Radiologie und Neurologie: Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Diagnostik von Nervenerkrankungen

Die Radiologie und die Neurologie sind zwei wichtige medizinische Fachgebiete, die sich mit der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems befassen. Während die Neurologie sich auf die klinische Untersuchung und Behandlung von Nervenerkrankungen konzentriert, nutzt die Radiologie bildgebende Verfahren, um das Innere des Körpers sichtbar zu machen und so die Diagnose zu unterstützen. Die Neuroradiologie stellt dabei eine interdisziplinäre Verbindung zwischen Radiologie, Neurologie und Neurochirurgie dar.

Aufgabenbereiche der Neuroradiologie

Das Aufgabengebiet der Neuroradiologie umfasst die Diagnostik und die Behandlung von Erkrankungen und Veränderungen des zentralen Nervensystems (ZNS), also von Gehirn und Rückenmark. Die Neuroradiologie ergänzt somit mit radiologischen Untersuchungstechniken unter anderem die Nachbardisziplinen Neurologie und Neurochirurgie.

Im Fokus steht dabei die Darstellung des Nervensystems mit bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT, aber auch die Katheter-Behandlung verschlossener Gefäße beim akuten Schlaganfall oder der Aneurysmaverschluss bei akuten Blutungen im Kopf.

Diagnostische und therapeutische Leistungen der Neuroradiologie

Die Neuroradiologie bietet eine breite Palette an diagnostischen und therapeutischen Leistungen, darunter:

  • Computertomographie (CT) von Gehirn und Wirbelsäule samt Gefäßdarstellung (CT-Angiographie)
  • Magnetresonanztomographie (MRT) von Gehirn und Rückenmark samt Gefäßdarstellung (MR-Angiographie)
  • Katheter-Untersuchungen der Blutgefäße im Kopf und Rückenmarkskanal (DSA)
  • Akutbehandlung verschlossener Gefäße als Ursache des ischämischen Schlaganfalls (Thrombektomie)
  • Verschluss blutender Aneurysmen der Arterien im Kopf, geplant oder bei akuter Subarachnoidalblutung
  • Verschluss von Gefäßfehlbildungen und arteriovenöser Fisteln im Kopf und Rücken
  • Spezialverfahren zur OP-Planung und -Erfolgskontrolle

Interventionelle Neuroradiologie

Bei einer Reihe von Erkrankungen werden als wichtiger und deutlich zunehmender Bereich der Neuroradiologie auch therapeutische Verfahren eingesetzt, die unter dem Begriff der Interventionellen Neuroradiologie zusammengefasst sind. Gefäßverschließende Maßnahmen (embolisierende Maßnahmen) kommen bei Blutungen im Hirn zum Einsatz, insbesondere bei subarachnoidalen Blutungen, die durch einen Einriß eines Aneurysmas bedingt sind. Alle Interventionen finden unter Bildkontrolle statt. Häufige Bildgebungsverfahren in der Interventionellen Neuroradiologie sind die Angiografie, die Gefäße sichtbar macht, oder die Computertomografie. Interventionelle Maßnahmen sind oftmals deutlich schonender für den Patienten als „große“ neurochirugische Eingriffe, da die Eingriffszeit in der Regel kürzer ist und als Operationswunde nur die Punktionsstelle an der Leistenarterie bleibt, über die der Interventionalist Zugang zum Gefäßsystems des Gehirn findet.

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Die Rolle der Radiologie in der Neurologie

Die Radiologie spielt eine entscheidende Rolle bei der Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen. Sie ermöglicht es, das Innere des Körpers sichtbar zu machen und so Veränderungen im Gehirn, Rückenmark und den umgebenden Strukturen zu erkennen.

Bildgebende Verfahren in der Neuroradiologie

In der Neuroradiologie werden verschiedene bildgebende Verfahren eingesetzt, um das zentrale Nervensystem zu untersuchen und Informationen über mögliche Krankheiten und Verletzungen zu gewinnen. Zu den wichtigsten Bildgebungstechniken gehören:

  • Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT ist eine nicht-invasive Methode, die detaillierte Bilder des Gehirns und des Rückenmarks sowie der umgebenden Strukturen liefert. Sie ist besonders nützlich bei der Diagnose von Tumoren, Gefäßanomalien, entzündlichen Erkrankungen, neurodegenerativen Erkrankungen und anderen neurologischen Störungen.
  • Computertomographie (CT): Die CT wird häufig zur Beurteilung akuter neurologischer Notfälle wie Schlaganfällen und traumatischen Hirnverletzungen verwendet. Sie kann auch zur Bewertung von Veränderungen im Gehirn und Rückenmark eingesetzt werden.

