Spastische Lähmung: Ursachen, Symptome und Behandlungsansätze

Eine spastische Lähmung, auch Spastik genannt, ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer Störung des zentralen Nervensystems (ZNS). Sie kann Menschen jeden Alters betreffen. Charakteristisch für eine spastische Lähmung ist eine erhöhte Anspannung der Skelettmuskulatur in einzelnen oder mehreren Körperregionen. Die Ausprägung der Spastik kann von leichten Bewegungseinschränkungen bis hin zur vollständigen Behinderung reichen, abhängig davon, welches Gehirnareal und in welchem Ausmaß geschädigt ist. Obwohl eine spastische Lähmung nicht heilbar ist, können Folgeschäden durch gezielte therapeutische Maßnahmen verhindert werden.

Ursachen einer spastischen Lähmung

Eine spastische Lähmung tritt immer als Folge einer Schädigung der Nervenbahnen auf, die Gehirn und Rückenmark verbinden und Impulse an die Muskulatur weiterleiten. Kommt es im Gehirn oder Rückenmark zu einer verletzungs- oder krankheitsbedingten Schädigung von Nervengewebe, wirkt sich dies negativ auf die Muskelgrundspannung aus. Sowohl Streck- als auch Beugemuskeln sind im Rahmen dieser Erkrankung betroffen und stehen in übermäßiger Spannung zueinander, da in den Gelenken die Verkürzung und Dehnung von Agonist und Antagonist in gestörtem Gleichgewicht stehen. Die Spannung nimmt mit der Geschwindigkeit jeder Bewegung zu und bremst diese schließlich abrupt ab. Langsame und vorsichtige Bewegungen hingegen lösen diesen Effekt nicht aus.

Eine spastische Lähmung kann als Folge von Erkrankungen oder Unfällen auftreten. Als häufigster Auslöser dieser Muskelstörung gilt der Hirninfarkt oder Ischämische Schlaganfall, im Zuge dessen die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff kurzzeitig unterbrochen ist. Ein solcher vorübergehender Sauerstoffmangel kann bereits eine frühkindliche Gehirnschädigung auslösen, wenn ein Neugeborenes, das seine Atmung noch nicht selbstständig steuern kann, während der Geburt nicht mehr ausreichend über die Nabenschnur versorgt werden kann. Auch Infektionskrankheiten während der Schwangerschaft können das Zentralnervensystem des Fötus schädigen. Eine Unterbrechung der Atemtätigkeit, wie sie beispielsweise bei Unfallopfern oder Menschen, die beinahe ertrunken wären, zu beobachten ist, kann zu irreparablen Hirnschädigungen führen und eine Spastik zur Folge haben.

Weitere mögliche Ursachen für eine spastische Lähmung können ein Gehirntumor, die Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose, das Fett-Syndrom sowie verschiedene entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems wie etwa eine Meningitis sein. Auch Verletzungen im Bereich des Kopfes oder des Rückenmarks können zu einer Parese führen. Außerdem sind auch Infekte wie Entzündungen der Nerven und Muskeln oder eine Borreliose Grund für das Auftreten einer Parese. Auch angeborene Erkrankungen wie Muskelschwund oder ein Tumor können Ursache für eine Parese sein.

Symptome einer spastischen Lähmung

Je nach betroffener Körperregion wird zwischen mehreren Arten von Spastik unterschieden. Lähmungen in den Gliedmaßen werden als Monospastik oder Paraspastik bezeichnet, abhängig davon, ob nur ein Arm oder Bein oder gleichzeitig beide Arme oder Beine betroffen sind. Die Hemispastik beschreibt die Lähmung an den Gliedmaßen einer Körperhälfte, im Falle einer Tetraspastik sind Arme und Beine beider Körperhälften, oft gleichzeitig auch die Rumpf- und Halsmuskulatur betroffen.

