Verstopfung ist ein häufiges und oft unterschätztes Problem bei Parkinson-Patienten. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen von Verstopfung im Zusammenhang mit Parkinson, diskutiert die Behandlungsmöglichkeiten und geht speziell auf die Erfahrungen mit Movicol ein.
Ursachen von Verstopfung bei Parkinson
Parkinson-Patienten leiden oft an Verstopfung aus verschiedenen Gründen:
- Erkrankungsbedingte Ursachen: Die Parkinson-Krankheit selbst beeinträchtigt den gesamten Verdauungstrakt. Die Akinesie, die Bewegungsstörung, betrifft auch die Muskeln, die für die Bewegung des Speisebreis durch den Verdauungstrakt verantwortlich sind. Dies führt zu Schluckstörungen, einer verzögerten Magenentleerung und einer verlangsamten Darmtätigkeit.
- Medikamentenbedingte Ursachen: Anti-Parkinson-Medikamente können die Verstopfung zusätzlich verstärken.
- Weitere Faktoren: Stress, eine ballaststoffarme Ernährung, Flüssigkeits- oder Bewegungsmangel sowie krankheitsbedingte Bettruhe können die Stuhlentleerung zusätzlich erschweren.
Diagnose und Definition von chronischer Verstopfung
Verstopfung ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptomenkomplex. Die Diagnose "chronische Obstipation" kann gestellt werden, wenn der Patient über unbefriedigende Stuhlentleerungen berichtet, die seit mindestens drei Monaten bestehen und mindestens zwei der folgenden Leitsymptome aufweisen:
- Starkes Pressen
- Klumpiger oder harter Stuhl
- Subjektiv unvollständige Entleerung
- Subjektive Obstruktion
- Manuelle Manöver zur Darmentleerung
Diese Symptome müssen jeweils bei 25 oder mehr Prozent der Stuhlentleerungen auftreten.
Allgemeine Maßnahmen zur Behandlung von Verstopfung
Bevor Medikamente eingesetzt werden, sollten allgemeine Maßnahmen zur Umstellung der Lebensgewohnheiten versucht werden:
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- Ernährung: Eine Ernährung, reich an Ballaststoffen und arm an Weißmehlprodukten, Süßigkeiten und Fleisch, ist empfehlenswert.
- Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend trinken ist wichtig, um den Stuhl weich zu halten.
- Bewegung: Körperliche Aktivität regt die Darmtätigkeit an.
- Regelmäßiger Tagesablauf: Ein geregelter Tagesablauf kann ebenfalls helfen.
- Bauchmassage: Vor dem Toilettengang kann eine Bauchmassage für zehn bis 15 Minuten die Darmbewegungen anregen.
- Toilettenhocker: Einige Betroffene machen gute Erfahrungen mit einem Toilettenhocker, da in der Hockposition der Darm entspannt ist und sich leichter entleeren kann.
- Stuhldrang nicht unterdrücken: Den Stuhldrang nicht unterdrücken und den Toilettengang nicht aufschieben.
Medikamentöse Behandlung von Verstopfung
Wenn die allgemeinen Maßnahmen nicht ausreichen, können Medikamente eingesetzt werden. Die S2k-Leitlinie Chronische Obstipation empfiehlt ein Stufenkonzept:
Stufe 1: Ballaststoffe
Bei Stuhlunregelmäßigkeiten und leichten Beschwerden werden Ballaststoffe wie Leinsamen und Flohsamenschalen empfohlen.
Stufe 2: Osmolaxanzien
Osmolaxanzien wie Lactulose und Macrogole binden Flüssigkeit im Darmlumen und vermindern deren Rückresorption. Macrogole werden im Gegensatz zur Lactulose nicht von Darmbakterien abgebaut, sodass deren typische Nebenwirkungen Flatulenz und Meteorismus hier nicht auftreten.
Stufe 3: Stimulierende Abführmittel
Natriumpicosulfat und Bisacodyl stimulieren die Dickdarmmuskulatur und hemmen die Wasserresorption.
Stufe 4: Pflanzliche Abführmittel
Pflanzliche Abführmittel aus Aloe, Faulbaum oder Sennesfrüchten können ebenfalls eingesetzt werden.
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Stufe 5: Prucaloprid
Wenn die beschriebenen Wirkstoffe keinen ausreichenden Erfolg erzielen, ist das verschreibungspflichtige Prucaloprid eine Option, den Transit durch den Darm anzuregen.
Weitere Optionen:
- Klistiere, Zäpfchen und salinische Einläufe sind zur kurzfristigen Anwendung bei Obstipation geeignet.
