Wirbelbruch: Ursachen, Symptome, Diagnose, Therapie und Lähmung

Die Wirbelsäule ist ein komplexes und elastisches System, das Belastungen standhalten kann. Sie besteht aus sieben Hals-, zwölf Brust-, fünf Lenden-, fünf Kreuz- und vier bis fünf Steißbeinwirbeln. Diese Wirbel bilden zusammen den Wirbelkanal, in dem das Rückenmark verläuft. Bei Überlastung kann es zu einem Wirbelbruch kommen, der das Rückenmark und die Spinalnerven verletzen kann.

Beschreibung des Wirbelbruchs

Ein Wirbelbruch ist eine Fraktur eines oder mehrerer Wirbel der Wirbelsäule. Die Wirbelsäule besteht aus Wirbelkörpern, Dornfortsätzen und Querfortsätzen. Je nach Lokalisation wird die Wirbelfraktur in Wirbelkörperfraktur, Dornfortsatzfraktur und Querfortsatzfraktur unterteilt.

Mediziner unterscheiden drei verschiedene Bruchformen nach der Klassifikation nach Magerl, die der AO-Klassifikation entspricht:

  • Typ A - Kompressionsverletzungen: Hierbei wird der Wirbel gestaucht, was zu einer Deckplattenimpression oder Impaktion führt. Bei Stauchung im vorderen Bereich entsteht eine Keilfraktur.
  • Typ B - Distraktionsverletzungen: Durch ein Drehmoment zerreißt der Wirbel in Querrichtung, meist im hinteren Wirbelbereich, oft mit Riss der Bandscheibe.
  • Typ C - Rotationsverletzungen: Sie entstehen während einer Drehung, wobei auch Bänder und Bandscheiben betroffen sein können.

Wirbelbrüche werden zusätzlich in stabile und instabile Frakturen eingeteilt, was für die Therapieentscheidung wichtig ist.

Stabile und instabile Wirbelbrüche

Ein stabiler Wirbelbruch liegt vor, wenn die umgebenden Bänder unbeschädigt sind und der Wirbelkanal nicht eingeengt ist, sodass keine neurologischen Symptome auftreten. Ein Beispiel ist eine einfache axiale Kompressionsfraktur (Typ A).

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Ein instabiler Wirbelbruch liegt vor, wenn der betroffene Wirbelsäulenabschnitt durch Kräfte deformiert werden kann, beispielsweise bei Distraktionsverletzungen (Typ B) und Rotationsverletzungen (Typ C). Sobald die Hinterwand des Wirbelkörpers betroffen ist, besteht die Gefahr einer Rückenmarkverletzung durch verschobene Knochenbruchstücke, was bis zur Querschnittlähmung führen kann.

Symptome eines Wirbelbruchs

Typische Symptome eines Wirbelbruchs sind lokale Schmerzen, die unabhängig von Ruhe, Bewegung oder Belastung auftreten. Betroffene nehmen oft eine Schonhaltung ein, was zu Muskelverspannungen führen kann. Bei Halswirbelbrüchen stützen Betroffene oft den Kopf mit den Händen ab.

Bei Nervenschäden können anfallsartig einschießende, starke neuropathische oder neurogene Schmerzen sowie Gefühlsstörungen auftreten. Die Beweglichkeit kann in dem der Verletzung entsprechenden Segment eingeschränkt sein.

Ursachen und Risikofaktoren

Ein Wirbelbruch kann traumatisch bedingt oder spontan entstehen.

Traumatisch bedingter Wirbelbruch

Ein Wirbelbruch entsteht überwiegend durch eine indirekte Krafteinwirkung, beispielsweise bei einem Sturz aus großer Höhe auf die Beine, das Gesäß oder den Kopf. Direkte Traumen wie ein Schlag auf die Wirbelsäule oder ein offener Wirbelbruch nach einer Schussverletzung sind selten. Auch einfache Bagatelltraumen wie ein Purzelbaum können zu einer Wirbelsäulenfraktur führen.

