Ein leichtes Taubheitsgefühl im Mundwinkel kann beunruhigend sein, hat aber vielfältige Ursachen. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Gründe für dieses Phänomen, von harmlosen Auslösern bis hin zu ernstzunehmenden Erkrankungen, und bietet einen Überblick über Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.
Mögliche Ursachen für Taubheitsgefühl im Mundwinkel
Ein Taubheitsgefühl im Mundwinkel kann unterschiedliche Ursachen haben, die von vorübergehenden und harmlosen bis hin zu schwerwiegenderen medizinischen Zuständen reichen. Es ist wichtig, auf zusätzliche Symptome zu achten und bei anhaltenden oder wiederkehrenden Beschwerden einen Arzt aufzusuchen.
Nervenprobleme und Entzündungen
Bell'sche Lähmung (Fazialisparese): Eine häufige Ursache für Taubheitsgefühle in der Gesichtshälfte ist die Bell'sche Lähmung, eine vorübergehende Schwäche oder Lähmung der Gesichtsmuskeln. Stress und Infektionen können hier eine Rolle spielen. Die Fazialisparese kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, darunter Virusinfektionen (z.B. Herpes-simplex-Virus), bakterielle Infektionen oder Entzündungen des Gesichtsnervs (Nervus facialis). Auch psychische Faktoren wie extremer Stress oder banale Umgebungsfaktoren - wie Zugluft im Gesicht - können eine Entzündung des Nervus facialis auslösen. Die Beschwerden treten in der Regel innerhalb von wenigen Stunden auf und erreichen nach ein bis zwei Tagen ihren Höhepunkt. In vielen Fällen ist aber keine direkte Ursache der Fazialisparese bekannt.
Gesichtsnervenentzündung: Ebenso kann eine Gesichtsnervenentzündung dahinterstecken, die medizinisch als Bell’sche Lähmung bekannt ist.
Eingeklemmte Nerven: Verspannungen oder Nerveneinklemmungen, die solche Sensationen hervorrufen. Wenn die Nerven, die durch die Halswirbelsäule (HWS) laufen, eingeklemmt oder gereizt werden, könnte das zu Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Das kann verschiedene Ursachen haben, wie zum Beispiel Verspannungen, Fehlhaltungen oder degenerative Veränderungen wie einen Bandscheibenvorfall.
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Ulnartunnel- und Ulnarrinnensyndrom: Zwischen Axel und Hand liegt der Ellen-Nerv (Nervus ulnaris). Hinten am Ellenbogen verläuft dieser Nerv durch eine Knochenrinne; an der Hand passiert er den Ulnartunnel. Gerät der Nerv etwa durch falsche Hand-Haltung beim Radfahren unter Druck, äußert sich das durch Taubheitsgefühle - vor allem am kleinen Finger und teilweise am Ringfinger („Radfahrerlähmung“). Ist der Nerv im Ellenbogen-Bereich eingeklemmt, ruft das ebenfalls Missempfindungen an den Händen hervor. Ursache sind zum Beispiel Unfälle oder Fehlbelastungen wie häufiges Arm-Aufstützen auf hartem Untergrund.
Neurologische Ursachen
Schlaganfall: Ein Schlaganfall kann Symptome wie Gesichtstaubheit auslösen, besonders wenn sie plötzlich auftritt. Das ist ein Notfall, bei dem jede Sekunde zählt. Die Taubheitsgefühle treten typischerweise einseitig auf, betreffen also nur eine Hälfte des Gesichts oder den rechten oder linken Arm. Weitere Symptome, die auf einen Schlaganfall hindeuten können, sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Seh- und Sprachstörungen sowie halbseitige Lähmungserscheinungen.
Multiple Sklerose (MS): Multiple Sklerose oder ein Tumor im Gehirn sind weitere ernste Ursachen, die zu Gesichtstaubheit führen können. MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Zum ZNS gehören das Gehirn und Rückenmark. Die Erkrankung beginnt meist im jungen Erwachsenenalter. Generell können Störungen der Gesichtsnerven Taubheitsgefühle auslösen. Diese treten dann oftmals einseitig auf, da meist nicht alle Gesichtsnerven betroffen sind.
Tumore: Ein Tumor kann ebenfalls hinter einem Taubheitsgefühl stecken.
Durchblutungsstörungen
Vorübergehende Druckstellen: Manchmal sind es harmlose Gründe wie eine vorübergehende Druckstelle.
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Durchblutungsstörungen: Bei einem Schlaganfall wird das Gehirn nicht mehr mit ausreichend Blut und somit auch nicht mehr mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Auch das Einklemmen von Blutgefäßen (beispielsweise durch Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen oder das Liegen auf einer Hand) kann dazu führen, dass Beine, Hände oder Arme "einschlafen" und im Zuge dessen Gefühlsstörungen auftreten.
Infektionen
Infektionen: Verschiedenste Infektionen mit Bakterien oder Viren können ein taubes Gefühl im Körper auslösen. Zu solchen Infektionen gehören beispielsweise Gürtelrose oder Borreliose. Je nach Art und Schweregrad der Infektion werden entsprechende Medikamente verordnet. Bakterielle Infektionen werden in der Regel mit Antibiotika behandelt.
