Lithium-Ionen-Dendriten: Herausforderungen, Ursachen und Lösungsansätze

Lithium-Ionen-Batterien sind aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. Sie treiben Smartphones, Laptops, Elektroautos und viele andere Geräte an. Allerdings nähert sich die Energiedichte herkömmlicher Lithium-Ionen-Batterien einem Sättigungspunkt, der den zukünftigen Anforderungen, insbesondere im Bereich der Elektromobilität, nicht mehr gerecht wird. Eine vielversprechende Alternative sind Lithium-Metall-Batterien, die eine deutlich höhere Energiedichte bieten. Die größte Herausforderung bei der Verwendung von Lithium-Metall-Batterien ist jedoch die Bildung von Dendriten, die die Leistung und Sicherheit der Batterien erheblich beeinträchtigen.

Was sind Lithium-Ionen-Dendriten?

Dendriten sind winzige, nadelartige oder baumartige Kristallstrukturen, die sich während des Lade- und Entladevorgangs auf der Lithium-Anode bilden. Sie entstehen, wenn Lithium-Ionen nicht gleichmäßig auf der Anodenoberfläche verteilt werden und sich an einigen Stellen mehr Lithium ansammelt als an anderen. Diese Ansammlungen führen zur Bildung von Dendriten, die von der Anode aus wachsen.

Die Gefahren von Dendriten

Dendriten stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, da sie die Separatormembran, eine dünne Schicht, die die Anode und Kathode voneinander trennt, durchdringen können. Dies führt zu einem Kurzschluss in der Batterie, der zu Überhitzung, Bränden oder sogar Explosionen führen kann. Samsung hatte dieses Problem insbesondere beim Smartphone Note 7, und Tesla hatte es bei verschiedenen Elektromobilen.

Neben den Sicherheitsrisiken beeinträchtigen Dendriten auch die Leistung der Batterie. Sie führen zu einer beschleunigten Selbstentladung, verringern die Lebensdauer der Batterie und reduzieren ihre Kapazität.

Ursachen der Dendritenbildung

Die genauen Mechanismen der Dendritenbildung sind komplex und noch nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch angenommen, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen:

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  • Ungleichmäßige Ionenverteilung: Während des Ladevorgangs wandern Lithium-Ionen von der Kathode zur Anode. Wenn diese Ionen nicht gleichmäßig auf der Anodenoberfläche verteilt werden, kommt es zu lokalen Ansammlungen von Lithium, die die Dendritenbildung begünstigen.
  • Oberflächenbeschaffenheit der Anode: Unebenheiten oder Verunreinigungen auf der Anodenoberfläche können als Keimzentren für die Dendritenbildung dienen.
  • Elektrolyt: Die Zusammensetzung des Elektrolyten beeinflusst die Ionenleitfähigkeit und die Oberflächenspannung an der Anode. Bestimmte Elektrolyte können die Dendritenbildung fördern.
  • Ladestrom: Hohe Ladeströme können die ungleichmäßige Ionenverteilung verstärken und die Dendritenbildung beschleunigen.
  • Ladungsnullpunkt: Jedes Metall hat einen Ladungsnullpunkt. Bei Potenzialen unterhalb dieses Ladungsnullpunkts, also bei einer negativ geladenen Elektrode, entstehen kristallartige Dendriten. Bei der Abscheidung bilden sich immer wieder kleine Unebenheiten wie Vorsprünge auf der Oberfläche. Den Gesetzen der Elektrostatik folgend, konzentriert sich die negative Ladung auf den Spitzen solcher Cluster und zieht die positiv geladenen Lithium-Ionen an. Somit wachsen diese Spitzen weiter und bilden schließlich Dendriten. Darüber hinaus verkleinert die negative Ladung die Oberflächenspannung und fördert damit die Entstehung von Vorsprüngen auf der Oberfläche.

Lösungsansätze zur Vermeidung von Dendriten

Die Vermeidung von Dendriten ist ein zentrales Forschungsgebiet in der Batterietechnologie. Es gibt verschiedene Ansätze, die vielversprechende Ergebnisse zeigen:

  • Modifizierung der Separatormembran: Die Verwendung von Separatoren mit Nanoporen kann das Wachstum von Dendriten unterdrücken. Eine Kohlenstoff-Nanomembran auf dem regulären Separator kann das Wachsen von Dendriten unterdrücken. Diese winzigen Öffnungen sind kleiner als die kritische Keimgröße und verhindern so, dass sich Kristallisationskeime bilden, die das Wachsen der Dendriten auslösen.
  • Elektrolytadditive: Die Zugabe bestimmter chemischer Verbindungen zum Elektrolyten kann die Oberflächenspannung an der Anode verändern und die Bildung einer stabilen Elektrolyt-Festkörper-Grenzschicht (SEI) fördern. Eine stabile SEI-Schicht kann die ungleichmäßige Ionenverteilung verhindern und das Dendritenwachstum hemmen.
  • Anodenbeschichtungen: Das Aufbringen einer dünnen Schutzschicht auf die Anodenoberfläche kann die Dendritenbildung reduzieren. Diese Schicht kann aus verschiedenen Materialien bestehen, wie z.B. Kohlenstoff, Metalloxiden oder Polymeren.
  • Optimierung des Ladeprotokolls: Die Verwendung von gepulsten Ladeströmen oder die Einführung von Entladepausen kann die Ionenverteilung verbessern und die Dendritenbildung verlangsamen. Mit dem optimierten Strommuster ist es einfacher, Lithium aus dem Dendriten herauszulösen und schwieriger, Lithium auf dem Dendriten abzulagern.
  • Verwendung von Festkörper-Elektrolyten: Festkörper-Elektrolyte haben das Potenzial, die Dendritenbildung vollständig zu verhindern, da sie keine flüssige Phase enthalten, die das Dendritenwachstum begünstigen könnte.
  • Neues Modell zur Erklärung der Dendritenbildung: Chemiker der Universität Ulm haben ein Modell entwickelt, das erklärt, wie und warum bestimmte Metalle bei der Abscheidung Dendriten bilden. Jedes Metall verfügt über einen so genannten Ladungsnullpunkt. Wird das Metall bei Potentialen unterhalb dieses Ladungsnullpunkts - also bei einer negativ geladenen Elektrode - abgeschieden, entstehen die kristallartigen Dendriten. „Bei der Abscheidung bilden sich immer wieder kleine Unebenheiten wie Vorsprünge auf der Oberfläche. Den Gesetzen der Elektrostatik folgend, konzentriert sich die negative Ladung auf den Spitzen solcher Cluster und zieht die positiv geladenen Lithium-Ionen an. Somit wachsen diese Spitzen weiter und bilden schließlich Dendriten“, erklärt Professor Schmickler. Darüber hinaus konnten die Forschenden ein weiteres Phänomen nachweisen, das zur Dendritenbildung beiträgt: Die negative Ladung verkleinert die Oberflächenspannung und fördert damit die Entstehung von Vorsprüngen auf der Oberfläche.

Aktuelle Forschung und Entwicklung

Weltweit arbeiten Forscherteams an der Entwicklung neuer Materialien, Elektrolyte und Zellendesigns, um die Dendritenbildung zu verhindern und die Sicherheit und Leistung von Lithium-Metall-Batterien zu verbessern. Einige aktuelle Entwicklungen umfassen:

  • Kohlenstoff-Nanomembranen: Forscher der Universität Jena haben eine extrem dünne, zweidimensionale Membran aus Kohlenstoff auf den Separator aufgebracht, deren Poren einen Durchmesser von weniger als einen Nanometer haben. Diese Membran verhindert die Bildung von Kristallisationskeimen, die das Wachstum der Dendriten auslösen.
  • Computersimulationen: Forscher nutzen Computersimulationen, um die Mechanismen der Dendritenbildung besser zu verstehen und neue Strategien zur Vermeidung zu entwickeln. Dr. Jusuke Shimura von Murata nutzte beispielsweise COMSOL Multiphysics®, um verschiedene Strommuster zu evaluieren und das beste Pulsmuster zum Laden eines Lithium-Ionen-Akkus mit einer Lithium-Metall-Elektrode zu finden.
  • In-operando-Untersuchungsmethoden: Die Entwicklung von Untersuchungsmethoden, die es ermöglichen, die Dendritenbildung in Echtzeit während des Batteriebetriebs zu beobachten, ist entscheidend für das Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse und die Entwicklung wirksamer Gegenmaßnahmen.

Praktische Tipps zur Minimierung des Dendritenrisikos bei Lithium-Ionen-Batterien

Auch wenn die Dendritenbildung ein komplexes technisches Problem ist, gibt es einige praktische Tipps, die Anwender beachten können, um das Risiko zu minimieren:

  • Verwenden Sie das richtige Ladegerät: Verwenden Sie immer das vom Hersteller empfohlene Ladegerät für Ihre Lithium-Ionen-Batterien.
  • Laden Sie die Batterien nicht über: Vermeiden Sie es, die Batterien über 80 % ihrer Kapazität aufzuladen.
  • Lassen Sie die Batterien nicht unbeaufsichtigt aufladen: Überwachen Sie den Ladevorgang, um eine Überladung zu vermeiden.
  • Lagern Sie die Batterien richtig: Lagern Sie Lithium-Ionen-Batterien an einem kühlen, trockenen Ort und vermeiden Sie extreme Temperaturen.
  • Ersetzen Sie beschädigte Batterien sofort: Beschädigte Batterien stellen ein Sicherheitsrisiko dar und sollten umgehend ersetzt werden.
  • Befolgen Sie die Anweisungen des Herstellers: Lesen und befolgen Sie stets die Anweisungen des Herstellers bezüglich der Verwendung und Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien.

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