Mittel gegen Alzheimer-Demenz: Therapieansätze und aktuelle Entwicklungen

Die Alzheimer-Krankheit stellt eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Zeit dar. Obwohl es derzeit keine Heilung gibt, existieren verschiedene Therapieansätze, die darauf abzielen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungsstrategien sowie über vielversprechende neue Entwicklungen in der Alzheimer-Forschung.

Medikamentöse Therapie der Alzheimer-Demenz

Die medikamentöse Behandlung der Alzheimer-Demenz konzentriert sich hauptsächlich auf die Linderung von Symptomen und die Verlangsamung des kognitiven Abbaus. Es gibt verschiedene Wirkstoffgruppen, die je nach Stadium der Erkrankung und individuellen Bedürfnissen des Patienten eingesetzt werden.

Antidementiva: Verlangsamung des geistigen Abbaus

Antidementiva sind Medikamente, die darauf abzielen, den geistigen Abbau zu verlangsamen und die Selbstständigkeit der Patienten länger zu erhalten. Es gibt zwei Hauptgruppen von Antidementiva: Acetylcholinesterase-Hemmer und Glutamat-Antagonisten.

Acetylcholinesterase-Hemmer

Diese Medikamente verbessern die Signalübertragung im Gehirn, indem sie den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin hemmen. Acetylcholin spielt eine wichtige Rolle bei Gedächtnis und Lernprozessen. Durch die Erhöhung der Acetylcholin-Konzentration im Gehirn können Acetylcholinesterase-Hemmer die Symptome der Alzheimer-Demenz vorübergehend lindern.

Folgende Acetylcholinesterase-Hemmer sind in Deutschland erhältlich:

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  • Donepezil (z. B. Aricept®)
  • Rivastigmin (z. B. Exelon®) - auch als Pflaster verfügbar
  • Galantamin (z. B. Reminyl®)

Acetylcholinesterase-Hemmer werden in der Regel bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt. Sie können dazu beitragen, das Gedächtnis und die Konzentration zu verbessern sowie die Alltagsfunktionen länger zu erhalten. Allerdings können auch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall, Schwindel oder Unruhe auftreten.

Glutamat-Antagonisten

Memantin ist ein Glutamat-Antagonist, der bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt wird. Glutamat ist ein wichtiger Botenstoff im Gehirn, der jedoch in zu hoher Konzentration Nervenzellen schädigen kann. Memantin schützt die Nervenzellen vor einer Überstimulation durch Glutamat und kann so den Abbau der geistigen Fähigkeiten verlangsamen.

Mögliche Nebenwirkungen von Memantin sind unter anderem Schwindel, Kopfschmerzen, Verstopfung, Schläfrigkeit und erhöhter Blutdruck.

Antikörper-Medikamente: Neue Therapieansätze

In den letzten Jahren hat die Entwicklung von Antikörper-Medikamenten zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit große Fortschritte gemacht. Diese Medikamente richten sich gegen eine mögliche Ursache der Alzheimer-Krankheit: schädliche Proteinablagerungen im Gehirn, so genannte Amyloid-Plaques.

Leqembi (Lecanemab)

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist das erste in der EU zugelassene Antikörper-Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit. Es wurde im April 2025 in der EU zur Behandlung von Menschen im Frühstadium von Alzheimer zugelassen, ist aber in Deutschland noch nicht verfügbar. Es wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 in Deutschland erhältlich sein.

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Leqembi ist nur für Menschen im frühen Alzheimer-Stadium zugelassen, also bei leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder beginnender Demenz. Vor der Behandlung sind spezielle Untersuchungen vorgesehen - etwa ein Gentest sowie eine Liquoruntersuchung und/oder ein PET-Scan. Die Behandlung wird voraussichtlich in spezialisierten Zentren beginnen. Leqembi wird alle zwei Wochen als Infusion verabreicht. Wie genau die Therapie umgesetzt wird, ist derzeit noch in Planung.

Lecanemab bindet sich an die Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und markiert sie für den Abbau durch das Immunsystem. Studien haben gezeigt, dass Lecanemab den Krankheitsverlauf bei frühzeitiger Anwendung verlangsamen kann. Allerdings ist die Wirkung moderat und es können Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Hirnblutungen auftreten.

Kisunla (Donanemab)

Kisunla (Wirkstoff: Donanemab) ist ein weiteres Antikörper-Medikament, das im Juli 2025 zur Zulassung empfohlen wurde. Es wirkt ähnlich wie Lecanemab, indem es die Amyloid-Plaques im Gehirn reduziert. Donanemab befindet sich derzeit noch im Zulassungsverfahren.