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In den betroffenen Körperregionen kommt es zum Auftreten andauernder, unkontrollierbarer und äußerst schmerzhafter Muskelkrämpfe und Versteifungen. Eine spastische Lähmung kann auch in den Augen oder in der Schluckmuskulatur auftreten. Dementsprechend können Patienten dadurch unter Schluckstörungen, einem eingeschränkten Sichtfeld, fehlerhaften visuellen Wahrnehmungen und Schielen leiden. Eine spastische Lähmung der Augen geht meist mit schweren Koordinationsstörungen einher, die die Fähigkeit, gezielte Bewegungen auszuführen, erheblich erschweren. Die unvollständige Halbseitenlähmung (Hemiparese) kann sich in einer schlaffen oder starken Muskelspannung äußern und zu unkoordinierten oder überschießenden Bewegungen (Spastiken) führen.

Kraftlosigkeit in Armen oder Beinen, Gefühlsstörungen oder einseitige Lähmungen sind typische Anzeichen.

Diagnose

Die Diagnose einer Lähmung oder Plegie erfolgt durch eine Kombination verschiedener Untersuchungen. Zu Beginn wird in einer Anamnese ein ausführliches Gespräch über die Krankengeschichte und die aktuellen Symptome geführt. Bei einem entsprechenden Verdacht werden bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT oder CT-Scans genutzt, um strukturelle Probleme im Gehirn oder Rückenmark zu identifizieren. Durch eine Elektromyographie (EMG) kann zudem die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen werden, was dem Arzt oder der Ärztin Aufschluss über den Zustand der Nerven gibt.

Bei einer Halbseitenlähmung, die sich schleichend über einen längeren Zeitraum entwickelt, suchen Experten der Neurologie zunächst nach der Ursache. In einer ausführlichen Untersuchung ermitteln sie mit Hilfe des Patienten die Vorgeschichte (Anamnese) und prüfen unter anderem Kraft, Reflexe und Spannung einzelner Muskelgruppen sowie die Feinmotorik. Laboruntersuchungen, Blutbild und eine Untersuchung des Nervenwassers (Lumbalpunktion) geben weitere Hinweise. Mit bildgebenden Verfahren wie der Computer (CT)- oder der Magnetresonanztomografie (MRT) können die Hirnschädigung detailliert dargestellt werden.

Therapie

Eine spastische Lähmung kann nicht ursächlich behandelt werden. Die Therapie einer Spastik beruht auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Physio- und Ergotherapeuten und zielt darauf ab, die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern, indem Schmerzen gelindert und die Beweglichkeit sowie die motorischen Fähigkeiten intensiv geschult werden. Dadurch werden das Risiko möglicher Folgeschäden und Komplikationen vermindert und die Pflege des Patienten erleichtert.

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Im Zentrum der Behandlung steht die Physiotherapie, um durch Redressionsmaßnahmen Fehlstellungen zu korrigieren und Gelenkversteifungen vorzubeugen. Durch passive Bewegung der Gelenke werden die gesunden Muskelpartien gestärkt, wodurch die allgemeine Bewegungsfähigkeit des Patienten verbessert wird. Gleichzeitig werden die Spasmen verringert, was zu einer deutlichen Verminderung der Schmerzzustände führt.

Parallel dazu erarbeitet der behandelnde Ergotherapeut mit dem Patienten eine Routine, indem Hilfsmittel erprobt und in den Alltag integriert sowie grundsätzliche Tätigkeiten wie Körperpflege und Handfunktionen geübt werden. Dadurch soll die Wahrnehmung des Patienten verbessert und seine Fähigkeit zu sozialer Kommunikation gestärkt werden.

Oft werden diese Therapiemaßnahmen durch eine medikamentöse Behandlung begleitet. Intramuskuläre Injektionen mit dem stark verdünnten Nervengift Botulinumtoxin oder Infusionen mit Baclofen nahe des Rückenmarks führen in vielen Fällen zu einer Funktionsverbesserung und haben sich in der Schmerztherapie von Menschen mit Spastik erfolgreich bewährt.

