Die Lewy-Körperchen-Demenz (LKD), auch Lewy-Körper-Demenz oder Lewy-Body-Demenz genannt, ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch das Vorhandensein von Lewy-Körperchen, abnormalen Proteinablagerungen, im Gehirn gekennzeichnet ist. Sie ist nach Alzheimer und vaskulärer Demenz die dritthäufigste Demenzform. Die Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz ähneln denen der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit, was die Diagnose erschweren kann.
Definition und Häufigkeit
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine Demenzform, bei der sich Eiweißpartikel, sogenannte Lewy-Körperchen, in den Nervenzellen der Hirnrinde ablagern. Diese Lewy-Körperchen stören die Kommunikation im Gehirn und führen zum Absterben von Nervenzellen.
Schätzungen zur Häufigkeit der Lewy-Körperchen-Demenz variieren stark, da die Krankheit oft nicht erkannt und fehldiagnostiziert wird. Studien lassen vermuten, dass etwa 5 bis 15 Prozent der Demenzpatienten an der Lewy-Körperchen-Demenz leiden. In Deutschland leben schätzungsweise zwischen 90.000 und 180.000 Menschen mit Lewy-Körper-Demenz. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Lewy-Körperchen-Demenz tritt meist erst nach dem 65. Lebensjahr auf, wobei etwa ein Viertel aller Menschen mit Demenz unter 65 Jahren an dieser Form erkrankt sind.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für die Entstehung der Lewy-Körperchen-Demenz sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass verschiedene Faktoren zur Erkrankung führen können. Gesicherte Risikofaktoren sind nicht bekannt.
Proteinablagerungen
Im Gehirn von Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz finden sich Lewy-Körperchen, die hauptsächlich aus dem Protein Alpha-Synuclein bestehen. Diese Proteinreste werden nicht mehr richtig abgebaut und bilden schädliche Einschlüsse in den Nervenzellen. Die Lewy-Körperchen lagern sich im Großhirn und in der Substantia Nigra ab und führen dort zum Absterben von Nervenzellen.
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Genetische Faktoren
In einigen Familien lässt sich die Lewy-Körperchen-Demenz auf Veränderungen (Mutationen) im Erbgut zurückführen. Dabei sind die gleichen Gene krankhaft verändert wie bei der klassischen Parkinson-Krankheit.
Es scheint auch einen Zusammenhang mit einer Genvariante namens ApoE4 zu geben. Dieses Gen reguliert das Protein Alpha-Synuclein, das bei der Lewy-Körperchen-Demenz und bei der Parkinson-Demenz zu den schädlichen Verklumpungen im Gehirn führt. ApoE4 ist auch ein Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit. Die Lewy-Körperchen-Demenz ist jedoch nicht erblich, und es kommt sehr selten vor, dass mehr als ein Mitglied einer Familie erkrankt.
Symptome
Die Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz können vielfältig sein und ähneln denen der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Betroffenen alle Symptome entwickeln müssen und die Schwere der Symptome von Person zu Person stark variieren kann.
Kognitive Symptome
- Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit: Charakteristisch für die Lewy-Körperchen-Demenz sind starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit im Tagesverlauf. Die Aufmerksamkeit und Konzentration sind gestört, und die Betroffenen können mal völlig munter und rege, dann plötzlich in sich gekehrt, verwirrt und orientierungslos sein.
- Aufmerksamkeitsstörungen: Insbesondere die Aufmerksamkeit ist beeinträchtigt.
- Gedächtnisprobleme: Im Vergleich zur Alzheimer-Krankheit bleibt die Erinnerungsfähigkeit bei der Lewy-Körperchen-Demenz oft länger erhalten. Dennoch schreitet die Störung des Gedächtnisses fort. Betroffen sind zunächst die Alltagsfähigkeiten, die mit dem Planen, Organisieren und Orientieren zusammenhängen.
- Beeinträchtigung der Visuokonstruktion: Die Fähigkeit, Gesehenes zu reproduzieren, ist bei dieser Demenz früh betroffen.
Psychotische Symptome
- Halluzinationen: Zu Beginn der Erkrankung treten oft Halluzinationen und Wahnvorstellungen auf. In der Regel sind diese Sinnestäuschungen optischer Natur, und die Betroffenen sehen Menschen, Tiere oder Dinge, die nicht da sind. In seltenen Fällen treten auch akustische Halluzinationen auf.
- Psychische Begleiterkrankungen: Depressionen und Angststörungen sind häufig.
Motorische Symptome
- Parkinson-Symptome: Typisch für die Lewy-Körperchen-Demenz sind auch Parkinson-Symptome wie Muskelstarre (Rigor), Muskelzittern (Tremor) und eine instabile Körperhaltung mit Schwankungs- und Sturzneigung. Die Patienten zeigen oft eine Verlangsamung von Bewegungen und insgesamt eine Bewegungsarmut (Akinese). Auch das veränderte Gangbild mit kleinen Schritten und nach vorn gebeugtem Oberkörper ist typisch.
