Demenz ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Krankheiten, die das Gehirn und seine Funktionen beeinträchtigen. Bei einer Demenzerkrankung kommt es zu einem fortschreitenden Abbau der geistigen Fähigkeiten, was sich auf das Denkvermögen, das Gedächtnis und das Verhalten auswirkt. Obwohl Demenz eine fortschreitende Erkrankung ist, die derzeit nicht geheilt werden kann, ist es von großer Bedeutung, die geistige Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen so gut wie möglich zu erhalten. Kreative Beschäftigungen, insbesondere das Malen, spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die Bedeutung kreativer Beschäftigungen für Demenzkranke
Sinnvolle Beschäftigungen tragen dazu bei, Langeweile und Frustration zu reduzieren, das Selbstwertgefühl zu stärken und die Lebensfreude zu erhöhen. Es gibt eine Vielzahl kreativer Beschäftigungsideen, die speziell für Demenzkranke geeignet sind und ihre geistige Gesundheit fördern können.
Überblick über kreative Beschäftigungsideen
- Malen und Zeichnen: Das Malen und Zeichnen ist eine wunderbare Möglichkeit, die Kreativität anzuregen und sich auszudrücken.
- Musizieren: Musik kann eine beruhigende und stimmungsaufhellende Wirkung haben.
- Gärtnern: Das Gärtnern bietet nicht nur sensorische Anregung, sondern fördert auch die Bewegung und das Verantwortungsgefühl.
- Backen und Kochen: Viele Demenzkranke erinnern sich an Gerüche und Geschmäcker aus ihrer Vergangenheit.
- Handarbeiten: Aktivitäten wie Stricken, Häkeln oder Nähen können eine beruhigende Wirkung haben und das Konzentrationsvermögen fördern.
- Storytelling: Geschichten erzählen oder vorlesen kann eine wunderbare Möglichkeit sein, Erinnerungen zu teilen und die Fantasie anzuregen.
- Spiele spielen: Einfache Spiele wie Memory, Domino oder Puzzles können das logische Denken und die Konzentration trainieren.
Vorteile kreativer Beschäftigungen für die geistige Gesundheit
Kreative Beschäftigungen bieten zahlreiche Vorteile für die geistige Gesundheit von Demenzkranken.
- Sensorische Anregung: Viele kreative Beschäftigungen sprechen verschiedene Sinne an, wie Sehen, Hören, Riechen und Tasten.
- Förderung des Selbstwertgefühls: Das Erfolgserlebnis beim Schaffen eines Kunstwerks oder beim Ausführen einer Aufgabe stärkt das Selbstbewusstsein.
- Aktivierung von Erinnerungen: Farben, Formen und Materialien können Erinnerungen wecken und zu Gesprächen anregen.
- Emotionale Bindung: Gerade bei Patienten mit herausforderndem Verhalten kann durch kreative Tätigkeiten eine emotionale Bindung geschaffen werden.
Malen als Therapieform: Erfahrungen und Beispiele
Kunsttherapeutin Brigitte Heizmann erlebte, wie sich eine Frau, die mit einer Spucktüte in die Malgruppe kam und sich zunächst unwohl fühlte, nach dem Malen besser fühlte. Sie versorgte die Spucktüte in ihrer Tasche, lächelte und sagte: „Jetzt geht es mir wieder besser.“ In der Malgruppe komme es nicht auf das Ergebnis an, sondern auf die Freude am Malen.
Karl Berwarth sagt: „Ich komme sehr gerne zum Malen und es ist für mich eine schöne Abwechslung und unterhaltsam.“ Gertrudis Ordeschewski äußert: „Für mich ist das alles noch neu, weil ich noch nicht so lange dabei bin, aber in der Gemeinschaft unter Anleitung zu malen, das mache ich sehr gerne.“ Ilse Baumert betont: „Die Ruhe beim Malen gefällt mir, es bringt mir Entspannung.“ Nach den Malstunden könne sie nachts sogar immer besonders gut schlafen.