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Besonders verletzungsgefährdet sind die Übergänge zwischen Hals- und Brustwirbelsäule, zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule sowie zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein. Typische Situationen, die zu einem Trauma der Wirbelsäule führen können, sind Beckengurtverletzungen, Stürze aus großer Höhe oder Dezelerationstraumen.

Spontaner Wirbelbruch

Ein Wirbelbruch ohne Unfall kann durch Osteoporose (Knochenschwund) verursacht werden, bei der der Knochen an Masse verliert und instabil wird. Ein solcher Wirbelbruch wird als "Sinterungsbruch" bezeichnet, bei dem die Grund- und Deckplatten als Fischwirbel oder die Vorderwand des Wirbelkörpers als Keilwirbel einbrechen.

Abgesehen von Osteoporose können auch Knochenmetastasen, Knochentumoren, Morbus Bechterew, Plasmozytom oder Wirbelkörperentzündung zu einem unerwarteten Wirbelbruch führen.

Untersuchungen und Diagnose

Bei Verdacht auf einen Wirbelbruch ist ein Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zuständig. Zunächst erfolgt eine Anamnese, bei der der Arzt nach einem Unfall, der Krankengeschichte, Schmerzen, früheren Verletzungen und neurologischen Symptomen fragt.

Klinische Untersuchung

Bei der klinischen Untersuchung prüft der Arzt die Gehfähigkeit, die allgemeine Beweglichkeit, Hirnnerven, Sensibilität und Motorik, um neurologische Ausfälle festzustellen. Zudem kontrolliert er, ob Verspannungen oder Verhärtungen im Muskel (Muskelhartspann) oder ein Schiefhals vorliegen.

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Bildgebende Verfahren

Eine Röntgenuntersuchung in zwei Ebenen ist ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik. Funktionsaufnahmen erlauben eine genaue Beurteilung, ob Bandscheiben oder Bänder mitverletzt wurden. Für schlecht einsehbare Bereiche eignet sich die Computertomografie (CT) besonders gut. Bei Nervenausfällen wird immer ein CT gemacht. Eine Kernspintomografie (MRT) wird eingesetzt, wenn auch Rückenmark und Bandscheiben verletzt sein könnten.

Behandlung

Die Therapie eines Wirbelbruchs kann konservativ oder chirurgisch erfolgen, abhängig von der Art der Verletzung und dem Alter des Patienten.

Konservative Behandlung

Ein stabiler Bruch wird in der Regel konservativ behandelt. Dem Patienten wird empfohlen, sich zu schonen und Bettruhe einzuhalten, bis sich die Schmerzen gebessert haben. Bei einer Verkrümmung ab 20 Grad im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich wird in der Regel operiert.

Bei einem stabilen Bruch der Halswirbelsäule kann dieser gegebenenfalls mit einer Extension unter Röntgenkontrolle wieder ausgerichtet werden. Anschließend wird die Halswirbelsäule mit einem Kragen ruhig gestellt. Bei der konservativen Therapie von Wirbelbrüchen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule kommt ein Drei-Punkte-Korsett oder ein Gips-(Kunststoff-)Korsett zum Einsatz.

Operative Behandlung

Ein instabiler Wirbelbruch wird normalerweise operiert, da immer die Gefahr besteht, dass das Rückenmark verletzt wird oder bereits verletzt ist. Das Ziel der Operation ist es, die Wirbelsäule rasch wieder auszurichten und zu stabilisieren, um den Druck auf die Nerven so schnell wie möglich zu nehmen.

Es gibt verschiedene OP-Verfahren:

  • Laminektomie: Entfernung von Teilen eines oder mehrerer Wirbelkörper bei Nervenbeteiligung.
  • Kyphoplastie: Minimalinvasive Methode, bei der der eingebrochene Wirbelkörper mit einem Ballon wieder aufgerichtet und anschließend mit Zement stabilisiert wird.
  • Vertebroplastie: Minimalinvasive Methode zur Stabilisierung des gebrochenen Wirbelkörpers durch Einspritzen von Zement.
  • Osteosynthese: Verschraubung oder Verplattung des Knochenbruchs.
  • Spondylodese: Versteifung von zwei oder mehr Wirbeln mit einem Knochenspan oder einer Platte.