Anwendungsbeispiele neurologischer Erkrankungen

Die Neuroradiologie spielt eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Überwachung verschiedener neurologischer Erkrankungen, wie zum Beispiel:

  • Schlaganfall: Die CT und MRT können helfen, einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen und die Art des Schlaganfalls (ischämisch oder hämorrhagisch) zu bestimmen. Dies ist entscheidend für die Einleitung der richtigen Behandlung.
  • Multiple Sklerose (MS): Die MRT ist ein wichtiges Instrument zur Diagnose und Überwachung von MS. Sie kann helfen, Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark zu erkennen, die für die Erkrankung typisch sind.
  • Demenz und Parkinson: Demenz und Parkinson sind neurodegenerative Erkrankungen, die in das Aufgabengebiet der Neuroradiologie fallen. In der Diagnostik werden bildgebende Verfahren eingesetzt, um strukturelle Veränderungen im Gehirn zu erkennen und andere Ursachen auszuschließen (Differenzialdiagnose).
  • Tumoren: Die MRT und CT können helfen, Tumoren im Gehirn und Rückenmark zu erkennen und ihre Größe, Lage und Ausdehnung zu bestimmen. Dies ist wichtig für die Planung der Behandlung.
  • Rückenschmerzen: Die Neuroradiologie übernimmt eine zentrale Rolle in der Diagnostik und Therapie von Rückenschmerzen. Bildgebende Verfahren lassen durch die detaillierte Darstellung von Wirbelsäule, Bandscheiben, Nerven und Weichteilen eine Bewertung des Krankheitsbildes zu. Ursachen können Bandscheibenvorfälle, Entzündungen, Knochentumore oder auch degenerative Veränderungen sein.
  • Kopfschmerzen und Schwindel: Die Ursachen reichen von Migräne über Durchblutungsstörungen und Entzündungen bis hin zu Tumoren oder Gefäßveränderungen. Sind keine körperlichen Ursachen erkennbar, sind möglicherweise psychischer Stress oder Medikamentennebenwirkungen die Auslöser. Insbesondere bei starken, plötzlich einsetzenden Beschwerden ist ein Arztbesuch erforderlich.

MR-Neurographie

Einer der Schwerpunkte in der Abteilung für Neuroradiologie am Universitätsklinikum Heidelberg ist die MR-Neurographie. Diese wird auch Nerven-MRT genannt, da sie auf der Methodik der Magnetresonanztomographie (MRT) beruht. Das Nerven-MRT ist ein innovatives, neuroradiologisches Untersuchungsverfahren, mit dem unser mehr als fünfzehnköpfiges Experten-Team das periphere Nervensystem hochaufgelöst darstellen kann. Bei der MR-Neurographie arbeitet unser Team aus hochspezalisierten Neuroradiologen mit Medizinisch-Technischen Radiologieassistentinnen und -assistenten (MTRAs) sowie Physikerinnen und Physikern Hand in Hand.

Die Technik der MR-Neurographie wurde in den letzten 20 Jahren technisch und klinisch maßgeblich von uns in der Neuroradiologie am Universitätsklinikum Heidelberg entwickelt. Hier kommen Wissenschaft und Praxis aus unserem Hause zusammen. Die Untersuchungsverfahren der MR-Neurographie benutzen speziell für die Darstellung der peripheren Nerven entwickelte bzw. optimierte Aufnahmetechniken (sogenannte Pulssequenzen) und werden an leistungsstarken 3 Tesla MRT-Geräten in Kombination mit hochauflösenden Empfangsspulen durchgeführt. Nervenschädigungen können auf diese Weise sehr präzise auf radiologischen Bildern lokalisiert werden - auch in Körperregionen die mit anderen Verfahren nicht oder nur sehr schwer untersuchbar sind. Hierzu zählen beispielsweise das Armnervengeflecht (auch Plexus brachialis genannt), das Becken- bzw.

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Vor der MR-Neurographie führen unsere Ärztinnen bzw. Ärzte mit Ihnen ein Aufklärungespräch. Das gehört zum Standard bei allen MRT-Untersuchungen. Wichtig ist dabei für uns zum Beispiel, wann die Beschwerden zum ersten Mal aufgetreten sind, ob es ein auslösendes Ereignis (z.B. einen Unfall, Sturz oder Ähnliches) gab, wie sich die Beschwerden seitdem entwickelt haben (gleichbleibend, besser oder schlechter werdend) und ob Missempfindungen, Lähmungserscheinungen oder Schmerzen bei Ihnen vorliegen.

Der Neurologe: Spezialist für das Nervensystem

Die Neurologie ist das Fachgebiet der Medizin, das sich mit Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven sowie der Muskulatur befasst. Ein Neurologe ist ein Arzt, der sich auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat.