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Brigitte Heizmann berichtet, dass die Bilder der Seniorinnen und Senioren Lebensfreude ausstrahlen. Menschen, die mit dem Satz "Ich kann gar nicht malen" in die Gruppe kommen, sind oft überrascht über das Ergebnis, wenn sie sich darauf einlassen. Motive ergeben sich beispielsweise aus den Jahreszeiten, wie Frühlingsblumen oder Herbstblätter.
Kunsttherapie: Mehr als nur Malen
Kunsttherapie ist eine Therapieform, die mit kreativen Anregungen arbeitet. Der kreative Ausdruck einer Person beinhaltet Hinweise auf seinen Zustand, und der Mensch stößt durch seine eigene Kreativität auf Lösungen für seine Probleme. Die Anleitung zu dieser Kreativität muss von einem künstlerisch veranlagten Therapeuten kommen, der psychologische Kenntnisse hat. Alle Formen der kreativen Arbeit kommen zum Einsatz, vom Malen über das Gestalten bis hin zum Rollenspiel im Märchen. Die „Kunst“ der Kunsttherapie liegt jedoch nicht im „ansehnlichen“ Ergebnis, sondern darin, das kreative Mittel so zu nutzen, dass ein Ausdruck „von Innen“ kommt, also Gefühle und Erinnerungen im kreativen Prozess dargestellt und verarbeitet werden.
Kunsttherapie: Biografiearbeit und Sinnesreize
Durch die Kunsttherapie können alte Menschen an verborgene Fähigkeiten herangeführt werden, die zu Erfolgserlebnissen im Alltag führen. Wohlbefinden, die Erfüllung heimlicher Wünsche und die Stärkung des Selbstwertgefühls können gefördert werden. Menschen, für die eine Bewältigung vergangener Krisen ansteht, können im kreativen Prozess Vergebung finden und Frieden schließen, ohne ihre Seele „auszupacken“. Kunsttherapeutische Prozesse können zu der in der Sozialtherapie mit Alten erwünschten Biografiearbeit beitragen, viele Ressourcen im verbalen und nonverbalen Bereich wecken und körperliche Fähigkeiten stärken. Ein sehr beliebtes Mittel der Kunsttherapie ist das Setzen von Sinnesreizen: haptische Reize, Aromen, Klänge und Farben. Diese Stimulation hat eine große Bedeutung in der Arbeit mit alten Menschen.
Praktische Tipps und Anregungen für das Malen mit Demenzkranken
Viele Demenzkranke fühlen sich nicht mehr als „gebrauchtes“ Mitglied der Gesellschaft und ziehen sich zurück. Deshalb ist es besonders wichtig, sie über bestimmte Aufgaben zu aktivieren. Kunst hat auch für "gesunde" Menschen die positiven Eigenschaften der Entspannung, Meditation und Konzentration. Studien belegen: selbst zurückgezogene Senioren legen durch Kunstkurse ihre Antriebslosigkeit und Schwermut ab. Sie öffnen sich wieder. Das Gefühl, nützlich zu sein, stärkt ihr Selbstbewusstsein. Das Bewusstsein, etwas Kreatives geschaffen zu haben, erfüllt sie mit Stolz.
Vorbereitung und Durchführung von Malstunden
- Teilnehmeranalysen: Die Gesundheit der einzelnen Teilnehmer steht immer im Vordergrund. Bei dem ersten Aufeinandertreffen hilft ein Orientierungsbogen. Gibt es gesundheitliche Einschränkungen? Wie motorisch kann noch gehandelt werden? Welche Farben/Maltechniken werden bevorzugt? Sind Vorkenntnisse vorhanden?
- Stundenziele und Zeit: Setzen Sie sich realistische Stundenziele und nehmen Sie sich ausreichend Zeit. Vermeiden Sie es, den Teilnehmern ein Gefühl von Stress zu vermitteln. Berücksichtigen Sie die Vorlieben und Abneigungen eines jeden Patienten. Schließlich sollen die Malstunden in erster Linie Spaß und Freude bereiten. Möchte ein Demenzkranker einmal vom Konzept abweichen, so lassen Sie diese kreativen Freiräume zu.
- Ideensammlung: Ziel sind abwechslungsreiche und auf die Patienten abgestimmte Projekte. Beziehen Sie die Teilnehmer daher in die Ideensammlung mit ein. Werfen Sie ein Thema in den Raum - wie z.B. "Frühling" - und notieren Sie, was daraufhin genannt wird.
