Lungenkrebs stellt nach wie vor eine der häufigsten und schwerwiegendsten Krebserkrankungen dar, die mit einer hohen Anzahl an Todesfällen verbunden ist. Die gute Nachricht ist, dass die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben. Dank moderner Diagnoseverfahren kann Lungenkrebs heute früher erkannt und besser verstanden werden. Dies führt zu verbesserten Therapieerfolgen und eröffnet neue Perspektiven für Betroffene und ihre Angehörigen.
Neue Erkenntnisse und verbesserte Überlebenschancen
Früher war eine Lungenkrebsdiagnose oft mit einer schlechten Prognose verbunden, da die Erkrankung meist erst in fortgeschrittenen Stadien mit bereits vorhandenen Metastasen erkannt wurde. Die 5-Jahres-Überlebensraten lagen damals bei lediglich 10-15 Prozent. Durch den medizinischen Fortschritt hat sich dieses Bild jedoch stark gewandelt. Die Früherkennung durch moderne Bildgebungstechniken wie die Computertomographie (CT) ermöglicht es, Lungenkrebs bereits in einem früheren Stadium zu identifizieren. Studien zeigen, dass ein Lungenkrebsscreening, ähnlich dem bei Brustkrebs, die Überlebensraten signifikant verbessern kann.
Individualisierte Therapieansätze durch molekulare Diagnostik
Es gibt nicht "den einen Lungenkrebs". Die Erkrankung kann sich von Mensch zu Mensch in ihren Eigenschaften unterscheiden. Dank molekularer und genetischer Forschung können Ärzte heute verschiedene Mutationen und Tumormarker bei Lungenkrebs identifizieren. Diese Unterschiede spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung individueller und passgenauer Therapien. Daher ist es essenziell, vor Therapiebeginn ein umfassendes Tumorprofil zu erstellen, um Mutationen aufzudecken und den PD-L1-Status des Tumors zu bestimmen. Beides ist für die Therapieentscheidung von großer Bedeutung.
Immuntherapie: Aktivierung des körpereigenen Immunsystems
Die Krebsimmuntherapie stellt eine wichtige Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten dar. Sie kann entweder als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Therapien wie Chemotherapie oder Radiochemotherapie eingesetzt werden. Die Immuntherapie kann sowohl nach einer Operation als auch in Fällen, in denen eine Operation nicht möglich ist, angewendet werden. Voraussetzung für den Einsatz einer Krebsimmuntherapie ist die Bestimmung des PD-L1-Status. Die Immuntherapie aktiviert das körpereigene Immunsystem, sodass es die Krebszellen selbstständig bekämpfen kann. Das Vorhandensein einer Treibermutation ist nicht zwingend erforderlich, damit eine Krebsimmuntherapie erfolgreich eingesetzt werden kann. Somit stellt die Krebsimmuntherapie für fast jeden Lungenkrebspatienten eine Behandlungsoption dar. Diese Therapieform hat das Leben vieler Menschen mit fortgeschrittenem Lungenkrebs deutlich verbessert und verlängert und kann selbst dann wirken, wenn andere Therapien versagen.
Zielgerichtete Therapien: Präzision im Kampf gegen den Krebs
Zielgerichtete Therapien stellen einen weiteren wichtigen Durchbruch in der Krebsbehandlung dar. Diese Behandlungsmethode richtet sich spezifisch gegen Krebszellen mit bestimmten molekularen Veränderungen und hemmt so deren Wachstum. Die Therapien wirken gezielt auf die biologischen Eigenschaften des Tumors und hindern die Zellen daran, unkontrolliert weiter zu wachsen. Mittlerweile profitieren 30 bis 40 Prozent der Lungenkrebspatienten von diesen fortschrittlichen Behandlungen. Eine molekulare Analyse des Tumors ist essenziell, um zu bestimmen, ob eine zielgerichtete Therapie infrage kommt. In Kombination mit weiteren Therapien wie Chemotherapie, Immuntherapie oder zielgerichteter Therapie können so langfristig gute Überlebenschancen erreicht werden.
