Leichte Form von Epilepsie: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung

Schmatzen, mit den Armen rudern, ins Leere schauen - während diese Symptome bei Erwachsenen oft eindeutige Anzeichen für Epilepsie sind, können sie bei Kindern normale Bewegungen oder Tagträume sein. Insbesondere bei Babys ist es schwierig, gewöhnliches Zappeln von einem epileptischen Anfall zu unterscheiden. Dennoch beginnt die Erkrankung häufig im ersten Lebensjahr. Insgesamt betrachtet sind Epilepsien bei Kindern jedoch recht selten.

Was ist Epilepsie?

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte unprovozierte Anfälle gekennzeichnet ist, die durch plötzliche, abnormale elektrische Aktivität im Gehirn verursacht werden. Epilepsie (ICD-10 G40) ist der Oberbegriff für zerebrale Funktionsstörungen, die auf eine neuronale Netzwerkstörung zurückzuführen sind. Das Hauptsymptom sind wiederholte Anfälle. Ein epileptischer Anfall ist definiert als das vorübergehende Auftreten von subjektiven Zeichen und/oder objektivierbaren Symptomen aufgrund einer pathologisch exzessiven und/oder synchronisierten neuronalen Aktivität im Gehirn.

Ursachen von Epilepsie

Die Ursachen von Epilepsie sind vielfältig und oft nicht eindeutig zu identifizieren. Bei vielen jungen Patienten können Ärzte keine Ursache finden, ähnlich wie bei erwachsenen Epilepsie-Patienten. In manchen Fällen lösen Schädigungen im Gehirn die Anfälle aus. Diese können angeboren sein, während der Geburt entstehen oder in den ersten Lebensjahren auftreten. Stoffwechselstörungen können ebenfalls eine Rolle spielen:

  • Aminosäuren-Stoffwechselstörung: Der Körper kann die Bausteine der Proteine, die Aminosäuren, nicht richtig verarbeiten. Dies kann das Gehirn erregbarer machen und epileptische Anfälle auslösen.
  • Zucker-Stoffwechselstörung: Der Körper kann nicht genügend Zucker zum Gehirn transportieren, was zu einem Energiemangel führt, der die Anfälle auslösen kann.

Weitere mögliche Ursachen und Risikofaktoren sind:

  • Genetische Veranlagung (familiäre Häufung)
  • Veränderungen im Erbmaterial (Genmutationen)
  • Unfälle (posttraumatisch)
  • Veränderungen in der Gehirnstruktur (z. B. fokale kortikale Dysplasie)
  • Infektionen (weltweit die häufigste Ursache)
  • Immunologische Ursachen (autoimmun vermittelte Entzündung des ZNS)

Arten von Anfällen und Epilepsieformen

Die Epilepsieformen sind bei Kindern und Jugendlichen noch komplexer als bei Erwachsenen. Die Kinder können beispielsweise kurz abwesend sein (sogenannte Absencen). Es kann sich lediglich ein Bein oder Arm bewegen (motorischer Anfall) oder der gesamte Körper krampft und zuckt (tonisch-klonischer Anfall). Bestimmte Abläufe, Häufigkeiten und Symptome werden zu sogenannten Epilepsie-Syndromen zusammengefasst. Zu den häufigsten Epilepsieformen im Kindes- und Jugendalter gehören:

