Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, der zu schweren Behinderungen führen oder sogar tödlich enden kann. In Deutschland erleiden jährlich etwa 200.000 Menschen einen Schlaganfall. Während das Risiko mit zunehmendem Alter steigt, können auch jüngere Menschen betroffen sein - etwa ein Drittel aller Schlaganfallpatienten ist unter 65 Jahre alt. Bei etwa 20 % dieser jüngeren Patienten lässt sich keine klassische Ursache wie Gefäßveränderungen oder Vorhofflimmern feststellen. In solchen Fällen spricht man von einem kryptogenen Schlaganfall. Ein persistierendes Foramen ovale (PFO) kann in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen.
Was ist ein persistierendes Foramen ovale (PFO)?
Jeder Mensch wird mit einem Foramen ovale geboren, einer ovalen Öffnung zwischen den beiden Herzvorhöfen. Diese Öffnung ist für den Blutkreislauf im Mutterleib notwendig, da sie den sauerstoffreichen Blutfluss von der Plazenta in den fetalen Körperkreislauf ermöglicht und die noch nicht funktionsfähige Lunge umgeht. Nach der Geburt schließt sich das Foramen ovale normalerweise in den ersten Tagen oder Monaten. Bei etwa 25 % der Menschen bleibt diese Öffnung jedoch bestehen, was als persistierendes Foramen ovale (PFO) bezeichnet wird. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Wie hängt ein PFO mit einem Schlaganfall zusammen?
In den meisten Fällen hat ein PFO keinen Krankheitswert und verursacht keine Beschwerden. Allerdings kann ein PFO in Verbindung mit einem kryptogenen Schlaganfall von Bedeutung sein. Es wird folgender Mechanismus angenommen: Wenn sich kleine Blutgerinnsel in den Beinvenen bilden, werden diese normalerweise in der Lunge herausgefiltert. Bei Vorliegen eines PFO und einer Druckerhöhung im rechten Vorhof (z. B. beim Pressen, Husten oder tiefen Einatmen) kann sich das PFO wie eine Schwingtür öffnen. Dadurch kann das Blutgerinnsel über das linke Herz ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall auslösen. Dieser Mechanismus wird als paradoxe Embolie bezeichnet.
Paradoxe Embolien durch ein PFO sind jedoch selten und können nur in Einzelfällen direkt nachgewiesen werden. Da ein PFO bei 20-25 % der Normalbevölkerung vorkommt, reicht der isolierte Nachweis eines PFO als Diagnosekriterium einer paradoxen Embolie nicht aus. Zusätzliche Kriterien sind der Nachweis einer tiefen Beinvenenthrombose, anamnestische Hinweise auf einen Valsalva-Mechanismus zu Beginn des Schlaganfalls sowie der Ausschluss anderer Ursachen.
Diagnose eines PFO
Die Diagnose und Beurteilung eines PFO erfolgt in der Regel mittels transösophagealer Echokardiographie (TEE), auch Schluckultraschall genannt. Diese Methode ermöglicht es, das PFO darzustellen und gleichzeitig andere mögliche Ursachen für einen Schlaganfall auszuschließen. Dabei wird ein Ultraschallkopf über die Speiseröhre eingeführt, um detaillierte Bilder des Herzens zu erhalten. Beweisend für ein PFO mit Rechts-Links-Shunt ist der Übertritt von sogenannten „Bubbles“ in der TEE vom rechten in den linken Vorhof innerhalb von 3 Herzzyklen nach Füllung des rechten Vorhofs mit Kontrastmittel. Auch kann die transkranielle Dopplersonografie mit Microbubbles als Screeningverfahren eines induzierbaren Rechts-Links-Shunts verwendet werden.
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Zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit eines PFO-assoziierten Insultes kann der RoPE-Score (Risk of Paradoxical Embolism-Score) genutzt werden. Auf einer Skala von 0 bis 10 macht ein hoher Wert das PFO als Ätiologie wahrscheinlicher. Der RoPE-Score bildet jedoch viele Ätiologien, die insbesondere bei jungen Patienten eine Rolle spielen, nicht ab, daher ist er isoliert betrachtet zur Indikationsstellung nicht ausreichend.
Behandlungsmöglichkeiten bei PFO und Schlaganfall
Das Ziel der Behandlung ist es, das Risiko für einen erneuten Schlaganfall zu minimieren. Es gibt verschiedene Therapieansätze:
Medikamentöse Therapie
- Thrombozytenaggregationshemmer: Medikamente wie Aspirin oder Clopidogrel verhindern, dass sich Blutplättchen zusammenlagern und Blutgerinnsel bilden.
