Eine Lähmung der Hand, auch bekannt als Parese, bezeichnet eine Minderung oder den vollständigen Verlust der Muskelkraft und Bewegungsfähigkeit in der Hand. Diese Einschränkung kann verschiedene Ursachen haben, von Nervenschädigungen bis hin zu Erkrankungen des zentralen Nervensystems.
Was ist eine Lähmung?
Eine Lähmung ist definiert als eine Minderung der Muskelkraft. Bei einer vollständigen Lähmung spricht man von einer Plegie, bei einer unvollständigen von einer Parese. Motorische Paresen reichen von einer zeitweiligen Verunsicherung in der Bewegungskontrolle bis hin zu schweren Lähmungen.
Formen von Lähmungen
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Hauptformen von Lähmungen:
- Zentrale Parese: Hier liegt die Ursache im Gehirn oder Rückenmark. Bei zentralen Paresen befindet sich die gelähmte Muskulatur immer auf der Gegenseite zur Gehirnschädigung. Das bedeutet, dass eine Schädigung der linken Gehirnhälfte zu einer Lähmung der rechten Körperhälfte führen kann.
- Periphere Parese: Bei dieser Form ist der Nerv in seinem Verlauf in Armen oder Beinen geschädigt. Periphere Paresen können einen oder mehrere Nerven betreffen. Eine Schädigung mehrerer Nerven im Bereich des Nervengeflechts bezeichnet man als Plexusparese. Bei peripheren Lähmungen ist die Parese immer gleichseitig zur Schädigung.
Je nach Ausdehnung der Lähmung unterscheidet man bei zentralen Paresen folgende Formen:
- Monoparese: Betrifft nur eine Extremität, z.B. den Arm.
- Paraparese: Beide Beine sind betroffen, Arme sind nicht betroffen.
- Hemiparese: Arm und Bein einer Seite sind inkomplett gelähmt.
- Tetraparese: Eine inkomplette Lähmung aller vier Gliedmaßen sowie eine gestörte Rumpf- und Kopfkontrolle sind vorhanden.
Ursachen von Lähmungen der Hand
Die Ursachen für Handlähmungen sind vielfältig und können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
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Nervenkompressionssyndrome
- Karpaltunnelsyndrom: Dieses Syndrom entsteht durch eine Einengung des Mittelarmnerven (Nervus medianus) im Karpaltunnel, einer anatomischen Engstelle im Handgelenk. Verdicken sich im Laufe des Lebens die Sehnenscheiden der im Karpaltunnel verlaufenden Beugesehnen oder das Karpalband (Ligamentum carpi transversum), drücken diese Strukturen auf den darunter liegenden Mittelarmnerv (Nervus medianus). Betroffene leiden in der Folge unter Handschmerzen, Gefühlsstörungen und sogar Lähmungen im Bereich des Daumens, Zeige- und Mittelfingers. In schweren Fällen kann es zu Lähmungserscheinungen der Hand und einem deutlichen Nachlassen der Greifkraft kommen.
- Radialisparese: Diese Lähmung tritt häufig bei einer vorübergehenden Einklemmung des Radialisnervs auf, beispielsweise beim Tiefschlaf nach Alkoholkonsum ("Parkbanklähmung"). Häufig ist die Streckfunktion im Handgelenk, Ellenbogen und in den Fingern eingeschränkt. Zusätzlich können Störungen der Gefühlswahrnehmung im Handrücken und/oder Arm vorliegen. Daher stammt auch die Bezeichnung des Syndroms als „Arrestantenlähmung" oder „Fesselungslähmung".
Verletzungen des Plexus brachialis (Plexusparese)
Der Plexus brachialis ist ein Nervengeflecht, das die gesamte motorische und sensible Versorgung des Arms, der Schulter und der Hand steuert. Eine Schädigung dieses Nervengeflechts kann zu einer Plexusparese führen.
- Geburtstraumatische Plexusparese: Bei schwierigen Geburten kann es durch eine starke Überdehnung oder einen zu starken Zug an der Schulter des Neugeborenen zu einer Plexusschädigung kommen.
- Traumatische Plexusparese: Stürze oder andere schwere Traumata können zu Verletzungen des Plexus brachialis führen.
Die Auswirkungen einer Plexusparese reichen von leichten Bewegungseinschränkungen bis hin zu einer kompletten Armlähmung.