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  • West-Syndrom: Diese Form der Epilepsie zeigt sich bereits im Säuglingsalter. Die Anfälle treten häufig beim Einschlafen oder nach dem Aufwachen auf. Die Muskulatur des Kindes verkrampft sich, woraufhin sich der Körper beugt und streckt. Die Anfälle dauern meist nur einige Sekunden, können sich aber in kurzen Abständen wiederholen.
  • Schulkind-Absence: Diese Form zeigt sich meist zuerst bei Kindern im Alter von fünf bis acht Jahren. Dabei hört das Kind kurz auf, zu spielen, zu reden oder zu laufen und ist abwesend. Danach macht es weiter, als wäre nichts passiert.
  • Rolando-Epilepsie: Die Rolando-Epilepsie macht sich meist zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr bemerkbar. Auch die Anfälle dieser Epilepsie-Art treten meist auf, wenn das Kind einschläft oder aufwacht. Dabei zuckt häufig eine Gesichtshälfte, seltener auch ein Arm oder ein Bein. Manchmal verspürt das Kind ein Kribbeln oder ein Taubheitsgefühl in der betreffenden Körperzone. Auch Sprech- und Schluckstörungen sind möglich.
  • Juvenile myoklonische Epilepsie: Diese Form tritt erstmals in der Pubertät auf. Die Muskeln der Jugendlichen zucken und die Arme bewegen sich unkontrolliert. Auch die Beine können dabei einknicken. Meist kommt es morgens nach dem Aufwachen zu den Anfällen.
  • Primäre Lese-Epilepsie: Anders als der Name es vermuten mag, beginnt diese Form meist erst im Alter von 17 bis 18 Jahren. Die Anfälle treten auf, wenn der Jugendliche laut oder leise liest.
  • Fokale Anfälle: Gehen von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus und betreffen in der Regel nur eine Gehirnhälfte. Die Symptome richten sich nach dem Ursprungsort im Gehirn.
  • Generalisierte Anfälle: Bei generalisierten Anfällen lässt sich keine bestimmte Hirnregion zuordnen, in der der epileptische Anfall entsteht. Während eines Anfalls kann die Ausbreitung unterschiedlich verlaufen und das gesamte Hirnareal betreffen.

Diagnose

Die Diagnose wird in der Regel erst nach dem Auftreten von zwei oder mehr unprovozierten Anfällen gestellt. Die Diagnose wird nach den Vorgaben der International League Against Epilepsy (ILAE) anhand des Anfallgeschehens und durch Zusatzbefunde erhoben. Dazu gehören:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Beschreibung der Anfälle
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der neurologischen Funktionen
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Messung der Hirnströme, um epilepsietypische Potenziale zu erkennen
  • Bildgebung (MRT, CT): Darstellung des Gehirns, um strukturelle Veränderungen auszuschließen

Behandlung

Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Behandlung basiert nahezu immer auf einer medikamentösen Therapie, ggf. begleitet von nicht pharmakologischen Maßnahmen.

  • Medikamentöse Therapie (Antiepileptika): Ungefähr sechs von zehn Kindern sprechen direkt auf das erste Medikament an. Bei einem von zehn hilft der Wechsel auf ein zweites Medikament. Drei von zehn Kindern haben trotz der Arzneimittel weitere Anfälle.
  • Ernährungsumstellung (ketogene Diät): Wenn der Arzt eine Stoffwechselstörung hinter den Störangriffen vermutet, schlägt er häufig vor, die Ernährung des Kindes umzustellen. Bei einer Zucker-Stoffwechselstörung empfiehlt der Mediziner eine ketogene Diät. Dabei isst der Junge oder das Mädchen wenig Kohlenhydrate und stattdessen mehr Fette. Das Gehirn verschafft sich so genügend Energie. Die Hälfte der Kinder haben durch die Diät deutlich weniger Anfälle.
  • Operation: Eine Operation kommt infrage, wenn sich eine belastende Epilepsie nicht gut mit Medikamenten behandeln lässt. Sie ist nur möglich, wenn die Anfälle von einer ganz bestimmten Stelle im Gehirn ausgehen (fokale Epilepsie).
  • Vagusnerv-Stimulation: Dabei wird eine Elektrode links am Hals eingepflanzt und mit einem kleinen Gerät verbunden, das im Brustbereich unter der Haut eingesetzt wird. Das Gerät sendet über die Elektrode elektrische Impulse an den Vagusnerv und weiter ans Gehirn. Diese Impulse sollen bestimmte Gehirnaktivitäten hemmen und dadurch Anfällen vorbeugen.

