Levetiracetam-Therapie nach Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall kann es zu epileptischen Anfällen kommen, die eine besondere Herausforderung für die Behandlung darstellen. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendung von Levetiracetam (LEV) in der Therapie nach Schlaganfall, insbesondere bei frühzeitigen Anfällen, und berücksichtigt dabei verschiedene Aspekte wie Dosierung, Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Risikofaktoren.

Epilepsie und Schlaganfall: Eine komplexe Beziehung

Epileptische Anfälle können unter Umständen das erste Symptom eines später folgenden Schlaganfalls sein. Umgekehrt ist nach einem Schlaganfall das Epilepsie-Risiko zwanzigfach erhöht. Etwa die Hälfte der Patienten mit Epilepsie weisen Hirninfarkte, atherosklerotische Hirngefäßveränderungen oder Hirnblutungen als Ursache auf.

Unter dem Begriff Epilepsie lassen sich verschiedene Erkrankungen zusammenfassen, bei denen es durch pathologische Übererregbarkeit kortikaler Neuronen zu wiederholten epileptischen Anfallsereignissen kommt. Verschiedene Formen der Epilepsie werden basierend auf der klinischen Präsentation (Anfallssemiologie) und der zugrunde liegenden Ursache (Ätiologie) unterschieden. Diese Klassifikation hat wegen der prognostischen und therapeutischen Implikationen einen hohen klinischen Stellenwert.

Die internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) definiert die Epilepsie konzeptuell als einen Zustand des Gehirns, welcher charakterisiert ist durch die Prädisposition, wiederholt nicht provozierte epileptische Anfälle zu generieren. Um eine Epilepsie zu diagnostizieren, muss somit mindestens ein epileptischer Anfall vorliegen.

Akut symptomatische Anfälle nach Schlaganfall

Epileptische Anfälle, die in der Akutphase einer neurologischen Erkrankung, wie beispielsweise nach einem Schlaganfall, auftreten, werden als "akut symptomatisch" bezeichnet. Aktuelle Richtlinien definieren diesen Zeitraum innerhalb von 7 Tagen nach dem Ereignis. Das langfristige Risiko für weitere epileptische Anfälle bei diesen Patienten ist moderat erhöht (ca. 20%).

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Levetiracetam: Ein Überblick

Levetiracetam ist ein Antiepileptikum, das in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich ist, darunter Filmtabletten und Lösungen zum Einnehmen. Es wird zur Behandlung von fokalen und generalisierten Anfällen eingesetzt.

Wirkmechanismus

Levetiracetam und das Analogon Brivaracetam binden an das synaptische Vesikelprotein 2A (SV2A), ein transmembranäres Glykoprotein, das im zentralen Nervensystem (ZNS) eine elementare Rolle bei der Regulation der Neurotransmitterfreisetzung einnimmt. Darüber hinaus zeigen in-vitro-Daten, dass Levetiracetam die intraneuronalen Ca2+-Spiegel beeinflusst, indem der durch N-Typ-Kanäle vermittelte Ca2+-Strom partiell inhibiert sowie die Freisetzung von Ca2+ aus intraneuronalen Speichern vermindert wird.

Pharmakokinetik

Die maximalen Plasmakonzentrationen (cmax) betragen etwa 31 bzw. 43 μg/mL nach einer Einmalgabe von 1000 mg bzw. Die Ausscheidung erfolgt mit ca. Die kumulierte renale Ausscheidung von Levetiracetam und seinem primären Metaboliten innerhalb der ersten 48 Stunden liegt bei 66% bzw. Die renale Clearance von Levetiracetam und ucb L057 beträgt 0,6 bzw.

Dosierung und Anwendung

Die Dosierung von Levetiracetam muss individuell an die Nierenfunktion des Patienten angepasst werden. Bei Patienten mit leicht bis mäßig eingeschränkter Leberfunktion ist keine Dosisanpassung erforderlich.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten

Es wurde berichtet, dass sich bei gleichzeitiger Anwendung von Levetiracetam und Methotrexat die Methotrexat-Clearance verringert, was zu erhöhten Methotrexatkonzentrationen im Blut führen kann.

