MPFL-Plastik und Taubheitsgefühl: Ursachen und Behandlung

Die Patellaluxation, das "Herausspringen" der Kniescheibe, betrifft vor allem junge Patienten. In der Regel wird die erste Luxation konservativ behandelt, es sei denn, es liegen operationspflichtige Begleitverletzungen vor. Um Risikofaktoren für erneute Luxationen zu minimieren, wurden verschiedene Operationsverfahren entwickelt. Die richtige Einschätzung dieser Faktoren ist entscheidend für die Wahl des Operationsverfahrens.

Das mediale patellofemorale Ligament (MPFL)

Das MPFL zieht innenseitig am Kniegelenk von der Kniescheibe zum Oberschenkelknochen. Es spannt sich bei etwa 30° Beugung an und verhindert das Herausspringen der Kniescheibe. Bei einer Luxation reißt dieses Band immer. Heilt es nicht stabil aus, bleibt die Kniescheibe instabil und neigt zu erneuten Luxationen.

Behandlung von MPFL-Verletzungen

Bei einer frischen Verletzung ist eine offene oder arthroskopische Naht möglich. Bei älteren Verletzungen oder wiederholten Luxationen ist eine Naht nicht mehr erfolgversprechend. In diesem Fall wird das MPFL durch eine körpereigene Sehne ersetzt.

Es gibt verschiedene Techniken für den MPFL-Ersatz. Ein gängiges Verfahren verwendet einen Streifen der Oberschenkelstreckersehne (M. Quadrizeps). Dabei wird ein etwa 1 cm breiter Streifen der obersten, circa 3 mm starken Schicht verwendet, um ein flaches Transplantat zu gewinnen, das unter der Haut nicht tastbar ist. Nach der Operation kann das Kniegelenk sofort frei bewegt und ab der 3. Woche voll belastet werden.

Weitere Faktoren, die zur Kniescheibeninstabilität beitragen

Die Patellarsehne

Die Kniescheibensehne (Patellarsehne) verbindet die Kniescheibe mit dem Schienbeinknochen und überträgt die Kraft des Oberschenkelstreckers auf den Unterschenkel. Die Position des Ansatzpunktes am Schienbein (Tuberositas tibiae) variiert von Mensch zu Mensch. Weicht der Ansatz zu weit nach außen ab (z.B. bei X-Beinstellung), wird die Kniescheibe durch den Zug der Sehne aus dem Gleitlager gezogen.

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Die Position des Sehnenansatzes kann im MRT oder CT des Kniegelenkes vermessen werden. Der Ansatz kann dann mit einem Knochenstück vom Unterschenkelknochen gelöst und nach innen verschoben werden, um die Fehlstellung zu korrigieren. Gleichzeitig kann die Höhe der Kniescheibe korrigiert werden, indem der Sehnenansatz in Richtung Fuß verschoben wird. Das abgelöste Knochenstück wird dann mit Schrauben in der neuen Position fixiert. Nach dem Eingriff sollte das Bein 6 Wochen lang nur mit 20 kg belastet werden.

Seitenbandverletzungen

Verletzungen der Seitenbänder heilen meist ohne Operation unter Schienentherapie aus. Bei ausbleibender Heilung oder Begleitverletzungen (z.B. Kreuzbandriss), die das Kniegelenk instabil machen, kann eine Operation erforderlich sein. Akute Verletzungen können genäht werden, wobei Fadenanker zur Refixation am Knochen verwendet werden. In chronischen Fällen kann eine Bandplastik mit einer körpereigenen Sehne erforderlich sein. Das Vorgehen ähnelt der Kreuzbandrekonstruktion. Nach Freipräparation des instabilen Bandes werden Bohrkanäle in seinem Ansatz am Oberschenkel- und Unterschenkelknochen angelegt. Die Sehne wird in die Bohrkanäle eingezogen und mit einer Schraube fixiert. Nach der Operation muss in der Regel für 6 Wochen eine Schiene getragen werden, die das Kniegelenk stabilisiert.

Das Gleitlager (Trochlea)

Die Kniescheibe läuft in einer mit Knorpel ausgekleideten Rinne auf der Vorderseite des Oberschenkelknochens (Trochlea). Normalerweise ist diese Rinne V-förmig, um die Kniescheibe sicher zu halten. Ist das Gleitlager zu flach oder gewölbt, wird die Kniescheibe nicht ausreichend gehalten und neigt zur Luxation. In seltenen Fällen muss das Gleitlager künstlich vertieft werden. Dabei wird der Knorpel vom darunterliegenden Knochen gelöst und ein neues, tieferes Gleitlager gefräst. Der Knorpel wird dann mit Ankern und Fäden wieder fixiert.

