Lewy-Körperchen-Demenz (ICD-10: F02, G31.82): Eine umfassende Übersicht

Die Lewy-Körperchen-Demenz (LBD), auch Lewy-Körper-Demenz oder Lewy-Body-Demenz genannt, ist eine Form der neurodegenerativen Demenz, die durch fortschreitenden Verlust kognitiver Funktionen gekennzeichnet ist und sich auf die Alltagsfähigkeiten auswirkt. Sie ähnelt in ihren Symptomen der Alzheimer-Krankheit und der Parkinson-Krankheit, was die Diagnose erschweren kann. Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine Demenzform, die mit Halluzinationen einhergeht. Zentrales Merkmal der LKD ist eine Demenz, die mit Funktionseinschränkungen im Alltag einhergeht. Die Gedächtnisfunktion ist beim Erkrankungsbeginn relativ gut erhalten.

Definition und Häufigkeit

Die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLK) ist eine neurodegenerative Demenzerkrankung, die durch pathologische Proteinaggregation (Alpha-Synuclein) in Nervenzellen des zentralen Nervensystems (ZNS) verursacht wird.

Schätzungen zufolge machen Lewy-Körperchen-Demenzfälle etwa 10-15 % aller Demenzerkrankungen aus. Genaue Prävalenzdaten sind jedoch nicht verfügbar, da die Krankheit oft nicht erkannt und fehldiagnostiziert wird. Studien legen nahe, dass etwa 15 Prozent der Demenzpatienten in Kliniken an der Lewy-Body-Demenz leiden. In der Allgemeinbevölkerung sind schätzungsweise zehn bis zwölf Prozent der Menschen betroffen, wobei Männer häufiger erkranken als Frauen. In Deutschland leiden schätzungsweise zwischen 90.000 und 180.000 Menschen an dieser Form der Demenz.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für die Entstehung einer Lewy-Körperchen-Demenz sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass genetische Veränderungen eine Rolle spielen können, ähnlich wie bei der Parkinson-Krankheit. In einigen Familien lässt sich die Erkrankung auf Veränderungen (Mutationen) im Erbgut zurückführen. Dabei sind die gleichen Gene krankhaft verändert wie bei der klassischen Parkinson-Krankheit.

Sowohl bei Menschen mit der Lewy-Body-Demenz als auch bei Parkinson-Patienten findet sich das Gen für eine bestimmte Protein-Variante (Apolipoprotein E4, kurz: ApoE4). Zwei aktuelle Studien konnten nun zeigen, dass ApoE4 direkt die Konzentration des Eiweißes Alpha-Synuclein reguliert. Dieses Eiweiß verklumpt zu den nervenschädigenden Lewy-Körperchen, die sich - in unterschiedlichen Hirnregionen - sowohl bei Lewy-Body-Demenz-Patienten als auch bei Parkinson-Patienten finden.

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Der gefundene Zusammenhang muss aber noch genauer erforscht werden. Unklar ist etwa, ob ApoE4 auch direkt die Verklumpung von Alpha-Synclein fördert oder nicht.

Pathogenese der Lewy-Körper-Demenz

Bei der Lewy-Körper-Demenz bilden sich aus bislang unbekannter Ursache sogenannte Lewy-Körperchen, die hauptsächlich aus dem Eiweiß alpha-Synuclein bestehen. Die zuerst bei der Parkinson-Krankheit entdeckten Proteinaggregate lagern sich im neuronalen Zytoplasma (speziell in Cortex und Hirnstamm) an. Die interneuronale Signalweitergabe wird gestört, Nervenzellverbindungen gehen verloren - mit dem Ergebnis zerebraler Ausfallerscheinungen. Gleichzeitig besteht ein Dopamindefizit, weshalb die Demenz auch zu den atypischen Parkinson-Syndromen gezählt wird.

Die Lewy-Body-Demenz ist eine Form der neurodegenerativen Demenz. Sie wird durch sogenannte Lewy-Körperchen in den Nervenzellen der Großhirnrinde verursacht. Lewy-Körperchen sind spezielle Eiweißablagerungen in den Nervenzellen, die bei Parkinson und Lewy-Body-Demenz auftreten - jedoch in verschiedenen Gehirnbereichen.