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Viele Patienten zeigen Verhaltensstörungen im Traumschlaf (REM-Schlafphase): Aufgrund einer fehlenden motorischen Hemmung leben die Patienten ihre Träume tatsächlich aus. Sie können also im Schlaf zum Beispiel schreien, sprechen und/oder sich bewegen.
Weitere Symptome
- Blutdruckabfall: Das Abfallen des Blutdrucks beim Aufstehen oder längerem Stehen kann zu Ohnmacht und Stürzen führen.
- Harninkontinenz:
- Schluckstörungen: Im späteren Verlauf der Erkrankung treten Beeinträchtigungen der Sprache und Schluckstörungen auf.
- Tagelanger Tiefschlaf: Manche Patienten fallen tagelang in einen Tiefschlaf.
Diagnose
Die Diagnose der Lewy-Körperchen-Demenz kann schwierig sein, da die Symptome denen anderer Demenzformen und der Parkinson-Krankheit ähneln. Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch wichtig, um die Symptome bestmöglich zu behandeln und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Der Arzt wird zunächst die Krankengeschichte erheben (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei werden die Symptome, der zeitliche Verlauf und eventuelle Begleiterkrankungen erfasst. Wichtig ist auch die Erhebung der Medikamenteneinnahme, da bestimmte Medikamente die Symptome verstärken können.
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Neurologische Untersuchung
Bei der neurologischen Untersuchung werden verschiedene Funktionen des Nervensystems überprüft, wie z.B. die मोटरische Fähigkeiten, die Sensibilität, die Reflexe und die Koordination.
Kognitive Tests
Kognitive Tests dienen dazu, die geistigen Fähigkeiten zu überprüfen. Dabei werden verschiedene Bereiche wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, räumliches Denken und Problemlösungsfähigkeit getestet. Ein wichtiges Instrument in der Demenz-Diagnostik ist der Uhrentest, bei dem der Patient eine Uhr mit Ziffernblatt und Zeigern zeichnen soll.
Bildgebende Verfahren
Apparative Untersuchungen wie die Messung der Hirnströme (Elektroenzephalografie, EEG) oder die Bildgebung mittels Computertomografie (CT) und Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) ergeben bei der Lewy-Körperchen-Demenz oft keine charakteristischen Befunde. Solche Untersuchungen werden jedoch durchgeführt, um andere Erkrankungen (wie Hirntumore) auszuschließen.
Spezielle Formen der Computertomografie (PET, SPECT) können helfen, die Lewy-Körperchen-Demenz von anderen Demenzformen zu unterscheiden. Die FDG-PET zeigt LBD-typische Veränderungen im Hinterkopfbereich. Mit dem DaT-SPECT lassen sich LBD-typische Nervenschädigungen gut erkennen. Auch die MIBG-Szintigraphie kann zur Diagnose beitragen.
Diagnosekriterien
Ähnlich wie bei der Chronisch-traumatischen Enzephalopathie gibt es derzeit keine Methode, die eine Lewy-Körperchen-Demenz bei lebenden Menschen eindeutig nachweisen kann. Die Diagnose basiert daher auf den klinischen Kriterien. Dazu werden drei Kriterien überprüft:
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- Gedächtnisprobleme, die häufigen Schwankungen unterworfen sind
- Wiederholt auftretende Halluzinationen
- Motorische Störungen
Sind zwei der drei Kriterien erfüllt, ist von einer Lewy-Körperchen-Demenz auszugehen.
Differenzialdiagnose
Die Lewy-Körperchen-Demenz muss von anderen Demenzformen und neurologischen Erkrankungen abgegrenzt werden, insbesondere von der Alzheimer-Krankheit und der Parkinson-Krankheit.
Lewy-Körperchen-Demenz vs. Parkinson-Demenz
Die Lewy-Körperchen-Demenz und die Demenz bei Parkinson sind sich in vielerlei Hinsicht ähnlich. Beide Erkrankungen sind durch kognitive und motorische Störungen gekennzeichnet. Die beiden Demenzen unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten:
- Bei der Lewy-Körperchen-Demenz treten die geistigen und motorischen Einschränkungen in der Regel gleichzeitig auf.
- Bei der Parkinson-Demenz entwickeln sich die kognitiven Störungen typischerweise erst zehn bis 15 Jahre nach Auftreten der ersten motorischen Einschränkungen.
Sowohl bei der Parkinson-Demenz als auch bei der Lewy-Körperchen-Demenz finden sich Lewy-Körperchen im Gehirn.
Lewy-Körperchen-Demenz vs. Alzheimer-Krankheit
Im Vergleich zur Alzheimer-Krankheit treten bei der Lewy-Körperchen-Demenz oft frühe visuelle Halluzinationen und stärkere Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit auf. Zudem sind bei der Lewy-Körperchen-Demenz häufiger motorische Symptome vorhanden.
