Armlähmung: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Armlähmung, definiert als der Verlust von Muskelkraft oder Bewegungsfähigkeit in einem oder beiden Armen, kann teilweise oder vollständig sein, abhängig vom Ausmaß der Muskelbeteiligung. Typische Symptome sind Muskelschwäche, Taubheitsgefühl oder vollständiger Verlust der Bewegungsfähigkeit, wobei die bewusste Steuerung der Bewegungen eingeschränkt oder unmöglich ist. Normalerweise ist der motorische Kortex im Gehirn für die Steuerung zuständig. Eine Schädigung dieses Bereichs oder der Nervenbahnen, die vom motorischen Kortex zum Rückenmark verlaufen, kann zu einer Armlähmung führen.

Ursachen von Armlähmungen

Armlähmungen können unterschiedliche Ursachen haben, die oft mit Schädigungen des Nervensystems zusammenhängen. Dazu gehören:

  • Schädigungen des Nervensystems: Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks oder der Nerven, die die Arme versorgen.
  • Verletzungen im Bereich des Kopfes oder des Rückenmarks: Diese können zu einer Form der Parese führen.
  • Druckschäden: Tumore oder Bandscheibenvorfälle können die Reizweiterleitung über den Spinalkanal (Wirbelkanal) einschränken.
  • Vitamin-B12-Mangel: Ein Mangel kann die Schutzhülle (Myelinscheide) der Nerven beschädigen und zu Empfindungsstörungen oder Lähmungserscheinungen führen.
  • Bandscheibenvorfall: Der Bandscheibenkern kann auf das Rückenmark drücken und verschiedene Beschwerden hervorrufen, einschließlich Lähmungen.
  • Poliomyelitis (Kinderlähmung): Polioviren können Entzündungsreaktionen an den Nerven auslösen, wodurch Nervenschäden entstehen.
  • Guillain-Barré-Syndrom: Das Immunsystem richtet sich gegen die Schutzhülle der Nerven, was zu Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen führt.
  • Schlaganfall: Eine Durchblutungsstörung im Gehirn führt zum Absterben von Nervenzellen, was Lähmungen verursachen kann.
  • Spinalkanalstenose: Durch den Druck auf Nerven und Rückenmark kann es je nach Lokalisation zu Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen kommen.

Bei folgenden Krankheitsbildern treten zumeist Paresen auf:

  • Querschnittslähmung
  • Multiple Sklerose
  • Infantile Zerebralparese (frühkindliche Hirnschädigung)

Formen der Armlähmung

Die Medizin unterscheidet bei einer unvollständigen Armlähmung zwischen einer Armparese und einer Armplexusparese.

  • Armparese: Eine teilweise Lähmung oder Schwäche eines Arms, die sich auf die eingeschränkte Muskelkraft oder Bewegungsfähigkeit im gesamten Arm oder einem Teil davon bezieht. Zusätzlich kann es zu einer erhöhten Muskelspannung (Spastik) kommen.
  • Armplexusparese: Eine spezifische Art der Parese, die durch eine Schädigung des Plexus brachialis verursacht wird und typischerweise nur in dem vom Plexus brachialis versorgten Bereich auftreten kann.

Je nach Schädigungsort unterscheidet man zwei Formen:

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  • Zentrale Parese: Bei Schädigung des Nervs zwischen Gehirn und Vorderhornzelle des Rückenmarks (1. Motoneuron). Bei zentralen Paresen befindet sich die gelähmte Muskulatur immer auf der Gegenseite zur Gehirnschädigung.
  • Periphere Parese: Bei Schädigung des Nervs zwischen der Vorderhornzelle des Rückenmarks und der motorischen Endplatte des Muskels (2. Motoneuron). Bei peripheren Lähmungen ist die Parese immer gleichseitig zur Schädigung.

Bei zentralen Paresen unterscheidet man, abhängig von der betroffenen Extremität:

  • Monoparese: Die inkomplette Lähmung betrifft nur eine Extremität, z.B. den Arm.
  • Paraparese: Beide Beine sind von der Lähmung betroffen, Arme sind nicht betroffen.
  • Hemiparese: Arm und Bein einer Seite sind inkomplett gelähmt.
  • Tetraparese: Eine inkomplette Lähmung aller vier Gliedmaßen (Arme und Beine) sowie eine gestörte Rumpf- und Kopfkontrolle sind vorhanden.