Symptome

Die Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz können vielfältig sein und ähneln denen anderer Demenzformen wie Alzheimer und Parkinson. Typische Symptome neben dem demenziellen Syndrom sind:

  • Kognitive Defizite: Betroffen sind Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Orientierung und Rechnen. Die Gedächtnisfunktion ist beim Erkrankungsbeginn relativ gut erhalten.
  • Fluktuationen: Schwankungen in Aufmerksamkeit und Wachheit im Tagesverlauf sind charakteristisch. Die Patienten können völlig munter und rege sein, dann plötzlich in sich gekehrt, verwirrt und orientierungslos.
  • Visuelle Halluzinationen: Anhaltende optische Sinnestäuschungen (optische Halluzinationen) treten frühzeitig auf. Die Betroffenen sehen etwas, das gar nicht da ist (meist Menschen oder größere Tiere). Selten kommt es auch zu akustischen Halluzinationen.
  • Parkinson-Symptome: Erhöhte Muskelsteifigkeit (Rigor), Händezittern in Ruhe (Tremor), Verlangsamung der Bewegung (Akinese), Verminderung des Gesichtsausdrucks (Hypomimie) und vornübergebeugtes Gehen in kleinen Schritten können auftreten. Die Patienten sind oft unsicher beim Gehen und stürzen leicht.
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Verhaltensstörungen im Traumschlaf (REM-Schlafphase) sind typisch. Aufgrund einer fehlenden motorischen Hemmung leben die Patienten ihre Träume tatsächlich aus. Sie können also im Schlaf zum Beispiel schreien, sprechen und/oder sich bewegen.
  • Autonome Störungen: Orthostatische Hypotonie (niedriger Blutdruck beim Aufstehen) und Harninkontinenz können auftreten.
  • Psychische Symptome: Depressionen sind häufig. Viele der Betroffenen ziehen sich obendrein zurück, sind ängstlich oder gereizt.
  • Weitere Symptome: Wiederholte Stürze, tagelanger Tiefschlaf und Beeinträchtigungen der Sprache im späteren Verlauf sind möglich. Im Endstadium entwickeln sich oft Schluckstörungen.

Diagnose

Die Diagnose der Lewy-Körperchen-Demenz basiert auf der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), der körperlichen Untersuchung, Demenztests und dem Ausschluss anderer Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen. Die Diagnose einer Lewy-Körperchen-Demenz ist schwierig - denn viele Symptome ähneln denen von Alzheimer oder Parkinson. Trotzdem gibt es heute gute Möglichkeiten, die Erkrankung bereits zu Lebzeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erkennen.

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Diagnostische Verfahren

  • Kognitive Tests: Kurztests oder umfassende neuropsychologische Tests werden durchgeführt, um kognitive Defizite festzustellen. Besonders aufschlussreich sind Verfahren, die sogenannte visuell-konstruktive Fähigkeiten prüfen - also das Zusammenspiel von Sehen, Denken und Motorik. Dabei soll der Patient eine herkömmliche Uhr zeichnen - mit Ziffernblatt und Zeigern. Der Uhrentest kann helfen, frühzeitig Auffälligkeiten zu erkennen - gerade, wenn klassische Demenztests wie der Mini-Mental-Status-Test noch unauffällig bleiben.
  • Bildgebung: MRT- und CT-Aufnahmen des Gehirns werden durchgeführt, um andere Erkrankungen wie Hirntumore auszuschließen. Allerdings zeigen diese Untersuchungen bei der Lewy-Körperchen-Demenz keine charakteristischen Befunde.
  • Nuklearmedizinische Diagnostik: Spezielle Formen der Computertomografie (PET, SPECT) können helfen, die Lewy-Body-Demenz von anderen Demenzformen zu unterscheiden. Die FDG-PET zeigt LBD-typische Veränderungen im Hinterkopfbereich. Mit dem DaT-SPECT lassen sich LBD-typische Nervenschädigungen gut erkennen.
  • Weitere Untersuchungen: Die Messung der Hirnströme (Elektroenzephalografie, EEG) ergibt bei der Lewy-Körperchen-Demenz keine charakteristischen Befunde, wird aber durchgeführt, um andere Ursachen auszuschließen.

Die Diagnosestellung erfolgt anhand internationaler klinischer und Biomarker-basierter Diagnosekriterien. Für die Diagnose und Behandlung gilt die S3-Leitlinie „Demenzen“, herausgegeben von der AWMF.

Therapie

Es existiert keine kurative oder krankheitsmodifizierende Therapie für die Lewy-Körperchen-Demenz. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Bei Lewy-Body-Demenz stehen früh kognitive und psychische Symptome im Vordergrund - wie zum Beispiel Halluzinationen und geistige Leistungsschwankungen.

Medikamentöse Therapie

  • Acetylcholinesterasehemmer: Donepezil und Rivastigmin können zur symptomatischen, antidementiven Therapie eingesetzt werden. Cholinesterasehemmer können die psychotischen Symptome von Lewy-Body-Demenzpatienten (wie Halluzinationen) lindern. Solche Symptome beruhen unter anderem auf einem Mangel am Nervenbotenstoff Acetylcholin im Gehirn. Cholinesterasehemmer blockieren den Abbau des Botenstoffes, wodurch er länger seine Wirkung entfalten kann. Doch bei Menschen mit einer Lewy-Körperchen-Demenz ist Vorsicht geboten: Viele reagieren überempfindlich auf diese Medikamente.
  • Memantin: Dieser Wirkstoff kann möglicherweise gegen die Verhaltenssymptome helfen.
  • Antipsychotika: Bei psychotischen Symptomen, die nicht durch Cholinesterasehemmer kontrolliert werden können, können unter großer Vorsicht die Antipsychotika Quetiapin oder Clozapin gegeben werden. Sie werden bei Lewy-Body-Demenz meist vertragen - im Unterschied zu anderen Antipsychotika, die daher nicht gegeben werden sollten.
  • Antiparkinsonmedikamente: L-Dopa kann bei Parkinson-Symptomen eingesetzt werden, wirkt aber bei Patienten mit Lewy-Body-Demenz meist nicht so gut und kann die psychotischen Symptome verstärken. Wenn L-Dopa verordnet wird, dann meist in niedriger oder mittlerer Dosierung. Der Wirkstoff ist dann im Allgemeinen besser verträglich als in höherer Dosierung.
  • Antidepressiva: SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) wie Citalopram können gegen Depressionen helfen.