- Antikoagulanzien: Diese Medikamente, auch bekannt als „Blutverdünner“, verhindern die Bildung von Blutgerinnseln. Zu den Antikoagulanzien gehören Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Warfarin) und neuere orale Antikoagulanzien (NOAKs) wie Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban. NOAKs haben den Vorteil, dass sie in der Regel keine regelmäßigen Blutkontrollen erfordern.
Interventioneller PFO-Verschluss
Der interventionelle PFO-Verschluss ist ein minimalinvasiver Eingriff, bei dem das PFO mit einem speziellen Schirmchen (Okkluder) verschlossen wird. Dieser Eingriff wird in der Regel in einem Herzkatheterlabor durchgeführt.
- Vorbereitung: Nach Betäubung der Leiste wird ein Katheter in die Leistenvene eingeführt und zum Herzen vorgeschoben.
- Platzierung des Okkluders: Unter Ultraschallkontrolle über die Speiseröhre (TEE) wird der Okkluder durch das PFO in die Vorhof-Trennwand platziert. Der Okkluder besteht aus zwei miteinander verbundenen Schirmchen, die das PFO verschließen.
- Abschluss: Nach erfolgreicher Platzierung des Okkluders wird der Katheter entfernt.
Der Eingriff dauert in der Regel 30-45 Minuten. Nach dem Eingriff ist eine Blutverdünnung mit Aspirin und Clopidogrel notwendig. In den ersten 3 Monaten werden beide Medikamente zusammen eingenommen, danach wird die Therapie für 12-24 Monate mit einem der beiden Medikamente fortgesetzt.
Vergleich der Behandlungsmöglichkeiten
In den letzten Jahren haben mehrere Studien die Wirksamkeit des PFO-Verschlusses im Vergleich zur medikamentösen Therapie untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien waren zunächst nicht eindeutig, aber neuere Studien deuten darauf hin, dass der PFO-Verschluss bei sorgfältig ausgewählten Patienten das Risiko für einen erneuten Schlaganfall reduzieren kann.
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Eine Metaanalyse von Ntaios et al. (2018) zeigte, dass der PFO-Verschluss im Vergleich zur medikamentösen Therapie mit einer signifikanten Reduktion von Schlaganfallrezidiven verbunden ist. Allerdings gab es keine Unterschiede in Bezug auf TIA, Herzinfarkt, schwere Nebenwirkungen und Mortalität.
Es gibt auch Hinweise darauf, dass orale Antikoagulanzien möglicherweise wirksamer sind als Thrombozytenaggregationshemmer bei der Verhinderung von Schlaganfallrezidiven bei Patienten mit PFO. Dies ist pathophysiologisch plausibel, da es sich bei den Rezidiven überwiegend um paradoxe Embolien aus venösen Gefäßen handelt.
Komplikationen des PFO-Verschlusses
Wie bei jedem medizinischen Eingriff gibt es auch beim PFO-Verschluss Risiken und mögliche Komplikationen. Zu den häufigsten Komplikationen gehören:
- Vorhofflimmern: Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, die nach dem PFO-Verschluss auftreten kann. In den meisten Fällen ist das Vorhofflimmern vorübergehend und verschwindet innerhalb weniger Wochen.
- Herzbeuteltamponade: Eine Herzbeuteltamponade ist eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation, bei der sich Flüssigkeit im Herzbeutel ansammelt und das Herz zusammendrückt.
- Lungenembolie: Eine Lungenembolie tritt auf, wenn ein Blutgerinnsel in die Lunge gelangt und ein Blutgefäß verstopft.
Die periprozedurale Komplikationsrate liegt in den Studien zwischen 2 und 10 %. Die Number needed to harm (NNH) beträgt damit 10-50. Die häufigste Komplikation war mit 2,9-6,6 % Vorhofflimmern, das signifikant häufiger als in den konservativen Armen auftrat.
Aktuelle Leitlinien und Empfehlungen
Die aktuelle S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) empfiehlt den interventionellen PFO-Verschluss bei Patienten zwischen 16 und 60 Jahren mit einem kryptogenen ischämischen Schlaganfall und offenem Foramen ovale mit moderatem oder ausgeprägtem Rechts-Links-Shunt. Diese Empfehlung wird mit maximalem Empfehlungsgrad A und der höchsten Evidenzebene I ausgesprochen.
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Allerdings weisen die Autoren der Leitlinie darauf hin, dass die Indikation zum PFO-Verschluss sorgfältig geprüft werden muss. Wichtige Ausschlusskriterien sind andere mögliche Ursachen für den Schlaganfall, wie z. B. Arteriosklerose, unkontrollierte kardiovaskuläre Risikofaktoren und Vorhofflimmern.
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