Medikamente gegen Begleitsymptome

Neben Antidementiva und Antikörper-Medikamenten werden auch Medikamente zur Behandlung von Begleitsymptomen der Alzheimer-Krankheit eingesetzt. Dazu gehören:

  • Neuroleptika: Bei herausfordernden Verhaltensweisen wie plötzlichen Wutausbrüchen, Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Der Einsatz von Neuroleptika sollte wegen möglicher Nebenwirkungen mit Vorsicht erfolgen.
  • Antidepressiva: Bei Depressionen, die häufig bei Menschen mit Demenz auftreten. Die S3-Leitlinie Demenzen empfiehlt zur Behandlung von Depressionen bei Alzheimer-Demenz den Einsatz von Mirtazapin oder Sertralin.
  • Beruhigungsmittel: Diese Medikamente können zwar möglicherweise die Symptome lindern, aber auch ernsthafte Nebenwirkungen wie Verwirrtheit oder erhöhte Sturzgefahr haben.

Die Auswahl des Medikaments sollte individuell erfolgen, da manche Antidepressiva unerwünschte Nebenwirkungen haben können - zum Beispiel ein erhöhtes Sturzrisiko oder eine verstärkte Blutungsneigung.

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Nicht-medikamentöse Therapieansätze

Neben der medikamentösen Behandlung spielen nicht-medikamentöse Therapieansätze eine wichtige Rolle bei der Versorgung von Menschen mit Alzheimer-Demenz. Diese Ansätze zielen darauf ab, die Lebensqualität zu verbessern, die Selbstständigkeit zu fördern und die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten.

Kognitives Training

Durch kognitives Training können Menschen mit Demenz im frühen bis mittleren Stadium ihre Wahrnehmung, ihre Lernfähigkeit und ihr Denkvermögen schulen. Einfache Wortspiele in Einzel- oder Gruppentherapie kommen dazu infrage. Auch Farben zu erkennen, Begriffe zu erraten oder Reime zu ergänzen, sind häufig gestellte Aufgaben. Gute Therapeutinnen und Therapeuten achten darauf, dass die Betroffenen dabei weder unter- noch überfordert werden.

Verhaltenstherapie

Diese Form der Therapie ist besonders für Menschen im Frühstadium einer Demenz geeignet. Nach der Diagnose Demenz sind viele Betroffene verunsichert und haben Angst vor der Zukunft. Einige gleiten in eine Depression ab, andere reagieren mit Wut gegen sich und manchmal auch gegen ihre Mitmenschen. Unterstützt von einer Psychologin oder einem Psychologen oder einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten, lernen sie, diese Probleme zu bewältigen und mit ihrer Demenz besser umzugehen.

Ergotherapie

Die Ergotherapie hilft Patientinnen und Patienten im frühen und mittleren Stadium der Demenz, Alltagskompetenzen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten üben Betroffene Tätigkeiten wie Einkaufen, Kochen oder auch Zeitunglesen.

Physiotherapie

Es steht außer Frage, dass regelmäßige und moderate körperliche Betätigung ein wirksames Mittel zur Vorbeugung von Krankheiten und ein wichtiger Baustein der Gesundheitsförderung bei älteren Menschen ist. In vielen Studien zeigt sich auch ein deutlicher positiver Zusammenhang zwischen der körperlichen Aktivität und dem kognitiven Leistungsvermögen älterer Menschen. Über das gezielte Training von Ausdauer, Kraft und Koordination kann die Physiotherapie Menschen mit Demenz dabei helfen ein gesundes körperliches Aktivitätsniveau möglichst lange aufrecht zu erhalten, das Sturzrisiko im Alltag zu reduzieren und die Leistungsfähigkeit bei der Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens zu stabilisieren oder gar zu verbessern.

Biographiearbeit

Die biografische Arbeit eignet sich vor allem im frühen bis mittleren Stadium der Demenz. Durch gezielte Gespräche mit der oder dem Betroffenen - allein oder in der Gruppe - werden mithilfe von Fotos, Büchern und persönlichen Gegenständen positive Erinnerungen an frühere Lebensabschnitte wachgerufen. Dadurch behalten Menschen mit Demenz sehr lange das Gefühl für die eigene Identität und fühlen sich im Alltag sicherer. Dieses biografische Wissen nützt auch Angehörigen und Betreuerinnen und Betreuern, um später Reaktionen und Äußerungen der oder des Betroffenen besser zu verstehen.

Realitätsorientierung

Die sogenannte Realitätsorientierung hilft in allen Stadien der Demenz, sich räumlich und zeitlich zurechtzufinden und Personen und Situationen wieder besser einzuordnen. Angehörige wie auch professionelle Betreuerinnen und Betreuer können mithilfe von Uhren, Kalendern sowie Bildern von Jahreszeiten mit den Betroffenen die zeitliche Orientierung üben. Besonders wichtig ist es, Überforderungen zu vermeiden. Wenn Wohnräume wie Bad oder Küche mit Farben gekennzeichnet sind, finden sich Menschen mit Demenz besser zurecht.

