Lyrica (Pregabalin) bei Nervenschmerzen: Erfahrungen, Wirksamkeit und Anwendung

Lyrica®, dessen Wirkstoff Pregabalin ist, findet breite Anwendung in der Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Epilepsie und generalisierten Angststörungen. Dieser Artikel beleuchtet die Erfahrungen mit Lyrica bei Nervenschmerzen, insbesondere im Kontext der diabetischen Polyneuropathie, und gibt einen Überblick über Wirksamkeit, Anwendung und mögliche Nebenwirkungen.

Diabetische Polyneuropathie und neuropathische Schmerzen

Etwa 20 bis 25 % der Menschen mit Diabetes mellitus entwickeln eine Polyneuropathie, die oft mit neuropathischen Schmerzen einhergeht. Diese Schmerzen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Zu den Substanzen, die sich in der Behandlung neuropathischer Schmerzen als wirksam erwiesen haben, gehören trizyklische Antidepressiva, die Antikonvulsiva Carbamazepin und Oxcarbazepin sowie Gabapentin und Pregabalin.

Studienlage zu Pregabalin (Lyrica®)

Bisher gibt es mehrere veröffentlichte, randomisierte, Plazebo-kontrollierte Studien, die die Wirksamkeit von Pregabalin bei schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie und postzosterischer Neuropathie belegen. Eine dieser Studien, die an 58 Zentren in Deutschland, Ungarn, Polen, England, Australien und Südafrika durchgeführt wurde, untersuchte die Wirkung von Pregabalin auf Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 und neuropathischen Schmerzen.

In dieser 12-wöchigen, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Studie wurden 325 Patienten entweder mit Plazebo, 150, 300 oder 600 mg Pregabalin behandelt, wobei die Einnahme zweimal täglich erfolgte. Der primäre Endpunkt war die Veränderung des mittleren Schmerz-Scores, den die Patienten in ihren Tagebüchern festhielten.

Ergebnisse der Studie

Die Studie zeigte, dass eine Dosis von 600 mg Pregabalin zu einer signifikanten Verbesserung der Schmerzen führte (Reduktion um 0,91 Punkte gegenüber einem Ausgangswert von 3,7 Punkten) im Vergleich zu Plazebo (p=0,0093). Niedrigere Dosen von 150 und 300 mg Pregabalin täglich zeigten keine signifikante Reduktion der Schmerz-Scores.

Lesen Sie auch: Nurvet Kautabletten Nerven: Die Inhaltsstoffe und ihre Wirkung.

46% der Patienten, die mit 600 mg Pregabalin behandelt wurden, berichteten über eine über 50%ige Verbesserung der Schmerzen im Vergleich zu 30% in der Plazebo-Gruppe (p=0,036). Die Number needed to treat (NNT) betrug 6,3. Die höchste Dosis von Pregabalin war auch signifikant wirksamer als Plazebo in Bezug auf schmerzbezogene Schlafstörungen sowie die globale Einschätzung der Wirkung.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen, die in der Studie beobachtet wurden, waren Benommenheit, Schwindel, Ödeme, Müdigkeit, Mundtrockenheit und Gewichtszunahme. Interessanterweise wurden Kopfschmerzen durch Pregabalin eher gebessert.

Schlussfolgerungen und klinische Relevanz

Die Studienergebnisse bestätigen, dass Pregabalin bei der schmerzhaften Diabetes-Neuropathie wirksam sein kann, allerdings nur in der höchsten Dosis von 600 mg täglich. Diese Ergebnisse decken sich mit den klinischen Erfahrungen. Pregabalin wird im Allgemeinen gut vertragen und ist daher auch für ältere Patienten geeignet, die die Nebenwirkungen von Trizyklika und Opioiden nicht vertragen. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Therapie die Polyneuropathie selbst nicht beeinflussen kann. Eine optimale Behandlung des Diabetes mellitus ist entscheidend, um die Grunderkrankung zu behandeln.

Fallbeispiel: Behandlung neuropathischer Schmerzen mit Pregabalin

Ein Fallbeispiel einer 59-jährigen Patientin mit Diabetes mellitus Typ 2 und unerträglichen Schmerzen in den Beinen zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten der Behandlung neuropathischer Schmerzen. Nach der Diagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms im Rahmen der diabetischen Neuropathie (DPNP) wurde die Patientin zunächst mit Gabapentin behandelt, jedoch ohne ausreichende Wirkung.

In der neurologischen Schmerzambulanz wurde eine umfassende Anamnese und Schmerzanamnese erhoben, und psychische Probleme wurden mithilfe von Depressionsfragebögen erfasst. Der DN4-Fragebogen bestätigte die Verdachtsdiagnose eines neuropathischen Schmerzsyndroms.