Erkrankungen des zentralen Nervensystems
- Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann zu einer Halbseitenlähmung (Hemiplegie oder Hemiparese) führen, die auch die Hand betreffen kann. Eine Halbseitenlähmung wird durch Schädigung einer Gehirnhälfte verursacht, meist durch Schlaganfall oder unfallbedingte Schädel-Hirn-Verletzungen, seltener durch bakterielle oder virale Gehirnentzündungen oder Tumoren.
- Multiple Sklerose: Diese chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems kann ebenfalls Lähmungen verursachen.
- Schädel-Hirn-Trauma: Verletzungen des Gehirns können zu Lähmungen führen.
- Zerebralparese: Eine frühkindliche Hirnschädigung kann Lähmungen verursachen.
Weitere Ursachen
- Tumore: Tumore, die auf Nerven drücken, können Lähmungen verursachen. Druckschäden werden häufig durch Tumore oder Bandscheibenvorfälle verursacht, durch die die Reizweiterleitung über den Spinalkanal (Wirbelkanal) eingeschränkt wird.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule kann auf Nerven drücken und zu Lähmungen in der Hand führen.
- Infektionen: Bestimmte Infektionen, wie z.B. Hirnhautentzündung oder Gehirnentzündung, können Lähmungen verursachen.
- Autoimmunerkrankungen: Einige Autoimmunerkrankungen können die Nerven schädigen und zu Lähmungen führen.
- Vergiftungen: Bestimmte Vergiftungen können die Nerven schädigen und zu Lähmungen führen.
- Funktionelle Störungen: Funktionelle Gefühls- und Bewegungsstörungen wie Lähmungserscheinungen (Paresen) oder Taubheitsgefühle treten meist unerwartet auf - oft in Situationen hoher seelischer Belastung. Ursache ist nicht eine strukturelle des Nervensystems.
Diagnose von Handlähmungen
Die Diagnose einer Handlähmung umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten, einschließlich der Art und des Beginns der Symptome, möglicher Vorerkrankungen und травматический Ereignisse.
- Klinische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Muskelkraft, die Reflexe, die Sensibilität und die Koordination des Patienten. Lähmungen sind durch eine Minderung der Muskelkraft gekennzeichnet. Aus diesem Grund werden zur klinischen Klassifizierung der verschiedenen Lähmungsgrade diverse Skalen zur Bewertung der Muskelkraft herangezogen.
- Neurologische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine Nervenschädigung kann eine neurologische Untersuchung mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (Elektroneurografie, ENG) durchgeführt werden. Mittels Elektroneurografie kann der Arzt die Nervenleitgeschwindigkeit ermitteln und erkennt auf diese Weise Nervenschädigungen.
- Bildgebende Verfahren: Um die Ursache der Lähmung zu finden, können bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt werden. auf eine zentrale Schädigung können Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) Aufschluss geben. Computertomografie (CT): Darstellung der normalen Struktur und krankhafter Veränderungen oder Verletzungen im SchädelbereichMagnetresonanztomografie/Kernspintomografie (MRT): Darstellung von Struktur und krankhaften Veränderungen im Hirngewebe und im SchädelbereichFunktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT): Darstellung der Durchblutung und Stoffwechselaktivität in bestimmten Gehirnregionen während einer AufgabeElektroenzephalografie (EEG): Darstellung der elektrischen Hirnaktivität mit hoher zeitlicher Auflösung
- Elektromyographie (EMG): Durch Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG/NLG) können Nervenleitgeschwindigkeit und Muskel genauer untersucht werden. Sie können bei der Ursachenfindung eine wichtige Rolle spielen.
Therapie von Handlähmungen
Die Therapie von Handlähmungen richtet sich nach der Ursache der Lähmung.
Konservative Therapie
- Physiotherapie: Ziel der Physiotherapie ist es, Muskelabbau zu verhindern, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten und die Muskelkraft zu verbessern. Physiotherapeutische Maßnahmen wie Tapen, Koordinations- und Dehnungsübungen oder das Training mit einer Faszienrolle können die Beschwerden lindern.
- Ergotherapie: Die Ergotherapie hilft Patienten, alltägliche Aktivitäten wieder selbstständig auszuführen.
