Lithium, ein Leichtmetall, das in der Medizin vor allem zur Behandlung bipolarer Störungen eingesetzt wird, rückt zunehmend in den Fokus der Forschung im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Long-COVID. Während Lithium in hohen Dosen als Stimmungsstabilisator bekannt ist, deuten aktuelle Studien darauf hin, dass auch niedrige Dosen eine neuroprotektive Wirkung haben könnten. Dieser Artikel beleuchtet die potenziellen Langzeitfolgen, Nebenwirkungen und den Einfluss von Lithium auf das Gehirn, insbesondere im Hinblick auf Alzheimer und andere neurologische Erkrankungen.
Lithium und Alzheimer: Ein neuer Blickwinkel
Die Forschung hat gezeigt, dass ein Lithiummangel im Gehirn möglicherweise eine treibende Kraft bei der Neurodegeneration ist, insbesondere bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Alzheimer. Studien haben ergeben, dass Alzheimer-Patienten geringere Lithiumwerte im Hirngewebe aufweisen als gesunde Menschen. Dieser Mangel könnte Hirnzellen schädigen und den Abbau von Proteinablagerungen behindern, die für Alzheimer charakteristisch sind.
Die Rolle von Lithium bei der Proteinaggregation
Amyloid-Beta-Proteine, die sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ablagern, scheinen Lithium zu binden und es somit den Nervenzellen zu entziehen. In einem Mausmodell der Alzheimer-Krankheit führte ein Lithiummangel zu einer dramatischen Erhöhung der Amyloid-Beta-Ablagerungen im Gehirn. Dies deutet darauf hin, dass Lithium eine Schlüsselrolle bei der Verhinderung der Proteinverklumpung spielen könnte.
Lithiumorotat: Ein Hoffnungsschimmer?
Eine spezielle Lithiumverbindung, Lithiumorotat, hat in Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Im Gegensatz zu anderen Lithiumformen bindet Lithiumorotat nicht an die Alzheimer-Plaques und bleibt somit für die Nervenzellen verfügbar. In Tierversuchen konnte Lithiumorotat in niedriger Dosierung die Entwicklung von Alzheimer stoppen und sogar rückgängig machen.
Lithium bei Long-COVID und ME/CFS: Neue Therapieansätze
Die Frage, ob Lithium, insbesondere in Form von Lithiumorotat, bei Long-COVID und dem Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS) hilfreich sein könnte, wird derzeit intensiv diskutiert. Obwohl große randomisierte Studien fehlen, gibt es erste Fallberichte, kleinere Studien und mechanistische Überlegungen.
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Wirkmechanismen von Lithium bei Long-COVID und ME/CFS
Lithium besitzt vielfältige biologische Effekte, die auch für Long COVID und ME/CFS von Interesse sind. Besonders folgende Mechanismen könnten eine Rolle spielen:
- Hemmung neuroinflammatorischer Prozesse: Lithium wirkt anti-inflammatorisch im ZNS und unterdrückt die Aktivierung von Mikroglia.
- Mitochondriale Dysfunktion und Energiestoffwechsel: Lithium verbessert die mitochondriale Performance und schützt die mitochondriale Funktion.
- Immunmodulation und antivirale Effekte: Lithium beeinflusst das Immunsystem und hemmt die Replikation verschiedener Viren.
- Neurotransmitter und neurotrophe Effekte: Lithium greift in zentrale neuronale Signalwege ein und fördert die Expression neurotropher Faktoren.
Studienlage zu Lithium und Long-COVID bzw. ME/CFS
Während niedrig dosiertes Lithiumaspartat in einer ersten Studie keine Wirkung zeigte, deuten offene Dosissteigerungsversuche und Einzelfälle darauf hin, dass höhere Dosierungen möglicherweise bessere Effekte bei Long-COVID und ME/CFS erzielen könnten, insbesondere bei kognitiven Symptomen, Fatigue und immunologischer Aktivierung.
Lithium in der Psychiatrie: Bewährte Anwendung
Lithium eignet sich sowohl zur Behandlung einer akuten Manie als auch zur Vorbeugung manisch-depressiver Zustände (bipolare Störung). Es stabilisiert die Stimmung und kann Rückfälle verhindern.
Indikationen für die Anwendung von Lithium
- Prophylaxe der bipolaren affektiven Störung und Episoden einer Major Depression
- Behandlung der manischen Episode, gegebenenfalls in Kombination mit Neuroleptika
- Behandlung bestimmter akuter Depressionen, z. B. bei Therapieresistenz oder Unverträglichkeit von Antidepressiva
- Behandlung anfallsweise auftretender oder chronischer Cluster-Kopfschmerz
Formen von Lithium: Unterschiede und Anwendungen
Lithium liegt in Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten nie als reines Metall vor, sondern stets gebunden an ein Salz, das die Aufnahme im Körper ermöglicht. Die drei wichtigsten Formen sind:
- Lithiumcarbonat (Li₂CO₃): Dies ist die klassische, verschreibungspflichtige Arzneiform.