Lesen Sie auch: Valproat: Anwendung und Wirksamkeit bei Epilepsie

Therapieplan und Umstellung auf Pregabalin

Nachdem ein realistisches Therapieziel mit der Patientin besprochen wurde, wurde ein Therapieversuch mit Duloxetin in Kombination mit Gabapentin begonnen. Da die Schmerzen jedoch nicht ausreichend reduziert wurden, erfolgte eine Umstellung auf Pregabalin.

Die Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin erfolgte gemäß einem Umstellungsschema, bei dem die Gabapentin-Therapie mit der Abendgabe gestoppt und Pregabalin am nächsten Morgen begonnen wurde. Die Dosierungen wurden entsprechend einem Algorithmus angepasst, der auf der vorherigen Gabapentin-Dosis basierte.

Unter der Kombination von Duloxetin und Pregabalin wurden die neuropathischen Beschwerden gelindert, jedoch traten auch Nebenwirkungen wie Schwindel und Beinödeme auf. Durch Gespräche mit dem Hausarzt und der Schmerzambulanz konnte die Patientin vorerst davon abgehalten werden, die Medikation abzusetzen.

Allgemeine Überlegungen zur Therapie neuropathischer Schmerzen

Die Diagnose neuropathischer Schmerzen ist dank Leitlinien und entsprechender Untersuchungstools gut etabliert. Auch die Therapie stellt meist kein Problem mehr dar, wobei die zu erwartenden Effekte der Therapie nicht überschätzt werden sollten. Negativsymptome können in der Regel nicht behandelt werden. Eine Beeinflussung der Positivsymptome im Rahmen einer Reduktion von 30 bis 40 % wird laut aktuellen Leitlinien schon als Therapieerfolg gewertet.

Neu ist, dass nun alle Medikamente zur Therapie des neuropathischen Schmerzes auch als Generika zur Verfügung stehen, was die Verordnung erleichtert und womit diese nicht bestimmten Fachdisziplinen vorbehalten bleibt. So gibt es die Antidepressiva, alte wie neue, sowie Antiepileptika als Generika. Eine direkte Umstellung von Originalpräparaten auf Generika erfolgt in der Regel problemlos, wobei darauf geachtet werden muss, ob neue Nebenwirkungen oder Veränderungen in der Wirkung auftreten.

Lesen Sie auch: Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Mutterkraut und Nervosität

Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin: Wann und wie?

Es gibt verschiedene Argumente dafür, dass man bei der Therapie neuropathischer Schmerzen Patienten von Gabapentin auf Pregabalin umstellen sollte. Eine Kohortenstudie hat den Nutzen einer Umstellung von Gabapentin auf Pregabalin bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen, verursacht durch periphere Neuropathien, eruiert.

Die Studie untersuchte Patienten, die von Gabapentin auf Pregabalin umgestellt worden waren, und verglich sie mit den Patienten, die bei der Gabapentin-Therapie geblieben waren. In dieser Untersuchung wurde die Pregabalin-Gruppe zusätzlich unterteilt: in eine Subgruppe mit den Patienten, die auf Gabapentin gut, und eine mit denjenigen, die darauf schlecht angesprochen hatten. Die Gabapentin-Therapie wurde mit der Abendgabe gestoppt und Pregabalin am nächsten Morgen begonnen.

Die Dosierungen wurden nach dem folgenden Algorithmus umgestellt:

  • Gabapentin ≤900mg/Tag → Pregabalin 150mg/Tag
  • Gabapentin 901-1500mg/Tag → Pregabalin 225mg/Tag
  • Gabapentin 1501-2100mg/Tag → Pregabalin 300mg/Tag
  • Gabapentin 2101-2700mg/Tag → Pregabalin 450mg/Tag
  • Gabapentin >2700mg/Tag → Pregabalin 600mg/Tag

Die rasche Umstellung (innerhalb von zwei Tagen) wurde von den Patienten im Allgemeinen gut vertragen. Die Autoren fanden heraus, dass diejenigen, die unter Gabapentin gut eingestellt waren, keinen zusätzlichen Nutzen (bis auf die zweimalige Medikamenteneinnahme unter Pregabalin gegenüber einer dreimaligen unter Gabapentin) hatten, aber auch keine Verschlechterung erlitten, als sie auf Pregabalin umgestellt wurden. Patienten, die Pregabalin erhielten, hatten insgesamt eine verbesserte Schmerzkontrolle, verglichen mit den Patienten, die weiterhin unverändert Gabapentin erhielten. Die Umstellung auf Pregabalin führte zu einer verbesserten Schmerzlinderung ohne vermehrte Nebenwirkungen. Besonders signifikant war dies bei Patienten, bei denen zuvor unter Gabapentin signifikante Nebenwirkungen trotz guter Wirkung aufgetreten waren.

Bei Patienten, die unter Gabapentin an ausgeprägten Nebenwirkungen (Schwindel, Benommenheit) gelitten hatten, traten auch unter Pregabalin ähnliche Nebenwirkungen auf, jedoch zum größten Teil weniger stark ausgeprägt.