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Stereotaktische Hochpräzisions-Strahlentherapie bei Hirn- und Lebermetastasen
Die Stereotaktische Hochpräzisions-Strahlentherapie stellt eine wichtige Behandlungsoption bei Lungenkrebs mit Metastasen in Leber und Gehirn dar. Im Folgenden werden die Möglichkeiten dieser Therapieform bei Patienten mit Hirn- und Lebermetastasen näher betrachtet.
Hirnmetastasen
In der Behandlung von Hirnmetastasen bei verschiedensten Krebserkrankungen spielt die Strahlentherapie generell eine wichtige Rolle. Insbesondere Hirnmetastasen des Mammakarzinoms reagieren gut auf Strahlen. Bei einzelnen oder wenigen kleinen Hirnmetastasen kann alternativ zur Operation die Radiochirurgie oder die Stereotaktisch Fraktionierte Strahlentherapie mit guter Aussicht auf Erfolg angewendet werden. Eine Reihe von Veröffentlichungen zeigt, dass bei singulären Hirnmetastasen die Radiochirurgie (einmalige, hoch dosierte, stereotaktisch durchgeführte Bestrahlung) der traditionellen Behandlung, d. h. der operativen Entfernung der Metastase mit nachfolgender Ganzhirnbestrahlung, in den Ergebnissen nicht unterlegen ist.
Wissenschaftliche Arbeiten haben sich mit der Frage der lokalen Kontrolle nach radiochirurgischer Behandlung von Hirnmetastasen genauer befasst. In 14 von 16 Veröffentlichungen liegen die lokalen Kontrollraten ein Jahr nach Radiochirurgie im Bereich von ca. 80% bis 90%, in zwei der 16 Publikationen bei 61% und 77%. In einem der Zentren (Tokyo) betrug die lokale Kontrolle nach fünf Jahren 52%.
Im Bereich des Gehirns können Metastasen an Orten entstehen, die eine Operation aufgrund zu hohem Risiko nicht erlauben. Ein besonderes Beispiel hierfür ist die Lokalisation von Metastasen im Stammhirnbereich, wo sich Kontrollstationen zu lebenswichtigen Grundfunktionen des Körpers befinden, z. B. zu Atmung, Herzschlag, Blutdruck, etc. Für solch "kritisch" gelegene Hirnmetastasen ist die Hochpräzisions-Strahlentherapie im Sinne der Stereotaktisch Fraktionierten Strahlenbehandlung in Betracht zu ziehen.
Wenn die Kernspintomographie (MRT) eine größere Zahl von Hirnmetastasen zeigt, wird im Allgemeinen eine Ganzhirn-Strahlenbehandlung durchgeführt. Diese dauert drei bis vier Wochen (15 bis 20 Bestrahlungen bei einer Bestrahlung pro Wochentag) und führt vielfach zu einer Rückbildung der Metastasen.
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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Präzisions-Strahlentherapie im Sinne von Stereotaktischer Strahlenbehandlung bei vielen Patienten mit Hirnmetastasen grundsätzlich eine sinnvolle Behandlungsmöglichkeit ist. Aus diesem Grund wird das individuelle Therapievorgehen im Allgemeinen zwischen Neurochirurgen und Strahlentherapeuten interdisziplinär besprochen.
Lebermetastasen
Bei einer Reihe von Krebserkrankungen kann es zu Metastasenwachstum in der Leber kommen. Unter den Patienten mit Lebermetastasen findet sich zahlenmäßig am häufigsten die Gruppe mit Dickdarmkarzinomen. Als genaueste Methode in der Bildgebung von Lebermetastasen gilt die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT).
