Die Parkinson-Krankheit betrifft viele Lebensbereiche, einschließlich der Sexualität. Obwohl die Auswirkungen der Krankheit auf den Alltag oft diskutiert werden, wird der Einfluss auf Intimität und Sexualität oft übersehen. Dieser Artikel befasst sich mit den Herausforderungen, denen sich Menschen mit Parkinson in Bezug auf ihre Sexualität stellen, und bietet Einblicke und Strategien zur Bewältigung dieser Herausforderungen.
Auswirkungen der Parkinson-Krankheit auf die Sexualität
Parkinson ist mit einer Vielzahl von Symptomen verbunden, die sich direkt oder indirekt auf die Sexualität auswirken können. Sexuelle Probleme treten bei Menschen mit Parkinson etwa doppelt so häufig auf, und das Risiko dafür ist sogar um das 3,5-Fache erhöht.
Motorische Symptome
Typische motorische Symptome wie Zittern, Muskelsteifheit und verlangsamte Bewegungen erschweren oft die körperliche Intimität. Simple Gesten wie Umarmen oder Streicheln kosten mehr Kraft und können sich auch ungewohnt anfühlen.
Nicht-motorische Symptome
Nicht-motorische Symptome spielen eine ebenso wichtige Rolle. Depressionen und Angstzustände treten bei vielen Menschen mit Parkinson auf und können das sexuelle Verlangen erheblich verringern. Chronische Erschöpfung, die etwa die Hälfte der Parkinson-Patienten betrifft, kann die für intime Momente benötigte Energie reduzieren.
Dopaminmangel
Der zentrale Mechanismus hinter diesen Problemen ist der Dopaminmangel, der durch das Absterben bestimmter Nervenzellen im Gehirn entsteht. Dopamin spielt eine Schlüsselrolle in der Regulierung von Sexualfunktionen wie Libido und Erektion.
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Auswirkungen von Medikamenten
Medikamente zur Behandlung von Parkinson können die Sexualität ebenfalls beeinflussen - positiv wie negativ. Während Dopaminagonisten in manchen Fällen die Libido steigern, führen sie in anderen zu sexuellen Problemen, indem sie etwa Nebenwirkungen wie Hypersexualität oder Schwierigkeiten beim Orgasmus mit sich bringen.
Häufige sexuelle Veränderungen bei Parkinson
Jede Person erlebt Parkinson anders, dennoch treten bestimmte Veränderungen gehäuft auf:
- Erektionsprobleme: Bis zu 80 % der Männer mit Parkinson haben Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder zu halten. Diese Probleme sind durch gestörte neurologische Signale, Gefäßveränderungen oder Medikamente bedingt.
- Trockenheit und Scheidenkrämpfe: Hormonelle Faktoren, insbesondere bei älteren Patientinnen, bei denen zusätzlich die natürliche Östrogenproduktion sinkt, spielen eine Rolle. Parkinson stört auch das autonome Nervensystem, das für die Regulation der Scheidendurchblutung und Feuchtigkeitsbildung mitverantwortlich ist. Muskelsteifheit kann auch den Beckenboden betreffen, und veränderte Nervenreize oder eine verminderte Wahrnehmung können zu einer erhöhten Anspannung im Intimbereich führen.
- Orgasmusschwierigkeiten: Verlangsamte Nervenreaktionen und unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten können das Erreichen eines Höhepunkts erschweren.
- Veränderungen in der Libido: Während viele Betroffene die Lust verlieren, kann eine dopaminerge Therapie in einigen Fällen auch zu zwanghaftem Sexualverhalten führen. Diese unerwünschte Nebenwirkung tritt häufiger bei Männern auf und kann unter allen Dopaminagonisten auftreten.
- Sexuelle Unzufriedenheit: Die Kombination aus körperlichen Einschränkungen und emotionalen Belastungen führt oft dazu, dass Betroffene und ihre Partner weniger Freude an Intimität empfinden.
Umgang mit sexuellen Veränderungen
Es gibt verschiedene Strategien, um mit den sexuellen Veränderungen umzugehen, die durch Parkinson verursacht werden:
- Offene Gespräche: Es ist wichtig, sexuelle Veränderungen frühzeitig anzusprechen und offen über Bedürfnisse, Ängste und Wünsche zu sprechen. Partner können nur ermutigt werden, viel nachzufragen.
- Medikamentenanpassung: Wenn Erektionsprobleme oder Libidoverlust mit Parkinson-Medikamenten zusammenhängen, sollte die Dosierung oder der Medikamententyp überprüft werden. Zudem sind für Männer oft PDE-5-Hemmer hilfreich, für Frauen können sich Gleitmittel oder Hormonbehandlungen eignen.
- Behandlung von Begleitbeschwerden: Depressionen, Angst oder Müdigkeit lassen sich mit Psychotherapie und/oder Medikamenten lindern, was das Sexualleben indirekt verbessern kann.