Ligament Bracing

Bandnähte sind direkt nach der Operation oft nur begrenzt belastbar. Um eine frühzeitige Beübung des Gelenkes zu ermöglichen, ohne die Nähte zu gefährden, hat sich das Ligament Bracing entwickelt. Dabei wird parallel zum rekonstruierten Band ein stabiler Faden oder ein künstliches Band gespannt, das sofort hoch belastbar ist und das heilende Band schützt. Mittelfristig verliert das Band seine Spannung, sodass die körpereigenen Strukturen wieder ihre Aufgaben übernehmen können. Diese Technik ist nicht mit dem Ersatz eines körpereigenen Bandes durch ein Kunstband zu verwechseln.

Komplexe Knieverletzungen

Bei schweren Unfällen können mehrere Bänder des Kniegelenkes gleichzeitig verletzt sein. Diese Verletzungen sind oft mit Knochenbrüchen, Knorpel- und Meniskusschäden sowie Nerven- und Gefäßverletzungen kombiniert. Da in der akuten Situation der Erhalt der Extremität oder lebensrettende Maßnahmen im Vordergrund stehen, wird die Schwere der Knieverletzung oft unterschätzt und eine definitive Versorgung auf später vertagt. Nach Abschluss der Erstbehandlung sollte daher eine genaue Untersuchung des Gelenkes durch einen Experten erfolgen, um alle Schäden zu erfassen. Anschließend wird in enger Zusammenarbeit mit dem Patienten ein Konzept für ein optimales Ergebnis erarbeitet. Dies beinhaltet Physiotherapie, Orthesen und ggf. eine operative Versorgung. Die einzelnen Verletzungen dürfen dabei nicht isoliert betrachtet, sondern müssen in ihrer Gesamtheit erfasst werden.

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Parästhesien (Taubheitsgefühl) nach MPFL-Plastik

Parästhesien sind krankhafte Empfindungen ohne erkennbare Ursache, wie Kribbeln, Taubheit oder "Ameisenlaufen". Sie können nach Operationen auftreten und verschiedene Ursachen haben.

Ursachen für Taubheitsgefühl nach MPFL-Plastik

  • Nervschädigung: Während der Operation kann es zu einer Schädigung von Nerven kommen, insbesondere des Nervus saphenus, der die Haut an der Innenseite des Unterschenkels versorgt. Dies kann zu Taubheitsgefühl oder anderen Missempfindungen führen.
  • Narbenbildung: Narbengewebe kann auf Nerven drücken und diese reizen, was ebenfalls zu Parästhesien führen kann.
  • Schwellung: Postoperative Schwellungen können ebenfalls Druck auf Nerven ausüben und Taubheitsgefühl verursachen.
  • Kompressionssyndrome: Durch die Operation können Nerven an bestimmten Engstellen (z.B. Tarsaltunnel) komprimiert werden, was zu Taubheitsgefühl führen kann.

Weitere Ursachen für Parästhesien

  • Diabetes: Diabetes kann Nervenschäden verursachen, die zu Parästhesien führen.
  • Alkoholmissbrauch: Alkoholmissbrauch kann ebenfalls Nervenschäden verursachen.
  • Medikamente: Einige Medikamente können Parästhesien als Nebenwirkung haben.
  • Rückenprobleme: Probleme mit der Wirbelsäule, insbesondere im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule, können Nerven einklemmen und zu Parästhesien in den Beinen führen.
  • Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall kann auf Nerven drücken und Taubheitsgefühl verursachen.
  • Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Spinalkanals kann ebenfalls Nerven einklemmen und Taubheitsgefühl verursachen.
  • Nervenkompressionssyndrome: Verschiedene Nervenkompressionssyndrome, wie das Karpaltunnelsyndrom oder das Kubitaltunnelsyndrom, können Taubheitsgefühl verursachen.

Diagnose von Parästhesien

Die Diagnose von Parästhesien umfasst in der Regel eine körperliche Untersuchung, eine neurologische Untersuchung und bildgebende Verfahren wie MRT oder CT, um mögliche Ursachen wie Nervenschäden oder Rückenprobleme zu identifizieren.

Behandlung von Parästhesien

Die Behandlung von Parästhesien richtet sich nach der Ursache. Mögliche Behandlungen sind:

  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Narbengewebe zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Medikamente: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente oder Antidepressiva können helfen, die Symptome zu lindern.
  • Nervenblockaden: Injektionen mit Lokalanästhetika können helfen, Schmerzen zu lindern.
  • Operation: In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um Nerven zu dekomprimieren oder Narbengewebe zu entfernen.