Funktionelle Lähmungen

Funktionelle Gefühls- und Bewegungsstörungen wie Lähmungserscheinungen (Paresen) oder Taubheitsgefühle treten meist unerwartet auf - oft in Situationen hoher seelischer Belastung. Ursache ist nicht eine strukturelle des Nervensystems. Motorische Paresen (Schwäche/Kraftlosigkeit) reichen von einer zeitweiligen Verunsicherung in der Bewegungskontrolle (z. B. Fallenlassen von Gegenständen) bis hin zu schweren Lähmungen. Typisch sind ein plötzlicher Beginn und ein wechselhafter Verlauf mit guten und schlechten Tagen. Funktionelle Gefühlsstörungen (auch Sensibilitätsstörungen genannt) können in Kombination mit motorischen Störungen oder als eigenständiges Symptom auftreten. Oft ist eine Körperhälfte betroffen (funktionelle Hemihypästhesie), manchmal ein ganzer Arm oder ein ganzes Bein. Diese Fehlanpassung findet jenseits der bewussten Kontrolle statt. Menschen, die bereits neurologische Ausfälle aufgrund einer anderen Krankheit haben, können zusätzlich funktionelle Ausfälle entwickeln. Psychische Risikofaktoren sind eine Depression, Angststörungen (einschl. spezifische Phobien) oder eine posttraumatische Belastungsstörung.

Diagnose von Armlähmungen

Bei Empfindungsstörungen und/oder Taubheitsgefühlen sollte umgehend ein Facharzt aufgesucht werden, um die Symptome zu untersuchen und eine ernsthafte Erkrankung auszuschließen. Zunächst wird der Patient umfangreich befragt. Die Diagnose einer Parese erfolgt durch eine klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren und optional durch spezielle Zusatzuntersuchungen. Lähmungen sind durch eine Minderung der Muskelkraft gekennzeichnet. Aus diesem Grund werden zur klinischen Klassifizierung der verschiedenen Lähmungsgrade diverse Skalen zur Bewertung der Muskelkraft herangezogen.

  • Klinische Untersuchung: Beurteilung von Kraft, Reflexen und Spannung einzelner Muskelgruppen sowie der Feinmotorik.
  • Medical Research Council (MRC): Hierbei werden pro Muskel bzw. Bewegung Punkte von 0 bis 5 vergeben, wobei 5 für normale Kraft gegen vollen Widerstand steht.
  • Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG/NLG): Diese Untersuchungen können Nervenleitgeschwindigkeit und Muskel genauer untersuchen und bei der Ursachenfindung eine wichtige Rolle spielen.
  • Bildgebende Verfahren: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) können Aufschluss über eine zentrale Schädigung geben.
  • Laboruntersuchungen, Blutbild und eine Untersuchung des Nervenwassers (Lumbalpunktion): Geben weitere Hinweise.
  • Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT): Darstellung der Durchblutung und Stoffwechselaktivität in bestimmten Gehirnregionen während einer Aufgabe.
  • Elektroenzephalografie (EEG): Darstellung der elektrischen Hirnaktivität mit hoher zeitlicher Auflösung.

Behandlung von Armlähmungen

Die Behandlung hängt von der Ursache der Armlähmung ab und kann Physiotherapie, medikamentöse Therapie oder in einigen Fällen auch eine chirurgische Intervention umfassen. Grundsätzlich gilt: je früher mit einer Behandlung begonnen wird, um so besser ist es für den weiteren Verlauf. Die Behandlungsmethoden bei der Parese hängen jedoch stark vom Ergebnis der Diagnose ab. Bei einigen neurologischen Erkrankungen ist die Heilung der Parese leider nicht möglich, weil die entsprechenden Nerven dauerhaft Schaden davongetragen haben.

