Lähmung durch Alkohol: Ursachen und Auswirkungen

Chronischer Alkoholkonsum ist ein weit verbreitetes Problem mit erheblichen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Er kann fast alle Organe des Körpers schädigen und zu einer Vielzahl von Erkrankungen führen. Obwohl einige Studien einen schützenden Effekt von moderatem Alkoholkonsum auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen nahelegen, gibt es keinen risikofreien Alkoholkonsum. Alkohol wirkt sich auf den gesamten Organismus aus, verursacht weitreichende immunologische und metabolische Veränderungen und kann akute und chronische Erkrankungen an verschiedenen Organen induzieren.

Alkoholassoziierte Erkrankungen: Ein Überblick

Alkoholabhängigkeit, -missbrauch und -konsum können zu einem breiten Spektrum von Organerkrankungen führen. Schätzungen zufolge werden sechs Prozent des Bruttosozialproduktes einer Industrienation für alkoholassoziierte Folgeschäden verwendet. Besonders betroffen sind Erwachsene im mittleren Alter (35 bis 55 Jahre). Die häufigsten Diagnosen bei Alkoholabhängigen sind Delirium tremens, Krampfanfälle, Kopfverletzungen und Leberzirrhose.

Die Ursachen für die starken individuellen Unterschiede bezüglich der betroffenen Organe und des Ausmaßes der Alkoholfolgeschäden sind bislang unbekannt. Sowohl genetische als auch Umweltfaktoren kommen in Betracht. Ebenfalls ist unbekannt, warum nicht alle Individuen, die Alkohol konsumieren, erkranken. Während für die Verstoffwechselung von Alkohol sowie für die Alkoholabhängigkeit genetische Veränderungen beschrieben worden sind, gibt es nur wenige Daten zu genetischen Determinanten von Organfolgeschäden. Die pathogenetischen Mechanismen, die den einzelnen alkoholinduzierten Organläsionen zugrunde liegen, sind nur ansatzweise bekannt.

Auswirkungen auf innere Organe

Chronischer Alkoholmissbrauch ist mit einer deutlich erhöhten Inzidenz bösartiger Tumoren der Schleimhaut in Mundhöhle, Pharynx, Hypopharynx und Ösophagus assoziiert. Dabei besteht unabhängig von der Art des konsumierten alkoholischen Getränks eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem täglichen Alkoholkonsum und dem Karzinomrisiko. Jeder Alkoholkonsum - ob gering, moderat oder stark - steigert die Krebshäufigkeit.

Am Ösophagus senkt beziehungsweise hemmt Alkohol beim gesunden Menschen akut den Tonus des unteren Ösophagussphinkters und die primäre Peristaltik. Chronischer Alkoholkonsum bewirkt zusätzlich zu diesen Veränderungen eine veränderte sekundäre Peristaltik der distalen Zweidrittel des Ösophagus mit Kontraktionen erhöhter Amplitudenhöhe und Dauer sowie gehäuftes Auftreten so genannter simultaner und „double-peaked“-Kontraktionen. Neben der Wirkung auf die Ösophagusmotilität schädigt Alkohol konzentrationsabhängig direkt die Schleimhaut von Mundhöhle und Ösophagus und kann eine Refluxösophagitis unterschiedlichen Grades hervorrufen.

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Alkohol und alkoholische Getränke haben unterschiedliche Wirkungen auf die Magensäuresekretion beim gesunden Menschen. Alkoholische Getränke, die durch alkoholische Vergärung von Kohlenhydraten entstehen, wie Bier, Wein, Champagner und einige Aperitifs, zum Beispiel Sherry, stimulieren die Magensäuresekretion nahezu maximal. Alkoholische Getränke, die durch alkoholische Vergärung und anschließende Destillation entstehen, wie der Großteil der Aperitifs und hochprozentige Spirituosen, stimulieren die Säuresekretion nicht.

Alkohol schädigt im Magen konzentrationsabhängig die Magenschleimhaut. Klinisch manifestiert sich diese Schädigung als akute (hämorrhagische) Gastritis. Neuere klinische Untersuchungen zeigen, dass vor allem das exzessive Trinken von Alkohol gastrale Hämorrhagien auslösen kann. Potenziert wird die toxische Wirkung des Äthanols durch den häufig kombinierten Gebrauch nichtsteroidaler Antiphlogistika.

