Ein Loch im Herzen, auch Shuntvitium genannt, ist ein Defekt in der Trennwand zwischen den Vorhöfen oder den Herzkammern. Diese Defekte sind meist angeboren und können in einigen Fällen zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen, einschließlich Schlaganfall. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten von Löchern im Herzen im Zusammenhang mit Schlaganfällen.
Was ist ein Loch im Herzen?
Als Loch im Herz oder Shuntvitium bezeichnet man einen Defekt in der Trennwand zwischen den Vorhöfen (Vorhofseptumdefekt, offenes Foramen ovale) oder den Herzkammern (Ventrikelseptumdefekt). Es gibt hauptsächlich zwei Arten von Löchern im Herzen:
- Vorhofseptumdefekt (ASD): Ein Defekt in der Trennwand zwischen den beiden Herzvorhöfen.
- Ventrikelseptumdefekt (VSD): Ein Defekt in der Trennwand zwischen den beiden Herzkammern.
Beide Defekte sind meist angeboren. Durch das Loch in der Trennwand fließt Blut, das dem Kreislauf verloren geht, und das Herz muss das fehlgeleitete Blut erneut pumpen. Kleine Löcher, die keine Überlastung des Herzens verursachen, müssen nicht behandelt werden. Ab einer bestimmten Größe sollte jedoch ein Verschluss des Loches erfolgen, da die Menge des fehlgeleiteten Blutes sonst zu einer Überlastung des Herzens führt. Löcher im Herz gehören zu den häufigsten angeborenen Herzfehlern.
Ursachen für Löcher im Herzen
Dass sich die Scheidewände zwischen den Herzkammern oder den Vorhöfen nicht richtig schließen, kann unterschiedliche Ursachen haben. Die häufigste Form, das „fortbestehende ovale Loch“ (persistierendes Foramen ovale, PFO), bezeichnet eine Öffnung in der Trennwand zwischen den beiden Herzvorhöfen, die sich normalerweise nach der Geburt verschließt. Etwa ein Viertel der Erwachsenen hat dieses Loch im Herz jedoch weiterhin. Für die meisten von ihnen stellt dies kein Problem dar. Allerdings können unter Umständen durch das persistierende Foramen ovale Blutgerinnsel aus dem venösen System in das arterielle System gelangen und hier zum Beispiel einen Schlaganfall verursachen.
Vor der Geburt befindet sich zwischen den beiden Herzvorhöfen ein Loch, das Foramen Ovale. Normalerweise verschließt es sich bei der Geburt. Bei etwa jedem vierten Menschen ist dieser Verschluss nicht vollständig. In der Regel verursacht die Öffnung keine Beschwerden.
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Das persistierende Foramen ovale (PFO) und Schlaganfallrisiko
Bei etwa 25 Prozent aller Menschen hat sich die Trennwand zwischen beiden Vorhöfen nach der Geburt nicht vollständig verschlossen. Ein gefährlicher Durchgang: Durch ihn können Blutgerinnsel oder Ablagerungen in das Hirn gelangen - das Risiko für Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken (TIAs oder "kleine Schlaganfälle" genannt) steigt. Gerinnsel, die in den peripheren Venen, insbesondere in den Beinen oder im Beckenbereich entstehen - ganz kleine Gerinnsel - wandern immer mal wieder durch den Körper. Über die Venen bewegen sie sich in den rechten Vorhof, die rechte Herzkammer und dann in die Lungenarterien. Wenn aber zwischen den beiden Vorhöfen ein Loch klafft - auch wenn dieses offene Foramen Ovale (PFO) kein richtiges Loch ist, sondern mehr eine Art Schlitz hinter einem Vorhang, der nicht richtig geschlossen ist - dann kann der Druck, der beim Husten, beim Pressen, bei Anstrengungen, usw. entsteht - diese Verbindung der Vorhöfe, die normalerweise nach der Geburt geschlossen ist und auch verklebt, wieder ein wenig öffnen. Kleine Gerinnsel können so aus der rechten in die linke Herzseite und von dort in den Kopf gelangen. Das Phänomen heißt paradoxe Embolie - paradox, weil das Gerinnsel über diesen falschen Weg gehen konnte, den es gar nicht hätte geben sollen - durch das Loch im Herzen gewandert ist. In selteneren Fällen können wir derartige Embolien auch im Herzen oder sogar manchmal im Darm sehen. Das Phänomen der paradoxen Embolie ist auch gut bewiesen durch bildgebende Verfahren, wie dem sogenannten "Schluck-Echo" , das in spezialisierten Zentren, wie dem unseren, Anwendung findet. Erst neulich hatten wir den Fall eines Patienten, bei dem man direkt zuschauen konnte, wie ein Gerinnsel in einem PFO richtig feststeckte, also zum Glück nicht hindurch passte.
