Eine Armlähmung, definiert als der Verlust der Muskelkraft oder Bewegungsfähigkeit in einem oder beiden Armen, kann teilweise oder vollständig sein, abhängig vom Grad der Muskelbeeinträchtigung. Typische Symptome umfassen Muskelschwäche, Taubheitsgefühl oder den vollständigen Verlust der Bewegungsfähigkeit. Die bewusste Steuerung der Bewegungen ist eingeschränkt oder nicht möglich, da der motorische Kortex im Gehirn oder die Nervenleitbahnen zum Rückenmark geschädigt sein können.
Formen der Armlähmung
Die Medizin unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Armlähmung, darunter die Armparese und die Armplexusparese.
- Armparese: Eine teilweise Lähmung oder Schwäche eines Arms, die sich auf die eingeschränkte Muskelkraft oder Bewegungsfähigkeit im gesamten Arm oder einem Teil davon bezieht. Zusätzlich kann eine erhöhte Muskelspannung (Spastik) auftreten.
- Armplexusparese: Eine spezifische Art der Parese, die durch eine Schädigung des Plexus brachialis verursacht wird und typischerweise nur in dem vom Plexus brachialis versorgten Bereich auftreten kann.
Ursachen einer Armlähmung
Die Ursachen für eine Armlähmung sind vielfältig und können in Schädigungen des Nervensystems, Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks oder der Nerven, die die Arme versorgen, unterteilt werden.
Zentrale Ursachen
Zentrale Paresen entstehen durch Schädigungen des Gehirns oder Rückenmarks. Bei zentralen Ursachen zeigt sich häufig eine Kombination aus inkompletten (Paresen) und kompletten Lähmungen (Plegien) einzelner Muskeln. Abhängig von der betroffenen Extremität unterscheidet man:
- Monoparese: Die inkomplette Lähmung betrifft nur eine Extremität, z.B. den Arm.
- Paraparese: Beide Beine sind von der Lähmung betroffen, die Arme sind nicht betroffen.
- Hemiparese: Arm und Bein einer Seite sind inkomplett gelähmt.
- Tetraparese: Eine inkomplette Lähmung aller vier Gliedmaßen (Arme und Beine) sowie eine gestörte Rumpf- und Kopfkontrolle sind vorhanden.
Bei zentralen Paresen befindet sich die gelähmte Muskulatur immer auf der Gegenseite zur Gehirnschädigung.
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Periphere Ursachen
Periphere Paresen entstehen durch Schädigungen des Nervs in seinem Verlauf in Armen oder Beinen. Diese können einen oder mehrere Nerven betreffen. Eine Schädigung mehrerer Nerven im Bereich des Nervengeflechts wird als Plexusparese bezeichnet, wobei man eine Armplexusparese (Plexus brachialis) und eine Beinplexusparese (Plexus lumbalis) unterscheidet. Bei peripheren Lähmungen ist die Parese immer gleichseitig zur Schädigung.
Weitere Ursachen
- Schlaganfall: Die häufigste Ursache einer Halbseitenlähmung (Hemiplegie) ist der Schlaganfall oder Apoplex. Er entsteht in bis zu 85 % der Fälle durch eine verminderte Blutversorgung (Ischämie) eines begrenzten Gehirnbereiches, wobei die Ischämie dann zum Untergang von Hirngewebe führt (Hirninfarkt). In den übrigen 15 % der Fälle wird der Schlaganfall durch das Platzen einer Hirnarterie mit nachfolgender Blutung in das Gehirn ausgelöst.
- Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Kopfes können zu Schädigungen des Gehirns und somit zu Lähmungen führen.
- Multiple Sklerose: Eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu vielfältigen neurologischen Ausfällen, einschließlich Lähmungen, führen kann.
- Bandscheibenvorfall: Druckschäden durch Bandscheibenvorfälle können die Reizweiterleitung über den Spinalkanal (Wirbelkanal) einschränken und Paresen verursachen.
- Tumore: Tumore können Druck auf Nerven ausüben und so deren Funktion beeinträchtigen.
- Karpaltunnelsyndrom: Eine Einengung des Nervus medianus im Karpaltunnel kann zu Empfindungsstörungen und Muskelschwäche in der Hand führen.
- Infantile Zerebralparese: Eine frühkindliche Hirnschädigung, die zu Bewegungsstörungen und Lähmungen führen kann.
- Querschnittslähmung: Eine Schädigung des Rückenmarks, die zu Lähmungen unterhalb der Verletzungshöhe führt.
Symptome einer Armlähmung
Die Symptome einer Armlähmung können je nach Ursache und Schweregrad variieren. Typische Anzeichen sind:
- Muskelschwäche: Eine verminderte Kraft in den Muskeln des Arms, die sich in Schwierigkeiten beim Heben, Greifen oder Halten von Gegenständen äußern kann.
- Taubheitsgefühl: Ein Verlust oder eine Veränderung der Sensibilität im Arm, die sich als Kribbeln, Brennen oder ein Gefühl der "Eingeschlafenheit" äußern kann.
- Bewegungseinschränkungen: Schwierigkeiten, den Arm oder Teile davon zu bewegen.
- Spastik: Eine erhöhte Muskelspannung, die zu unkontrollierten Bewegungen oder Steifheit führen kann.
- Schmerzen: Schmerzen im Arm, die durch die Lähmung oder die zugrunde liegende Ursache verursacht werden können.
- Koordinationsstörungen: Schwierigkeiten, Bewegungen präzise und koordiniert auszuführen.
Diagnose einer Armlähmung
Die Diagnose einer Armlähmung umfasst in der Regel eine umfassende neurologische Untersuchung, bildgebende Verfahren und spezielle Zusatzuntersuchungen.
