Lebenserwartung bei Demenz im Alter von 75 Jahren: Ein umfassender Überblick

Demenz ist ein Syndrom, keine eigenständige Krankheit, und keine normale Alterserscheinung, obwohl sie im höheren Alter häufiger auftritt. Unterschiedliche Krankheiten können die Symptome einer Demenz verursachen, was zu verschiedenen Demenzformen führt.

Demenzformen und ihre Ursachen

Innerhalb der primären Demenzen lassen sich verschiedene Formen und Arten je nach Auslöser unterscheiden.

Neurodegenerative Demenz

Diese Form wird durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst. Alzheimer ist mit über 60 % die häufigste Demenzform. Bei Alzheimer sterben aus bislang ungeklärten Gründen Nervenzellen im Gehirn ab, was die typischen Symptome hervorruft, insbesondere den frühen Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.

Die Frontotemporale Demenz (Morbus Pick) ist ebenfalls neurodegenerativ, wobei Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich zurückgehen. Dies führt zu Veränderungen der Persönlichkeit und des sozialen Verhaltens, während das Erinnerungsvermögen weniger beeinträchtigt wird. Sie tritt oft bei jüngeren Menschen zwischen 45 und 60 Jahren auf.

Die Lewy-Körper-Demenz ist eine weitere neurodegenerative Erkrankung, bei der Lewy-Körperchen für den Rückgang von Nervenzellen in der Hirnrinde verantwortlich sind. Typische Symptome sind optische Sinnestäuschungen (Halluzinationen) und motorische Störungen, sowie ein rascher Wechsel von Wachheit zu Müdigkeit.

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Bei etwa 30 bis 40 % der Parkinson-Patienten entwickelt sich im Verlauf der Erkrankung eine Parkinson-Demenz.

Vaskuläre Demenz

Hierbei werden Nervenzellen durch Durchblutungsstörungen und Schädigung des Hirngewebes beeinträchtigt. Typische Ursachen sind unbehandelter Bluthochdruck (Morbus Binswanger) oder Schlaganfälle (Multi-Infarkt-Demenz). Die Beeinträchtigungen können vielfältig sein, betreffen aber vor allem Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen, Bewegung und Orientierung. Vaskuläre Demenzen können in jedem Alter auftreten, beispielsweise durch Schlaganfälle.

Sekundäre Demenzen

Diese Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow-Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.

Mischformen

In der Praxis treten Demenzformen oft als Mischformen auf, beispielsweise eine neurodegenerative Form in Kombination mit einer vaskulären Demenz.

Risikofaktoren und Prävention

Obwohl die Medizin die einzelnen Demenzformen genau beschreiben, diagnostizieren und bis zu einem gewissen Grad behandeln kann, sind die genauen Ursachen, warum manche Menschen erkranken und andere nicht, noch ungeklärt. Es gibt jedoch bekannte Risikofaktoren, die das persönliche Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen. Studien zeigen, dass bis zu 45 % aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität zählen dabei zu den wichtigsten Schutzfaktoren.

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Diagnose

Eine frühe Diagnose von Demenz erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten zu verlangsamen. Wenn ein Verdacht auf Demenz besteht, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die Diagnostik umfasst das Patientengespräch (Anamnese), die körperliche Untersuchung und Demenz-Tests. Bei deutlichen Symptomen wird der Arzt die Ursache der Symptome abklären und die Demenzform und das Stadium bestimmen.

Stadien der Demenz

Jede Demenz-Erkrankung verläuft individuell und unterschiedlich schnell. Die Einteilung in Demenz-Stadien dient lediglich der Übersicht über zu erwartende Phasen:

  • Frühphase: Erste Symptome, aber weitgehende Selbstständigkeit. Soziale Teilhabe, Sport und Therapie sind wichtig. Komplexe Aufgaben sollten schrittweise abgegeben werden.
  • Mittelschwere Demenz: Deutlich ausgeprägte Symptome, erhebliche Schwierigkeiten mit räumlicher und zeitlicher Orientierung, Wesensveränderungen und Einschränkungen der Sprach- und Bewegungsfähigkeit.
  • Schwere Demenz: Starke Symptome, die eine intensive Betreuung und Pflege erfordern. Betroffene können bettlägerig werden, und es kann zu dauerhaften Wesensveränderungen kommen.

Behandlung

Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Die Behandlung zielt darauf ab, die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.