Professor Ulrich Sliwka ist Chefarzt der Klinik für Neurologie sowie Ärztlicher Direktor am Sana-Klinikum Remscheid. Er erklärt, warum ein persistierendes, also anhaltendes, Foramen Ovale, kurz PFO, ein Schlaganfallrisiko darstellt: „Durch das Loch zwischen dem linken und rechten Vorhof des Herzens können Blutgerinnsel aus dem Venensystem leicht in das Arteriensystem und von dort ins Gehirn wandern und ein Gefäß blockieren. Wir nennen dies paradoxe Embolie.“ Heftiges Husten, Niesen oder Pressen kann diesen Vorgang möglicherweise auslösen.
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft hängen etwa zehn Prozent der durch eine Minderdurchblutung (Ischämie) ausgelösten Schlaganfälle bei Patienten zwischen 18 und 60 Jahren mit einem PFO zusammen.
Risikogruppen
Es gibt bestimmte Gruppen, die der Schlaganfall bedingt durch PFO besonders betrifft - sie sind deutlich jünger, als der Durschnittsschlaganfallpatient. Das ist einfach Statistik: Mit höherem Alter steigen die anderen Ursachen für Schlaganfälle statistisch an. Die Zahl der durch PFO verursachten Schlaganfälle aber nicht, denn das Risiko ist sozusagen angeboren. Darum fällt diese Gruppe der jüngeren von Schlaganfall betroffenen Patienten besonders auf.
Symptome und Diagnose
Viele Menschen bemerken ein Loch im Herz lange nicht, da bei ihnen keine Symptome auftreten, während andere Betroffene mit deutlichen Beschwerden zu kämpfen haben. Zu den typischen Symptomen zählen Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Atemnot und Herzrhythmusstörungen. Herzgeräusche beim Abhören können ein weiterer Hinweis dafür sein, dass ein Loch in den Herzscheidewänden vorliegt. Manchmal wird ein Loch im Herz bereits im Mutterleib bei einer Ultraschalluntersuchung festgestellt. In vielen Fällen handelt es sich jedoch um einen Zufallsbefund bei einer späteren Routineuntersuchung, insbesondere wenn das Loch im Herz bei den Betroffenen keine Symptome hervorruft.
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Wenn Sie mit Symptomen zu uns kommen, die auf ein Loch im Herz hindeuten, führen wir zunächst ein ausführliches Gespräch, um Ihre Beschwerden besser zu verstehen und einzuordnen (Anamnese). Bei der folgenden körperlichen Untersuchung können wir mittels Abhören des Herzens (Auskultation) Septumdefekte feststellen, die mit einem auffälligen Herzgeräusch einhergehen. Für die Diagnose eines offenen Foramen ovale oder eines Vorhofseptumdefekts führen wir bei Ihnen einen Herzultraschall (Echokardiografie) und einen Schluckultraschall (transösophageale Echokardiografie) durch.
Zunächst schließen die Neurologen die häufigen Schlaganfallursachen aus. Erst dann untersuchen wir Kardiologen mittels Schluck-Echo (TEE), ob ein PFO vorliegt. Die Größe und Gefährlichkeit des PFO können Ärzte durch eine kontrastmittelgestützte Ultraschalluntersuchung des Herzens und der Hirngefäße feststellen. Neurologen und Kardiologen arbeiten dabei eng zusammen.
Behandlungsmöglichkeiten
Kleine Löcher im Herzen, die keine Symptome verursachen, bedürfen oft keiner Behandlung. Bei größeren Defekten oder solchen, die zu Komplikationen führen, gibt es verschiedene Behandlungsoptionen:
- Medikamentöse Therapie: Vorhofflimmern lässt sich medikamentös, zum Beispiel durch Blutgerinnungshemmer, behandeln.