Was behandelt ein Neurologe?

Ein Neurologe behandelt eine Vielzahl von Erkrankungen, darunter:

  • Kopfschmerzen & Migräne
  • Gefäßerkrankungen des Gehirns
  • Muskelerkrankungen
  • Demenz
  • Parkinson
  • Karpaltunnelsyndrom (CTS)
  • Polyneuropathie
  • Epilepsie
  • Multiple Sklerose (MS)
  • Schlaganfall

Ablauf einer neurologischen Untersuchung

Am Anfang eines Besuchs beim Neurologen steht immer ein ausführliches ärztliches Gespräch (Anamnese). Im Rahmen dieses Gespräches teilt der Patient seine Krankheits-geschichte zu allgemeinen Aspekten (zum Beispiel Vorerkrankungen und Operationen) und seine jetzigen Beschwerden mit.Die neurologische Untersuchung ist nach dem Erheben der Anamnese der nächste Schritt, um Ausfälle und Funktionsabweichungen des Nervensystems zu erkennen. Je nach Beschwerdebild kann der Neurologe zusätzliche Untersuchungen veranlassen, um die Diagnose zu sichern wie zum Beispiel Labortests und apparative Untersuchungen wie Elektroenzephalographie (EEG) Elektromyographie (EMG) oder Nervenleit-geschwindigkeiten (NLG).

Danach kann der Arzt eventuell eine Überweisung in die Radiologiepraxis zur Durchführung einer Computertomographie (CT) beziehungsweise einer Magnetresonanztomographie (MRT) veranlassen.

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Überweisung zum Neurologen

Bei plötzlich aufgetretenen neurologischen Beschwerden ist eine Vorstellung in einer Notfallsprechstunde bzw. in einer neurologischen Klinik notwendig. Wenn der Neurologe eine Diagnose sichern möchte und eine radiologische Untersuchung anordnet (z.B. MRT, CT, Röntgen) wird an eine radiologische Praxis überwiesen, wofür ein spezieller Überweisungsschein notwendig ist. Bei länger andauernden Beschwerden verweisen wir auf die „festen“ Termine in 4 bis 5 Wochen. Eine Überweisung für die Neurologie ist nicht zwingend erforderlich - Ausnahme: Hausarztvermittlungsfall.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Obwohl Radiologie und Neurologie unterschiedliche Schwerpunkte haben, arbeiten sie eng zusammen, um die bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten. Die Radiologie liefert die Bilder, die der Neurologe benötigt, um eine Diagnose zu stellen und die richtige Behandlung einzuleiten. Die Neurologie wiederum gibt der Radiologie die klinischen Informationen, die sie benötigt, um die Bilder richtig zu interpretieren.

Experten in Radiologie und Neuroradiologie

Zahlreiche Experten tragen zur Weiterentwicklung und Anwendung der Radiologie und Neuroradiologie bei. Hier sind einige Beispiele:

  • Dr. med. Kai-Thorsten Müller: Facharzt für Radiologie, Experte für Abdomen, Neurologie und Orthopädie mit langjähriger Erfahrung in der Schnittbilddiagnostik.
  • Dr. med. Michael Ho: Facharzt für Radiologie und Experte für die Bildgebung der peripheren Nerven.
  • Dr. med. Andrea Godau: Fachärztin für diagnostische Radiologie und Neuroradiologie mit Spezialisierung im Bereich Neuroradiologie.
  • PD Dr. med. Yasemin Tanyildizi: Fachärztin für Radiologie und Expertin für Neuroradiologie mit langjähriger Forschungserfahrung.
  • PD Dr. med. Johann-Martin Hempel: Facharzt für Radiologie und Experte für Neuroradiologie und Kopf-Hals-Radiologie.
  • Prof. Dr. med. Wibke Müller-Forell: Emeritierte Professorin für Radiologie und Expertin für die Orbita, MR-Diagnostik des zentralen Nervensystems und interventionelle Schlaganfalltherapie.
  • Prof. Dr. med. Philipp Bäumer: Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie und Experte für die Bildgebung peripherer Nerven.
  • Prof. Dr. med. Lorenz Jäger: Experte für HNO-, Neuro-, muskuloskelettale und onkologische Radiologie.
  • Dr. med. Matthias W. Wagner: Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie und Experte für pediatrische Neuroradiologie.
  • Dr. med. Kira Lutz: Fachärztin für Radiologie mit Schwerpunkt Neuroradiologie.
  • Prof. Shinji Naganawa: Pionier der Innenohrbildgebung.
  • Dr. med. Yvonne Böckenfeld: Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.

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