- Physiotherapie: Gezielte Übungen verbessern die Beweglichkeit und erleichtern körperliche Intimität. Physiotherapeut:innen können Tipps zu geeigneten Stellungen geben. Spezialisierte Sexualtherapie bietet zudem individuelle Lösungen.
- Timing nutzen: In „On-Phasen“, wenn Medikamente optimal wirken und Symptome geringer sind, fällt Sexualität oft leichter.
Die Rolle der Partnerschaft
Die Parkinson-Erkrankung kann die Dynamik in der Partnerschaft beeinflussen. Partner fühlen sich manchmal überfordert oder unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Studien zeigen, dass positive Aspekte wie Kommunikation, Zärtlichkeit und gemeinsame Aktivitäten nach der Diagnose an Bedeutung gewinnen - besonders bei Frauen. Manche Paare entdecken neue Formen der Intimität wie Kuscheln oder Massagen, die weniger von körperlicher Leistung abhängen.
Hypersexualität bei Parkinson
In einigen Fällen können Parkinson-Medikamente zu Hypersexualität führen, einem gesteigerten sexuellen Verlangen, das über gesellschaftlich und persönlich akzeptierte Normen hinausgeht. Dies kann sich in intensiven sexuellen Fantasien, häufiger Selbstbefriedigung, zwanghaftem Sexualverhalten und sogar kriminellem Verhalten äußern.
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Ursachen und Risikofaktoren
Hypersexualität wird häufig durch Dopaminagonisten verursacht, die auf bestimmte Dopaminrezeptoren im Gehirn wirken, die mit der Entwicklung von Impulskontrollstörungen in Zusammenhang stehen. Risikofaktoren für Hypersexualität sind:
- Männliches Geschlecht
- Jüngeres Alter
- Alleinstehend
- Frühere Sucht (Glücksspiel, Tabak, Alkohol)
- Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (Impulsivität, Vorliebe für Neues und die Suche nach Nervenkitzel)
Prävention und Behandlung
Die Bekämpfung von Hypersexualität beginnt mit der Prävention. Bevor ein Dopamin-Agonist verschrieben wird, sollten Risikofaktoren für Impulskontrollstörungen berücksichtigt werden. Patienten, die Dopamin-Agonisten einnehmen, sollten über das Risiko von Impulskontrollstörungen aufgeklärt werden, und ihre Partner sollten konsultiert werden, um frühe Symptome zu erkennen.
Wenn Hypersexualität auftritt, sollte die Behandlung mit Agonisten allmählich reduziert und möglicherweise abgesetzt werden. In den meisten Fällen reicht dieser Ansatz aus, um Hypersexualität und Impulskontrollstörungen im Allgemeinen zu unterbinden. Sollte das Weglassen des Agonisten jedoch nicht ausreichen, können auch das Absetzen von Monoaminoxidase-B-Hemmern (MAO-B) und anderen Behandlungen wie Amantadin in Betracht gezogen werden. In Fällen von kriminellen Handlungen sollte eine chemische Kastration durch eine antiandrogene Hormontherapie "mit Zustimmung des Patienten" in Betracht gezogen werden.
Sexualität bei älteren Parkinson-Patienten mit Demenz
Hypersexualität kann auch bei älteren Patienten mit Morbus Parkinson auftreten, in diesem Fall aufgrund einer Demenz, die zu einer sexuellen Enthemmung führt. Der Betroffene macht möglicherweise unangemessene Bemerkungen, verlangt unnötige Genitalpflege und macht dem Pflegepersonal oder anderen Bewohnern aufdringliche sexuelle Avancen.
Es kann ausreichen, den Patienten einfach darauf hinzuweisen, was in seinem Verhalten nicht akzeptabel ist. Ablenkende Aktivitäten, um Langeweile zu vermeiden, können ebenfalls Wirkung zeigen und unangemessene sexuelle Verhaltensweisen verhindern. Das Tragen von Hosen ohne Hosenschlitz oder mit einem Rückenverschluss wäre ebenfalls eine Möglichkeit.
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Es ist wichtig, ältere Patienten zu einem angemessenen Sexualverhalten zu ermutigen und die Umgebung des Patienten so zu gestalten, dass er die Möglichkeit hat, seine Privatsphäre zu bewahren.
Positive Auswirkungen eines aktiven Sexuallebens
Eine Studie hat gezeigt, dass ein aktives Sexualleben bei Männern die körperlichen und psychischen Auswirkungen der Parkinson-Erkrankung im Frühstadium hemmen kann. Jüngere Männer, die an der neurodegenerativen Krankheit leiden, haben weniger starke motorische Symptome und auch weniger Probleme wie Depressionen, wenn sie regelmäßig Sex haben. Die sexuell aktiven Männer zeigten positive Entwicklungen beim Krankheitsverlauf, hatten weniger motorische Probleme, waren seltener apathisch und depressiv und mussten weniger häufig mit dem Medikament Levodopa behandelt werden.
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