Juckreiz ist ein weit verbreitetes Symptom, das viele Ursachen haben kann. Chronischer Juckreiz, auch Pruritus genannt, kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Erfahren Sie mehr über die Zusammenhänge zwischen Multipler Sklerose und Juckreiz, mögliche Ursachen und Behandlungsansätze.
Was ist chronischer Juckreiz (Pruritus)?
Von chronischem Juckreiz spricht man, wenn die Haut länger als sechs Wochen juckt. Der Juckreiz kann am ganzen Körper auftreten oder sich auf bestimmte Stellen beschränken. Betroffene leiden oft unter starkem Leidensdruck, kratzen sich wund und haben Schlafstörungen. Auch das Sozialleben kann beeinträchtigt sein.
Ursachen für chronischen Juckreiz
Die Ursachen für chronischen Juckreiz sind vielfältig. Er kann durch Hauterkrankungen, innere Erkrankungen oder neurologische Störungen verursacht werden.
Hauterkrankungen:
- Trockene Haut: Eine gestörte Hautbarriere führt zu Feuchtigkeitsverlust und Juckreiz.
- Ekzeme: Chronische Hauterkrankungen mit Ekzembildung, wie Neurodermitis, können Juckreiz verursachen.
- Psoriasis: Auch Schuppenflechte kann mit Juckreiz einhergehen.
- Allergien: Allergische Reaktionen auf beispielsweise Nickel können Juckreiz auslösen.
Innere Erkrankungen:
- Lebererkrankungen: Erkrankungen der Leber oder Galle können zu cholestatischem Juckreiz führen, der sich besonders abends und nachts verstärkt.
- Nierenerkrankungen: Nierenversagen kann einen Anstieg von Phosphat im Blut verursachen, was Juckreiz auslösen kann.
- Diabetes: Der erhöhte Blutzucker kann kleine Nervenfasern in der Haut schädigen und Juckreiz verursachen.
- Eisenmangel: Ein Eisenmangel kann sich durch Juckreiz ankündigen, bevor er im Blut nachweisbar ist.
- Schilddrüsenerkrankungen: Funktionsstörungen der Schilddrüse (Über- oder Unterfunktion) können Juckreiz verursachen.
- Krebserkrankungen: In seltenen Fällen können Leukämien oder Morbus Hodgkin Juckreiz am ganzen Körper auslösen.
Neurologische Erkrankungen:
- Multiple Sklerose: MS kann Juckreiz als Symptom verursachen.
- Neuropathien: Schädigungen der Nerven können ebenfalls Juckreiz auslösen.
- Bandscheibenvorfall: Starker Druck auf die Nervenfasern der Haut kann neuropathischen Juckreiz verursachen.
Weitere Ursachen:
- Psychische Erkrankungen: Stress, Depressionen oder Angstzustände können Juckreiz verstärken oder verursachen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, wie Antidepressiva oder Opioide, können Juckreiz als Nebenwirkung haben.
- Schwangerschaft: Hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft können Juckreiz auslösen.
- Alter: Im Alter nimmt die Hautfeuchtigkeit ab, was zu trockener Haut und Juckreiz führen kann (Pruritus senilis).
Juckreiz als Symptom der Multiplen Sklerose
Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung, die das zentrale Nervensystem betrifft. Sie kann vielfältige Symptome verursachen, darunter auch Juckreiz.
Wie entsteht Juckreiz bei MS?
Bei MS werden die Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark geschädigt. Diese Schädigungen können die Nervenbahnen beeinflussen, die das Jucken kontrollieren, und so zu Juckreiz führen. Man spricht hier von neuropathischem Juckreiz.
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Symptome von Juckreiz bei MS
- Kribbeln, Jucken oder drückende Schmerzen auf der Haut
- Gestörtes Temperaturempfinden
- Taubheitsgefühle
Diagnose von chronischem Juckreiz
Um die Ursache für chronischen Juckreiz zu finden, ist eine gründliche Untersuchung durch einen Arzt erforderlich. Dazu gehören:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte und aktuelle Beschwerden des Patienten.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht die Haut auf Veränderungen wie Rötungen, Schwellungen oder Ausschläge.