- Bei Opioid-induzierter Obstipation können ärztlich verordnete periphere Opioid-Antagonisten wie Naloxon in oraler Applikation helfen.
Movicol: Ein Macrogol-Präparat
Movicol enthält Macrogol und wird zur Behandlung von chronischer Verstopfung eingesetzt. Macrogol bindet das Wasser, mit dem es zusammen eingenommen wird. Dadurch weicht der Stuhl auf und nimmt an Volumen zu, was die Darmperistaltik anregt.
Ein Parkinson-Patient berichtete von parkinsonbedingter Verstopfung und fragte, ob er Movicol nehmen sollte. Prof. Dr. antwortete, dass er Movicol nehmen sollte, da es dazu führt, dass der Stuhl kein Wasser abgibt und somit weicher und hochvolumig wird. Allerdings kann es im Einzelfall zu Schmiereffekten kommen. Die richtige Dosierung von Movicol muss gemeinsam mit dem Arzt herausgefunden werden.
Wichtige Hinweise zur Einnahme von Macrogol-Präparaten
- Macrogol kann die intestinale Resorption anderer Arzneimittel aufgrund der verkürzten gastrointestinalen Verweildauer vorübergehend reduzieren.
- Im August 2022 wurde ein Hinweis zum Auswascheffekt in der Gebrauchsanweisung von Movicol® ergänzt. Apotheker werden dazu aufgerufen, Patienten bei der Abgabe über die Möglichkeit der verminderten Resorption und damit Wirkung von anderen oral eingenommenen Arzneimitteln während der zeitgleichen Einnahme von Macrogol-Präparaten zu informieren.
- Patienten mit einem Darmverschluss oder schweren entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa dürfen Macrogol nicht anwenden.
- Schwangere können Macrogol in allen Stadien der Schwangerschaft anwenden, wenn Füll- und Quellstoffe nicht wirksam sind.
Erfahrungen mit Movicol
Die Erfahrungen mit Movicol bei Parkinson-Patienten sind unterschiedlich. Einige Patienten berichten von einer deutlichen Verbesserung ihrer Verstopfung, während andere keine oder nur geringe Wirkung verspüren. Einige Patienten berichten auch von Nebenwirkungen wie Blähungen, Bauchschmerzen oder Schmiereffekten.
Es ist wichtig, die richtige Dosierung von Movicol in Absprache mit dem Arzt zu finden, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen und Nebenwirkungen zu minimieren.
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Weitere Aspekte
- Verordnung von Abführmitteln: Nicht verschreibungspflichtige Abführmittel können zur Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit bestimmten Grunderkrankungen weiterhin zu Lasten der Gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden, so bei Tumorleiden, Megakolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation, bei chronischer Niereninsuffizienz, bei Opiattherapie und bei neurogener Darmlähmung. Allein die Diagnoseangabe „Morbus Parkinson“ oder „Diabetes“ begründet eine Verordnung von Abführmitteln nicht. Entscheidend ist, ob die betreffenden Patienten zusätzlich eine neurogene Darmlähmung haben, welche die Obstipation bedingt.
- Missbrauch von Laxanzien: Wer nicht an chronischer Verstopfung leidet und Laxanzien anwendet, sollte darauf achten, die Mittel nicht gewohnheitsmäßig zu nutzen. Es ist stets eine möglichst niedrige Dosierung zu wählen und im Zweifelsfall Rücksprache mit dem Arzt zu halten. Vor allem junge Frauen wenden die Mittel mitunter missbräuchlich an und erhoffen sich dadurch eine schnelle Gewichtsabnahme. Das klappt aber nur scheinbar, tatsächlich verliert der Körper hauptsächlich Wasser. Eine echte Gewichtsabnahme im Sinne eines Verlusts an Fettmasse findet nicht statt. Zu befürchten sind jedoch Elektrolyt- und im schlimmsten Fall Nierenfunktionsstörungen.
- Mythen und Missverständnisse: Es ist wichtig, gegenüber verunsicherten Patienten mit Mythen aufzuräumen: »Man muss nicht jeden Tag Stuhlgang haben«, sagt Müller-Lissner. »Ein Toilettengang alle drei Tage reicht für die meisten Menschen völlig aus. Patienten, die wegen einer Dauerbehandlung Bedenken haben, fühlen sich beruhigt, wenn sie erfahren, dass bei bestimmungsgemäßer Anwendung ein längerer Gebrauch von Laxanzien nicht gefährlich ist. Es treten weder Gewöhnungseffekte und Dosissteigerungen noch Kaliumverluste oder sonstige gravierende Nebenwirkungen auf. Allerdings sollte man sie nicht täglich oder prophylaktisch, sondern bedarfsgerecht anwenden.
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