- Umgang mit unrealistischen Ideen: Manche Ideen sind vielleicht nicht umsetzbar. Oder unrealistisch. Trotzdem soll sich keiner benachteiligt fühlen, wenn seine Idee nicht angenommen wird.
- Materialauswahl: Nutzen Sie hierfür den Orientierungsbogen. Ist der Patient körperlich beeinträchtigt? Dann verwenden Sie nur gut greifbare Materialien, Hilfsmittel und Werkzeuge. Braucht der Patient verbale Unterstützung?
- Kennenlernen: Wenn Patienten in dieser Konstellation das erste Mal aufeinander treffen, beginnen Sie mit einer Begrüßungsrunde. Jeder Patient stellt sich selbst vor - ggf. mit Ihrer Unterstützung. Bauen Sie einen Bezug zum Thema auf. Lassen Sie die einzelnen Teilnehmer z.B. erzählen, welchen Künstler oder welche Kunstrichtung sie besonders mögen. So aktivieren Sie direkt zu Beginn Erinnerungen und regen das Gedächtnis an.
- Rituale: Geben sie ihrem Kurs einen festen Rahmen: Beginnen Sie jede Stunde mit einem Ritual. Lesen Sie ein Gedicht, Vers oder Spruch vor. Oder singen sie mit Ihrer Gruppe gemeinsam ein kleines Lied. Das Ritual hilft den Patienten, sich zu Erinnern und dient als Signal, gleich kreativ werden zu dürfen.
- Lob und Anerkennung: Jeder wird gerne gelobt! Grade bei der Arbeit mit Demenzkranken ist es besonders wichtig, immer wieder zu loben. Betonen Sie, dass etwas gut gemacht wird oder besonders schön ist. Das motiviert und steigert das Selbstwertgefühl. Weisen Sie nicht auf „Fehler“ hin. Hat ein Patient jedoch wirklich einmal keine Lust, dann zwingen Sie ihn nicht.
- Schritt-für-Schritt-Anleitung: Gliedern Sie die Projekte in einzelne Schritte und Sinneinheiten. Gestalten Sie z.B. erst einmal nur den Hintergrund. In der nächsten Stunde widmen Sie sich dann einem Motiv. Während des Malens hilft eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung. Sagen Sie die einzelnen Schritte immer wieder laut an. Löst sich jemand aus diesem Diktat, lassen Sie ihn gewähren. Richten Sie die Anforderungen nach den Teilnehmern und vermeiden Sie Überforderung. Greifen Sie ggf. auf Vorzeichnungen oder Ausmalbilder zurück. Arbeiten sie nicht mit zu vielen Farben gleichzeitig. Fragen Sie lieber gezielt danach, welche Farbe gewünscht wird.
- Reflexion: Nehmen Sie sich Zeit und reflektieren Sie über die einzelnen Gruppenmitglieder. Wie war die Körperhaltung in der Stunde? War der Gesichtsausdruck entspannt oder angespannt? Haben Sie Freude wahrgenommen? Waren die Bewegungen flüssiger als beim letzten Mal? Diese Informationen zeigen Fortschritte auf und tragen dazu bei, in der nächste Stunde noch individueller auf die Teilnehmer eingehen zu können.
- Materialien: Bitte berücksichtigen Sie, dass Ihre Teilnehmer Farben und Malutensilien eventuell in den Mund nehmen. Nutzen Sie daher ausschließlich gesundheitlich unbedenkliche Materialien, wie sie auch bei der Arbeit mit Kindern verwendet werden. Stimmen Sie das Material individuell auf jeden einzelnen Teilnehmer ab. Berücksichtigen Sie dabei besonders die motorischen Einschränkungen. Verzichten sie auf filigrane Bastelarbeiten. Greifen Sie stattdessen zum großen Pinsel. Hat dieser einen langen Stiel, können Sie daran auch Hilfestellungen oder Bewegungsanregungen geben. Besonders gut für die Arbeit mit Demenzkranken eignen sich Spritz- und Stempeltechniken sowie großflächige Mal- und Zeichentechniken.