Am Dünndarm schädigt Alkohol die Schleimhaut über ähnliche Mechanismen wie beim Ösophagus und Magen. Die Folge ist eine Reduzierung der Dünndarmoberfläche (Zottenatrophie) und Hemmung der Absorption zahlreicher Nährstoffe im Dünndarm. Die chronische Schleimhautschädigung des Dünndarms ist wahrscheinlich auch eine wichtige Ursache für die Entwicklung alkoholinduzierter Lebererkrankungen und anderer Organschäden. Ursache ist die alkoholinduzierte Mukosaschädigung mit erhöhter Permeabilität für großmolekulare Substanzen und eine gesteigerte Translokation von Endotoxinen und anderen Toxinen in das Gefäßsystem und/oder die Lymphgefäße und damit das Auftreten einer Endotoxinämie mit ihren Konsequenzen für die Freisetzung von Zytokinen und anderer Mediatoren aus Makrophagen. Die Endotoxinämie könnte ein entscheidender Risikofaktor sein für alkoholassoziierte Organschäden, wie zum Beispiel die chronische Pankreatitis, Hirnatrophie, zerebrovaskuläre Erkrankungen und Polyneuropathie.

Alkohol als Nervengift: Auswirkungen auf das Nervensystem

Alkohol ist ein Nervengift, das nicht nur die Gehirnfunktion beeinträchtigt, sondern auch die Gesundheit des gesamten Körpers. Regelmäßiger und übermäßiger Alkoholkonsum kann zu einer Vielzahl von körperlichen Erkrankungen führen, wie zum Beispiel Leberschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Auch das Immunsystem wird durch Alkohol geschwächt und somit anfälliger für Infektionen. Darüber hinaus hat Alkohol auch Auswirkungen auf die Psyche. Es kann zu Stimmungsschwankungen, Angstzuständen und Depressionen führen sowie das Risiko für Suizid erhöhen. Zudem beeinträchtigt es die Wahrnehmungsfähigkeit und Reaktionszeit - was besonders im Straßenverkehr gefährlich werden kann.

Wenn Alkohol auf das Nervensystem wirkt, beeinträchtigt er die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. Das liegt daran, dass Alkohol die Rezeptoren für den Neurotransmitter GABA aktiviert und gleichzeitig die Rezeptoren für Glutamat blockiert. Auch das Belohnungssystem im Gehirn wird durch Alkohol beeinflusst, was dazu führt, dass sich der Körper an den Konsum von Alkohol gewöhnt und immer höhere Dosen benötigt, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Langfristig kann der regelmäßige Konsum von Alkohol zu schweren Schäden im Nervensystem führen, wie zum Beispiel Gedächtnisverlust oder Demenz.

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Polyneuropathie: Nervenschädigung durch Alkohol

Als Nervengift bezeichnet man eine Substanz, die das zentrale Nervensystem beeinflusst oder schädigt. Der regelmäßige Konsum von Alkohol kann langfristig zu Schäden an den Nervenzellen führen, was Auswirkungen auf die körperliche Koordination, die Sprache und das Gedächtnis haben kann. Einige Schäden können sich erholen, wenn der Konsum von Alkohol eingestellt wird. Allerdings gibt es auch irreparable Schäden an den Nervenzellen, die nicht mehr repariert werden können.

Eine Polyneuropathie bezeichnet eine Schädigung des peripheren Nervensystems. Diese kann sich durch zahlreiche Beschwerden wie Schmerzen, Empfindungsstörungen, Fehlempfindungen und sogar Lähmungen bemerkbar machen. Eine alkoholische Polyneuropathie kann zu einer enormen Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen führen.

Polyneuropathien werden in der Medizin in zahlreiche verschiedene Kategorien unterteilt. Die Erkrankung kann beispielsweise nach Innervationsgebiet, Nervenfasertyp oder Entstehungsursache klassifiziert werden. Mediziner unterscheiden in erster Linie zwischen zwei Hauptformen von Polyneuropathien. Bei sensomotorischen Polyneuropathien treten sowohl Schmerzen, als auch Empfindungs- und Bewegungsstörungen in den Gliedmaßen und anderen Körperteilen auf.

Die moderne Medizin kennt mehr als 200 verschiedene Risikofaktoren, die das Entstehen von Polyneuropathien begünstigen können. Als Hauptursachen gelten Diabetes mellitus Typ 2 sowie chronischer Alkoholismus. Wenn die Nervenschäden infolge der Einnahme exogener Substanzen entstehen, spricht man von einer toxischen Polyneuropathie. Als mit Abstand häufigste toxische Ursache der Erkrankung gilt der übermäßige Konsum von Alkohol.