Orthesen

Orthesen können bei verschiedenen Formen von Wirbelfrakturen zum Einsatz kommen, sowohl bei konservativ-frühfunktionellen Behandlungen als auch in der Nachbehandlungsphase nach Operationen. Sie stützen und stabilisieren das betroffene Segment und verhindern unerwünschte Bewegungen.

Krankheitsverlauf und Prognose

Krankheitsverlauf und Prognose bei einem Wirbelbruch sind in der Regel gut, wobei eine Verletzung des Nervengewebes eine große Rolle spielt. Folgende Spätfolgen können auftreten:

  • Statikstörung
  • Rückenmarksläsion (bis zur Querschnittlähmung)
  • Posttraumatische Kyphose oder Skoliose
  • Schipperkrankheit

Die Heilungsdauer hängt von der Schwere der Verletzung ab.

Akute Schmerzbehandlung

Vor allem in den ersten Wochen nach dem Bruch sind Schmerzmittel hilfreich. Sie lindern die Beschwerden und helfen so dabei, in Bewegung zu bleiben. Von längerer Bettruhe wird eher abgeraten, da dies den Muskelabbau fördern kann.

Physiotherapie und Bewegungstherapie

Es wird empfohlen, den Rücken sobald wie möglich vorsichtig wieder zu bewegen. Physiotherapeutinnen und -therapeuten passen die Behandlung an die Beschwerden und den Heilungsprozess an. Wenn der Bruch nach 6 bis 12 Wochen geheilt ist, ist eine stärkere Belastung möglich. Dann ist eine gezielte Bewegungstherapie sinnvoll, um Knochen und Muskulatur zu stärken und Gleichgewicht und Koordination zu trainieren. Das schützt die Knochen und beugt auch Stürzen vor.

Knochenzement-Behandlungen

Zusätzlich zu diesen konservativen Therapien gibt es die Möglichkeit, Knochenzement in den Wirbelkörper zu spritzen (Vertebroplastie oder Kyphoplastie). Dies soll den gebrochenen Wirbelkörper stabilisieren. Mehrere gut gemachte Studien zeigen aber, dass die meisten Menschen nicht von einem solchen Eingriff profitieren. Bei sehr starken Schmerzen kann die Behandlung manchen Menschen etwas helfen. Weil Knochenzement-Behandlungen auch zu ernsthaften Komplikationen führen können, ist es sinnvoll, die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen.

Vorbeugung

Osteoporose erhöht das Risiko für Knochenbrüche. Am häufigsten sind Brüche an den Wirbelkörpern. Etwa zwei Drittel der Wirbelbrüche bleiben unbemerkt. Eine gezielte Bewegungstherapie beugt auch Stürzen wirksam vor. Sie sind die Hauptursache von osteoporosebedingten Brüchen. Außerdem ist es sinnvoll, andere Gesundheitsprobleme anzugehen, die zu Knochenbrüchen beitragen können. Auch spezielle Medikamente können das Risiko für Knochenbrüche senken.

Chronische Schmerzen

Schmerzen, die länger als drei Monate anhalten, können auf einen schlecht heilenden Bruch hinweisen, aber auch andere Ursachen haben. Bei chronischen Schmerzen sind weitere Untersuchungen sinnvoll, um den Heilungsprozess zu überprüfen und anderen Ursachen nachzugehen. Gezielte Bewegungstherapien, Entspannungstechniken, Verhaltenstherapien und Schmerz-Rehabilitation können helfen, mit chronischen Schmerzen umzugehen.

Spinalkanalstenose

Eine Spinalkanalstenose ist eine Verengung des Wirbelkanals, in dem das Rückenmark verläuft. Ursache dafür sind vor allem degenerative Prozesse. Dabei ragen Knochenanbauten oder verdickte Bänder in den Spinalkanal hinein und drücken auf Rückenmark und Nervenwurzeln. Die zum Teil quälenden Beschwerden variieren je nach Ort der Einengung. Behandelt wird die Spinalkanalstenose meist konservativ. In manchen Fällen ist eine Operation erforderlich, um das Nervengewebe vom Druck zu befreien.

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