MRT in der Alzheimer-Früherkennung: Aktuelle Studien und Perspektiven

Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Ursache von Demenz, stellt eine wachsende Herausforderung für die alternde Bevölkerung dar. Eine frühzeitige und präzise Diagnose ist entscheidend, um Betroffenen und ihren Familien rechtzeitig Unterstützung und Behandlungsoptionen anbieten zu können. In den letzten Jahren hat die Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren eine zunehmend wichtige Rolle in der Früherkennung und Diagnose von Alzheimer gespielt. Dieser Artikel beleuchtet aktuelle Studien und Forschungsergebnisse zum Einsatz der MRT in der Alzheimer-Früherkennung und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.

Die Bedeutung der Früherkennung von Alzheimer

Viele Demenzerkrankungen, einschließlich Alzheimer, beginnen schleichend und bleiben oft lange unbemerkt. Wenn Gedächtnis oder andere kognitive Fähigkeiten dauerhaft und auffällig nachlassen, ist der Hausarzt oft die erste Anlaufstelle. Eine frühe Diagnose hilft den Betroffenen, sich besser auf die Krankheit einzustellen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Ein wichtiges Ziel der Demenzforschung ist es, Demenzerkrankungen wie Alzheimer früher zu erkennen und andere, seltenere Demenzen korrekt abzugrenzen. Während die Alzheimer-Krankheit inzwischen zu Lebzeiten sehr gut diagnostiziert werden kann, stellen andere Demenzen, wie die frontotemporale Demenz oder die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE), diagnostisch nach wie vor eine Herausforderung dar.

Konventionelle Diagnoseverfahren und ihre Grenzen

Um die Diagnose einer Alzheimer-Demenz stellen zu können, benötigt der Behandler umfassende Angaben und Untersuchungen. Neben einer ausführlichen Eigen- und Fremdanamnese sowie bildgebenden Verfahren wie MRT und gegebenenfalls PET, spielen Biomarker, insbesondere die Bestimmung verschiedener Proteine im Hirnwasser (Liquor), eine maßgebende Bedeutung. Die Liquorentnahme an sich ist zwar mit einem sehr geringen Risiko für die Patienten verbunden, stellt aber dennoch einen invasiven Eingriff dar, der von den Patienten häufig als unangenehm erlebt wird. Trotz großer wissenschaftlicher Fortschritte im Bereich der Alzheimer-Forschung fehlt bis heute eine wenig invasive und überall verfügbare Bestimmungsmöglichkeit von Alzheimer-spezifischen Markern aus dem Blut, welche die Diagnostik deutlich vereinfachen würde.

MRT als bildgebendes Verfahren in der Alzheimer-Diagnostik

Die Kernspintomographie hat sich als wichtiges Werkzeug in der Diagnostik der Alzheimer-Demenz etabliert. Zunächst können nicht-neurodegenerative Ursachen für kognitive Einschränkungen, wie Tumoren, chronische Subduralhämatome oder ein Normaldruckhydrocephalus sicher detektiert und behandelt werden. Darüber hinaus liefert die Kernspintomographie wertvolle Informationen über strukturelle Veränderungen im Gehirn, die zur ätiologischen Differenzierung neurodegenerativer Erkrankungen beitragen. Charakteristisch für die Alzheimer-Demenz ist eine Atrophie, also eine Volumenminderung der Hippocampusregion sowie kortikaler Strukturen insbesondere der Temporal- und Parietalregion. Der Hippocampus, eine für Gedächtnis und Lernen zentrale Hirnstruktur, zeigt bereits in frühen Stadien der Alzheimer-Demenz oftmals eine altersuntypische Volumenreduktion.

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KI-gestützte MRT-Volumetrie

Mit der Weiterentwicklung der Bildgebungstechnologie gewinnt die KI-gestützte MRT-Volumetrie zunehmend an Bedeutung. Diese moderne Methode nutzt KI-basierte Algorithmen zur präzisen Messung von Gehirnvolumina und ermöglicht eine objektive Quantifizierung von regionalen oder globalen Atrophien. Nach Abgleich der volumetrierten Hirnareale mit normativen Datenbanken werden die Ergebnisse anschaulich in Grafiken und Zahlenwerten dargestellt. Bei MRT-Verlaufskontrollen können durch den Vergleich zeitlicher Veränderungen der Hirnvolumina die Krankheitsdynamik besser erfasst und auch subtilere Veränderungen frühzeitig erkannt werden.

