Ein Schlaganfall ist eine ernste, lebensbedrohliche Erkrankung, die in Deutschland jährlich rund 270.000 Menschen betrifft. Er ist eine häufige Ursache für Tod oder bleibende Behinderung. Umso wichtiger ist es, die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten zu kennen, um im Notfall schnell handeln zu können.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns, die dazu führt, dass bestimmte Hirnareale nicht mehr richtig durchblutet werden und ihre Funktion verlieren. Es gibt zwei Haupttypen von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall (Hirninfarkt): Diese Form macht etwa 80-90% aller Schlaganfälle aus. Hierbei wird ein Blutgefäß im Gehirn durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) verstopft, wodurch die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung eines Hirnareals unterbrochen wird.
- Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): Bei dieser selteneren, aber oft gefährlicheren Form reißt ein Blutgefäß im Gehirn, was zu einer Einblutung in das Hirngewebe führt. Das Blut schädigt die Nervenzellen und stört die Hirnfunktion.
Ursachen und Risikofaktoren
Ein Schlaganfall kann verschiedene Ursachen haben. Die häufigsten Risikofaktoren sind:
- Bluthochdruck (Hypertonie): Er ist der wichtigste Risikofaktor, da er sowohl zu Hirninfarkten als auch zu Hirnblutungen führen kann. Bereits eine Senkung des oberen Wertes um 10 mmHg kann das Schlaganfallrisiko um fast 40 Prozent verringern.
- Vorhofflimmern: Diese Herzrhythmusstörung kann zur Bildung von Blutgerinnseln im Herzen führen, die ins Gehirn gelangen und dort Gefäße verschließen können. Frauen mit Vorhofflimmern haben ein doppelt so hohes Schlaganfallrisiko wie Männer.
- Diabetes mellitus: Diabetes und Fettstoffwechselstörungen können zusammen das sogenannte metabolische Syndrom verursachen, das das Schlaganfallrisiko erhöht.
- Arteriosklerose (Gefäßverkalkung): "Wohlstandserkrankungen" wie Arteriosklerose können sowohl kleinere als auch größere Hirngefäße betreffen und das Risiko von Gefäßverschlüssen erhöhen.
- Weitere Risikofaktoren: Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Fehlernährung, Alkoholkonsum und psychischer Stress erhöhen ebenfalls das Schlaganfallrisiko.
- Hormonhaushalt bei Frauen: Auch der Hormonhaushalt kann bei Frauen einen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko haben.
- Genetische Veranlagung: In manchen Familien treten Schlaganfälle häufiger auf, was auf eine genetische Veranlagung hindeuten kann.
Bei jüngeren Erwachsenen (unter 55 Jahren) können folgende Ursachen eine Rolle spielen:
- Dissektion der Halsgefäße: Ein Riss in der Wand von Halsgefäßen (zervikale arterielle Dissektion/CAD) kann einen Schlaganfall auslösen.
- Offenes Foramen ovale (PFO): Ein kleiner angeborener Defekt im Herzen, bei dem eine Verbindung zwischen dem rechten und dem linken Herzvorhof offen bleibt, kann dazu führen, dass kleine Blutgerinnsel ins Gehirn gelangen.
- Kryptogener Schlaganfall: Bei bis zu 30 Prozent der Schlaganfälle bleibt die Ursache zunächst ungeklärt. In diesen Fällen vermuten Experten oft kleine Blutgerinnsel (Embolien) unbekannten Ursprungs (ESUS).
Symptome und Anzeichen
Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und können je nach betroffenem Hirnareal unterschiedlich sein. Typische Anzeichen sind:
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- Einseitige Lähmung: Plötzliche Schwäche oder Lähmung eines Arms, Beins oder einer Gesichtshälfte. Ein hängender Mundwinkel kann ein Zeichen für eine Halbseitenlähmung sein.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten beim Sprechen, Verstehen von Sprache (Aphasie) oder eine verwaschene, lallende Sprache (Dysarthrie). Betroffene können Schwierigkeiten haben, einen einfachen Satz nachzusprechen oder die Aufforderung nicht verstehen.
- Sehstörungen: Plötzliche Sehverschlechterung, Doppeltsehen oder Gesichtsfeldausfälle.
- Gefühlsstörungen: Plötzliche Taubheit oder Kribbeln in einer Körperhälfte.