Anwendung von Pregabalin

Pregabalin wird bei Erwachsenen bei Epilepsie ohne sekundäre Generalisierung, peripheren und zentralen neuropathischen Schmerzen sowie generalisierten Angststörungen eingesetzt. Es senkt im zentralen Nervensystem die neuronale Erregbarkeit und wirkt dadurch analgetisch, antiepileptisch, anxiolytisch und sedierend.

Kapseln oder Lösung mit Pregabalin werden normalerweise zwei- bis dreimal täglich eingenommen, unabhängig von den Mahlzeiten. Die empfohlene Dosis liegt zwischen 150 und 600 mg, je nach Indikation.

  • Neuropathische Schmerzen: Die Therapie beginnt mit 150 mg täglich, verteilt auf zwei oder drei Einzeldosen. Je nach individuellem Ansprechen und Verträglichkeit kann die Dosis gesteigert werden.
  • Epilepsie: Die Therapie beginnt mit 150 mg täglich, verteilt auf zwei oder drei Einzeldosen. Die Dosis kann je nach Ansprechen und Verträglichkeit erhöht werden.
  • Generalisierte Angststörungen: Die Therapie beginnt mit 150 mg täglich, verteilt auf zwei oder drei Einzeldosen. Die Dosis kann je nach Ansprechen und Verträglichkeit erhöht werden.

Es ist wichtig, Medikamente mit Pregabalin nicht abrupt abzusetzen, sondern die gewohnte Dosis mindestens eine Woche lang ausschleichend zu senken.

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen unter Pregabalin-Therapie zählen Benommenheit, Schläfrigkeit und Kopfschmerzen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Nasopharyngitis
  • gesteigerter Appetit
  • Euphorie
  • Verwirrung
  • Reizbarkeit
  • Desorientierung
  • Schlaflosigkeit
  • Libidoverlust
  • Ataxie
  • Koordinationsstörungen
  • Tremor
  • Dysarthrie
  • Amnesie
  • Gedächtnisstörungen
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Parästhesie
  • Hypästhesie
  • Sedierung
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Lethargie
  • verschwommenes Sehen
  • Diplopie
  • Vertigo
  • Erbrechen
  • Übelkeit
  • Verstopfung, Diarrhoe
  • Flatulenz
  • aufgeblähter Bauch
  • Mundtrockenheit
  • Muskelkrämpfe
  • Arthralgie
  • Rückenschmerzen
  • Schmerzen in den Extremitäten
  • zervikale Spasmen
  • erektile Dysfunktion
  • (periphere) Ödeme
  • Gangstörungen
  • Stürze
  • Trunkenheitsgefühl
  • Krankheitsgefühl
  • Abgeschlagenheit
  • Gewichtszunahme

Aufgrund des geringen Metabolismus von Pregabalin ist das Wechselwirkungspotenzial vergleichsweise gering. Dennoch sind Wechselwirkungen mit Lorazepam, anderen zentral dämpfenden Wirkstoffen und Opioiden möglich. Unter Einnahme von Pregabalin sollte auf den Konsum von Alkohol verzichtet werden.

Kontraindikationen und Warnhinweise

Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber Pregabalin dürfen Arzneimittel mit dem Wirkstoff nicht eingenommen werden. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Therapie mit Pregabalin auf eine sichere Verhütung achten. Während der Schwangerschaft darf der Wirkstoff nicht eingenommen werden, es sei denn, der Nutzen für die Mutter überwiegt das Risiko für den Feten. In der Stillzeit muss sorgfältig entschieden werden, ob das Stillen oder die Therapie mit dem Arzneimittel unterbrochen werden.

Pregabalin kann zu Schläfrigkeit und Benommenheit führen, weshalb während der Therapie auf die Teilnahme am Straßenverkehr und das Bedienen von Maschinen verzichtet werden sollte.

Es wurden Fälle von Überempfindlichkeitsreaktionen, Nierenversagen, Herzinsuffizienz und suizidalen Gedanken und Verhalten berichtet. Bei entsprechenden Symptomen sollte Pregabalin sofort abgesetzt werden.

Alternative Behandlungsoptionen

Einige alternative Behandlungsoptionen, die je nach der spezifischen Erkrankung und den individuellen Umständen des Patienten in Betracht gezogen werden können, umfassen:

  • Gabapentin
  • Duloxetin
  • Amitriptylin
  • Carbamazepin

Persönliche Erfahrungen mit Lyrica

Die Erfahrungen mit Lyrica sind vielfältig und individuell. Einige Patienten berichten von einer deutlichen Schmerzlinderung und Verbesserung der Lebensqualität, während andere mit Nebenwirkungen wie Benommenheit, Gewichtszunahme und Konzentrationsproblemen zu kämpfen haben. Es ist wichtig, dass Patienten ihre Erfahrungen mit ihrem Arzt besprechen, um die optimale Dosierung und Behandlungsstrategie zu finden.

tags: #lyrica #nervenschmerzen #erfahrungen