MRT zur Überwachung neuer Therapieverfahren

Mit der weltweit bereits in unterschiedlichen Ländern erfolgten Zulassung neuer Therapieverfahren für die Alzheimer-Demenz und der erwarteten Einführung in Europa gewinnt die MRT-Diagnostik an weiterer Bedeutung, da die monoklonalen Antikörper gegen Amyloidplaques (Lecanemab, Donanemab) ein regelmäßiges bildgebendes Monitoring der Patient*innen erfordern. Ein wichtiger Aspekt ist die Überwachung therapieassoziierter Veränderungen, die als ARIA (Amyloid-Related Imaging Abnormalities) bezeichnet werden. Diese umfassen sowohl ödematöse Veränderungen (ARIA-E) als auch mikrohämorrhagische Läsionen (ARIA-H), die als relevante potentiell Nebenwirkungen in den klinischen Zulassungsstudien beobachtet wurden.

Die Kernspintomographie in Kombination mit KI-gestützter Volumetrie stellt ein wertvolles Instrument für eine frühzeitige Diagnose, aber auch die Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung bei Morbus Alzheimer dar. Mit den bevorstehenden Fortschritten in der medikamentösen Behandlung dieser Erkrankung wird die Bildgebung mehr denn je von zentraler Bedeutung in der personalisierten Medizin für Alzheimer-Patient*innen sein.

Weitere bildgebende Verfahren: PET/CT

Die PET/CT ist ein leistungsfähiges diagnostisches Verfahren in der Demenzabklärung. Sie kombiniert die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der Computertomographie (CT), wodurch gleichzeitig funktionelle und anatomische Informationen über das Gehirn gewonnen werden. Der Einsatz verschiedener radioaktiv markierter Substanzen (Radionuklide) erlaubt sowohl eine Früherkennung der Alzheimer-Demenz (AD) als auch eine Differenzierung verschiedener Formen von Demenzerkrankungen.

FDG-PET

Die PET des Gehirns mit dem Glukoseanalogon FDG wird seit Jahrzehnten in der Diagnostik von Demenzerkrankungen eingesetzt, insbesondere bei klinisch unklarem Verdacht auf eine neurodegenerative Ätiologie. Die Indikationen für die FDG-PET in der Demenzdiagnostik können grob in 3 Gruppen unterteilt werden: (1) Diagnostik, insbesondere Frühdiagnostik der Alzheimer-Krankheit, (2) Verlaufsbeurteilung und (3) Differenzialdiagnostik.

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Die Beurteilung von FDG-PET-Untersuchungen setzt erhebliche Erfahrung beim Untersuchenden voraus, die heutzutage durch den Einsatz von KI-Systemen unterstützt werden, die spezielle Techniken der Bildverarbeitung mit statistischen Analysen kombinieren. Der Einsatz der FDG-PET in der Diagnostik von Demenzerkrankungen beruht auf dem Nachweis reduzierten Glukosestoffwechsels in bestimmten Gehirnarealen. Dabei stellt die FDG-PET den Glukoseverbrauch dar, der in der grauen Substanz des Gehirns primär mit der synaptischen Aktivität korreliert ist. Schon im „Ruhezustand“ des Gehirns entfallen 70-80 % des Glukoseverbrauchs auf diese signalbezogene synaptische Aktivität. Störungen synaptischer Aktivität (neuronale Dysfunktion) sind potentiell ein früher Marker für neurodegenerative Erkrankungen.

Beim klassischen Morbus Alzheimer zeigt die FDG-PET bereits in frühen symptomatischen Erkrankungsstadien eine reduzierte FDG-Aufnahme im Bereich des posterioren Cingulums. Im weiteren Krankheitsverlauf zeigen dann auch der Precuneus sowie temporo-parietaler Assoziations-Kortex und auch Frontallappen eine reduzierte FDG-Aufnahme.

Amyloid-PET

Die Amyloid-PET/CT stellt ein modernes, zugelassenes Verfahren der molekularen Bildgebung dar, welches den Nachweis der für die Alzheimer-Demenz typischen Amyloid-Plaque-Ablagerungen im Gehirn in vivo ermöglicht. In der Frühdiagnostik der AD ist die Amyloid-PET der FDG-PET überlegen, da cerebrale Amyloid-Ablagerungen den FDG/PET- oder MRT-Veränderungen um Jahre vorausgehen. Die Amyloid-Bildgebung hat daher bereits diagnostischen Wert in den frühen Erkrankungsstadien, wie bei der leichten kognitiven Störung (mild cognitive impairment, MCI).