- Schwindel und Koordinationsstörungen: Drehschwindel, Unsicherheit beim Stehen, schwankender Gang oder Koordinationsprobleme.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzlicher, heftiger Kopfschmerz, oft als "der schlimmste Kopfschmerz meines Lebens" beschrieben, kann auf eine Hirnblutung hindeuten.
- Bewusstseinsstörungen: Verwirrtheit, Benommenheit, Bewusstlosigkeit oder sogar Koma.
Wichtig: Auch wenn die Symptome nur kurzzeitig auftreten und wieder verschwinden, sollte man sofort einen Arzt rufen, da es sich um eine Transitorisch Ischämische Attacke (TIA) handeln kann, die ein Vorbote eines schweren Schlaganfalls sein kann.
Der FAST-Test
Der FAST-Test ist eine einfache Methode, um einen Schlaganfall zu erkennen:
- F (Face): Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht verzogen oder hängt ein Mundwinkel herunter?
- A (Arms): Bitten Sie die Person, beide Arme gleichzeitig nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann die Person beide Arme gleichmäßig heben und halten?
- S (Speech): Bitten Sie die Person, einen einfachen Satz nachzusprechen. Klingt die Sprache verwaschen oder unverständlich?
- T (Time): Wenn eines dieser Anzeichen auftritt, zögern Sie nicht und wählen Sie sofort den Notruf 112! Time is Brain!
Diagnose
Um festzustellen, ob ein Schlaganfall vorliegt und um welche Art es sich handelt, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die Reaktion, Aussprache, Mimik, das Bewusstsein, Lähmungen, den Puls und den Blutdruck des Patienten.
- Bildgebende Verfahren:
- Computertomographie (CT): Mithilfe von Röntgenstrahlen werden Schichtaufnahmen des Gehirns erstellt, um zwischen einem ischämischen und einem hämorrhagischen Schlaganfall zu unterscheiden.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Diese Untersuchungsmethode erzeugt detailliertere Bilder des Gehirns und der Blutgefäße.
- CT- oder MR-Angiographie: Diese Verfahren stellen die hirnversorgenden Gefäße dar, um Verengungen oder Verschlüsse zu erkennen.
- Elektrokardiogramm (EKG): Ein EKG wird durchgeführt, um Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern zu erkennen.
- Blutuntersuchung: Eine Laboruntersuchung des Bluts gibt Aufschluss über verschiedene Faktoren, die zum Schlaganfall beigetragen haben könnten.
- Schluck-Echo: Bei Verdacht auf ein offenes Foramen ovale (PFO) kann ein sogenanntes Schluck-Echo durchgeführt werden, um das Loch im Herzen sichtbar zu machen.
Behandlung
Die Behandlung eines Schlaganfalls muss so schnell wie möglich erfolgen, um bleibende Schäden zu minimieren. Das Ziel der Akuttherapie ist, die Versorgung der betroffenen Hirnregionen schnellstmöglich wiederherzustellen.
Akuttherapie
- Ischämischer Schlaganfall:
- Thrombolyse (Lyse): Ein Medikament wird intravenös verabreicht, um das Blutgerinnsel aufzulösen und die Durchblutung wiederherzustellen. Die Lyse sollte idealerweise innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome begonnen werden.
- Thrombektomie: Bei größeren Blutgerinnseln, die sich nicht medikamentös auflösen lassen, wird ein Katheter über die Leiste in das Gehirn eingeführt, um das Gerinnsel mechanisch zu entfernen.
- Hämorrhagischer Schlaganfall:
- Blutdrucksenkung: Medikamente werden eingesetzt, um den Blutdruck zu senken und die Ausbreitung der Blutung zu bremsen.
- Operation: Bei ausgedehnten Hirnblutungen kann eine Operation erforderlich sein, um das Blut zu entfernen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren. Bei einer Subarachnoidalblutung aus einem Aneurysma muss dieses durch einen Katheter-Eingriff oder eine Operation verschlossen werden.
In Berlin gibt es ein Modellprojekt mit sogenannten STroke Einsatz-MObilen (STEMO), die mit einem Computertomographen und einem Minilabor ausgestattet sind. Dadurch können alle Untersuchungen bereits im Rettungswagen durchgeführt und die Thrombolyse frühzeitig begonnen werden.