- Musik: Musik lockert, beruhigt und entspannt. Beziehen Sie die Demenzpatienten in die Projektfindung mit ein. Geben Sie ein Thema vor und brainstormen Sie dann gemeinsam. Sehr beliebte Themen und realistische Projekte sind an Jahreszeiten und die Natur geknüpft. Wenn sie mit Senioren in Heimen arbeiten, dann greifen Sie gerne auch Heimthemen auf.
Zusätzliche Tipps und Anregungen
- Farben und Formen als Erinnerungswecker: Die Farbe Blau kann z.B. die Erinnerung an einen Urlaub am Meer hervorrufen. Ein Kreis die Erinnerung an das Ballspiel in der Kindheit. Öffnet sich ein solches Erinnerungsfenster, so werden die meisten Betroffenen von ihren Erinnerungen erzählen.
- Individuelle Situationen einschätzen: Finden Sie für sich den besten und richtigen Weg. Wichtig ist, vor Ort die jeweilige Situation individuell einzuschätzen. Lassen Sie stets all Ihre gesammelten Erfahrungen mit einfließen.
- Kreative Freiräume lassen: Möchte ein Demenzkranker einmal vom Konzept abweichen, so lassen Sie diese kreativen Freiräume zu.
Malangebote und Kurse für Menschen mit Demenz
Viele Seniorenheime und -Betreuungen bieten vermehrt kreative Kurse an. Dort sind die Kunsttherapeuten meist speziell für den Umgang mit Dementen geschult. Zu Malkursen werden Menschen mit Demenz eingeladen, um unter fachlicher Anleitung entspannte Stunden zu verbringen. Malen ist eine Möglichkeit des nichtsprachlichen Ausdrucks. Selbst wenn die Teilnehmenden zuletzt in der Schulzeit einen Pinsel in der Hand hielten, können sie hier mit Farbe und Formen kreativ werden. Bei musikalischer Begleitung nimmt man sich Zeit für sich und wird schöpferisch tätig. Zwischendurch gönnt man sich eine Kaffeepause und Zeit zum Gespräch.
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Beispiel für ein Malangebot
- Leitung: JH, M.Sc.
- Kosten: 75,00 € / + 17,50 € Materialgeld für 6 Einheiten. Nur wahrgenommene Termine werden berechnet.
Die Rolle von Angehörigen und Betreuern
Angehörige und Betreuer spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung der geistigen Gesundheit von Demenzkranken.
- Geduld und Verständnis aufbringen: Demenzkranke benötigen oft mehr Zeit und Unterstützung bei Aktivitäten.
- Motivieren und ermutigen: Ermutigen Sie den Demenzkranken, an Aktivitäten teilzunehmen, und loben Sie seine Bemühungen.
- Anpassen an die Fähigkeiten: Passen Sie die Aktivitäten an die individuellen Fähigkeiten und das Krankheitsstadium des Demenzkranken an.
Durch ihre enge Beziehung und ihr Verständnis für die individuellen Bedürfnisse des Demenzkranken können Angehörige und Betreuer eine Schlüsselrolle dabei spielen, sinnvolle und erfüllende Aktivitäten zu finden und umzusetzen.
Stadien der Demenz und geeignete Beschäftigungen
Die geeigneten Beschäftigungsideen können je nach Stadium der Demenzerkrankung variieren.
- Frühes Stadium: In diesem Stadium sind die kognitiven Fähigkeiten noch relativ gut erhalten.
- Mittleres Stadium: Hier können einfachere Aktivitäten wie Malen, Musizieren, Gärtnern oder Backen sinnvoll sein.
- Spätes Stadium: Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz sind die kognitiven Fähigkeiten stark eingeschränkt. Hier können sensorische Aktivitäten wie Musik hören, Massagen oder das Betrachten von Bildern oder Objekten angemessen sein.