Nicht-medikamentöse Therapie

Da die medikamentöse Behandlung der Lewy-Body-Demenz schwierig ist, kommt den nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen große Bedeutung zu. Geeignet sind die gleichen Verfahren wie bei der Alzheimer-Krankheit, also zum Beispiel:

  • Gedächtnistraining
  • Ergotherapie
  • Physiotherapie
  • Verhaltenstherapie
  • Musik- und Kunsttherapie

Welche dieser nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen im Einzelfall am sinnvollsten sind, wird individuell und in Absprache mit dem Patienten entschieden. Menschen mit Lewy-Körper-Demenz sind oft sehr empfindlich gegenüber Stress, Lärm oder Reizüberflutung. Ziel ist es, die geistigen Fähigkeiten zu fördern, den Alltag zu strukturieren und das Wohlbefinden zu verbessern.

Weitere Maßnahmen

  • Unterstützung und Entlastung für Angehörige: Umso wichtiger ist es, dass Sie als Angehörige gut über das Krankheitsbild informiert sind. Wenn Sie jemanden mit Lewy-Körper-Demenz zuhause pflegen oder betreuen, können Sie im Alltag viel für diese Person tun.
  • Medikamentenplan: Bei einer Lewy-Body-Demenz kann die medikamentöse Behandlung komplex sein - besonders, wenn weitere Erkrankungen vorliegen. Ein Medikamentenplan hilft Ihnen dabei, den Überblick über Dosierung, Einnahmezeiten und mögliche Nebenwirkungen zu behalten.
  • Pflegetagebuch: Halten Sie alle Auffälligkeiten möglichst schriftlich fest - zum Beispiel in einem Pflegetagebuch. Hier können Sie dokumentieren, wo die Person im Alltag Unterstützung benötigt. Die Notizen helfen Ihrem Arzt und können bei zunehmendem Unterstützungsbedarf auch im Rahmen einer Pflegebegutachtung zum Einsatz kommen.
  • Patientenverfügung: Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift, wenn Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Ein solches Dokument entlastet auch Ihre Angehörigen bei schwierigen Entscheidungen.
  • Pflegegrad: Menschen mit einer Lewy-Body-Demenz haben unter Umständen Anspruch auf einen Pflegegrad - und damit auf verschiedene Leistungen der Pflegekasse, die den Pflegealltag erleichtern sollen. Menschen mit anerkanntem Pflegegrad, die zuhause gepflegt werden, haben Anspruch auf sogenannte Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von bis zu 42 Euro monatlich. Dazu zählen unter anderem Einmalhandschuhe, Mundschutz und Desinfektionstücher.

Verlauf und Prognose

Die Lewy-Body-Demenz ist bislang nicht heilbar. Der Verlauf einer Demenzerkrankung ist typischerweise progressiv (fortschreitend). Initialsymptome können subtil sein, etwa leichte Vergesslichkeit oder Stimmungsschwankungen, die oft fälschlicherweise dem Alter zugeschrieben werden. Mit fortschreitender Erkrankung werden die Symptome ausgeprägter, einschließlich deutlicher Gedächtnisverluste, Orientierungsproblemen, Schwierigkeiten bei der Ausführung alltäglicher Aufgaben und Persönlichkeitsveränderungen.

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Die Symptome treten meist erst nach dem 65. Lebensjahr auf. Nach Diagnosestellung beträgt die Krankheitsdauer im Schnitt sieben bis acht Jahre. Die meisten Patienten mit Lewy-Body-Demenz sterben an Lungenentzündung.

ICD-10-Code

Der ICD-10-Code für die Lewy-Körperchen-Demenz ist F02 (Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) und G31.82 (Sonstige näher bezeichnete degenerative Krankheiten des Nervensystems). Auf ärztlichen Dokumenten wird der ICD-Code oft durch Buchstaben ergänzt, die die Sicherheit der Diagnose oder die betroffene Körperseite beschreiben.

  • G: Gesicherte Diagnose
  • V: Verdacht
  • Z: Zustand nach
  • A: Ausschluss
  • L: Links
  • R: Rechts
  • B: Beidseitig

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