Für Patienten mit fortgeschrittener Lebermetastasierung bzw. vielen Lebermetastasen im linken und rechten Leberlappen steht die Medikamentenbehandlung im Sinne von systemischer Chemotherapie und modernen zielgerichteten Substanzen im Vordergrund. Vergleichbar der Hirn- und Lungenmetastasierung ist jedoch bei einzelnen Leberherden immer auch an die Möglichkeit einer lokalen Therapie zu denken.
Nicht immer lässt sich bei einzelnen Lebermetastasen sinnvoll operieren. So können Begleiterkrankungen oder höheres Alter den invasiven chirurgischen Eingriff verhindern. Auch die kritische Lokalisation einer Metastase, z. B. in unmittelbarer Nähe eines größeren Blutgefäßes der Leber, steht u. U. der Operation entgegen. In solch einer Situation kommen alternativ andere lokale Therapieverfahren in Frage und sind zu diskutieren.
Die Mehrzahl dieser alternativen, lokalen Behandlungsformen entspricht invasiven Therapien:
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- Laserinduzierte Interstitielle Thermo Therapie (LITT), bei der eine Laser-Sonde zur Mitte der Metastase geführt wird, um wie bei der RFA die Metastase durch erhöhte Temperaturen bzw.
- Die Brachytherapie, eine spezielle, hoch wirksame Form der Strahlentherapie, bei der die Strahlenquelle innerhalb des Zielgebietes positioniert wird. In der Behandlung von Lebermetastasen wird die radioaktive Quelle von außen über eine oder mehrere eingestochene Nadeln in den Herd eingebracht. Das Legen der Nadeln erfolgt unter computertomographischer Kontrolle. Wenn sich der Strahler in der Metastase befindet, wird er gezielt entlang der Nadel in bestimmte Haltepositionen bewegt. Die Verweildauer in den einzelnen Positionen ist am Computer berechnet.
Im Unterschied zu den aufgelisteten invasiven, lokalen Behandlungsverfahren stellt die Stereotaktische Strahlentherapie von Lebermetastasen eine nicht-invasive Behandlungsform dar. Eine der jüngsten internationalen Veröffentlichungen aus 2015 berichtet über 74 Patienten mit 91 Lebermetastasen. Die Patienten erhielten eine Stereotaktische Strahlentherapie und hatten verschiedene Krebserkrankungen, darunter mehrheitlich Dickdarmkarzinome.
Die Volumina der Lebermetastasen (Volumen der eigentlichen Metastase plus dem aus Sicherheitsgründen mitbestrahlten Randsaum) zeigten eine beträchtliche Bandbreite. Sie lagen zwischen 11 cm³ und 1074 cm³, im Durchschnitt (Median) bei 123 cm³. Die Stereotaktische Strahlentherapie erfolgte mit drei bis fünf einzelnen Bestrahlungen (Fraktionen). Dabei variierten die Strahlendosen zwischen 5 und 12,5 Gy. Täglich wurde die Lage und Anatomie der Metastasenherde mit Bildgebung am Beschleuniger (Bildgeführte Strahlentherapie) überprüft.
Im Durchschnitt (Median) lag die Überlebenszeit der Patienten, ohne dass die bestrahlte Metastase wieder ein Wachstum zeigte, bei 23 Monaten. Nach 1, 2 und 3 Jahren waren 75%, 48% und 48% der bestrahlten Metastasen kontrolliert bzw. ohne Volumenzunahme. Mit anderen Worten, die Vermehrung von Tumorzellen in der bestrahlten Metastase war gestoppt. Akute oder spät eintretende Nebenwirkungen von einem bedrohlichen Ausmaß zeigten sich nicht.
