Lorazepam: Wirkung, Anwendung und Risiken im Kontext von Demenz

Einleitung

Lorazepam ist ein weit verbreitetes Medikament aus der Gruppe der Benzodiazepine, das zur Behandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen sowie Schlafstörungen eingesetzt wird. Benzodiazepine wirken beruhigend, angstlösend, muskelentspannend und krampflösend. Obwohl Lorazepam bei kurzfristiger Anwendung wirksam sein kann, birgt die langfristige Einnahme Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit kognitiven Beeinträchtigungen und Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die Wirkungsweise, Anwendungsgebiete, Risiken und Alternativen von Lorazepam, insbesondere im Hinblick auf ältere Menschen und Demenzpatienten.

Was ist Lorazepam und wie wirkt es?

Lorazepam ist ein Benzodiazepin, das die hemmende Wirkung von GABA (γ-Aminobuttersäure) im Gehirn verstärkt. GABA ist ein wichtiger Neurotransmitter, der die Erregbarkeit von Nervenzellen reduziert. Durch die Bindung an GABA-A-Rezeptoren erhöht Lorazepam die Wahrscheinlichkeit, dass Chloridkanäle sich öffnen, was zu einem verstärkten Einstrom von Chloridionen in die Nervenzellen führt. Dies führt zu einer Reduktion der neuronalen Aktivität, was die angstlösende, beruhigende und muskelentspannende Wirkung erklärt.

Die Wirkung von Lorazepam ist dosisabhängig. In niedrigen Dosen wirkt es hauptsächlich beruhigend und angstlösend, während höhere Dosen zusätzlich muskelrelaxierend und schließlich hypnotisch wirken.

Pharmakokinetik

Nach der Einnahme wird Lorazepam schnell und nahezu vollständig ins Blut aufgenommen und passiert die Blut-Hirn-Schranke, wodurch es ins zentrale Nervensystem gelangt. Die Halbwertszeit beträgt etwa zwölf bis 16 Stunden, wobei der Wirkstoff hauptsächlich über den Harn ausgeschieden wird. Im Vergleich zu anderen Benzodiazepinen hat Lorazepam eine kürzere Wirk- und Verweildauer im Körper, da bei seiner Verstoffwechslung keine aktiven Metaboliten entstehen.

Anwendungsgebiete von Lorazepam

Lorazepam wird hauptsächlich zur kurzzeitigen Behandlung folgender Zustände eingesetzt:

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  • Angst-, Spannungs- und Erregungszustände
  • Schlafstörungen, insbesondere Durchschlafprobleme
  • Basissedierung vor und nach operativen oder diagnostischen Eingriffen
  • Unterbrechung eines Status epilepticus (epileptischer Anfall, der länger als fünf Minuten anhält)

Risiken und Nebenwirkungen von Lorazepam

Abhängigkeit und Entzugserscheinungen

Wie alle Benzodiazepine birgt auch Lorazepam das Risiko einer Abhängigkeit. Bereits nach wenigen Wochen regelmäßiger Einnahme kann sich eine Toleranz entwickeln, wodurch höhere Dosen erforderlich werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Ein plötzliches Absetzen des Medikaments kann zu Entzugserscheinungen wie Angstzuständen, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Zittern und in schweren Fällen sogar zu Krampfanfällen führen. Daher sollte Lorazepam nur so kurz wie möglich und unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Experten empfehlen eine maximale Anwendungsdauer von zwei Wochen.

Kognitive Beeinträchtigungen

Längerfristige Einnahme von Benzodiazepinen kann zu Einbußen in der Leistungsfähigkeit des Gehirns führen, insbesondere bei älteren Menschen. Studien deuten darauf hin, dass Benzodiazepine die Aktivität von Mikroglia, den Fresszellen im Gehirn, erhöhen können. Diese Zellen bauen schadhafte Synapsen ab, was zu kognitiven Beeinträchtigungen führen kann. Eine Studie an Mäusen zeigte, dass die tägliche Einnahme von Diazepam über mehrere Wochen zu einem Synapsenverlust und einer Abnahme der Gedächtnisleistung führte.

Demenzrisiko

Eine viel diskutierte Studie lieferte Hinweise darauf, dass die regelmäßige Einnahme von Benzodiazepinen über mehr als drei Monate das Risiko für eine Alzheimererkrankung um 51 Prozent erhöhen kann. Obwohl nachfolgende Untersuchungen diesen Zusammenhang weniger deutlich zeigten, bleibt die Frage bestehen, ob Benzodiazepine langfristig schädliche Auswirkungen auf die Nervenzellen im Gehirn haben und neurodegenerative Erkrankungen begünstigen können.

Weitere Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Lorazepam gehören:

  • Müdigkeit, Schläfrigkeit und Benommenheit
  • Ataxie (Bewegungsstörungen)
  • Verwirrtheit
  • Depression
  • Schwindelgefühl
  • Muskelschwäche

Insbesondere ältere Menschen und Patienten mit Hirnschädigungen können paradoxe Reaktionen wie Erregung, Unruhe, Schlafstörungen oder verstärkte Angstzustände zeigen.