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Levetiracetam in der Therapie nach Schlaganfall

Frühanfälle nach Schlaganfall

Frühanfälle nach zerebraler Ischämie können mit Levetiracetam gut behandelt werden. Eine Studie untersuchte die Behandlung dieses Patientenkollektivs mit Levetiracetam in 4 Visiten. Die Patienten wurden über mehrere Jahre rekrutiert, mit einer Retentionsrate von 90%. Die durchschnittliche Dosis von Levetiracetam lag bei 1054mg/Tag.

Wirksamkeit und Anfallsfreiheit

Ein wichtiger Aspekt der Levetiracetam-Therapie ist die Anfallsfreiheit. In der oben genannten Studie konnte gezeigt werden, dass viele Patienten unter Levetiracetam anfallsfrei wurden.

Verträglichkeit und Nebenwirkungen

Während Lamotrigin durch eine sehr gute Verträglichkeit charakterisiert ist (abgesehen von den seltenen, jedoch teilweise ausgeprägten kutanen, allergischen Reaktionen), führt Levetiracetam etwas häufiger zu neuropsychiatrischen Nebenwirkungen und Verhaltensauffälligkeiten (u.a. Depression, Ängste, Reizbarkeit), welche die Compliance der Patienten einschränken können. Unerwünschte Ereignisse (UE) waren in der Regel nicht auf LEV zurückzuführen. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Studienmedikation traten, traten nicht auf.

Risikofaktoren und Therapieentscheidungen

Schlaganfallschwere, kortikale Lokalisation, junges Alter und Hämorrhagie stellen wichtige Risikofaktoren dar. Zu einer Entscheidungshilfe können Risikoskalen beitragen.

Alternativen zu Levetiracetam

Experten sehen bei der Altersepilepsie Lamotrigin und Levetiracetam als gleichwertig an, hinzukommt unter anderem Gabapentin. Derzeit läuft eine Studie, in der doppelblind und randomisiert Levetiracetam mit Lamotrigin und retardiertem Carbamazepin bei älteren Patienten mit fokalen Epilepsien verglichen werden soll.

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Medikamente, die bevorzugt bei Epilepsien mit generalisierten epileptischen Anfällen eingesetzt werden können, sind zum Beispiel Valproinsäure, Topiramat und, als neuere Option, auch Perampanel. Zur Behandlung fokaler Epilepsien haben neben den oben erwähnten Levetiracetam und Lamotrigin Oxcarbazepin und Lacosamid die älteren Interaktions- und nebenwirkungsträchtigen Substanzen Phenytoin und Phenobarbital in der Initialtherapie weitgehend ersetzt.

Spezielle Patientengruppen

Ältere Patienten

Ab etwa dem 60. Lebensjahr nimmt die Inzidenz fokaler und generalisierter Epilepsien deutlich zu. Bei älteren Patienten mit Komorbidität gehören Carbamazepin, Phenytoin und Valproat durch weniger gute Verträglichkeit und deutliches Interaktionspotenzial nicht zur ersten Wahl.

Frauen im gebärfähigen Alter

Besondere Vorsicht bei der Wahl der antiepileptischen Therapie ist bei Frauen im gebärfähigen Alter geboten. Valproinsäure ist bei Frauen im gebärfähigen Alter sogar streng kontraindiziert.

Patienten mit Nierenfunktionsstörung

Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion muss die Tagesdosis von Levetiracetam individuell festgelegt werden.

Bedeutung der individualisierten Therapie

Trotz vergleichbarer demografischer und epileptischer Charakteristika sprechen Patienten häufig sehr disparat und individuell auf die antikonvulsive Behandlung an. Dabei spielt möglicherweise der genetische Hintergrund eine wichtige Rolle.

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