Herpes simplex: Manche Viren, wie zum Beispiel das Herpes-Simplex-Virus, können Nerven in Ihrem Gesicht beeinflussen. Kribbeln im Gesicht kann verschiedene Ursachen haben. So macht sich etwa Lippenherpes meist durch ein Kribbeln um den Mund bemerkbar. Eine Herpesinfektion im Bereich der Lippen äußert sich in einem bläschenartigen Ausschlag. Noch bevor die Bläschen sich bilden, macht sich die Infektion meist durch ein Kribbeln oder Brennen der Lippen bemerkbar.
Mittelohrentzündung: Auch eine Mittelohrentzündung kann periphere Fazialisparesen auslösen.
Andere medizinische Zustände
Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD): CMD bezieht sich auf Probleme mit der Kiefergelenkfunktion und den umliegenden Muskeln. Wenn Schmerzen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Mund, die Zähne oder das Gesicht ausstrahlen, kann die Ursache dafür auch in einer CMD begründet liegen.
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Migräne: Wenn dieser starke Kopfschmerz zuschlägt, macht er sich bei einigen Betroffenen unter anderem durch ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Gesicht bemerkbar. Kribbeln und Taubheitsgefühle können eine Migräne-Attacke ankündigen. Die Missempfindungen treten zumeist im Gesicht auf oder einseitig an Armen oder Beinen.
Tinnitus: Wenn Sie Tinnitus haben und gleichzeitig ein Taubheitsgefühl in Ihrer linken Gesichtshälfte verspüren, könnte das ein Hinweis auf eine Nervenstörung sein.
Kontaktallergie: Beim Kribbeln im Gesicht kann es sich auch um eine Kontaktallergie handeln. Zeichen dafür sind ein Brennen, Kribbeln, Rötungen oder ein Taubheitsgefühl in Teilen des Mundes oder im gesamten Mundraum. Kontaktallergien können zum Beispiel durch Zahnpasta, Medikamente oder durch Lebensmittelfarbstoffe entstehen.
Mangelerscheinungen: Bei Kribbeln im Gesicht ist immer auch an einen Magnesiummangel zu denken, der einhergehen kann mit Muskelkrämpfen und Herz-Rhythmus-Störungen. Auch bei einem Mangel an Folsäure, Vitamin B und Eisen kann es zu einem Kribbeln im Gesicht kommen. Schließlich kann auch ein Vitamin-B12-Mangel ein Taubheitsgefühl, das häufig auf der Zunge auftritt, auslösen. Daneben kann es in diesem Fall auch an den Händen und Füßen zu Empfindungsstörungen kommen. Denn Vitamin B12 ist für unser Nervensystem von entscheidender Bedeutung und ein Mangel kann zu Störungen im zentralen Nervensystem führen. Neben dem Taubheitsgefühl können sich bei einem solchen Mangel auch Symptome wie Blässe, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme bemerkbar machen. Auch Magnesium trägt zu einer gesunden Funktion des Nervensystems bei. Ein ausgeprägter Magnesiummangel kann sich deshalb ebenfalls in Form eines Taubheitsgefühls oder eines Kribbelns in Armen und Beinen bemerkbar machen.
Stress: Stress führt regelmäßig zur Verspannung von Muskeln und auch zu Nervenverspannungen, die nicht nur ein unangenehmes Gefühl, sondern auch Kribbeln im Bereich des Kopfes oder Gesichts auslösen können. Wenn der Körper gestresst ist und unter starker Anspannung steht, schüttet er Stresshormone aus, die das Nervensystem aktivieren und eine Vielzahl von körperlichen Symptomen auslösen können - darunter ein schneller Herzschlag, Atemnot, Schwindel und auch ein Kribbeln auf den Lippen und anderen Körperteilen.
Kaliumüberschuss: Ein Kaliumüberschuss im Blut kann ebenfalls zu Missempfindungen führen.
Unfall: Infolge eines Unfalls können Nerven eingeklemmt werden. Auch eine Gehirnerschütterung kann ein Kribbeln im Kopf auslösen, das mit Orientierungsproblemen und Schwindel einhergehen kann.
Neurologische Erkrankungen: Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson oder eine Gürtelrose können ebenfalls ein Kribbeln an unterschiedlichen Körperstellen auslösen.
Tumore oder hormonelle Störungen: Durchaus möglich, aber sehr selten, sind hormonelle Störungen oder Tumore, die ein Kribbeln bedingen.
Kribbeln im Gesicht
Kribbeln im Gesicht ist meist unangenehm und eine störende subjektive Empfindung, die unterschiedliche Ursachen haben kann. Die häufigste Ursache für Kribbeln der Kopfhaut, Kribbeln im Nacken oder im Gesicht sowie für ein Taubheitsgefühl im Gesicht ist eine Schädigung der peripheren Nerven. Sie kann auch eine Spätfolge von Alkoholismus oder Diabetes sein.