Medikamentöse Behandlung

  • Cholinesterasehemmer: Blockieren ein Enzym, das den Nervenbotenstoff Acetylcholin abbaut.
  • Memantin: Verhindert, dass ein Überschuss des Nervenbotenstoffes Glutamat die Gehirnzellen schädigt.
  • Ginkgo biloba: Soll die Durchblutung des Gehirns verbessern und die Nervenzellen schützen.
  • Neuroleptika: Können bei psychischen Beschwerden und Verhaltensänderungen eingesetzt werden, haben aber ernste Nebenwirkungen.
  • Antidepressiva: Helfen bei Depressionen, die häufig bei Alzheimer-Patienten auftreten.

Nicht-medikamentöse Behandlung

  • Realitäts-Orientierungs-Training: Hilft den Patienten, sich räumlich und zeitlich zurechtzufinden.
  • Kognitives Training: Kann die Lernfähigkeit und das Denkvermögen trainieren.
  • Kognitive Verhaltenstherapie: Hilft den Patienten, mit psychischen Beschwerden umzugehen.
  • Autobiografische Arbeit: Hilft, Erinnerungen an frühere Lebensabschnitte wach zu halten.
  • Ergotherapie: Erhält und fördert alltägliche Fähigkeiten.
  • Weitere Therapien: Kunst- und Musiktherapie, Physiotherapie, Berührungstherapie und Massage.

Umgang mit Demenz

Der Umgang mit Menschen mit Demenz erfordert einen würdevollen und wertschätzenden Umgang. Es ist wichtig, sich auf die Lebenserfahrung der Person zu beziehen und diese wertzuschätzen. Auch eine demenzgerechte Raumgestaltung kann helfen, Barrieren abzubauen und die Orientierung zu erleichtern.

Entlastung für Angehörige

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung. Angehörige sollten sich daher frühzeitig Entlastung suchen und die eigenen Belastungsgrenzen im Blick behalten. Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote wie beispielsweise Demenzdörfer, Tagespflege oder ambulante Pflegedienste.

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Inkontinenz bei Demenz

Im Laufe einer Demenzerkrankung kann eine Inkontinenz entstehen. Es ist wichtig, Betroffene beim Auskleiden zu unterstützen und individuell geeignetes Inkontinenzmaterial auszuwählen. Durch Bewegungsmangel und Gedächtnisverlust kann es zu Verstopfung kommen, daher sollten Toilettengänge dokumentiert werden.

Lebenserwartung bei Demenz mit 75 Jahren

Die Lebenserwartung nach der Diagnose Demenz ist von verschiedenen Faktoren abhängig, darunter das Alter bei Diagnose, die Demenzform, das Stadium der Erkrankung und das Vorliegen von Begleiterkrankungen.

  • Allgemein: Menschen mit Demenz haben eine verkürzte Lebenserwartung, da es ihnen im späteren Verlauf der Krankheit schwerer fällt, auf ihre eigene Gesundheit zu achten und Frühwarnzeichen für Erkrankungen wahrzunehmen.
  • Alzheimer-Demenz: Die Lebenserwartung ist umso geringer, je später im Leben die Erkrankung auftritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen. Tritt eine Demenz im Alter zwischen 65 und 75 Jahren auf, so verkürzt sich die Lebenserwartung statistisch auf weniger als fünf Jahre.
  • Studien: Eine Studie ergab, dass die durchschnittliche Überlebenszeit nach der Demenzdiagnose 4,8 Jahre beträgt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Lebenserwartung im Einzelfall stark von den Durchschnittswerten abweichen kann. Menschen mit fortgeschrittener Demenz können ebenso plötzlich sterben wie alle anderen Menschen auch.

Risikofaktoren für ein kürzeres Überleben

Eine Studie identifizierte folgende Risikofaktoren für ein kürzeres Überleben nach einer Demenzdiagnose:

  • Wohnort auf dem Land
  • Suchtvorerkrankung (Benzodiazepine oder Alkohol)
  • Hohe Anzahl an jährlichen stationären Aufnahmen aufgrund somatischer oder psychiatrischer Erkrankungen
  • Geringeres kognitives Niveau (gemessen mit dem MMSE)
  • Höheres Alter bei Diagnose

Todesursachen

Die häufigste Todesursache bei Menschen mit Demenz ist die Lungenentzündung (Pneumonie). Dies liegt zum einen an einem geschwächten Immunsystem und zum anderen an Schluckstörungen, die in fortgeschrittenen Stadien auftreten.

Umgang mit dem Tod

Um die Trauer und alle damit verbundenen Gefühle besser bewältigen zu können, helfen Gespräche mit Personen aus dem engsten Familien- und Freundeskreis. Es ist ratsam, frühzeitig einen ambulanten Palliativdienst einzubinden, um ein würdevolles Sterben zuhause ohne Schmerzen zu ermöglichen.

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