Leben mit Epilepsie

Für viele Kinder ist es zu Beginn der Epilepsie schwer zu verstehen, dass nur sie die Anfälle bekommen und ihre Spielkameraden nicht. Einige Kinder haben Angst davor, einen weiteren Anfall zu erleiden. Sie sind unruhig und können sich schwer konzentrieren. Bei anderen sinkt das Selbstwertgefühl. Auch für die Familie ist die Erkrankung zu Beginn oft eine große Belastung. Im Laufe der Zeit lernen die meisten Kinder aber, mit der Epilepsie umzugehen - auch dann, wenn Medikamente nicht wirken und sie weiter Anfälle erleiden. In der Regel gehen die Kinder in den normalen Kindergarten und in die Regelschule. Eltern sollten den Erziehern und Lehrern die Erkrankung jedoch nicht verschweigen, sondern sie darüber aufklären und beschreiben, was sie im Notfall tun sollen. Die Kinder können bei fast allen Sportarten mitmachen. Tauchen und Klettern sollten die jungen Patienten aber vermeiden. Schwimmen sollten die Kleinen nur, wenn ein Erwachsener sie die ganze Zeit über beaufsichtigt. Bei manchen Kindern, die häufig starke Anfälle haben, kann ein Helm beim Spielen und Sport sinnvoll sein. Er verhindert, dass sich die Kinder bei einem Sturz am Kopf verletzen. Ärzte und Beratungsstellen sagen: Die Kinder sollten bei so vielen Aktivitäten mitmachen wie möglich. Sind die Eltern zu vorsichtig, kann das Selbstwertgefühl der jungen Patienten darunter leiden. Der Arzt kann unsichere Eltern beraten, welche Unternehmungen das Kind mitmachen sollte und welche eher nicht.

Prognose

Viele Kinder haben eine leichte Form der Epilepsie, bei der sie wie ihre Freunde problemlos spielen und lernen können. Und: Manche Arten hören nach einiger Zeit auf. Die Prognose ist vor allem für jene Patienten gut, bei denen der Arzt keine Ursache finden konnte. Die Rolando-Epilepsie höre beispielsweise oft im Jugendalter auf. Spätestens mit 19 Jahren sind die Patienten in der Regel anfallsfrei. Auch die Schuldkind-Absence und die Primäre Lese-Epilepsie verschwinden bei vielen Kindern und Jugendlichen im Laufe der Zeit. Das West-Syndrom ist hingegen eine schwere Form der Epilepsie. Die Prognose hängt davon ab, welche Ursache die Anfälle haben - etwa eine Fehlbildung des Gehirns oder eine Infektion. Andere Arten wie die Juvenile myoklonische Epilepsie bleiben zwar bis ins Erwachsenenalter bestehen, sie lassen sich aber sehr gut mit Medikamenten behandeln.

Was tun bei einem epileptischen Anfall?

Wenn man Zeug*in eines epileptischen Anfalls bei einer anderen Person wird, ist es sehr wichtig, ruhig und besonnen zu bleiben. Vor allem sollte man überlegen, wie man die Person vor Verletzungen schützt. Alles andere hängt von der Stärke und der Art der Anfälle ab. Bei einem großen generalisierten Anfall verkrampft der ganze Körper und die Person verliert das Bewusstsein. In diesen Fällen sollten Sie Folgendes tun:

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  • Sorgen Sie für Sicherheit, indem Sie z. B. gefährliche Gegenstände beiseite räumen.
  • Polstern Sie den Kopf des*r Betroffenen ab.
  • Nehmen Sie seine/ihre Brille ab.
  • Lockern Sie enge Kleidung am Hals, um die Atmung zu erleichtern.
  • Bitten Sie Menschen, die in der Situation nicht helfen können, weiterzugehen.
  • Bleiben Sie nach dem Anfall bei der Person und bieten Sie Ihre Unterstützung an. Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage.

Das sollten Sie in keinem Fall tun:

  • Dieden Betroffenen festhalten oder zu Boden drücken
  • Der betroffenen Person etwas in den Mund schieben - auch wenn sie sich in die Zunge beißt

Wählen Sie den Notruf 112, falls der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder bei mehreren kurz hintereinander auftretenden Anfällen.

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