Behandlung
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist bislang nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen möglichst lange zu erhalten. Die Therapie umfasst sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Maßnahmen.
Medikamentöse Behandlung
Derzeit gibt es noch keine Medikamente, die speziell für diese Form der Demenz zugelassen sind. Die medikamentöse Therapie gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil die Reaktion auf die Medikamente von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein kann. Ihre Anwendung erfolgt hier im "off-label-use" (Anwendung ohne Zulassung).
- Cholinesterasehemmer: Die Alzheimer-Medikamente Rivastigmin oder Donepezil können zur Behandlung der Demenz eingesetzt werden. Sie können die psychotischen Symptome (wie Halluzinationen) lindern, indem sie den Abbau des Nervenbotenstoffes Acetylcholin im Gehirn blockieren.
- Memantin: Gegen die Verhaltenssymptome hilft möglicherweise auch der Wirkstoff Memantin, ein weiteres Antidementivum.
- Levodopa: Die motorischen Symptome können mit dem Parkinson-Medikament Levodopa in niedriger Dosierung verbessert werden. Allerdings ist die Wirkung bei der Lewy-Körperchen-Demenz in der Regel geringer als bei der Parkinson-Krankheit. Als Nebenwirkung können sich Halluzinationen und Wahnvorstellungen verstärken.
- Quetiapin: Psychotische Störungen können mit Quetiapin behandelt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich die motorische Symptome verschlechtern können.
- SSRI: Gegen Depressionen helfen sogenannte SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) wie Citalopram.
Nicht-medikamentöse Therapie
Da die medikamentöse Behandlung schwierig ist, kommt der nicht-medikamentösen Therapie bei der Lewy-Körperchen-Demenz eine große Bedeutung zu. Die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten kann verbessert, die geistigen Fähigkeiten möglichst lange erhalten und herausforderndes Verhalten gemildert werden. Die Maßnahmen richten sich nach den individuellen Beschwerden.
- Ergotherapie:
- Physiotherapie:
- Verhaltenstherapie:
- Musik- und Kunsttherapie:
- Gedächtnistraining:
- Logopädie:
- Bewegung und Sport: Leichte körperliche Aktivität wie Spaziergänge oder Gymnastik kann Mobilität, Gleichgewicht und Stimmung positiv beeinflussen.
- Strukturierte Tagesabläufe: Strukturierte Tagesabläufe, ruhige Kommunikation, klare Routinen und Orientierungshilfen im Wohnumfeld sind entscheidend.
- Vermeidung von Reizüberflutung: Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz sind oft sehr empfindlich gegenüber Stress, Lärm oder Reizüberflutung.
Verlauf und Prognose
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung, die bislang nicht heilbar ist. Im fortschreitenden Verlauf der Erkrankung verlieren die Betroffenen zunehmend ihre Alltagskompetenz. Die Sprachfähigkeit nimmt ab, Schluckstörungen treten auf. Stürze und kurzzeitige Bewusstlosigkeit häufen sich, die Betroffenen werden immobil und schließlich bettlägerig.
Die Lebenserwartung bei der Lewy-Körperchen-Demenz liegt im Durchschnitt bei sieben bis acht Jahren nach Diagnosestellung. Die meisten Patienten sterben an einer Lungenentzündung.
Leben mit Lewy-Körperchen-Demenz
Die Diagnose Lewy-Körperchen-Demenz stellt Betroffene und Angehörige vor große Herausforderungen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen kann sehr hilfreich sein.
- Beratungsstellen: Beratungsstellen bieten Informationen und Unterstützung zu allen Fragen rund um die Lewy-Körperchen-Demenz.
- Pflegedienste: Pflegedienste können bei der häuslichen Versorgung und Betreuung unterstützen.
- Tagespflege: Tagespflegeangebote bieten eine stundenweise Betreuung und Entlastung für Angehörige.
- Wohnraumanpassung: Eine Anpassung des Wohnraums kann die Sicherheit und Selbstständigkeit der Betroffenen erhöhen.
- Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass die medizinischen Wünsche des Patienten auch in unerwarteten Situationen respektiert werden.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz
- Kommunikation: Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und stellen Sie klare Fragen.
- Geduld: Seien Sie geduldig und verständnisvoll. Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz brauchen oft mehr Zeit, um zu reagieren.
- Struktur: Bieten Sie eine klare Tagesstruktur und feste Rituale.
- Sicherheit: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung, um Stürze zu vermeiden.
- Aktivitäten: Fördern Sie die geistigen und körperlichen Fähigkeiten durch geeignete Aktivitäten.
- Akzeptanz: Akzeptieren Sie die Erkrankung und die damit verbundenen Veränderungen.
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