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Sturzgefahr

Die muskelrelaxierende und sedierende Wirkung von Lorazepam kann das Sturzrisiko erhöhen, besonders bei älteren Menschen. Dies ist besonders relevant, da Stürze bei älteren Menschen häufig zu schweren Verletzungen wie Knochenbrüchen führen können.

Lorazepam und Demenz: Was ist zu beachten?

Verstärkung kognitiver Symptome

Es wird vermutet, dass Benzodiazepine aufgrund ihrer synapsenschädigenden Wirkung die kognitiven Symptome neurodegenerativer Erkrankungen verstärken können. Menschen in einem Vorstadium einer Demenzerkrankung könnten unter dem Einfluss von Lorazepam frühzeitig symptomatisch werden.

Alternative Medikamente

Bei der Behandlung von Schlafstörungen oder Angstzuständen bei Menschen mit einem Demenzrisiko sollten Medikamente bevorzugt werden, die nicht auf den Rezeptor TSPO einwirken.

Z-Substanzen als Alternative?

Z-Substanzen wie Zopiclon und Zolpidem wurden lange Zeit als verträglicher und sicherer als Benzodiazepine angesehen. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass Z-Substanzen ähnliche Nebenwirkungen wie Benzodiazepine haben, einschließlich eines erhöhten Risikos für Stürze, Knochenbrüche und Schlaganfälle. Allerdings scheint das Sterblichkeitsrisiko unter Z-Substanzen geringer zu sein als unter Benzodiazepinen.

Eine Studie untersuchte die Auswirkungen von Z-Substanzen bei Demenzpatienten und fand heraus, dass höhere Dosen von Z-Substanzen (mindestens 7,5 mg Zopiclon täglich) das Risiko für Frakturen, Hüftfrakturen, Stürze und ischämische Schlaganfälle erhöhten. Bei niedrigeren Dosen (höchstens 3,75 mg Zopiclon täglich) war das Risiko für diese unerwünschten Ereignisse geringer.

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Antipsychotika

Antipsychotika werden manchmal zur Behandlung von Verhaltensstörungen und Delir bei Demenz eingesetzt. Allerdings sollten sie nur kurzfristig, niedrig dosiert und in der Akutphase (6-8 Wochen) eingesetzt werden. Relevante Nebenwirkungen der Antipsychotika sind kardiovaskuläre Störungen, sedative und anticholinerge Effekte, metabolische Störungen sowie Bewegungsstörungen.

Nicht-medikamentöse Alternativen bei Demenz

Im Vordergrund der Behandlung von Verhaltensstörungen bei Demenz sollten zunächst nicht-pharmakologische Maßnahmen stehen:

  • Angehörigeninformation und -schulung
  • Identifizierung von Auslösern für Verhaltensstörungen
  • Ausgleich sensorischer Defizite (Seh- und Hörbehelfe)
  • Regelmäßige körperliche und geistige Aktivitäten
  • Medizinische Versorgung bei Verdacht auf zusätzliche körperliche Erkrankungen
  • Psychotherapeutische Interventionen (z.B. Validation, Familien- oder Paartherapie, Musiktherapie, Tiertherapie)
  • Aktivierende Pflege

Praktische Tipps zur Milderung nächtlicher Unruhe bei Demenz

Nächtliche Unruhe ist ein häufiges und belastendes Symptom bei Demenz. Hier sind einige praktische Tipps, um die nächtliche Unruhe zu mildern:

  • Schaffung von Routinen: Eine feste Abendroutine kann helfen, den Körper auf die Nacht vorzubereiten.
  • Optimierte Schlafumgebung: Eine ruhige und dunkle Umgebung ohne Lärmquellen fördert den Schlaf.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität: Körperliche Aktivität während des Tages kann dazu beitragen, die nächtliche Müdigkeit zu steigern.
  • Kognitive Stimulation: Kognitive Stimulation während des Tages kann ebenfalls helfen, die nächtliche Unruhe zu reduzieren.
  • Sanfte Hausmittel: Kräutertees, Aromatherapie, warme Milch mit Honig, beruhigende Musik und Entspannungsübungen können eine entspannende Atmosphäre schaffen.

Medikamentöse Alternativen und Ergänzungen

In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und beruhigende Medikamente zu verschreiben, um die nächtliche Unruhe zu mindern.

  • Melatonin: Melatonin, ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus reguliert, kann bei Schlafstörungen hilfreich sein.
  • Antidepressiva: Manche Antidepressiva haben eine beruhigende Wirkung und können den Schlaf fördern.

Pflegeunterstützung für Angehörige

Die Pflege eines demenzkranken Angehörigen, besonders bei nächtlicher Unruhe, kann eine erhebliche Belastung sein. Eine besonders effektive Lösung zur Entlastung der Familie ist die 24-Stunden-Betreuung zu Hause. Diese Betreuung bietet zahlreiche Vorteile:

  • Kontinuierliche Anwesenheit einer geschulten Betreuungsperson
  • Individuelle Anpassung der Pflege an die Bedürfnisse des Demenzpatienten
  • Erhebliche Entlastung für pflegende Angehörige

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten der Pflegeunterstützung, die Angehörige entlasten können, wie ambulante Pflegedienste, Tagespflegeeinrichtungen, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen.

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