Insgesamt lässt sich sagen, dass für Patienten mit einer oder wenigen Lebermetastasen die lokalen Behandlungsverfahren eine gute Möglichkeit darstellen, das Fortschreiten der Erkrankung in der Leber vollständig oder auf mehr oder weniger lange Zeit zu verhindern. Dabei werden die Methoden der lokalen Therapie oft mit einer zusätzlichen systemischen Chemotherapie kombiniert. Insbesondere zur operativen Entfernung von Lebermetastasen bestehen seit Jahrzehnten gute Erfahrungen, sodass der chirurgische Eingriff als das Standardverfahren gilt. Daneben sind weitere invasive Verfahren, wenn die Operation nicht in Frage kommt, als Alternativen zu nennen (s. oben). Die Stereotaktische Strahlentherapie ist inzwischen ebenfalls etabliert und eine Reihe von Publikationen zeigen ihre Effizienz.
Herausforderung Blut-Hirn-Schranke
Ein spezieller Schutzmechanismus unseres Gehirns, die Blut-Hirn-Schranke, erschwert die Behandlung von Hirnmetastasen. Grundsätzlich kann es bei jedem Tumor zu Absiedlungen im Gehirn kommen. Besonders häufig ist das jedoch bei Lungen- und Brustkrebs der Fall. So ist Lungenkrebs für 40 bis 60 Prozent und Brustkrebs für 15 bis 20 Prozent aller Hirnmetastasen verantwortlich. Warum das so ist, konnten Forschende noch nicht entschlüsseln. Was sie jedoch wissen, ist: Bestimmte Genmutationen, die zu einem aggressiven Tumorwachstum führen, erhöhen auch das Risiko für Hirnmetastasen. So haben Patientinnen und Patienten mit Lungenkrebs, bei denen beispielsweise eine ALK- oder ROS1-Mutation vorliegt, eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Hirnmetastasen. Bei Brustkrebs konnten Forschende einen Zusammenhang zwischen bestimmten Eigenschaften des Primärtumors und Hirnmetastasen herstellen. Ist der ursprüngliche Tumor Hormonrezeptor-negativ, HER2-positiv oder triple-negativ (TNBC), steigt das Risiko für Hirnmetastasen.
Generell sind Hirnmetastasen schwer zu behandeln. Aber Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln immer neue Krebsmedikamente, die den Schutzmechanismus des Gehirns überwinden und deshalb auch Hirnmetastasen effektiv behandeln können.
Funktion der Blut-Hirn-Schranke
In unserem Körper finden ständig verschiedene Austauschprozesse statt. Dabei spielt das Blut eine entscheidende Rolle. Es transportiert verschiedene Moleküle zu den Organen oder von dort ab. Dieser Austausch wird überall gut kontrolliert - besonders sorgfältig für das zentrale Nervensystem (ZNS), also das Gehirn und das Rückenmark. Denn das ZNS reagiert auf viele Moleküle sehr empfindlich. Dazu gibt es zwei Sicherheitsbarrieren. Die erste Barriere ist eine dicht gepackte Zellschicht, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke (BHS). Die zweite Kontrollinstanz ist ein aktiver Rücktransport. Sie schützen das ZNS vor Krankheitserregern oder schädlichen Substanzen und kontrollieren, welche Stoffe aus dem Blut ins Gehirn gelangen und welche nicht.
Obwohl diese beiden Sicherheitsbarrieren für unseren Körper lebenswichtig sind, erschweren sie die effektive Behandlung von Gehirnerkrankungen, wie z. B. Hirntumoren bzw. Hirnmetastasen. Denn während die meisten Medikamente - auch Krebsmedikamente - die BHS absichtlich nicht passieren sollen, ist es bei der Behandlung von Hirnmetastasen unerlässlich, dass sie diese natürliche Barriere überwinden können. Eigenschaften wie die Größe, Ladung oder Löslichkeit von Molekülen können Einfluss darauf haben, ob und wie leicht sie die Barrieren überwinden.
