrämpfen

Es gibt verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann, um Muskelkrämpfen vorzubeugen:

  • Ausreichend trinken: Trinken Sie täglich ausreichend Flüssigkeit, insbesondere bei körperlicher Anstrengung oder Hitze.
  • Elektrolythaushalt ausgleichen: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Magnesium, Kalzium, Kalium und Natrium. Bei Bedarf können Elektrolytpräparate eingenommen werden.
  • Regelmäßig dehnen: Dehnen Sie die Muskeln regelmäßig, insbesondere vor und nach dem Sport.
  • Überlastung vermeiden: Vermeiden Sie Überlastung der Muskeln durch zu intensive oder ungewohnte körperliche Anstrengung.
  • Medikamente überprüfen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie Medikamente einnehmen, die Muskelkrämpfe verursachen können. Möglicherweise kann die Dosierung angepasst oder ein anderes Medikament gewählt werden.
  • Alkohol und Koffein reduzieren: Reduzieren Sie den Konsum von Alkohol und Koffein, da diese Substanzen Muskelkrämpfe begünstigen können.
  • Regelmäßige Elektrostimulation: Neuere Untersuchungen konnten zeigen, dass eine spezielle repetitive Elektrostimulation der zu Muskelkrämpfen neigenden Muskeln zu einer Verminderung von Muskelkrämpfen führen kann.

Medikamenteninduzierte Neuropathien

Neben Muskelkrämpfen können einige Medikamente auch Neuropathien verursachen. Neuropathien sind Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die sich durch Schmerzen, Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Muskelschwäche äußern können. Arzneimittelbedingte Neuropathien hängen in der Regel von der Dosis und der Dauer der Verabreichung ab. Meistens, aber nicht immer, bessern sie sich nach Therapieabbruch. Der Mechanismus der Schädigung ist fast immer unbekannt.

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Zu den Medikamenten, die Neuropathien verursachen können, gehören:

  • Chemotherapeutika (Platinverbindungen, Taxane, Vincaalkaloide): Sie können die Nervenzellen schädigen und Neuropathien verursachen.
  • Amiodaron (Herzrhythmusmittel): Es kann periphere sensorische Neuropathien verursachen.
  • Statine (Cholesterinsenker): Sie können in seltenen Fällen Polyneuropathien verursachen.
  • Antibiotika (Isoniazid, Linezolid, Metronidazol, Nitrofurantoin, Ethambutol): Sie können periphere Neuropathien auslösen.
  • Bortezomib und Thalidomid (Krebsmedikamente): Sie können CIPN (Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie) verursachen.

Bei Patienten, die unter Polyneuropathien leiden oder durch Diabetes mellitus beziehungsweise eine Alkoholsucht ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Polyneuropathie haben, sollte die Therapie mit oben genannten Medikamenten vermieden werden. Bei zwingender Indikation ist auf Symptome zu achten, um frühzeitig reagieren zu können und unnötige Leiden zu vermeiden.

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