Die abschließende differentialdiagnostische Einordnung von Demenzerkrankung erfordert jedoch stets die Berücksichtigung der klinischen und neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse. Somit kann ein positiver Amyloid-Scan auf das Vorliegen einer für die AD typischen Pathologie hinweisen, ist aber nicht gleichbedeutend mit der Diagnose einer Demenz. Ein negativer Amyloid-Scan macht das Vorliegen einer AE dagegen sehr unwahrscheinlich. Die Amyloid-Bildgebung kann daher einerseits symptomatisch atypische Erscheinungsformen der AD identifizieren und andererseits auch klinisch fälschlich als Alzheimer-Demenz imponierende Erkrankungen anderer Ursache ausschließen. Einen klaren Stellenwert hat die Amyloid-Bildgebung darüber hinaus als Einschlusskriterium für neue Therapieverfahren, die sich gegen die Amyloid-Ablagerungen richten.

Tau-PET

Die Ablagerung von Tau-Proteinen ist ein grundlegendes pathophysiologisches Merkmal vieler neurodegenerativer Demenzerkrankungen. Die Entwicklung sensitiver Tau-PET Radionuklide für die PET/CT in den letzten Jahren hat die Lokalisation von Tau-Ablagerungen in unterschiedlichen klinischen neurodegenerativen Phänotypen in vivo ermöglicht. Bei der AD sind die räumlichen Muster der Tau-Pathologie in temporalen, parietalen und frontalen Regionen mit der Neurodegeneration und klinischen Symptomatik korreliert.

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KI-gestützte Modelle zur Alzheimer-Erkennung anhand von MRT-Daten

Anhand von MRT-Daten des Gehirns wird ein Modell für den Nachweis von Alzheimer errechnet. In einem nächsten Schritt wurde das Modell an fünf Datensätzen getestet, um herauszufinden, ob Alzheimer auf Basis realer klinischer Daten erkennbar war - und das unabhängig vom behandelnden Krankenhaus und dem Zeitpunkt. Die Studie umfasst 11.103 Bilder von 2.348 Patienten mit einem Alzheimer-Risiko und 26.892 Bilder von 8.456 gesunden Personen. Über alle fünf Datensätze hinweg hat das Modell das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung mit einer Genauigkeit von 90,2% erkannt. Zu den Hauptinnovationen dieses Verfahrens gehört die Fähigkeit, Alzheimer unabhängig von anderen Variablen wie dem Alter nachzuweisen.

Umgang mit altersbedingten Veränderungen im Gehirn

Laut Leming tritt Alzheimer typischerweise bei älteren Erwachsenen auf. Daher haben Deep-Learning-Modelle häufig Probleme dabei, die seltenen früher auftretenden Fälle zu erkennen. "Wir haben dieses Problem dadurch umgangen, dass das Modell 'blind' für Eigenschaften des Gehirns ist, die allzu stark mit dem angegebenen Alter der Patienten in Zusammenhang stehen", unterstreicht Leming.

Herausforderungen bei der Datenvielfalt

Laut dem Wissenschaftler liegt eine weitere Herausforderung beim Nachweis von Krankheiten in dem Bereich darin, dass sich die tatsächlich untersuchten Daten sehr stark von denen im Training eingesetzten unterscheiden. Es kann dabei dazu kommen, dass ein Modell, das mit MRTs von einem Scanner von General Electric trainiert wurde, Scans eines Geräts von Siemens nicht entsprechend auswerten kann. Das aktuelle Modell nutzt eine Metrik für Unsicherheit, um festzustellen, ob die Patientendaten zu verschieden von den Daten sind, die beim Training eingesetzt worden sind.

Prädiktive Alzheimer-Biomarker durch automatisierte MRT-Auswertung

Mit einem Algorithmus zur automatisierten Auswertung von Magnetresonanz-Bildern des Gehirns lassen sich prädiktive Alzheimer-Biomarker bestimmen. Wie die Arbeit eines Londoner Forschungsteams zeigt, sagen diese mit einer sehr hohen Genauigkeit vorher, ob und welche Alzheimer-Form vorliegt.

ApV: Prädiktive Alzheimer-Vektoren

Die Basis eines neuen Verfahrens zur Erkennung von Alzheimer (AD) sind T1-gewichtete (T1w) Magnetresonanz(MRT)-Scans. Die T1w-MRT-Bilder wurden automatisch in 115 Regionen segmentiert, in denen verschiedene radiologische Merkmale unabhängig voneinander erfasst, standardisiert und basierend auf einem statistischen Modell automatisiert gewichtet wurden. Dabei wurde der Algorithmus so trainiert, dass dieser Veränderungen dieser Merkmale erkennt, die vorhersagen können, ob und und von welcher Alzheimer-Form die Patientin oder der Patient betroffen ist. Daraus ergaben sich prädiktive Alzheimer-Vektoren (ApV), die sich in der Studie als sehr präzise Biomarker erwiesen.