Forschende gehen davon aus, dass die BHS als physiologische Barriere ab einer Hirnmetastasen-Größe von 1 bis 2 Millimetern nicht mehr intakt ist. Dann ist es möglich, dass auch größere Moleküle eingesetzter Medikamente die BHS passieren. Wie lange sie dort verbleiben und ihre Wirkung entfalten können, bevor sie wieder abtransportiert werden, ist abhängig von sogenannten Transportproteinen oder Exportproteinen, die die Aufnahme in Zellen oder die Ausscheidung beeinflussen. So wirken viele Krebsmedikamente nicht gegen Hirnmetastasen (klassische Chemotherapien oder auch einige zielgerichtete Therapien) oder nur zeitlich begrenzt (Immuntherapien), weil sie entweder die BHS gar nicht erst passieren können oder schnell wieder von Exportproteinen entfernt werden.
Forschung zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke
Therapien, die diese Barrieren überwinden und im ZNS ihre Wirkung entfalten können, werden intensiv erforscht. Bereits heute gibt es Wirkstoffe, mit denen einerseits der Primärtumor gut behandelt werden kann, die aber andererseits auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und effektiv gegen Metastasen im Zentralen Nervensystem wirken können. Dank der Fortschritte in der Entwicklung von zielgerichteten Therapien ist es mittlerweile auch möglich, Hirnmetastasen medikamentös zu behandeln und nicht nur per Operation oder Bestrahlung. Zielgerichtete Therapien, Immuntherapien und Antihormontherapien konnten in Studien das Überleben von bestimmten Patientengruppen deutlich verlängern. Zudem forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensiv an der Entwicklung neuer Krebsmedikamente, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Und bereits heute gibt es Wirkstoffe, die z. B. effektiv Lungenkrebs und gleichzeitig Hirnmetastasen behandeln können. Weitere Mechanismen zur Überwindung der BHS sind in der Erforschung, beispielsweise das Verpacken von Wirkstoffen in sogenannten Nanopartikeln.
Symptome von Hirnmetastasen
Zu Beginn verursachen Hirnmetastasen oft keine Symptome. Erst wenn sie größer werden oder in empfindlichen Hirnregionen auftreten, lösen sie Beschwerden aus. Zu den möglichen Anzeichen gehören:
- Kopfschmerzen
- Neurologische Funktionsstörungen, wie z. B. Lähmungen von Armen oder Beinen
- Kognitive Störungen wie Erinnerungsstörungen, Stimmungsschwankungen oder Persönlichkeitsveränderungen
- Sprachstörungen
- Veränderungen beim Sehen, Riechen, Hören oder beim Tasten
- Krampfanfälle / epileptische Anfälle
- Schlaganfall
- Hirnorganisches Psychosyndrom
- Weitere Hirndruckzeichen wie Übelkeit und Erbrechen
- Müdigkeit bis hin zu Bewusstseinsstörungen
Systemische Therapie bei metastasiertem Lungenkrebs
Die systemische Therapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Lungenkrebs im Stadium IV, wenn sich der Tumor bereits mit Tochtergeschwülsten (Metastasen) in andere Organe ausgebreitet hat. In der Regel ist Lungenkrebs im metastasierten Stadium nicht heilbar, jedoch gibt es Ausnahmen, wie das Stadium M1b bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, wenn der Tumor zunächst nur eine einzige Metastase in einem anderen Organ gebildet hat. Dieses Krankheitsstadium wird als "oligometastasierte Erkrankung" (OMD) bezeichnet und kann unter Umständen mit dem Anspruch auf Heilung behandelt werden.
Therapieoptionen bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs im Stadium IV
Die Wahl der systemischen Therapie hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Vorliegen spezifischer Erbgutveränderungen (Mutationen) im Tumor, der PD-L1-Expressionsstatus, der Allgemeinzustand des Patienten und Begleiterkrankungen.