Viele Ergotherapeuten arbeiten heute in unterschiedlichen Anwendungsbereichen mit dem unterstützenden Einsatz von NOVAFON Schallwellengeräten, welche sich auch in der Behandlung von Spastiken erfolgreich bewährt haben. Die sanften Vibrationen der NOVAFON Schallwellengeräte tragen dazu bei, Schmerzen zu reduzieren sowie die Folgen eines Schlaganfalls zu lindern. Sowohl bei altersbedingten Gelenkerkrankungen als auch bei muskulären Problemen schafft die lokale Vibrationstherapie Abhilfe.

Weitere Therapieansätze

  • Funktionelle Gefühls- und Bewegungsstörungen: Zur Behandlung motorischer und sensibler funktioneller Störungen haben sich sowohl physiotherapeutische als auch psychotherapeutische Verfahren bewährt.
  • Rehabilitation: Das Ziel einer Reha nach einer Parese ist es, den betroffenen Patienten wieder fit für den Alltag zu machen, auch mit krankheitsbedingten Handicaps. Wie der Alltag trotz der körperlichen Einschränkungen am besten bewältigt werden kann, ist ein wichtiges Thema in der Reha. Der moderne Therapieansatz bei Paresen in der Rehabilitation stellt das aktive, das heißt selbstständige Üben von Bewegungen und Aktivitäten in den Mittelpunkt. Diese Übungen werden in Einzel- und Gruppentrainings durchgeführt. Wichtige Therapiekonzepte sind das Aufgabenorientierte Training und die Spiegeltherapie. Hierbei sollen alltagspraktische Fähigkeiten erlernt und Hirnareale zur Bewegungssteuerung angeregt werden.

Leben mit einer spastischen Lähmung

Für Menschen, die von einer Lähmung betroffen sind, kann das eine dauerhafte Einschränkung bedeuten, die erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn keine vollständige Heilung möglich ist. Hierzu zählt unter anderem die barrierefreie Ausstattung der Wohnung, die Umrüstung des Fahrzeugs sowie die Gestaltung der Freizeit.

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Es gibt verschiedene Leistungen der Pflegekasse, die Betroffenen zustehen können. Voraussetzung hierfür ist ein anerkannter Pflegegrad.

Hilfsmittel und Unterstützung

  • Pflegehilfsmittel: Mit anerkanntem Pflegegrad zahlt die Pflegekasse monatlich bis zu 42 Euro für sogenannte Pflegehilfsmittel zum Verbrauch.
  • Schwerbehindertenausweis: Ab einem GdB 50 haben Sie Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, mit dem Sie Vergünstigungen und bestimmte Nachteilsausgleiche bekommen.
  • Medizinische Hilfsmittel: Bei medizinischer Notwendigkeit stellt Ihnen Ihr Arzt ein Rezept für das geeignete Hilfsmittel aus.
  • Notrufsystem: Bei Gangunsicherheiten und einem erhöhten Sturzrisiko sorgt ein Notrufsystem - ob zuhause oder mobil - für mehr Sicherheit.
  • Wohnraumanpassung: Häufig werden auch Umbaumaßnahmen notwendig, um die Wohnung barrierefrei zu gestalten. Werden Treppen zur echten Herausforderung in Ihrem Alltag, kann ein Treppenliftsystem für Sie in Frage kommen.

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.

Austausch und Beratung

Da eine Lähmung oftmals ganz plötzlich auftritt, stellt sie Patienten und deren Angehörige vor große Herausforderungen. Wertvolle Hilfestellungen von Mensch zu Mensch in dieser schwierigen Situation können Verbände und Beratungsstellen zu speziellen Erkrankungen bieten. Oftmals ist auch ein Austausch mit anderen Betroffenen in Online-Foren oder regionalen Selbsthilfegruppen möglich.

Formen von Lähmungen

In der Medizin unterscheidet man je nach Ursache beziehungsweise Entstehungsort der Nervenschädigung zwischen zentralen und peripheren Lähmungen. Zudem differenziert man nach der Ausprägung in Plegien (vollständige Lähmung) und Paresen (unvollständige Lähmung).