Kunstprojekte und ihre Wirkung: Einblicke aus der Praxis
Im Atelier werkelt Ulrich Kleemann mit Unterstützung seine Tochter Bettina und Kunsttherapeut Andreas Hett. Das museumspädagogische Team des Bad Homburger Schlosses lädt nicht nur Kinder dazu ein, sich im Atelier des Schlosses kreativ auszutoben. Jetzt hat die schlosseigene Kunstwerkstatt ihre Pforten für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, geöffnet. Erst sind es nur ein paar zaghafte Striche, die Ulrich Kleemann mit dem Bleistift auf das Papier zeichnet. Doch dann, ermutigt von seiner Tochter Bettina und von Andreas Hett, legt er alle Vorsicht ab und geht in die Details: Zu den Umrissen des Baums kommen fein ausgearbeitete, dünne und dickere und Äste. Zum Schluss zeichnet er mit flinken Bewegungen ein Eichhörnchen auf einen Ast. „Das setze ich auf den kräftigsten“, sagt Ulrich Kleemann. Der 79-Jährige und seine Tochter sind die einzigen Teilnehmer, die an diesem Tag das Angebot „Mal was anderes“ im offenen Atelier des Schlosses wahrgenommen haben.
"Mal was anderes": Ein offenes Atelier für Demenzkranke
Hett ist Kunsttherapeut und betreut „Mal was anderes“ im Schloss. Gemeinsam mit Museumspädagogin Dr. Britta Reimann von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser hat er das Projekt für Menschen mit Demenz eingerichtet. Der Gedanke, der hinter dem Projekt steckt, ist, dementen Menschen, die sich kreativ beschäftigen möchten und vielleicht schon immer künstlerisch oder handwerklich tätig waren, dazu die Gelegenheit zu geben. Sie können unter Anleitung von Hett drucken, malen, zeichnen, sägen und feilen. „Es soll Spaß machen“, betont Hett. Die Teilnehmer lernen verschiedene Techniken und Materialien kennen.
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Schwierigkeiten und Erfolge in der Umsetzung
Hett weiß aus Erfahrung, dass es nicht leicht ist, möglichst viele Besucher anzulocken. Das Angebot richtet sich an Menschen, die an Demenz erkrankt sind und zu Hause leben. Oft melden sie sich an, haben dann aber plötzlich doch keine Lust oder müssen überredet werden, es zu versuchen. Viele trauen sich auch gar nicht mehr aus dem Haus. Bettina Kleemann musste ihren Vater nicht davon überzeugen. „Mein Vater fand die Idee, das offene Atelier auszuprobieren, sofort gut“, berichtet sie. Was sie besonders freut: Die Chemie scheint zwischen Andreas Hett und meinem Vater zu stimmen“, sagt sie.
Die Kaltnadelradierung: Eine neue Erfahrung
Dieses Mal steht die Kaltnadelradierung auf dem Programm. Das Kniffligste wird sein, die Folie der Platte abzuziehen. Dann legt Ulrich Kleemann die Zeichnung seines Baums auf die Platte und klebt sie oben Rand fest, damit das Papier nicht wegrutscht. „Jetzt tauschen wir unser Werkzeug und arbeiten statt mit dem Bleistift mit der Radiernadel weiter erläutert Hett.“Jetzt ritzen wir mit der Radiernadel die Umrisse des Baums auf die Platte“, erläutert er weiter. Dann kommt Wischgaze zum Einsatz. “ Damit reiben wir die Farbe ein. Mit einer zweiten Wischgaze nehmen wir die Farbe wieder weg. So bleibt die Farbe nur in den tief geritzten Linien.“ Hett legt das Papier, auf das der Baum von Ulrich Kleemann gedruckt wird, in Wasser ein. “ Zuletzt kommt die Presse zum Einsatz. Eine Radierung, erzählt Ulrich Kleemann, habe er zuvor noch nie gemacht.
Kunsttherapie und Demenz: Ein persönlicher Einblick
Eine Kunsttherapeutin berichtet, dass sie mit Anfang 30 Kunsttherapie studiert hat und sich aufgrund ihrer Erfahrung als Lehrgangsleiterin für Angehörige von alten, kranken Menschen und ihrer familiären Betroffenheit auf die Arbeit mit alten Menschen spezialisiert hat. Sie konnte sich mit Artecura selbständig machen.