Schätzungen zufolge betrifft die Alkoholische Polyneuropathie in Deutschland mindestens ein Fünftel aller Alkoholiker. Männer leiden deutlich häufiger an der Erkrankung als Frauen. Die meisten Betroffenen konsumieren über mehrere Jahre hinweg mehr als 60 g Ethanol täglich, bevor sie an einer Polyneuropathie durch Alkohol erkranken. Ursache für eine Alkoholische Polyneuropathie ist in erster Linie die toxische Wirkung des Alkohols und seiner Abbauprodukte. Daneben kann eine Unter- oder Mangelernährung, die in vielen Fällen mit einer chronischen Alkoholsucht einhergeht, das Entstehen der Erkrankung begünstigen oder sogar hervorrufen.

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Wann die Polyneuropathie durch Alkohol Symptome auftreten, welche Nerven von der Erkrankung betroffen sind, welche Beschwerden auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, variiert von Patient zu Patient. Der Krankheitsverlauf lässt sich in den meisten Fällen nicht voraussagen. In den meisten Fällen entstehen die Polyneuropathie durch Alkohol Symptome schleichend und steigern sich langsam über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder Jahren. In seltenen Fällen zeigen sich die Beschwerden dagegen schlagartig oder entstehen innerhalb einiger weniger Wochen.

Als typisches Frühsymptom der Erkrankung gilt Druckschmerzhaftigkeit der großen Nervenstämme, beispielsweise in der Kniekehle oder in der Wade. Daneben kann sich eine Alkoholbedingte Polyneuropathie durch zahlreiche weitere Symptome äußern. In den meisten Fällen treten durch die Nervenschäden durch Alkohol zunächst Störungen in den Füßen, Händen und Beinen auf. Die Beschwerden können Bewegungsabläufe, die körperliche Kraft und die Sensibilität des Körpers beeinträchtigen. Zahlreiche Betroffene klagen über ziehende oder drückende Spontanschmerzen in verschiedenen Körperteilen. Ein weiteres häufiges Symptom der Erkrankung sind Parästhesien, also krankhafte Empfindungen, die keine erkennbare Ursache haben. Daneben treten in vielen Fällen Sensibilitätsstörungen, also eine verminderte oder ausbleibende Wahrnehmung von Sinnesreizen auf. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es zu Reflexverlust, Schwächung oder Abbau der Muskelzellen und dem Teilausfall einzelner Muskeln, Muskelgruppen oder sogar ganzer Extremitäten kommen. Wenn das vegetative Nervensystem von der Polyneuropathie durch Alkohol betroffen ist, können Impotenz, Verdauungsbeschwerden und Herzrhythmusstörungen die Folge sein. In einigen Fällen kommt es zudem zu Schädigungen der Hirnnerven.

Welche Symptome eine Alkoholbedingte Polyneuropathie hervorruft, hängt von den individuell geschädigten Nerven ab. Motorische Nerven sind für die Übertragung von Signalen vom Gehirn zu den Skelettmuskeln verantwortlich. Sensorische Nerven sind für die Weiterleitung von Berührungsreizen, Vibrationen sowie Schmerz- Druck- und Temperaturempfinden verantwortlich. Die autonomen Nerven werden auch als vegetative Nerven bezeichnet. Sie sind für die Steuerung der inneren Organe verantwortlich. Im Falle einer Schädigung der autonomen Nerven im Rahmen einer Polyneuropathie durch Alkohol kann es zu Funktionsstörungen dieser Organe kommen.

Um schwerwiegende, dauerhafte Nervenschäden zu vermeiden, sollte eine Alkoholische Polyneuropathie schnellstmöglich erkannt und behandelt werden. Die Diagnose von Polyneuropathien erfolgt meist in mehreren Schritten. Meist erfolgt zunächst ein Arzt-Patient-Gespräch, in dem die Krankengeschichte des Betroffenen erhoben wird (Anamnese). Neben einer Schilderung der bestehenden Beschwerden erfolgt eine Nennung eventueller Grund- und Vorerkrankungen. Hierbei sind Angaben zum Alkohol- und Drogenkonsum besonders wichtig. Um eine Alkoholische Polyneuropathie zuverlässig zu diagnostizieren, ist eine ehrliche Antwort notwendig.