Musiktherapie

Musiktherapie kann in allen Stadien der Demenz helfen. Im Frühstadium spielt nicht nur das Hören, sondern auch das Musikmachen eine wichtige Rolle. Die Menschen mit Demenz singen gemeinsam oder benutzen Instrumente wie Trommeln, Triangel und Xylofon. Im späten Stadium kann das Hören vertrauter Melodien beruhigen und Schmerzen lindern. Musik weckt positive Erinnerungen und Gefühle. Sie ist jedoch, anders als Ergotherapie zum Beispiel, derzeit nicht verordnungsfähig.

Kunsttherapie

Kunst weckt Erinnerungen - unabhängig davon, ob Menschen mit Demenz im Museum Werke von Künstlerinnen und Künstlern erleben oder selbst schöpferisch tätig werden. Kunst und Kunsttherapie ermöglichen die Begegnung mit sich selbst und anderen. Sie tragen dazu bei, die Lebensqualität zu erhalten. Menschen mit Demenz profitieren vor allem im frühen Stadium von der Kunsttherapie. Bei der Kunsttherapie können sich Menschen mit Demenz neu oder wiederentdecken. Der kreative Schaffensprozess steht im Mittelpunkt. Dies aktiviert indirekt kognitive Fähigkeiten. Verloren geglaubte Fähigkeiten und vorhandene Ressourcen treten zutage; dies kann motivieren und positiv auf das Selbstwertgefühl wirken. Bei unruhigen Menschen kann die Konzentration gefördert werden. Die Kunsttherapie arbeitet auf der nonverbalen Ebene. Sie kann einen Kommunikationsweg zwischen Menschen mit Demenz und anderen Personen darstellen. Insbesondere bei Beeinträchtigung der verbalen Kommunikation ermöglichen das Malen und Gestalten sich auszudrücken und mit der Umwelt zu kommunizieren und interagieren.

Milieutherapie

Die Milieutherapie ist in allen Stadien der Demenz sinnvoll. Sie zielt darauf ab, Wohn- und Lebensräume so umzugestalten, dass Betroffene sich darin wohlfühlen und möglichst selbstständig und selbstbestimmt leben können. Noch im späten Stadium können angenehme Materialien wie glattes Holz und weiche Stoffe sowie Düfte von bekannten Parfüms oder Lieblingsblumen positive Erinnerungen wecken und Verhaltensstörungen lindern.

Palliative Versorgung

Palliative Versorgung kann Menschen mit Alzheimer in allen Krankheitsphasen entlasten - nicht nur am Lebensende. Palliativversorgung bedeutet mehr als die Behandlung körperlicher Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot oder Unruhe. Sie berücksichtigt auch seelische und soziale Aspekte sowie persönliche Werte und Wünsche. Ziel ist es, Symptome zu lindern und eine möglichst gute Lebensqualität zu ermöglichen - unabhängig vom Krankheitsstadium. Gerade in fortgeschrittenen Phasen fällt es vielen Menschen mit Alzheimer schwer, ihre Beschwerden mitzuteilen.

Weitere Medikamente und Wirkstoffe

Neben den bereits genannten Medikamenten und Therapieansätzen gibt es noch weitere Substanzen, die in der Behandlung von Alzheimer-Demenz eingesetzt werden, deren Wirksamkeit jedoch nicht eindeutig belegt ist.

Ginkgo biloba

Ginkgo biloba ist ein pflanzlicher Wirkstoff, der aus den Blättern des Ginkgo-Baums gewonnen wird. Ihm werden unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben, unter anderem die Verbesserung der Durchblutung und der Schutz von Nervenzellen. Laut der aktuellen S3-Leitlinie Demenzen gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz. Allerdings ist die Studienlage nicht eindeutig und die Wirkung von Ginkgo biloba umstritten.

Vitamin A, C, E

Oft werden Präparate wie Vitamin A, C, E in der Behandlung von Alzheimer-Patienten eingesetzt. Bei anderen Wirkstoffen, die immer wieder zur Behandlung der Demenz eingesetzt werden, konnte bisher keine Wirksamkeit gegen die Symptome der Demenz nachgewiesen werden.

Neue Entwicklungen und Forschung

Die Forschung im Bereich der Alzheimer-Demenz ist sehr aktiv und es gibt viele vielversprechende neue Entwicklungen. Dazu gehören:

  • Blarcamesin: Ein Wirkstoff, der die natürlichen Reinigungsmechanismen der Nervenzellen aktivieren soll. Blarcamesin befindet sich aktuell in der Prüfung zur Zulassung in der EU.
  • Früherkennung: Die Entwicklung von Screeningverfahren, mit denen die Erkrankung vor dem Auftreten erster Symptome diagnostiziert werden könnte. Zum Beispiel wird es schon bald Bluttests geben, die eine Früherkennung möglich machen.
  • Kombinationstherapien: Die Kombination verschiedener Medikamente und Therapieansätze, um eine möglichst umfassende Behandlung zu erreichen.

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