Zentrale Lähmungen

Haben ihren Ursprung im Bereich des Gehirns oder Rückenmarks. Krankheiten und Schädigungen des Rückenmarks führen in der Regel zu Lähmungen in beiden Körperhälften, während Krankheiten und Schädigungen des Gehirns zu ein- oder beidseitigen Symptomen führen können. Solche Lähmungen können entweder spastisch sein (verkrampfter, gelähmter Muskel wie bei spastischer Zerebralparese) oder schlaff gelähmt (wie bei einem Schlaganfall). Bei einer zentralen Lähmung ist die Muskulatur dauerhaft angespannt. Zudem kommt es zu gesteigerten Muskelreflexen, was sich in ruckartigen Zuckungen zeigt.

Periphere Lähmungen

Werden von Schädigungen im peripheren Nervensystem (PNS) ausgelöst. Dabei ist die Übertragung der Impulse an die Muskulatur geschwächt oder komplett unterbrochen. Im Gegensatz zur spastischen Lähmung besteht kaum oder keine Muskelspannung (Muskeltonus) mehr. Entsprechend kann das betroffene Körperteil nur schlecht oder nicht mehr bewegt werden und beispielsweise bei einer Lähmung der Hand schlaff herunterhängen.

Periphere Lähmungen haben ihren Ursprung in den Nerven, die außerhalb des Gehirns und Rückenmarks liegen Betreffen den Bereich, den ein oder mehrere periphere Nerven mit Nervenimpulsen versorgen Periphere Lähmungen ziehen nach einer Zeit fast immer Muskelschwund nach sich.

Weitere Unterscheidungen

  • Monoparese/Monoplegie: Nur einzelne Extremitäten sind betroffen.
  • Paraparese/Paraplegie: Zwei gleichartige Extremitäten sind teilweise oder vollständig gelähmt. Paraplegie und Tetraplegie können bei einer Querschnittlähmung auftreten. Dabei sind - häufig nach einem Unfall, aber auch infolge bestimmter Erkrankungen - die Nervenbahnen im Rückenmark durchtrennt oder gequetscht.
  • Tetraparese/Tetraplegie (Quadriplegie): Hierbei sind alle vier Gliedmaßen sowie der Rumpf betroffen. Sind die Nervenbahnen im Rückenmark in Höhe der Halswirbelsäule verletzt, sind beide Arme und Beine einschließlich Rumpf betroffen. Das Ausmaß der Lähmung in den Armen hängt davon ab, in welchem Segment der Halswirbelsäule das Rückenmark geschädigt ist. Bei einer Querschnittlähmung sind auch die Rumpfmuskulatur und teilweise die Atemmuskulatur beeinträchtigt. Das Ausmaß hängt unter anderem von der Höhe des Querschnitts ab. Die Blasen- und Darmfunktion sind ebenfalls betroffen.
  • Hemiplegie: Diese einseitige Lähmung betrifft nur eine Körperhälfte und ist häufig die Folge eines Schlaganfalls oder einer Hirnverletzung.
  • Diplegie: Vor allem bei Kindern mit Zerebralparese kommt diese Form vor, bei der entweder beide Arme oder beide Beine gelähmt sind.
  • Fazialisparese (Gesichtslähmung): Aufgrund einer gestörten Funktion des Gesichtsnervs ist die Gesichtsmuskulatur teilweise gelähmt.

Ursachen für Lähmungen

Es gibt viele verschiedene Ursachen und Erkrankungen, die Lähmungen verursachen können, z. B.:

  • Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule oder im Lendenwirbelsäulenbereich
  • Querschnittsyndrome (Rückenmarkserkrankungen)
  • Schlaganfall/Blutung im Gehirn
  • Funktionelle Lähmungen (psychologische oder psychiatrische Erkrankungen)
  • Kompression peripherer Nerven (z.B. Karpaltunnelsyndrom, Schädigung des Nervus ulnaris oder radialis)
  • Myasthenia gravis
  • Guillain-Barré-Syndrom
  • Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
  • Multiple Sklerose, Tumore oder Entzündungen des Rückenmarks

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