Genauigkeit der ApV-Biomarker

Ob eine Alzheimer-Erkrankung vorliegt, kann mit ApV1 und AvP1x unterschieden werden. Für ApV1 werden 20 Merkmale aus 14 Regionen ausgewertet. In der Studie zeigte sich eine standardisierte Genauigkeit von 98 Prozent. Bisherige Standardmethoden wie die Hippocampus-Volumenbestimmung oder die β-Amyloid-Konzentration im Liquor sind nur zu 26 bzw. 62 Prozent genau.

Mit AvP2 und AvP2x lässt sich bestimmen, welche Alzheimer-Form - die frühe (mild cognitive impairment, MCI) oder späte - vorliegt. Für AvP2 werden acht Merkmale aus sieben Regionen herangezogen; bei AvP2x sind es 19 Merkmale aus 15 Regionen in Kombination mit Ergebnissen aus kognitiven Tests sowie Liquor-Untersuchungen kombiniert. Mit AvP2 lässt sich zu 79 Prozent und mit AvP2x zu 86 Prozent genau die AD-Form bestimmen.

Test der Methode an verschiedenen Patientengruppen

Für die Studie testete das Team die Methode an kranialen MRT von über 400 Patienten mit Alzheimer im Früh- und Spätstadium, an gesunden Kontrollpersonen und an Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen, einschließlich frontotemporaler Demenz und Parkinson-Krankheit. Das Verfahren entdeckte Veränderungen in Bereichen des Gehirns, die bisher nicht mit einer Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht wurden, unter anderen das Kleinhirn und das ventrale Zwischenhirn.

Beta-Synuclein als potenzieller Biomarker für die Alzheimer-Früherkennung

Forschungsgruppen der Universitätsmedizin Halle und der Neurologischen Universitätsklinik Ulm haben das Protein „Beta-Synuclein“ als Kandidat für eine frühzeitige Alzheimer-Diagnose identifiziert. In Kooperation mit dem bundesweiten FTLD-Konsortium unterstreichen jüngste Ergebnisse das Potenzial von Beta-Synuclein zur Alzheimer-Früherkennung. Die Daten zeigen einen eindeutigen Zusammenhang der Beta-Synuclein-Blutkonzentration zu strukturellen Veränderungen in bestimmten Gehirnbereichen. Die eigens dafür entwickelte Methode ist minimalinvasiv und erlaubt eine Unterscheidung zwischen Alzheimer und anderen Formen der Demenz.

Beta-Synuclein: Ein präsynaptisches Protein

„Beta-Synuclein ist ein präsynaptisches Protein, also ein Bestandteil der Nervenenden“, erklärt Professor Markus Otto, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Halle. Die Arbeitsgruppen aus Halle und Ulm zeigten erst kürzlich mit ihren Kooperationspartnern in Italien, dass die Konzentration von Beta-Synuclein im Nervenwasser bei der Alzheimer-Erkrankung frühzeitig erhöht ist. „Es wurde bereits angenommen, dass die Veränderung an diesen Nervenenden im Gehirn mit der Gedächtnisstörung zusammenhängt. Deswegen haben wir uns darauf konzentriert, hier einen Nachweis im Blut zu finden. Aufgrund der Ergebnisse vermuten wir, dass bei Alzheimer als Erstes strukturelle Veränderungen der Synapsen auftreten.“

Zusammenhang zwischen Beta-Synuclein und Atrophiemustern im Schläfenlappen

Um herauszufinden, ob sich Beta-Synuclein als potenzieller neuer Biomarker eignet, brauchte es aber mehr Daten und größere Testgruppen. Insgesamt 374 Patientinnen und Patienten aus dem Netzwerk für frontotemporale Demenzen (FTLD) lieferten die Grundlage für die jüngste Studie. Dazu zählten 31 kognitiv gesunde Menschen, 74 Alzheimer-Erkrankte und 269 Betroffene mit anderen Formen der Demenz. Während Alzheimer typischerweise im Verlust der Hirnsubstanz (Atrophie) im Schläfenlappen resultiert, betreffen andere Demenzformen die Bereiche des Stirnlappens. Die Forschungsgruppen untersuchten die kognitive Leistungsfähigkeit und bestimmten das Volumen der Hirnareale mittels MRT. Die Ergebnisse wurden dann mit den Blutkonzentrationen verschiedener Biomarker verglichen.

