Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz: Definition, Ziele und Bedeutung

Einführung

Die Diagnose Demenz stellt einen einschneidenden Wendepunkt im Leben der Betroffenen und ihrer Familien dar. Neben medizinischer Versorgung und Pflege sind vor allem Information, Orientierung und konkrete Unterstützung im Alltag vonnöten. Hier setzen die "Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz" an, indem sie Menschen mit Demenz vor Ort zusammenbringen - mit anderen Betroffenen, aber auch mit Akteuren, die Unterstützung anbieten.

Was sind Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz?

Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz sind Netzwerke, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Lebensqualität und Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen vor Ort zu verbessern. Sie sind ein wichtiger Baustein der Nationalen Demenzstrategie und werden durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im Rahmen des Bundesprogramms „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ gefördert. Bereits von 2012 bis 2018 wurden in mehreren Förderphasen rund 500 lokale Demenznetzwerke in ganz Deutschland aufgebaut. Seit 2020 läuft eine weitere Förderperiode mit weiteren Förderwellen. Die aktuell fünfte und vorerst letzte Förderwelle ist bereits gestartet und läuft noch bis 2026.

Nadine Gold, Leiterin der Netzwerkstelle „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. (BAGSO), betont, dass diese Allianzen unterschiedliche Partner an einen Tisch bringen, die nicht zwingend mit der eigentlichen Versorgung von Menschen mit Demenz zu tun haben.

Ziele und Aufgaben der Lokalen Allianzen

Das Hauptziel des Programms ist es, den Aufbau und die Weiterentwicklung von Netzwerken zu unterstützen, die die Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen vor Ort stärken. Konkret bedeutet dies:

  • Vernetzung relevanter Akteure: Kommunen, Vereine, Kirchengemeinden, Mehrgenerationenhäuser, Krankenhäuser, Ärzte, kulturelle Einrichtungen, Selbsthilfeorganisationen und Unternehmen schließen sich zusammen, um gemeinsam auf die Herausforderungen der Demenz zu reagieren.
  • Bedarfsgerechte Unterstützung: Durch die Mitwirkung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen wird sichergestellt, dass die angebotene Unterstützung den tatsächlichen Bedürfnissen entspricht.
  • Förderung der Teilhabe: Die Allianzen setzen sich dafür ein, dass Menschen mit Demenz trotz ihrer Einschränkungen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
  • Sensibilisierung der Öffentlichkeit: Ein wichtiger Aspekt ist die Aufklärung über Demenz, um Vorurteile abzubauen und eine demenzfreundliche Gesellschaft zu schaffen. Die Körber-Stiftung Hamburg hat gemeinsam mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern die Demenzsensibel-Kampagne ins Leben gerufen. Die Aktion wirbt für mehr gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Demenz und soll die Öffentlichkeit aufklären. Dem haben wir uns in Jena angeschlossen.
  • Entwicklung individueller Lösungen: Jede Lokale Allianz ist so individuell wie die Region, in der sie tätig ist. In ländlichen Gebieten sind andere Wege gefragt als in Großstädten. Einige Allianzen spezialisieren sich auf die Unterstützung von Angehörigen, andere konzentrieren sich auf Freizeitangebote oder Beratung.

Die Rolle der Professionellen Pflege

Die professionelle Pflege ist oft ein wichtiger Teil dieser Strukturen, aber in der Regel ein Akteur unter vielen anderen. Für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen sind Nähe und Vertrauen zentrale Faktoren. Die Allianzen können aufgrund ihrer lokalen Verankerung genau das leisten. „Wenn Betroffene und Angehörige sehen, dass da ein verlässliches Angebot in ihrer Nachbarschaft existiert, senkt das die Hemmschwelle, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, sagt Nadine Gold.

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Beispiele für Aktivitäten und Projekte

Die konkreten Aktivitäten der Lokalen Allianzen sind vielfältig und richten sich nach den Bedürfnissen vor Ort. Einige Beispiele sind:

  • Beratungsangebote: Information und Unterstützung für Betroffene und Angehörige zu Themen wie Diagnose, Pflege, finanzielle Hilfen und rechtliche Fragen.
  • Betreuungsgruppen: Angebote zur Entlastung von Angehörigen und zur sozialen Aktivierung von Menschen mit Demenz.
  • Schulungen und Fortbildungen: Für Angehörige, ehrenamtliche Helfer und Fachkräfte, um den Umgang mit Menschen mit Demenz zu verbessern. Mit einem kostenlosen 90-minütigen Kompaktkurs, der aufklärt und dazu beiträgt, Unsicherheit und Vorurteile abzubauen. Als Online-Termin am 12. September 2024, ebenfalls um 19.00 Uhr. Das Angebot steht allen offen - egal ob jung oder alt, berufstätig oder im Ruhestand, ob Menschen mit Demenz im persönlichen Umfeld oder nicht.
  • Freizeitangebote: Gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge, Sport, Musik oder kulturelle Veranstaltungen, um die Lebensqualität zu erhöhen und soziale Kontakte zu fördern.
  • Öffentlichkeitsarbeit: Aktionen zur Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Demenz und zur Förderung einer demenzfreundlichen Gesellschaft.

Demenzsensible Einrichtungen

Eine demenzsensible Einrichtung zeichnet sich durch Offenheit, Freundlichkeit, Empathie, Respekt und Geduld gegenüber Menschen mit einer Demenz aus. Dabei spielt es keine Rolle, um was für eine Einrichtung es sich handelt und ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon Erfahrungen im Umgang mit Demenz haben. Mit dem Projekt wollen wir die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren pflegenden Angehörigen stärken. Trotz gewisser Einschränkungen soll ihr Alltag so normal und unkompliziert verlaufen wie möglich. Es gibt keine Mindestanforderungen, die Sie als Einrichtung erfüllen müssen, um „demenzsensibel“ zu sein.

Lokale Allianz iiDemM im Klinikum Stuttgart

Für die Verstärkung einer Demenz- und Altersorientierung im Klinikum Stuttgart wurde eine zentrale klinikübergreifende Steuerungsgruppe konstituiert, deren Mitglieder verschiedene Fachexpertisen im Bereich der Medizin, Pflege, Sozialarbeit, Gerontologie und Ökonomie aufweisen. Alle an der Lokalen Allianz beteiligten Berufsgruppen sind im stationären, teilstationären und ambulanten Bereich täglich mit demenzerkrankten Migranten in Kontakt und stehen so immer wieder vor der Aufgabe, den besonderen Erfordernissen dieses Klientel in der Behandlungsplanung und -versorgung gerecht zu werden. Essentiell für eine adäquate Versorgung ist hierfür eine Zusammenarbeit mit migrationsspezifischen Versorgungsdienstleistern. Das Klinikum Stuttgart zielt mit seiner Lokalen Allianz iiDemM darauf ab, seine sowohl klinikintern als auch -extern bereits etablierten Netzwerkstrukturen zu nutzen und diese um eine weitere Schwerpunktsetzung auf migrationsspezifische Versorgungsangebote zu ergänzen. Mit Hilfe des Projektes sollen insbesondere niedergelassene Haus- und Fachärzte mit entsprechender Sprach- und Migrationskompetenz mehr in die bestehende Netzwerkstruktur einbezogen werden, da gerade diese eine zentrale Säule in der ambulanten Versorgung von demenzerkrankten Migranten darstellen.

Bedeutung und Erfolge

Die „Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz“ sind ein Erfolgsmodell, das zeigt, wie durch Zusammenarbeit, Engagement und Kreativität Strukturen entstehen können, die Betroffene und ihre Familien tragen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, Demenz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sichtbar zu machen und Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen nicht zu isolieren, sondern mitten in der Gesellschaft zu halten.

Nadine Gold betont, dass die Stärke der Allianzen darin liegt, dass sich die verschiedenen Akteure austauschen und gemeinsam Lösungen entwickeln, die sonst niemand allein stemmen könnte. Entscheidend sei die Nachhaltigkeit der Angebote: „Wir erleben oft, dass Einzelpersonen unglaublich engagiert sind. Damit aus einem Projekt eine dauerhafte Struktur wird, braucht es aber eine gemeinsame Kooperation mit klarer Arbeitsteilung und regelmäßiger Fortbildung.“

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Herausforderungen und Perspektiven

Trotz der Erfolge gibt es weiterhin Herausforderungen. Eine große Herausforderung besteht darin, Demenz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sichtbar zu machen. Es ist wichtig, dass sich noch mehr Menschen und Institutionen engagieren und ihren Beitrag zu einer demenzfreundlichen Gesellschaft leisten.

Die Nationale Demenzstrategie und das Bundesprogramm „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ setzen wichtige Impulse, um die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen nachhaltig zu verbessern. Es gilt, diese Impulse aufzugreifen und weiterzuentwickeln, um eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.

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