- Klinische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Muskelkraft, Reflexe, Sensibilität und Koordination des Patienten. Zur klinischen Klassifizierung der verschiedenen Lähmungsgrade werden diverse Skalen zur Bewertung der Muskelkraft herangezogen, wie z.B. der „Medical Research Council“ (MRC), bei dem pro Muskel bzw. Bewegung Punkte von 0 bis 5 vergeben werden.
- Elektrophysiologische Untersuchungen: Durch Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG/NLG) können Nervenleitgeschwindigkeit und Muskel genauer untersucht werden. Sie können bei der Ursachenfindung eine wichtige Rolle spielen.
- Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) können Aufschluss über eine zentrale Schädigung geben. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ermöglicht eine detaillierte Darstellung von Struktur und krankhaften Veränderungen im Hirngewebe und im Schädelbereich.
Therapie einer Armlähmung
Die Behandlung einer Armlähmung hängt von der Ursache, dem Schweregrad und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Ziel der Therapie ist es, dieFunktion des Arms zu verbessern, Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität des Patienten zu erhöhen.
Konservative Therapie
- Physiotherapie: Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Armlähmungen. Ziel ist es, die Muskelkraft zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern, die Koordination zu schulen und die Spastik zu reduzieren.
- Ergotherapie: Ergotherapie hilft Patienten, alltägliche Aktivitäten wieder selbstständig auszuführen. Sie umfasst das Training vonGreif-, Halte- und Bewegungsfunktionen sowie die Anpassung der Umgebung an die Bedürfnisse des Patienten.
- Medikamentöse Therapie: Medikamente können zur Linderung von Schmerzen, zur Reduktion von Spastik oder zur Behandlung der Grunderkrankung eingesetzt werden.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): FES kann eingesetzt werden, um gelähmte Muskeln zu aktivieren und Bewegungen zu ermöglichen. Sie kann ausgezeichnet mit Aktivitäten des täglichen Lebens kombiniert werden.
- Logopädie: Bei Lähmungen der Gesichts- und Zungenmuskulatur kann Logopädie helfen, die Sprach- und Schluckfunktion zu verbessern.
Spezielle Therapieansätze
- Arm-Basis-Training: Übt jeden Tag die Bewegungsfähigkeit wiederholt und einzeln in den verschiedenen Abschnitten von Arm, Hand und Fingern. Sie sollte bei Patienten früh nach dem Schlaganfall durchgeführt werden.
- Arm-Fähigkeits-Training: Trainiert täglich Präzision und Geschwindigkeit („Geschicklichkeit“) bei verschiedenen Armfunktions-Anforderungen an der individuellen Leistungsgrenze.
- Bewegungsinduktionstherapie (CIMT): Eine spezielle Therapie für Schlaganfall-Betroffene mit einem „erlernten Nicht-Gebrauch“. Sie umfasst üblicherweise sechs Stunden Therapie pro Tag. Ergänzend stellt man über zwei Wochen die weniger betroffene Hand für die größte Zeit des Tages ruhig (90 Prozent der Wachstunden).
- Spiegeltherapie: Der Patient betrachtet im Spiegel die Bewegung seiner nicht gelähmten Hand. Durch den Blick in den Spiegel sieht diese Bewegung so aus als würde sich seine gelähmte Hand ganz normal bewegen.
- Mentales Training: Kann eine Verbesserung der Armfunktion bewirken.
- Robot-Therapie: Arm-Therapie-Roboter können je nach Bauart Schulter- und Ellenbogen-Bewegungen, Unterarm- und Handgelenksbewegungen oder Fingerbewegungen mechanisch unterstützen.
- Sensible Stimulation: Verschiedene Formen der sensiblen Stimulation können als Zusatztherapie zur Behandlung von Armlähmungen erwogen werden.
- Akupunktur: Kann als Zusatztherapie zur Behandlung von Armlähmungen erwogen werden.
Hilfsmittel
Der Markt bietet verschiedene Lösungen in Form von Hilfsmitteln an, die vor allem an Patienten gerichtet sind, bei denen eine Therapie keine Besserung gebracht und der Funktionsverlust oder -einschränkung dennoch besteht.
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- MyoPro® Orthese: Speziell entwickelt für Patienten mit einer Hand- und Armlähmung nach einem Schlaganfall, unterstützt sie diese im Alltag und ermöglicht Beidhändigkeit.
- Bionische Handorthesen: Moderne Handorthesen können bei Funktionseinschränkungen durch eine Plexusparese eine wichtige Rolle spielen. Sie unterstützen Menschen mit eingeschränkter Hand- und Fingerfunktion dabei, alltägliche Bewegungen wieder auszuführen.
Chirurgische Therapie
In einigen Fällen, insbesondere bei Verletzungen der Nerven, kann eine Operation erforderlich sein, um die Nerven zu rekonstruieren oder zu entlasten.
- Nervenrekonstruktion: Gesunde Nerven aus anderen Körperregionen werden mit den geschädigten Plexusnerven verbunden.
Verlauf einer Armlähmung
Der Verlauf einer Armlähmung ist individuell unterschiedlich und hängt von der Ursache, dem Schweregrad und der Effektivität der Therapie ab. In einigen Fällen können sich Lähmungen spontan zurückbilden oder verbessern. In anderen Fällen bleiben dauerhafte Lähmungen bestehen, die jedoch durch intensive Therapie kompensiert werden können.
Kann die Ursache der Nervenschädigung nicht behoben werden, kommt es durch die fortdauernde Lähmung meist zum Abbau von Muskelmasse (Atrophie). Abhängig vom Ausmaß der Parese tritt bei zentralen Schädigungen aufgrund der fehlenden Kontrolle durch das Gehirn im Rückenmark im Verlauf zusätzlich eine Spastik (erhöhte Muskelspannung) auf.
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