- Blutuntersuchung: Eine Blutuntersuchung kann Hinweise auf innere Erkrankungen wie Diabetes, Leber- oder Nierenerkrankungen liefern. Auch ein Eisenmangel kann so festgestellt werden.
- Hautproben: Bei Verdacht auf eine Hauterkrankung kann eine Hautprobe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht werden.
- Neurologische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine neurologische Ursache kann eine neurologische Untersuchung durchgeführt werden.
- Liquoruntersuchung: Bei Verdacht auf MS kann eine Liquoruntersuchung (Entnahme von Nervenwasser) durchgeführt werden, um Entzündungszeichen nachzuweisen.
Behandlung von chronischem Juckreiz
Die Behandlung von chronischem Juckreiz richtet sich nach der Ursache.
Behandlung der Grunderkrankung:
- Bei Hauterkrankungen werden beispielsweise Kortisonsalben oder spezielle Cremes eingesetzt.
- Bei inneren Erkrankungen wird die Grunderkrankung behandelt, beispielsweise mit Medikamenten gegen Diabetes, Leber- oder Nierenerkrankungen.
- Bei neurologischen Erkrankungen können Medikamente wie Antiepileptika oder Antidepressiva helfen, die Nervenschmerzen und den Juckreiz zu lindern.
Symptomatische Behandlung:
- Antihistaminika: Bei allergisch bedingtem Juckreiz können Antihistaminika helfen.
- Kortisonsalben: Kortisonsalben können Entzündungen lindern und den Juckreiz reduzieren.
- Feuchtigkeitsspendende Cremes: Regelmäßige Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Cremes kann trockene Haut beruhigen und den Juckreiz lindern. Cremes mit Harnstoff (Urea), Glycerin oder Milchsäure sind besonders geeignet.
- Kühle Umschläge: Kühle, feuchte Umschläge mit Joghurt, Schwarztee oder Essig können den Juckreiz lindern.
- Lichttherapie: Bei bestimmten Formen von Juckreiz kann eine Lichttherapie helfen.
- Juckreizstillende Medikamente: In einigen Fällen können spezielle juckreizstillende Medikamente (z.B. Opioid-Antagonisten) eingesetzt werden.
- Psychotherapie: Bei psychisch bedingtem Juckreiz kann eine Psychotherapie helfen, Stress abzubauen und den Juckreiz zu lindern.
Zusätzliche Tipps zur Linderung von Juckreiz:
- Vermeiden Sie heiße Bäder oder Duschen, da diese die Haut austrocknen können.
- Tragen Sie lockere Baumwollkleidung, um Reibung und Irritationen zu minimieren.
- Vermeiden Sie Kratzen, da dies den Juckreiz nur verschlimmert und möglicherweise zu Infektionen führt.
- Meiden Sie trockenes Raumklima, häufiges oder sehr warmes Duschen sowie langes und warmes Baden, Saunagänge oder alkoholhaltige Pflegeprodukte.
- Vermeiden Sie Lebensmittel, die Histamin enthalten, wie Thunfisch, Lachs, Shrimps, Tomaten, Erdbeeren, Salami, Wein und Käse.
- Kühlen Sie juckende Stellen mit Kühlpacks oder Cremes mit Menthol oder Pfefferminze.
Neue Therapieansätze
In der Forschung werden ständig neue Therapieansätze zur Behandlung von chronischem Juckreiz entwickelt. Dazu gehören beispielsweise:
- Biologika: Biologika sind gentechnisch hergestellte Medikamente, die gezielt in das Immunsystem eingreifen und Entzündungen reduzieren können. Sie werden bereits erfolgreich bei der Behandlung von Neurodermitis und Prurigo nodularis eingesetzt und könnten auch bei anderen Formen von chronischem Juckreiz helfen.
- Opioidmodulatoren: Difelikefalin ist ein Opioidmodulator, der bereits zur Behandlung von Juckreiz bei Dialysepatienten zugelassen ist.
Expertenzentren für chronischen Juckreiz
In Deutschland gibt es einige Expertenzentren, die sich auf die Behandlung von chronischem Juckreiz spezialisiert haben. Dort können Betroffene eine umfassendeDiagnostik und Therapie erhalten.
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