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Nachsorge und Rehabilitation
Nach der Akuttherapie ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um die Folgen des Schlaganfalls zu minimieren und die Selbstständigkeit des Patienten wiederherzustellen. Die Rehabilitation umfasst:
- Frührehabilitation: Bereits in der Klinik beginnt die Frührehabilitation mit Krankengymnastik, Ergo- und Sprachtherapie, um die Rückbildung neurologischer Ausfälle zu unterstützen.
- Anschlussheilbehandlung (AHB): Nach dem Krankenhausaufenthalt haben Patienten in der Regel Anspruch auf eine AHB in einer Reha-Klinik.
- Physiotherapie: Durch gezielte Übungen wird die Mobilität und Wahrnehmungsfähigkeit des Patienten wiederhergestellt.
- Ergotherapie: Ziel der Ergotherapie ist es, die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Patienten wiederherzustellen, damit er so weit wie möglich wieder selbstständig leben kann.
- Logopädie: Die Logopädie hilft bei Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen.
- Psychotherapie: Viele Schlaganfallpatienten entwickeln Depressionen, da sich ihr Leben massiv verändert hat. Eine Psychotherapie kann helfen, diese zu bewältigen.
- Neuropsychologie: Neuropsychologen behandeln Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen, die durch den Schlaganfall entstanden sind.
- Rehasport: Rehasport kann helfen, die Betroffenen wieder in die Gesellschaft und ins Arbeitsleben zu integrieren.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann helfen, die eigene Situation besser zu verstehen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Medikamentöse Behandlung
- Thrombozytenaggregationshemmer: Nach einem ischämischen Schlaganfall wird oft Aspirin/ASS eingesetzt, um die Bildung neuer Blutgerinnsel zu verhindern.
- Antikoagulationstherapie: Bei Vorhofflimmern wird eine Antikoagulationstherapie (Blutverdünnung) durchgeführt, um das Risiko von erneuten Schlaganfällen zu senken.
- Blutdrucksenkende Medikamente: Eine medikamentöse Einstellung des Blutdrucks ist wichtig, um Folgeschlaganfälle zu vermeiden.
- Cholesterinsenkende Medikamente: Auch die Cholesterinwerte sollten medikamentös eingestellt werden, um das Risiko von Gefäßverkalkungen zu reduzieren.
Therapietreue (Adhärenz)
Die Therapietreue ist ein wichtiger Faktor für den Therapieerfolg nach einem Schlaganfall. Es bedeutet, dass der Patient die mit dem Arzt gemeinsam getroffenen Vereinbarungen zur Therapie und zur Lebensführung einhält. Um die Therapietreue zu verbessern, ist es wichtig, dass der Patient die Behandlungsempfehlungen versteht und aktiv am Genesungsprozess mitwirkt.
Prävention
Das Risiko eines Schlaganfalls kann durch eine gesunde Lebensweise und die Vermeidung von Risikofaktoren deutlich reduziert werden:
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene, mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, wenig Fleisch und wenig Alkohol ist empfehlenswert.
- Regelmäßige Bewegung: 20 bis 30 Minuten Bewegung pro Tag, bei der man leicht schwitzt, sind ideal.
- Nichtrauchen: Rauchen erhöht das Schlaganfallrisiko erheblich.
- Blutdruckkontrolle: Regelmäßige Blutdruckmessungen sind wichtig, um einen erhöhten Blutdruck frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
- Behandlung von Risikofaktoren: Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Herzrhythmusstörungen sollten behandelt werden.
- Vermeidung von Übergewicht und Stress: Übergewicht und Stress erhöhen das Schlaganfallrisiko.
Komplikationen
Nach einem Schlaganfall können verschiedene Komplikationen auftreten:
- Thrombosen: Blutgerinnsel können sich in den Venen bilden und zu Thrombosen führen.
- Lungenentzündung: Flaches Liegen und Schluckstörungen können eine Lungenentzündung begünstigen.
- Dekubitus: Druckstellen durch langes Liegen können zu einem Dekubitus führen.
- Depressionen: Viele Schlaganfallpatienten entwickeln Depressionen, da sich ihr Leben massiv verändert hat.
- Folgeschäden: Je nach Schwere des Schlaganfalls können bleibende Folgeschäden wie Lähmungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Gedächtnisprobleme oder Aufmerksamkeitsstörungen auftreten.
Pflegegrad
Welchen Pflegegrad ein Schlaganfallpatient erhält, hängt von der Schwere der Einschränkungen im Alltag ab. Die Spanne reicht von keinem Pflegegrad bis hin zu Pflegegrad 5.
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