- Interventioneller Verschluss: Die neuen Leitlinien der Fachgesellschaften empfehlen, entsprechend der neuesten Studien, erst ab einer Größe von zwei bis drei Millimetern ein PFO zu verschließen. Ist die Ursache identifiziert, leiten die Ärzte darüber hinaus Maßnahmen zur Sekundärprävention ein, um weiteren Ereignissen, sogenannten Rezidiven, entgegenzuwirken. Zur Vermeidung erneuter Schlaganfälle durch ein PFO ist es wichtig, diese Ursache zu erkennen. Dann können die Spezialisten untersuchen, ob der Patient beziehungsweise die Patientin für einen Eingriff mit PFO-Verschluss infrage kommt. Das hängt unter anderem vom Alter der Betroffenen und von der Größe des PFO ab.
Der PFO-Verschluss mit einem Schirmchen
Um die Öffnung zwischen den beiden Vorhöfen im Herz zu verschließen, kommt ein Schirmchen, in der Fachsprache Occluder genannt, zum Einsatz. Um das Schirmchen an die richtige Stelle zu führen, ist nur ein kleiner Schnitt in der Leiste erforderlich. Über einen flexiblen Schlauch, den Katheter, schieben die Kardiologen das Schirmchen bis zum Herzen vor und platzieren es an der undichten Stelle der Wand zwischen den Vorhöfen. Zur Vermeidung von Blutgerinnseln am Schirmchen bekommen die Patienten nach dem Eingriff Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung. Innerhalb weniger Monate wächst das Schirmchen dann in die Vorhofwand ein und verhindert so weitere PFO-bedingte Schlaganfälle.
Prof. Dr. Ulrich Sliwka erläutert: „Die Untersuchung und Therapie erfolgt in enger Abstimmung mit den Experten unseres Herzkatheterlabors Dr. Christian Schnickmann und Dr. Khalil Abi Haidar. Wir besprechen die Patientenbefunde gemeinsam und entscheiden im Team, ob ein Eingriff gemäß Leitlinienempfehlungen der richtige Weg ist.“ Ist dies der Fall, plant das interdisziplinäre Ärzteteam einen interventionellen Verschluss des PFO. Das bedeutet, dass der Eingriff minimalinvasiv unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann und somit für die Patienten sehr schonend ist.
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Der eigentliche Verschluss dauert etwa zehn Minuten. Vom Auflegen des Patienten auf den OP-Tisch bis zum Verschließen der Gefäßzugänge werden in der Regel etwa 35-40 Minuten benötigt. Meist machen wir während des Eingriffs auch noch eine Herzkatheterdiagnostik, um auszuschließen, dass der Patient Arteriosklerose an den Herzkranzgefäßen hat. Wenn das der Fall ist, würden wir vermuten, dass auch die Gefäße des Kopfes davon betroffen sind, da es sich um eine systemische Erkrankung handelt.
Langzeitwirkung
Und diese Therapie hält dann lebenslang? Ja! Und von der medikamentösen Therapie ist gar nicht im Detail bewiesen, dass sie das Risiko durch eine PFO überhaupt beeinflusst und eine sinnvolle Prävention von erneuten Schlaganfällen nach einer paradoxen Embolie darstellt.
Materialien der Schirmchen
Zu Ihren Fragen: Ja, es gibt zahlreiche verschiedene Verschluss-Schirme und diese in unterschiedlichen Größen. Jeder zugelassene Schirm ist in entsprechenden Studien geprüft und sicher. Fast alle sind sogenannte Doppelschirme, bei denen sich zwei Scheiben in beiden Vorhöfen befinden, die miteinander durch das Loch hindurch durch eine „Nabe“ verbunden sind und die Wände des PFO „nietenähnlich“ zusammenhalten. Man unterscheidet die Gruppe der Amplatzer-artigen Schirme von anderen: Erstere sind nach ihrem Erfinder, dem österreichisch-amerikanischen Kurt Amplatz benannt. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Nitinol-Drähten (Nickel-Titan-Legierung mit Memory-Effekt bei 37 Grad) und aus zwischen ihnen liegenden dünnen Gewebeflächen (Polyester und andere). Sie werden heute von verschiedenen Firmen (Abbott-Amplatzer, Occlutech-Figulla, Lifetech-CeraFlex etc.) hergestellt und unterscheiden sich nur in Details, die man unterschiedlich betonen kann. Schirme, die sich auflösen, gibt es zurzeit nicht, sie haben sich nicht bewährt. Bei manchen kam es im Rahmen der Auflösung zu heftigen Entzündungsreaktionen, bei anderen war am Ende auch das Loch wieder da. Derzeit gibt es einen Schirm der Firma Carag, bei dem sich die Haltedrahtfilamente langfristig auflösen, die Verschlussmembranen jedoch nicht. Alle heute üblichen Schirme sind MRT-kompatibel, führen aber zu Bildstörungen, wenn das Herz selbst mit MRT untersucht wird. Wichtig ist, dass der Schirm in Art und Größe zu Ihrem Herzen, besser in Ihr Herz, passt und das Loch verschließt.