Bei Vorliegen einer Polyneuropathie durch Alkohol wird dagegen meist eine herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit, eine gestörte Nervenfunktion oder eine Beeinträchtigung der Empfindlichkeit der Nerven festgestellt. Daneben können erhöhte Entzündungswerte wie weiße Blutkörperchen oder CRP im Blut, ein Vitamin-B12-Mangel oder auffällige Leber- und Nierenwerte auf eine Alkoholische Polyneuropathie hinweisen.

Obwohl Polyneuropathien die Lebenserwartung in der Regel nicht negativ beeinflussen, können die ihr zugrundeliegenden Ursachen wie Alkoholmissbrauch zu einer verkürzten Lebensdauer beitragen. Eine Alkoholische Polyneuropathie wird in den meisten Fällen erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. In einigen Fällen bestehen zum Zeitpunkt der Diagnose bereits irreversible Nervenschäden durch Alkohol, die nicht mehr vollständig geheilt werden können. Eine geeignete Therapie kann in vielen Fällen dennoch zu einer Linderung der bereits bestehenden Symptome beitragen. Zudem kann durch eine richtige Behandlung die Entstehung weiterer Schäden verhindert werden.

Die Therapie von Polyneuropathien richtet sich dabei in erster Linie nach der Ursache der Erkrankung. Wenn eine Begleiterkrankung wie Diabetes vorliegt, ist es beispielsweise entscheidend, die Blutzuckereinstellung zu optimieren. Zur Behandlung der Beschwerden können zudem verschiedene physikalische Therapien wie Wärme- und Kältebehandlungen, Physiotherapie, Krankengymnastik oder Reizstromtherapie angewandt werden. Da eine Alkoholische Polyneuropathie in vielen Fällen mit einem Nährstoffmangel einhergeht, sollten zu niedrige Nährstoffspiegel durch die Einnahme geeigneter Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere von B-Vitaminen, schnellstmöglich ausgeglichen werden. Daneben ist eine dauerhafte Ernährungsumstellung notwendig.

Um eine Alkoholische Polyneuropathie erfolgreich zu behandeln, sollten die Nervenschäden durch Alkohol möglichst früh erkannt und behandelt werden. Um die Erkrankung positiv in ihrem Verlauf zu beeinflussen, muss in erster Linie der Auslöser beseitigt werden. Betroffene sollten den Konsum von Alkohol demnach nach Möglichkeit vollständig meiden. Wenn die Erkrankung noch nicht allzu weit fortgeschritten ist, bilden sich die Symptome der Erkrankung bei Alkoholabstinenz in vielen Fällen zurück. Da es Suchtkranken sehr schwer fällt, aus eigenem Willen auf alkoholische Getränke zu verzichten, ist in vielen Fällen professionelle Unterstützung erforderlich.

Im Rahmen eines stationären Entzugs erhalten Betroffene die Gelegenheit, ihren Körper vollständig vom Alkohol zu befreien und zu entwöhnen. Sobald die Alkoholzufuhr beendet wurde, kann sich das geschädigte Nervensystem nach und nach regenerieren. Da bei einem Alkoholentzug starke, teils sogar lebensbedrohliche Entzugserscheinungen auftreten können, sollte dieser ausschließlich unter medizinischer Aufsicht durchgeführt werden.

Insofern die Erkrankung in einer leichten Form vorliegt, ist eine Alkoholische Polyneuropathie bis zu einem gewissen Grad heilbar. Sobald die Erkrankung in einer fortgeschrittenen Form vorliegt, können bereits bestehende Nervenschäden jedoch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Um eine Alkoholische Polyneuropathie zu behandeln, ist in erster Linie der Verzicht auf Alkohol notwendig. Da die Erkrankung meist mit Nährstoffmängeln einhergeht, kann die Einnahme geeigneter Präparate die Heilung unterstützen. In besonders schwerwiegenden Fällen kann eine Alkoholische Polyneuropathie zu Schädigungen des vegetativen Nervensystems und der inneren Organe führen.

Schätzungen zufolge leiden zwischen 22 und 66 % aller Alkoholkranken in Deutschland an einer Polyneuropathie durch Alkohol. Je länger die Suchterkrankung vorliegt und je größere Mengen an Alkohol konsumiert werden, desto höher ist auch das Risiko, zu erkranken. Da es sich bei Polyneuropathie durch Alkohol um eine fortschreitende Krankheit handelt, können sich die Symptome bei Nichtbehandlung verschlimmern.

Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD)

Breitbeiniges Gehen, Torkeln und Gleichgewichtsstörungen: Treten diese Symptome bei Alkoholabhängigen auch im nüchternen Zustand auf, liegt meist eine sogenannte Alkoholische Kleinhirndegeneration (AKD) vor. Meist entwickelt sich eine Alkoholische Kleinhirndegeneration als Folgeerkrankung schädlichen Alkoholgebrauchs. Sie kann innerhalb weniger Wochen, aber auch nach langem chronischem Konsum auftreten. Je früher eine Alkoholikerin oder ein Alkoholiker aufhört zu trinken, umso größer ist die Chance, dass sich die Beschwerden bessern. Bei chronischem Alkoholmissbrauch kann das Kleinhirn allerdings dauerhaft schrumpfen.

Bei alkoholabhängigen Personen können mehrere Faktoren zum Absterben von Nervenzellen (Neuronen) im Kleinhirn beitragen: Nervenzellen benötigen Vitamin B1 (Thiamin) zur Energiegewinnung. Fehlt es, nehmen die Zellen Schaden. Auf dem Weg durch den Verdauungstrakt kann der Alkohol (Ethanol) die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts schädigen, sodass der Körper weniger Vitamin B1 aufnehmen kann. Über den Dünndarm gelangt der Alkohol in die Blutbahn und überwindet zusammen mit seinem Hauptabbauprodukt Acetaldehyd auch die Bluthirnschranke. So können die Zellgifte im Gehirn Neuronen zerstören. Alkohol wird in der Leber zunächst in Acetaldehyd abgebaut. Zu große Mengen davon schädigen die Zellfunktionen der Leber. Ist das Organ geschwächt, kann es oft kein Vitamin B1 mehr speichern. Viele Alkoholabhängige entwickeln zudem Ernährungsgewohnheiten, die Mangelerscheinungen begünstigen.

Die Zellschäden im Gehirn zeigen sich anhand folgender Beschwerden: Fahrige, unkoordinierte Bewegungen, Probleme, gegensätzliche Bewegungen auszuführen (Bewegungen in verschiedene Richtungen), Zittern bei gezielten Bewegungen, zum Beispiel beim Versuch, ein Glas zu greifen (Intentionstremor), oder ein unleserliches, verzittertes Schriftbild, schlaffe Muskulatur, da die Muskelspannung gestört ist. Im späteren Verlauf können Sprech- und Sprachstörungen sowie abgehacktes Sprechen auftreten.

Die Ärztin oder der Arzt befragt die betroffene Person nach ihren individuellen Trinkgewohnheiten. Eine anschließende Blutuntersuchung kann weitere Hinweise auf eine Schädigung liefern. Dabei werden im Labor vor allem das Blutbild sowie die Leber- und Gerinnungswerte bestimmt und der Vitamin-B1-Spiegel gemessen. Koordinations- und Gleichgewichtstests helfen dabei, das Ausmaß einer Kleinhirnschädigung abzuschätzen. Mittels Neurografie kann in einer neurologischen Praxis gemessen werden, wie schnell die Nervenbahnen Reize weiterleiten. Dafür werden Elektroden auf der Haut angebracht, die elektrische Impulse aussenden. Eine Computertomografie kann außerdem den Schwund des Kleinhirns sichtbar machen.

In der Regel erhalten Betroffene zunächst ein Präparat mit Vitamin B1, unterstützend hilft eine ausgewogene Ernährung. Im Rahmen einer Physiotherapie können Koordinationsfähigkeit und Gleichgewicht gezielt trainiert werden. Die wirksamste Behandlungsmethode stellt jedoch der Verzicht auf Alkohol dar.

Alkohol in der Schwangerschaft: Gefahr für das ungeborene Kind

Schwangere Frauen sollten während ihrer Schwangerschaft auf Alkohol verzichten, da Alkoholkonsum ein erhebliches Risiko für die Gesundheit des ungeborenen Kindes darstellt. Alkohol gelangt durch die Plazenta direkt in das Blut des Fötus und kann zu schweren Schäden führen. Das sogenannte fetale Alkoholsyndrom (FAS) ist eine der schwersten Folgen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Kinder, die mit FAS geboren werden, leiden unter körperlichen und geistigen Entwicklungsstörungen sowie Verhaltensproblemen.

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