Magensonde nach Schlaganfall: Indikationen und Kontraindikationen

Eine Magensonde ist ein dünner, flexibler Schlauch, der über die Nase, den Mund oder die Bauchdecke in den Magen oder Dünndarm eingeführt wird. Sie ermöglicht die Verabreichung von Medikamenten, die Ableitung von Mageninhalt oder die Flüssigernährung, wenn Essen und Trinken nicht möglich sind. In Deutschland leben schätzungsweise 100.000 Menschen mit einer Ernährungssonde.

Was ist eine Magensonde?

Eine Magensonde ist ein sehr dünner, biegsamer Schlauch aus Kunststoff. Sie wird über die Nase oder den Mund bis in den Magen geschoben. Bei einer nasalen Sonde schiebt medizinisches Fachpersonal den Schlauch vorsichtig durch die Nase in den Magen. Das Einführen über Nase oder Mund kann unangenehm sein und einen Würgereiz auslösen, tut aber normalerweise nicht weh. In manchen Fällen kann eine Sonde die Schleimhaut reizen, verrutschen oder verstopfen.

Das äußere Ende liegt außerhalb des Körpers und kann an einen Beutel oder ein Ernährungssystem angeschlossen werden.

Parenterale und Enterale Ernährung

Über eine Magensonde erfolgt die sogenannte enterale Ernährung. Damit ist gemeint, dass die Nahrung den natürlichen Verdauungstrakt nutzt - im Gegensatz zur parenteralen Ernährung, bei der Nährstoffe über eine Infusion direkt ins Blut gelangen. Ein Vorteil der Sondenernährung gegenüber der Ernährung über die Vene ist, dass Magen und Darm weiter genutzt werden.

Arten von Magensonden

Fachleute unterscheiden zwischen diesen Formen:

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  • Nasogastrale oder orale Sonden: Sie werden über Nasenloch oder Mund in den Magen gelegt und eignen sich für den kurzfristigen Einsatz (Tage bis wenige Wochen).
  • Jejunalsonde (nasojejunale Sonde): Eine Jejunalsonde wird ebenfalls transnasal oder oral vorgeschoben, endet jedoch erst im Dünndarm (Leerdarm/Jejunum). Sie wird eingesetzt, wenn der Magen umgangen werden soll - etwa bei Magenentleerungsstörungen.
  • PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie): In einem kleinen operativen Eingriff wird der Schlauch durch die Bauchdecke direkt in den Magen gelegt.

Wann wird eine Magensonde eingesetzt?

Eine Ernährungssonde kann eingesetzt werden, wenn es Menschen nicht mehr möglich ist, ausreichend Nahrung über den Mund aufzunehmen - obwohl der Verdauungstrakt selbst normal arbeitet.

  • Schluckstörungen aufgrund von neurologischen Erkrankungen, wie z.B. Schlaganfall, Schädelhirn-Trauma, ALS, M. Parkinson, Tumore, wie z.B. im Kopf-Hals-Bereich, gastroenterologische Erkrankungen, wie z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) oder Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis).
  • Schwere Bewusstseinsstörungen (z. B. Koma, Wachkoma)
  • Nach Operationen im Magen-Darm-Trakt oder im Kopf-Hals-Bereich

Wie wird eine Magensonde gelegt?

Nasale oder orale Sonde

Das Legen einer nasalen oder oralen Sonde erfolgt in der Regel, während die Betroffenen wach sind. Der Kunststoffschlauch wird mit einem Gel gleitfähig gemacht, manchmal wird zusätzlich die Nasenschleimhaut mit einem Spray leicht betäubt. Gelangt der Schlauch in den Rachen, kann ein Würgereiz auftreten. Um das Einführen zu erleichtern, werden die Patient*innen gebeten zu schlucken oder Wasser über einen Strohhalm zu trinken. So gleitet die Sonde leichter in die Speiseröhre. Für Betroffene ist der Prozess meist unangenehm, aber nicht stark schmerzhaft. Typisch sind ein Druck- oder Fremdkörpergefühl in Nase und Hals.

PEG-Sonde (durch die Bauchdecke)

Vor dem Eingriff erhalten Patient*innen ein Beruhigungs- und Schmerzmittel über die Vene. Dadurch schlafen sie leicht, ohne vollständig in Narkose zu sein. Zusätzlich wird die Bauchdecke örtlich betäubt, sodass der kleine Schnitt kaum zu spüren ist. Eine Vollnarkose ist in der Regel nicht notwendig. Zunächst wird ein Endoskop (dünner Schlauch mit Kamera) über den Mund in den Magen eingeführt. Mit der Kamera wird die Magenwand von innen betrachtet, um die geeignete Stelle zu bestimmen. Über einen kleinen Schnitt in der Bauchdecke wird die Magensonde eingeführt und innen wie außen fixiert.