  • Physiotherapie: Durch Massagen können gelähmte Bereiche (teilweise) wieder reaktiviert werden.
  • Ergotherapie: Umfasst verschiedene neue Therapiemöglichkeiten.
  • Motorisches Lernen und repetitives Training: Bei zentralen Paresen, wie nach Schlaganfall oder Schädelhirntrauma, erfolgt die Rehabilitation angepasst an die Ziele des Patienten nach den Prinzipien des motorischen Lernens.
  • Funktionelle Elektrostimulation: Diese kann ausgezeichnet mit Aktivitäten des täglichen Lebens kombiniert werden.
  • Medikamentöse Therapie: Schmerzmedikamente.
  • Invasive Verfahren: Oberflächliche Spritzenbehandlungen (Quaddeln) und gezielte Infiltrationen der Nervenwurzel unter dem Computertomogramm (periradikuläre Therapie (PRT)).
  • Operation: Bei Tumoren, die Nerven abdrücken und Bewegungseinschränkungen hervorrufen, kann die Entfernung des Tumors zu einer Besserung der Symptome führen. Bei reinen Bandscheibenvorfällen ohne Veränderungen an den Wirbelkörpern im Sinne von knöchernen Vorsprüngen, Einengungen und Verschleißerscheinungen kommt eine künstliche Bandscheibe infrage.

Hilfsmittel

Neben den Therapiemöglichkeiten bietet der Markt verschiedene Lösungen in Form von Hilfsmitteln an. Diese richten sich vor allem an Patienten, bei denen eine Therapie keine Besserung gebracht und der Funktionsverlust oder -einschränkung dennoch besteht. Eine solche Lösung ist die MyoPro® Orthese. Speziell entwickelt für Patienten mit einer Hand- und Armlähmung nach einem Schlaganfall, unterstützt sie diese im Alltag und kann bei weiteren neuromuskulären Erkrankungen und Verletzungen helfen. Der Funktionsverlust wird mittels der MyoPro® ausgeglichen, sodass eine Beidhändigkeit ermöglicht wird. Trotz einer Armlähmung können so alltägliche Aufgaben wieder mit beiden Armen erledigt werden. Ermöglicht wird dies durch die Myoelektrik. Die MyoPro® kommt gänzlich ohne Elektrostimulation sowie invasiven Eingriff aus, sondern arbeitet mit Elektroden, die die Muskelsignale auf der Haut ablesen.

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Rehabilitation

Tritt eine Armlähmung nach einem Schlaganfall auf, ist es beispielsweise wichtig, zeitnah mit der Rehabilitation zu beginnen, damit eine Funktionsverbesserung erwirkt werden kann. Bei zentralen Paresen, wie nach Schlaganfall oder Schädelhirntrauma, erfolgt die Rehabilitation angepasst an die Ziele des Patienten nach den Prinzipien des motorischen Lernens. Ist der periphere Nerv geschädigt, der Muskel also teils denerviert, ist eine Kombination aus aktiven Übungen und elektrischer Stimulation sinnvoll.

Verlauf und Prognose

Kann die Ursache der Nervenschädigung nicht behoben werden, kommt es durch die fortdauernde Lähmung meist zum Abbau von Muskelmasse (Atrophie) und zu vermehrten Fetteinlagerungen kommen. Das Ausmaß der Atrophie und der Fibrosierung geht mit dem Schweregrad der Lähmung einher. Abhängig vom Ausmaß der Parese tritt bei zentralen Schädigungen aufgrund der fehlenden Kontrolle durch das Gehirn im Rückenmark im Verlauf zusätzlich eine Spastik (erhöhte Muskelspannung) auf. Je stärker die Parese, desto stärker die Spastik. Ohne eine spezifische Behandlung ist der Verlauf funktioneller Lähmungen in etwa der Hälfte der Fälle chronisch. Die Prognose ausschließlich sensibler funktioneller Anfälle (z. B. isolierte funktionelle Sensibilitätsstörungen) ist günstiger.

Unterstützung im Alltag

Lähmungen können die Selbstständigkeit im Alltag beeinträchtigen. Je nach Ausmaß stehen Betroffenen verschiedene Leistungen der Pflegekasse zu. Voraussetzung hierfür ist ein anerkannter Pflegegrad. Ob nur vorübergehend oder dauerhaft - Lähmungen können die Bewegungsfreiheit im Lebensalltag beeinträchtigen. Ähnlich wie der Pflegegrad ist ein Grad der Behinderung (GdB) in unterschiedliche Bereiche und Stufen eingeteilt. Ab einem GdB 50 haben Sie Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis, mit dem Sie Vergünstigungen und bestimmte Nachteilsausgleiche bekommen. Da eine Lähmung oftmals ganz plötzlich auftritt, stellt sie Patienten und deren Angehörige vor große Herausforderungen. Wertvolle Hilfestellungen von Mensch zu Mensch in dieser schwierigen Situation können Verbände und Beratungsstellen zu speziellen Erkrankungen bieten.

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