Das "Projekt mit Portraits"
Die Kunsttherapeutin entwickelte die Idee für das „Projekt mit Portraits“ schon während eines Praktikums in der gerontopsychiatrischen Abteilung eines Heims und erhielt die beste Note dafür. In ihrem Buch „Gesichter von Demenzkranken Menschen“ beschreibt sie in sehr persönlicher Art, welche wunderbaren Gespräche in den teilweise sehr kurzen Begegnungen mit alten Menschen möglich sind. Das soll allen Menschen Mut machen, die mit Demenz irgendwie konfrontiert sind. Außerdem zeigt das Buch die Schwierigkeiten in der verbalen Kommunikation mit dementiell veränderten Menschen auf, erörtert den kunsttherapeutischen Hintergrund des Projekts und das Potential der Kreativität im Umgang mit Demenzkranken.
Begegnungen und Erfahrungen mit Demenzkranken
Frau K. beobachtet die Kunsttherapeutin beim Porträtzeichnen im Wohnbereich sehr genau. Sie verhält sich unruhig, redet unverständlich, Ärger über ihre Unfähigkeit, sich zu bewegen, vermischt sich mit Verwirrung und Resignation. Mit ihr zu sprechen, ist schwierig, jedoch scheint es nicht unmöglich und die Kunsttherapeutin lässt sie immer mehr an dem Dialog teilhaben, indem sie sie in die Nähe ihrer Modelle holt, die es genießen, gezeichnet zu werden. Auffallend ist ihr Krankheitsbewusstsein trotz der Verwirrung.
Die Wirkung des Malens
Frau K. nimmt aktiv am „offenen Atelier“ teil, das im Gemeinschaftsraum des Wohnbereichs aufgebaut wurde. Beim Malen strengt sie sich sehr an und zittert mächtig. Es entstehen mehrere Bilder, auf die sie sich jeweils an aufeinander folgenden Tagen mehr als 60 min lang konzentriert. Dabei malt sie Flächen aus und wird immer ausgeglichener mit dem Spiel mit Farben. Es entstehen Gespräche, bei denen ihre Worte wesentlich gezielter herauskommen. Z.B. Sie versucht eine Linie und sagt: “Sagen Sie mir, wo es lang geht!“. Sie malt mehr mit Lieblingsfarben und weniger mit wahrnehmungsgetreuen „Portraitfarben“ und ist wesentlich entspannter beim Malen. Sinnierend betrachtet sie die vielen Bilder, die an der Wand hängen, darunter ein rotes und ein gelbes Bild von ihr. Sie redet ruhig und klar: „Es geht mir besser, wissen Sie, da sehe ich, was ich noch kann.“ Eine Pflegerin bestätigt dies. Am Ende des Projekts betrachtet sie die Bilder und zeigt sie unfertige, auf extra-bunte, auf zarte Bilder: „Jetzt verstehe ich, was Sie hier machen!“ Dann deutet sie auf ihr eigenes leuchtend Rotes: „Es hat was - ist unheimlich - das macht betroffen! Sicher!
Grenzen und Herausforderungen
Die Kunsttherapeutin stößt ständig an Grenzen: Grenzen, die beim dementiell Veränderten durch die Krankheit bedingt sind, Grenzen des Verständnisses, der Kommunikation und emotionale Grenzen. Außerdem kommt man in der Arbeit mit Demenzkranken an Grenzen der Belastbarkeit, besonders wenn die Kranken noch recht „fit“ sind und alles aussprechen, was ihnen in den Sinn kommt.
Fazit
Kreative Beschäftigungen sind ein wichtiger Bestandteil der Betreuung und Pflege von Demenzkranken. Sie bieten nicht nur kognitive und sensorische Anregung, sondern können auch das Selbstwertgefühl stärken, Langeweile und Frustration reduzieren und insgesamt die Lebensqualität verbessern. Es ist wichtig, die Aktivitäten an die individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Demenzkranken anzupassen und eine ruhige, sichere Umgebung zu schaffen. Wenn Sie weitere Informationen oder Unterstützung bei der Beschäftigung von Demenzkranken benötigen, zögern Sie nicht, sich an Ihre örtliche Alzheimer Gesellschaft oder andere Fachorganisationen zu wenden.