Zielgerichtete Therapien bei spezifischen Mutationen
Bei etwa jedem zehnten Patienten mit einem Nicht-Plattenepithelkarzinom der Lunge werden genetische Veränderungen (Mutationen) im epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) festgestellt. Diesen Patienten wird im Stadium IV eine zielgerichtete Erstlinientherapie mit einem Tyrosinkinasehemmer (TKI) empfohlen. Bei sogenannten aktivierenden Mutationen im EGF-Rezeptor ist der EGFR dauerhaft aktiv und sendet permanent Signale zur Zellteilung aus. Tyrosinkinasehemmer wie Afatinib, Erlotinib oder Gefitinib sind winzige Moleküle, die durch die Zellwand hindurch in die Zellen eindringen und dort den innen liegenden Teil des Rezeptors besetzen können. In Studien waren EGFR-Tyrosinkinasehemmer bei Patienten mit aktivierender EGFR-Mutation wirksamer als eine Chemotherapie mit Zytostatika und sogar besser verträglich.
Bei Patienten mit sogenannten Exon20-Insertionen kann die Therapie mit Tyrosinkinasehemmern nicht empfohlen werden, da diese sich nicht an das Protein binden. Spricht ein Tumor mit aktivierender EGFR-Mutation im Verlauf nicht mehr ausreichend auf die Therapie mit einem TKI an, ist also resistent dagegen geworden, wird eine erneute Tumorbiopsie oder eine sogenannte liquid biopsy empfohlen, um eine sogenannte EGFR T790M-Resistenzmutation nachzuweisen. Liegt eine solche Mutation tatsächlich vor, sollte eine Therapie mit Osimertinib eingeleitet werden.
Bei drei bis fünf Prozent aller nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome kommt eine ALK-Translokation vor, die das Wachstum des Tumors vorantreibt. Diesen Patienten wird eine Ersttherapie mit dem Tyrosinkinasehemmer Crizotinib empfohlen. Auch bei Tumoren mit ALK-Translokation werden künftig neue Substanzen wie Alectinib zur Verfügung stehen. Neben Crizotinib und Alectinib sind weitere ALK-Hemmer im Einsatz, zum Beispiel Ceritinib, Brigatinib oder Lorlatinib.
Aktivierende ROS1-Translokationen treten bei einem Prozent der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom auf. Die betroffenen Patienten können in der Ersttherapie mit Crizotinib behandelt werden. Aktivierende BRAF-Mutationen wie V600E können mit einer Kombination der BRAF- und MEK-Hemmer Dabrafenib und Trametinib behandelt werden. Patienten mit Tumoren, die RET-Mutationen aufweisen, können mit Cabozantinib und weiteren RET-Hemmern behandelt werden. Ist bei einem Adenokarzinom der HER2-Rezeptor verändert, lässt sich die Krankheit mit einem HER2-Hemmer wie Trastuzumab oder Afatinib stabilisieren oder sogar partiell zurückdrängen. Auch sogenannte MET-Amplifikationen und MET-Mutationen kommen vor. Der Einsatz von MET-Hemmern in Studien sollte in diesen Fällen als eine therapeutische Option genutzt werden.
Chemo- und Immuntherapie
Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs im Stadium IV, bei denen keine therapierbaren Mutationen vorliegen, erhalten in der Regel eine platinbasierte Kombinationschemotherapie. Alternativ kann bei Patienten mit einem Nicht-Plattenepithelkarzinom die platinhaltige Kombinationschemotherapie auch durch den Antikörper Bevacizumab ergänzt werden. Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom, das den EGF-Rezeptor auf der Oberfläche der Zellen ausbildet, können zusätzlich zur Chemotherapie den Anti-EGFR-Antikörper Necitumumab erhalten.
Nach der Erstchemotherapie kann bei Patienten mit einem Nicht-Plattenepithelkarzinom eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed angeboten werden, sofern es ihr Gesundheitszustand zulässt und sie die Chemotherapie gut vertragen haben. Patienten, die erfolgreich mit Bevacizumab behandelt wurden, können damit in einer Erhaltungstherapie weiterbehandelt werden.