Trochleaplastik

Die Trochleaplastik ist ein chirurgischer Eingriff zur Korrektur von Abnormalitäten in der Trochlearinne des Oberschenkelknochens. Sie wird hauptsächlich bei Trochleadysplasie durchgeführt, einem Zustand, bei dem die Trochlearinne zu flach oder uneben ist, was zu wiederkehrenden Kniescheibenverrenkungen führt.

Wann ist eine Trochleaplastik sinnvoll?

  • Wiederkehrende Kniescheibenverrenkungen, die nicht auf konservative Behandlung ansprechen
  • Nachgewiesene Trochleadysplasie durch bildgebende Verfahren
  • Wunsch nach einem höheren Aktivitätsniveau, das Kniestabilität erfordert

Verschiedene Operationstechniken

  • Laterale Facettenerhöhung
  • Sulkusvertiefung
  • Keilrezessions-Trochleaplastik
  • Dejour-Trochleaplastik
  • Knorpel-Trochleaplastik

Rehabilitation nach der Operation

Die Rehabilitation verläuft in mehreren Phasen:

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  • Unmittelbare postoperative Phase (Wochen 1-2): Schmerzmanagement, Schwellungsreduktion, passive Bewegungsübungen, Knieschiene
  • Frühe Rehabilitationsphase (Wochen 3-6): Steigerung der Gewichtsbelastung, aktive Bewegungsübungen, isometrische Übungen
  • Mittlere Phase (Wochen 7-12): Dynamische Übungen, Verbesserung von Kraft, Balance und Propriozeption
  • Fortgeschrittene Phase (Monate 3-6): Sportspezifische Übungen, Ausdauer- und Agilitätstraining

Risiken und Komplikationen

  • Infektionen
  • Blutungen und Hämatome
  • Nervenschäden
  • Thrombosen
  • Gelenksteifigkeit
  • Wiederkehrende Instabilität
  • Anhaltende Schmerzen und Schwellungen

Erfolgsaussichten

Die Erfolgsraten der Trochleaplastik sind generell positiv, mit deutlicher Verbesserung der Kniestabilität, Linderung von Schmerzen und hoher Patientenzufriedenheit.

Wer ist kein geeigneter Kandidat?

  • Schwere Kniegelenksarthrose
  • Aktive Infektionen im Kniebereich
  • Schlechter Allgemeinzustand

Langfristiger Erfolg

  • Strikte Einhaltung des Rehabilitationsprotokolls
  • Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen
  • Geduldige und konsequente Durchführung der Übungen
  • Realistische Erwartungen
  • Gute Kommunikation mit dem Behandlungsteam

Minimalinvasive Verfahren

Die minimalinvasive Operation ist ein Verfahren, bei dem operative Eingriffe mittels kleinster Inzisionen durchgeführt werden, um die Verletzung des Gewebes so gering wie möglich zu halten.

Vorteile

  • Schnelle Wundheilung
  • Geringe Narbenbildung
  • Vollständiger Krafterhalt

Beispiele

  • Arthroskopie der Kalkschulter
  • Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks (ALMIS-, AMIS- und DAA-Methode)
  • Mikrochirurgische Dekompression an der Wirbelsäule
  • Nukleoplastie bei Bandscheibenvorwölbung

Tarsaltunnelsyndrom

Das Tarsaltunnelsyndrom ist eine Nerveneinklemmung des Nervus tibialis im Bereich des Innenknöchels. Es kann zu Fußschmerzen, seitlichen Fersenschmerzen und Missempfindungen wie Taubheitsgefühl oder Ameisenlaufen in der Fußsohle führen.

Ursachen

  • Fußfehlstellungen (Knick-Senkfuß)
  • Verletzungen
  • Entzündliche Erkrankungen (Arthritis, Rheuma)
  • Krampfadern
  • Knochenbrüche
  • Knochensporne
  • Enge Schuhe

Diagnose

  • Patientenbefragung
  • Körperliche Untersuchung
  • Tinel-Zeichen
  • Druckschmerzen über dem Nervenverlauf
  • Neurologische Untersuchung

Behandlung

  • Schuheinlagen
  • Orthesen (Schienen)
  • Entzündungshemmende Medikamente (NSAR, Kortison)
  • Lokale Betäubungsmittel
  • Physiotherapie
  • Operation (Durchtrennung des Retinakulums)

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