Lagekontrolle

Die Lage wird zum Beispiel durch eine Röntgenaufnahme oder die Untersuchung von abgesaugtem Magensaft kontrolliert.

Ernährung über eine Magensonde

Nach dem Legen beginnt die künstliche Ernährung meist innerhalb weniger Stunden. Wichtig ist dabei:

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  • Körperposition: Die betroffene Person sollte während der Nahrungszufuhr und noch 1-2 Stunden danach aufrecht sitzen oder das Kopfteil des Bettes erhöht haben. Das verringert das Risiko, dass Mageninhalt in die Speiseröhre oder Lunge fließt.
  • Art der Zufuhr: Nahrung kann in einzelnen Portionen ("Bolusgabe") oder kontinuierlich über längere Zeit verabreicht werden.
  • Infusionspumpe: Wenn die Sonde bis in den Dünndarm reicht, wird die Ernährung häufig mit einer Infusionspumpe gesteuert, damit die Nährstoffe langsam und gleichmäßig zufließen.

Formulierungen der Sondennahrung

Für die Sondenernährung stehen verschiedene Fertigformulierungen zur Verfügung. Sie enthalten in der Regel eine vollständig ausgewogene Ernährung und können an individuelle Bedürfnisse angepasst werden.

  • Standardformulierungen: decken den täglichen Nährstoffbedarf an Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten, Vitaminen und Mineralstoffen
  • Ballaststoffreiche Formulierungen: geeignet bei Verstopfung oder Durchfall
  • Eiweiß-, Fett- oder Kohlenhydratmodifizierte Formulierungen: können gezielt bei Mangelzuständen oder bestimmten Erkrankungen eingesetzt werden
  • Besondere Zusammensetzungen: für Menschen mit Diabetes mellitus

Magensonde: Mögliche Risiken und Komplikationen

Das Legen und Tragen einer Magensonde ist in der Regel sicher, kann aber mitunter Beschwerden verursachen:

  • Reizungen: Eine Sonde über Nase oder Mund kann Druckgefühle, Schmerzen, kleine Verletzungen, Nasenbluten oder auch eine Entzündung der Nasennebenhöhlen verursachen.
  • Falsche Lage: Selten rutscht der Schlauch in die Atemwege statt in die Speiseröhre. Das kann Husten, Würgen oder eine Lungenentzündung (Pneumonie) auslösen. Deshalb wird die Lage immer sorgfältig überprüft.
  • Verstopfung oder Verrutschen: Dicke Formulierungen oder Tabletten können zu Verstopfungen führen. Auch versehentliches Herausziehen kommt vor. In beiden Fällen muss der Schlauch gereinigt oder ersetzt werden.
  • Infektionen und Entzündungen: Wird ein Schlauch durch die Bauchdecke gelegt, kann es an der Eintrittsstelle zu Infektionen kommen. Sehr selten entsteht eine Bauchfellentzündung (Peritonitis), wenn Mageninhalt austritt.
  • Unverträglichkeit der Formulierung: Manche Menschen reagieren mit Durchfall, Übelkeit oder Blähungen auf bestimmte Nährstoffmischungen. Häufig bessern sich die Beschwerden, wenn die Ernährung angepasst wird.
  • Stoffwechselprobleme: Durch die Sondenernährung kommt es in seltenen Fällen zu einem Ungleichgewicht von Elektrolyten, zu erhöhten Blutzuckerwerten oder zu Flüssigkeitsansammlungen im Körper. Deshalb werden regelmäßig Blutwerte und Gewicht kontrolliert.
  • Rückfluss und Aspiration: Mitunter läuft Mageninhalt in die Speiseröhre zurück (Reflux). Gelangt er in die Lunge, steigt das Risiko für Infektionen wie eine Lungenentzündung.

Wenn eine nasale oder orale Magensonde nicht infrage kommt, kann bei längerem Bedarf unter Umständen eine PEG- oder PEJ-Sonde gelegt werden.