So ist bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom eine Immuntherapie mit einem Checkpointblocker wie den PD1-Hemmern Nivolumab und Pembrolizumab (bei einer mindestens 1%igen PD-L1-Expression) oder dem PD-L1-Hemmer Atezolizumab möglich. Zudem kann den Patienten eine Therapie mit Afatinib oder Docetaxel mit oder ohne Ramucirumab angeboten werden. Bei Patienten mit einem Nicht-Plattenepithelkarzinom sollte eine Zweittherapie mit Nivolumab, Pembrolizumab (> 1% PD-L1) oder Atezolizumab erfolgen. Bei Patienten, bei denen der Tumor nach Chemotherapie rasch voranschreitet oder kein PD-L1 ausbildet, sollte gegebenenfalls eine Kombinationstherapie erfolgen, zum Beispiel mit Docetaxel und Nintedanib oder Docetaxel und Ramucirumab.
Immuntherapie als Erstlinientherapie
Pembrolizumab kann bei Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs im Stadium IV in der Ersttherapie bei einer Expression von > 50% PD-L1 und fehlenden EGFR- und ALK-Alterationen der Tumorzellen als alleinige Therapie anstelle einer Chemotherapie eingesetzt werden.
Behandlung von Knochenmetastasen
Lungentumoren neigen zur Bildung von Tochtergeschwülsten in den Knochen. Diese können erhebliche Schmerzen verursachen und erhöhen das Risiko für Knochenbrüche. Einzelne Knochenmetastasen können durch eine Operation oder stereotaktische Strahlentherapie entfernt werden. Darüber hinaus verringert sich durch die Gabe von Substanzen, die den Knochenabbau hemmen, sogenannte Bisphosphonate, das Risiko von Komplikationen, Schmerzen werden gelindert. Eine weitere Gruppe von Medikamenten zur Behandlung von Knochenmetastasen sind sogenannte zielgerichtete Therapien. In Deutschland ist der Antikörper Denosumab aus dieser Gruppe zugelassen.
Psychische Resilienz: Wie Betroffene und Angehörige stark bleiben können
Eine Krebsdiagnose bringt enorme emotionale Belastungen mit sich. Um psychisch gut gewappnet zu sein, gibt es einige Strategien:
- Aufklärung und Wissen: Je besser du über deine Erkrankung und die möglichen Behandlungswege informiert bist, desto weniger fühlst du dich ausgeliefert. Sprich offen und ohne Scheu mit deinem ärztlichen Team und stelle alle Fragen, die dich beschäftigen. Allerdings können die ganzen Informationen im Internet auch beängstigend sein. Dann kannst du dir eine verbündete Person suchen, die Informationen für dich sammelt und sie dir gefiltert oder häppchenweise zukommen lässt, damit du nicht von negativen Informationen überfordert wirst.
- Unterstützung suchen: Der Austausch mit anderen Betroffenen oder psychologische Unterstützung kann helfen, Ängste und Unsicherheiten zu verarbeiten. Viele Kliniken bieten Psychoonkologie an, um Betroffene und Angehörige während der Behandlung zu begleiten. Auch Selbsthilfegruppen oder Patientenorganisationen wie der Bundesverband Selbsthilfe Lungenkrebs bieten die Möglichkeiten zum Austausch mit anderen Patientinnen und Patienten oder Angehörigen.
- Achtsamkeit und Entspannung: Techniken wie Meditation, Yoga oder Atemübungen können helfen, den Stress zu reduzieren und innere Ruhe zu finden. Es ist wichtig, regelmäßig Pausen einzulegen und für sich selbst zu sorgen.
- Mindset: So schwer die Diagnose auch ist, der medizinische Fortschritt gibt Anlass zu Optimismus. Vielen Menschen gelingt es, auch mit fortgeschrittener Erkrankung noch eine wertvolle Lebenszeit zu gewinnen.
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