- Lithiumcitrat: Eine weitere Form, die in der Medizin verwendet wird.
- Lithiumorotat: Eine Form, die in niedriger Dosierung als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich ist und möglicherweise neuroprotektive Vorteile bietet.
Lithium-Orotat: Eine überlegene Option?
Lithium-Orotat bietet mehrere Vorteile gegenüber anderen Lithium-Salzen wie Lithium-Carbonat:
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- Bessere Bioverfügbarkeit: Lithium-Orotat wird effizienter im Darm resorbiert und hat eine längere Halbwertszeit im Körper, was zu stabileren Lithium-Spiegeln führt.
- Höhere Konzentration im Gehirn: Aufgrund eines speziellen Transportmechanismus wird Lithium-Orotat besser über die Blut-Hirn-Schranke transportiert.
- Geringere Dosierung erforderlich: Lithium-Orotat benötigt geringere Dosierungen, um die gleichen therapeutischen Effekte zu erzielen, was das Risiko von Nebenwirkungen reduziert.
- Weniger Nebenwirkungen: Aufgrund der niedrigeren erforderlichen Dosierungen sind die Nebenwirkungen von Lithium-Orotat im Vergleich zu anderen Lithium-Salzen deutlich geringer.
Lithium: Dosierung und Überwachung
Die Dosierung von Lithium ist entscheidend, da bereits geringfügig zu niedrige Blutspiegel zum Wirkungsverlust und bereits mäßig erhöhte Blutspiegel zu zusätzlichen Nebenwirkungen führen können.
Therapeutische Breite von Lithium
Lithium hat eine geringe therapeutische Breite, was bedeutet, dass der Abstand zwischen wirksamer und toxischer Dosis gering ist. Daher ist eine regelmäßige Überwachung der Lithiumkonzentration im Blut unerlässlich.
Überwachung bei Lithium-Therapie
Bei einer Langzeit- oder Hochdosis Therapie ist weiterhin die regelmäßige Bestimmung des Lithium-Spiegels im Serum erforderlich. Hier sollte regelmäßig überprüft werden:
- Nierenfunktion: Kreatinin, eGFR
- Schilddrüse: TSH (ggf. fT3/fT4 bei Auffälligkeiten)
- Elektrolyte: insbesondere Natrium und Kalium
- Kalzium: da Lithium den Kalziumstoffwechsel beeinflussen kann
Lithium: Nebenwirkungen und Risiken
Schon eine leichte Überdosierung aber kann starke Nebenwirkungen auslösen, so z. B. starke Beschwerden im Magen-Darm-Trakt sowie extreme Müdigkeit, Schwindel oder ausgeprägtes Zittern. Auch kann starkes Schwitzen, Fieber, Durchfall oder die Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika) die Bindung von Lithium im Gehirn verstärken und ebenfalls die genannten Nebenwirkungen auslösen.
Häufige Nebenwirkungen von Lithium
- Anfängliche Übelkeit
- Fingerzittern
- Müdigkeit
- Schilddrüsenunterfunktion und -vergrößerung
- Gewichtszunahme
Langzeitrisiken von Lithium
Bei einer Langzeitanwendung von mindestens zehn Jahren steigt das Risiko für Nierentumoren.
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Lithium in Lebensmitteln und Trinkwasser
Lithium findet sich natürlich nicht nur im Mineralwasser, sondern auch in anderen Getränken und Lebensmitteln. Schätzungen zufolge werden 66 bis über 90 Prozent des täglich aufgenommenen Lithiums über Getreide und Gemüse gedeckt. Der Rest stammt aus tierischen Lebensmitteln und dem Trinkwasser bzw.
Lithiumgehalt in Lebensmitteln
Der Lithiumgehalt in Lebensmitteln hängt von diversen Faktoren ab, so z. B. die Konzentration von Li in Böden. Bei Tomaten fand man im Schnitt hohe Werte zwischen 2000 und 3500 µg pro Kilogramm. Laut einer spanischen Analyse von 2013 ist der Gehalt in Nüssen mit durchschnittlich etwa 880 µg pro 100 g besonders hoch. Getreideprodukte liegen bei rund 440 µg, Fisch bei etwa 310 µg und Gemüse bei ca.
Lithium im Trinkwasser
Die Li-Konzentration im Wasser hängt hauptsächlich von den Verwitterungsprozessen der Mineralgesteine ab. Am meisten Lithium findet sich im Meerwasser (140 bis 200 µg/l). Im Süßwasser finden sich viel geringere Werte (z. B. in Flüssen 0,16 bis 4,5 µg/l).
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