Leben mit Magensonde

Mit einer Magensonde ist ein weitgehend normaler Alltag möglich. Wichtig sind einige Regeln:

  • Pflege: Bei Nasensonden muss die Haut um die Nase sauber und trocken gehalten werden. Bei PEG-Sonden ist die Eintrittsstelle in der Bauchdecke täglich zu reinigen und trocken zu halten. Das reduziert das Risiko von Infektionen.
  • Spülen: Nach jeder Gabe von Nahrung oder Medikamenten ist die Sonde mit Wasser zu spülen, damit sie nicht verstopft. Das können Betroffene oder Angehörige nach Anleitung selbst übernehmen.
  • Kontrolle und Nachsorge: Die Sonde und die Haut um die Eintrittsstelle sollten regelmäßig kontrolliert werden - zunächst durch das Behandlungsteam im Krankenhaus, später auch durch die*den Hausärztin*Hausarzt oder Pflegekräfte. Bei Rötungen, Schmerzen, ungewöhnlichem Ausfluss oder Fieber sollte sofort ärztlicher Rat eingeholt werden.
  • Ernährung: Ob Bolusgabe (mehrere Portionen pro Tag) oder kontinuierliche Zufuhr sinnvoll ist, entscheidet die*der Ärztin*Arzt.
  • Alltag: Bewegung, leichte körperliche Aktivitäten und soziale Teilhabe sind mit einer Magensonde in der Regel möglich.

Magensonde nach Schlaganfall

Ein Schlaganfall kann zu Schluckstörungen (Dysphagie) führen, da die Steuerung der Schluckmuskulatur beeinträchtigt sein kann. In solchen Fällen kann eine Magensonde notwendig sein, um eine ausreichende Ernährung sicherzustellen und Mangelernährung vorzubeugen. Die Entscheidung für eine Magensonde wird immer individuell getroffen und hängt von der Schwere der Schluckstörung und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab.

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Alternativen zur Magensonde

Es gibt auch Alternativen zur Magensonde, die in bestimmten Fällen in Frage kommen:

  • Trinknahrung: Wenn der Patient noch in der Lage ist, Flüssigkeiten zu schlucken, kann Trinknahrung eine gute Alternative sein.
  • Parenterale Ernährung: Wenn der Magen-Darm-Trakt nicht funktioniert, kann die Ernährung über eine Infusion direkt in die Blutbahn erfolgen.

Kontraindikationen für eine Magensonde

Es gibt Situationen, in denen eine Magensonde nicht geeignet ist:

  • Darmverschluss (Ileus): Wenn der Darm blockiert ist, kann die Nahrung nicht weiter transportiert werden.
  • Bauchfellentzündung (Peritonitis): Hier ist der Bauchraum entzündet, und eine Magensonde könnte die Situation verschlimmern.
  • Blutungen im Verdauungstrakt: Eine Magensonde könnte die Blutung verstärken oder weitere Schäden verursachen.
  • Darmperforation: Ein Loch im Darm kann zu schweren Infektionen führen, wenn Darminhalt in den Bauchraum gelangt.
  • Intestinale Ischämie: Wenn der Darm nicht genug Blut bekommt, stirbt das Gewebe ab.

Rechtliche Aspekte

Aufklärung über den Eingriff

Das Legen der PEG ist tatbestandsmäßig eine Körperverletzung, die durch Einwilligung des Patienten selbst oder des Betreuers gerechtfertigt wird. Der Arzt, der eine PEG legen will, muss sich also zunächst vergewissern, ob der Patient selbst einwilligungsfähig ist. Wenn der Patient die nötige Einwilligungsfähigkeit nicht hat, muss sich der Arzt an den Betreuer oder die Betreuerin wenden und diese über Eingriff und Auswirkungen aufklären, damit die entsprechende rechtswirksame Einwilligung erteilt werden kann.

Richterliche Genehmigung

Wenn die PEG nicht nur vorübergehend auf wenige Wochen, sondern auf längere Dauer gelegt wird, handelt es sich um einen ärztlichen Eingriff, durch den der Betreute einen schweren und längerdauernden gesundheitlichen Schaden im Sinne des § 1904 Bürgerliches Gesetzbuch erleidet. Der Eingriff bedarf dann richterlicher Genehmigung. Arzt und Betreuer sollten das Vormundschaftsgericht zur Absicherung der eigenen Entscheidung einbeziehen.

Patientenverfügung

Mit einer Patientenverfügung können Sie schriftlich festhalten, welche medizinischen Maßnahmen Sie sich wünschen bzw. nicht wünschen, wenn Sie Ihre Entscheidungsfähigkeit verlieren bzw. nicht mehr äußern können. Die künstliche Ernährung über eine Sonde ist eine Maßnahme, die in der Patientenverfügung berücksichtigt wird.

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