Kribbeln am Mund
Kribbeln mit Brennen oder Taubheitsgefühl an Mund und Lippen kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel: Kontaktallergie, Lippenherpes (Herpes simplex) oder Panikattacke.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn das Taubheitsgefühl:
- plötzlich auftritt oder von anderen Beschwerden wie Sprachschwierigkeiten, Sehproblemen oder Schwäche in den Gliedmaßen begleitet wird (Hinweis auf Schlaganfall)
- über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt oder immer wiederkehrt
- ohne erkennbaren Grund auftritt und mit Schmerzen im Gesicht verbunden ist
- sich verschlimmert
Diagnose
Die Diagnose von Taubheitsgefühlen im Mundwinkel erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung. Der Arzt wird Fragen zu den genauen Symptomen, dem zeitlichen Verlauf, Begleiterscheinungen und Vorerkrankungen stellen. Um mögliche Nervenschädigungen festzustellen, prüft derdie ArztÄrztin die Reflexe sowie verschieden Sinnesleistungen - beispielsweise das Gehör und das Sehen.
Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie z.B.:
- Neurologische Untersuchungen zur Überprüfung der Nervenfunktion
- Bildgebende Verfahren (MRT, CT) zur Darstellung von Gehirn, Nerven und anderen Strukturen
- Blutuntersuchungen zur Abklärung von Entzündungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen
- Elektrophysiologische Untersuchungen (NLG, EMG) zur Messung der Nervenleitgeschwindigkeit und Muskelaktivität
Behandlung
Die Behandlung von Taubheitsgefühlen im Mundwinkel richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
- Medikamentöse Therapie: Je nach Ursache können Medikamente zur Behandlung von Infektionen (z.B. Virustatika bei Herpes Zoster), Entzündungen (z.B. Kortikosteroide bei Bell'scher Lähmung) oder neurologischen Erkrankungen (z.B. MS-Medikamente) eingesetzt werden. Bei Vitamin-B12-Mangel wird mit Präparaten aus dem Vitamin-B-Komplex behandelt. Hierbei werden insbesondere Vitamin B12 aber auch Vitamin B6 und B1 eingesetzt.
- Physiotherapie: Bei Verspannungen, Nerveneinklemmungen oder CMD kann Physiotherapie helfen, die Muskulatur zu entspannen, die Beweglichkeit zu verbessern und die Nerven zu entlasten.
- Ergonomische Anpassungen: Ergonomische Anpassungen am Arbeitsplatz können helfen, die Symptome zu lindern. Achten Sie auf Ihre Haltung und nehmen Sie regelmäßig Pausen, um Ihre Nackenmuskulatur zu entspannen.
- Entspannungstechniken und Stressmanagement: Stress kann ein Auslöser für Taubheitsgefühle sein. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen und die Symptome zu lindern.
- Spezielle Gesichtsübungen: Spezielle Fazialisparese-Übungen ermöglichen es den Betroffenen, unter professioneller Anleitung das Sprechen zu verbessern, leichter essen und trinken zu können sowie Gesichtsausdrücke zu trainieren.
- Operation: In einigen Fällen, z.B. bei Tumoren oder schweren Nerveneinklemmungen, kann eine Operation erforderlich sein.
- Transkutane Nervenstimulation: In schweren Fällen, in denen die Gesichtslähmung nicht wieder abklingt, ist eine sogenannte transkutane Nervenstimulation eine Therapieoption. Hierbei regen leichte Stromwellen die betroffenen Nerven und Muskeln an. Der Strom wird über eine Elektrode auf der Haut in den Körper geleitet.
- Behandlung der Grunderkrankung: Wenn zum Beispiel eine Infektion, ein Schlaganfall oder eine andere Erkrankung eine Fazialisparese auslöst, wird in erster Linie die entsprechende Grunderkrankung behandelt.
Vorbeugung
Einige vorbeugende Maßnahmen können helfen, das Risiko von Taubheitsgefühlen im Mundwinkel zu verringern:
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen ist.
- Stressmanagement: Vermeiden Sie Stress oder bauen Sie ihn durch Entspannungstechniken ab.
- Regelmäßige Bewegung: Regelmäßige Bewegung fördert die Durchblutung und kann somit ebenfalls vorbeugend wirken.
- Rauchstopp: Wenn Sie rauchen, denken Sie über einen Rauchstopp nach.
- Vermeidung von Zugluft: Vermeiden Sie Zugluft im Gesicht, um Entzündungen des Gesichtsnervs vorzubeugen.
- Schutz vor Kälte: Schützen Sie Ihre Lippen vor Kälte, um Durchblutungsstörungen zu vermeiden. Viel Flüssigkeit, warme Kompressen oder Lippenpflegeprodukte, die die Lippen schützen.
- Korrekte Haltung: Achten Sie auf eine korrekte Haltung, um Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich vorzubeugen.
- Ergonomischer Arbeitsplatz: Richten Sie Ihren Arbeitsplatz ergonomisch ein, um Fehlbelastungen zu vermeiden.
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