Worauf ist nach dem Eingriff zu achten?
In den ersten sechs Monaten nach der Implantation sollten Sie die von Ihren Ärzten empfohlenen Kontrollen wahrnehmen, die Ihnen verordneten Medikamente zur Blutverdünnung (meist ASS und Clopidogrel) gewissenhaft einnehmen und bei bestimmten notwendigen medizinischen und zahnärztlichen Eingriffen prophylaktisch ein Antibiotikum einnehmen. Danach ist nichts Besonderes mehr zu beachten, was man nicht sowieso bei einer bewusst gesunden Lebensweise zu beachten hätte.
Risiken des Eingriffs
Der Verschluss selber ist ein so komplikationsarmer Eingriff, - und das geht auch aus den neuen Leitlinien hervor - dass man das heute wirklich relativ gefahrlos machen kann. Ein Restrisiko bleibt - wie bei jedem Eingriff.
Aktuelle Studienlage
Es gab ja lange ein Hin und Her in der Diskussion um die Nützlichkeit des Schirmchens in Sachen "weitere Schlaganfälle verhindern" - noch 2012 konnte man bei der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG) lesen: "Schirmchen im Herzen kann Schlaganfall nicht vorbeugen". Das ist nun mit der neuen S2e-Leitlinie seit August 2018 anders. In den aktuellen Studien, die den Leitlinien zu Grunde liegen, gibt es ca. 95 Prozent Verschlussquote. In den ganz neuen Studien gibt es sogar gar keine erneuten Schlaganfälle in der Nachbeobachtungszeit. Also da ist die Evidenz einfach gewachsen.
Bedeutung von schneller Diagnose und Therapie
Time is Brain - so lautet die bewährte Formel für die Behandlung von Schlaganfällen. Je schneller Patienten auf eine spezialisierte Station, eine Stroke Unit, kommen und die richtige Behandlung und Nachsorge mit Therapie möglicher Komplikationen bekommen, desto besser ist die Prognose. Zur Vermeidung erneuerter Schlaganfälle durch ein PFO ist es wichtig, diese Ursache zu erkennen.
Weitere Ursachen für Schlaganfälle
Viele Hirninfarkte gehen auch auf die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern zurück, von der in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen betroffen sind. Bei etwa der Hälfte der Patienten läuft die Erkrankung unbemerkt und ohne erkennbare Symptome ab. Vorhofflimmern lässt sich medikamentös, zum Beispiel durch Blutgerinnungshemmer, behandeln. Wirken Medikamente nicht zufriedenstellend oder weisen nicht tolerierbare Nebenwirkungen auf, werden auch invasive Methoden angewandt, wie die sogenannte Ablation. Dabei wird das Gewebe, das falsche elektrische Impulse im Herzen weiterleitet und dadurch das Vorhofflimmern auslöst, gezielt mit Wärme oder Kälte verödet, wie Prof. Dr. Peter Seizer vom Universitätsklinikum Tübingen erläuterte. Vor allem bei jüngeren Patienten werde diese Methode immer häufiger als Alternative zur medikamentösen Dauertherapie eingesetzt.
Fallbeispiel
Ein 51-jähriger Mann erleidet eine transitorische ischämische Attacke. Die transösophageale Echokardiographie ergibt, dass er ein Loch in der Herzscheidewand (PFO) hat. Er fragt nach den Verschlussmöglichkeiten des PFOs. Unser Experte erläutert ihm die unterschiedlichen Verschluss-Schirme und erklärt, wieso es bei einem PFO häufiger zu einer TIA bzw.
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