- Schienen und Orthesen: Spezielle Schienen und Orthesen können das Handgelenk und die Finger in einer optimalen Position stabilisieren und die Funktion der Hand verbessern. Auch Schienen (Orthesen), die das Handgelenk in einer neutralen Position ruhigstellen, entlasten den Nervus medianus. Diese Maßnahme hilft vor allem bei nächtlichen Schmerzen, indem der Druck auf das Handgelenk reduziert wird. Durch eine dynamische Lagerungsschiene wie etwa die SaeboStretch® können Symptome bei erhöhtem Muskeltonus gelindert werden. Sie streckt Hand und Finger. Steigert sich die Muskelspannung kurzzeitig, etwa durch Anstrengung, Husten oder Niesen, gibt die dynamische Orthese kurzzeitig nach. Lässt die Spannung im Muskel wieder nach, streckt sie erneut Hand und Finger. Ist ein Patient noch in der Lage, im Ansatz Hände willkürlich zu bewegen, helfen spezielle Orthesen, die Bewegungen zu unterstützen und in die richtige Richtung zu leiten.
- Medikamentöse Therapie: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente oder Muskelrelaxantien können zur Linderung von Schmerzen und Muskelkrämpfen eingesetzt werden. Eine lokale Infiltration von Schmerzmitteln oder Kortison in den Karpaltunnel lindert die Schmerzen und wirkt abschwellend.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): Die funktionelle Elektrostimulation kann ausgezeichnet mit Aktivitäten des täglichen Lebens kombiniert werden.
Operative Therapie
- Neurolyse: Bei Nervenkompressionssyndromen wie dem Karpaltunnelsyndrom kann eine Operation (Neurolyse) durchgeführt werden, um den eingeengten Nerv zu entlasten. Um den Nerv zu entlasten, führt der Operateur eine sogenannte Neurolyse durch. Dabei entfernt der Arzt einengende Gewebestrukturen wie übermäßig gewachsenes Bindegewebe.
- Nervenrekonstruktion: Bei Verletzungen des Plexus brachialis kann eine Nervenrekonstruktion erforderlich sein, bei der gesunde Nerven aus anderen Körperregionen mit den geschädigten Plexusnerven verbunden werden.
Moderne Hilfsmittel
- Bionische Handorthesen: Moderne Handorthesen können bei Funktionseinschränkungen durch eine Plexusparese eine wichtige Rolle spielen. Handorthesen sind speziell entwickelte Hilfsmittel, die Menschen mit eingeschränkter Hand- und Fingerfunktion dabei unterstützen, alltägliche Bewegungen wieder auszuführen. Sie können Greif-, Halte- und Bewegungsfunktionen übernehmen und erleichtern, die aufgrund einer Plexusparese oder anderer neurologischer Erkrankungen beeinträchtigt sind.
- MyoPro® Orthese: Speziell entwickelt für Patienten mit einer Hand- und Armlähmung nach einem Schlaganfall, unterstützt sie diese im Alltag. Der Funktionsverlust wird mittels der MyoPro® ausgeglichen, sodass eine Beidhändigkeit ermöglicht wird. Ermöglicht wird dies durch die Myoelektrik. Die MyoPro® kommt gänzlich ohne Elektrostimulation sowie invasiven Eingriff aus, sondern arbeitet mit Elektroden, die die Muskelsignale auf der Haut ablesen.
Rehabilitation
Bei zentralen Paresen, wie nach Schlaganfall oder Schädelhirntrauma, erfolgt die Rehabilitation angepasst an die Ziele des Patienten nach den Prinzipien des motorischen Lernens. wie Greifen oder Gehen, die durch die Parese eingeschränkt sind, trainiert (Hauptmann & Müller 2011).
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Verlauf und Prognose
Der Verlauf und die Prognose von Handlähmungen hängen von der Ursache, dem Schweregrad und der Art der Behandlung ab. In einigen Fällen, wie z.B. bei der Radialisparese, verschwindet die Lähmung innerhalb weniger Wochen von selbst. In anderen Fällen, insbesondere bei schweren Nervenschädigungen oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems, kann die Lähmung dauerhaft bestehen bleiben. Eine frühzeitige und konsequente Therapie kann jedoch dazu beitragen, die Funktion der Hand zu verbessern und die Lebensqualität des Patienten zu erhöhen.
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