„Hier zeigte sich, dass eine sehr gute Korrelation zwischen den für die Alzheimer-Erkrankung typischen Atrophiemustern im Schläfenlappen und dem Anstieg des Proteins Beta-Synuclein im Blut besteht“, sagt Professor Otto, der auch Sprecher des FTLD-Konsortiums in Deutschland ist. „Die bisher verwendeten Biomarker zeigen diesen Zusammenhang zum Schläfenlappen im frühen Krankheitsverlauf nicht. Die Erkenntnisse lassen sich schon jetzt in die Praxis übertragen: In unserem Netzwerk führen wir jährlich Visiten durch und untersuchen den Krankheitsverlauf von Patientinnen und Patienten. So waren bereits frühe Diagnosen möglich, die wir aktuell weiter kontrollieren.“

Vorteil von Beta-Synuclein: Nachweis im Blut

Der große Vorteil von Beta-Synuclein im Gegensatz zu den etablierten Biomarkern: Mittels einer eigens entwickelten und hochsensitiven Methode lässt sich dieses Protein auch in einer Blutprobe nachweisen. Das macht die Untersuchung für Betroffene deutlich angenehmer. „Um kein Nervenwasser mittels Lumbalpunktion nehmen zu müssen, sondern Blutproben untersuchen zu können, braucht es Massenspektrometer“, so Öckl. Deshalb könne das Verfahren derzeit nur in wenigen Laboren durchgeführt werden. „Wir arbeiten nun daran, die neue Methode routinefähig zu machen.“ Es gäbe außerdem nicht-neurodegenerative Schäden, die mit dem Verlust von Nervenverbindungen einhergehen, beispielweise nach Schlaganfällen oder Hirntraumata - auch hier könne man diagnostisch ansetzen.

Bewertung der MRT zur Alzheimer-Früherkennung durch den IGeL-Monitor

Der IGeL-Monitor hat die MRT zur Alzheimer-Früherkennung bereits 2012 mit „tendenziell negativ“ bewertet und diese Bewertung nun erneut bestätigt. Manche radiologische oder neurologische Praxen bieten Untersuchungen an, mit denen Vorboten einer Alzheimer-Demenz erkennbar sein sollen. Diese Untersuchungen, die etwa „Brain-Check“ genannt werden, enthalten meist die Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren. Die MRT soll auf verdächtige Gehirnstrukturen hinweisen.

Fehlende Studien zum Nutzen der MRT-Früherkennung

Nach wie vor wurden jedoch keine Studien zu der Frage gefunden, ob die MRT zur Alzheimer-Früherkennung sinnvoll ist. Auch zu der Frage, ob eine Alzheimer-Therapie zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine Symptome sichtbar sind, sinnvoll ist, fanden sich keine Studien.

Mögliche Schäden durch unnötige Beunruhigung

Zwar kommt die MRT-Untersuchung ohne schädliche Strahlen aus, aber indirekte Schäden sind möglich. So weiß man nicht, ob sich ein auffälliger MRT-Befund tatsächlich zu einer Demenz mit Symptomen weiter entwickeln würde. Wer sich also aufgrund eines auffälligen Befundes beunruhigt, wer sein weiteres Leben darauf ausrichtet, oder wer sogar eine Behandlung beginnt, tut dies oft unnötigerweise, weil er ohnehin nicht dement geworden wäre. Deshalb sehen wir Hinweise auf mögliche Schäden.

Subjektive Gedächtnisstörungen als früher Hinweis auf Demenz

In einer groß angelegten Studie mit 2.415 Patienten im Alter von 75 Jahren und älter untersuchten sie, ob mittels einer rein subjektiv wahrgenommenen Gedächtnisstörung das Risiko für die Entwicklung einer Demenz bestimmt werden kann. Die Forscher konnten zeigen, dass Patienten, die während eines Arztbesuches von rein subjektiven Gedächtnisstörungen berichten - ohne dass messbare Gedächtnisprobleme vorliegen - häufiger zu einem späteren Zeitpunkt an einer Demenz erkranken als andere. Professor Maier und Dr. Jessen sehen darin eine Möglichkeit, sehr früh und ohne aufwendige Methoden einen ersten Hinweis zu bekommen, ob ein Patient oder eine Patientin zu einer Demenz neigt.

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) will die Ursachen und Risikofaktoren, die eine Neurodegeneration vorbestimmen, verstehen und neue Diagnosemethoden sowie Therapie- und Pflegestrategien entwickeln. Es ist das erste außeruniversitäre Zentrum, das mit dem Auftrag gegründet wurde, eng mit Universitäten und Universitätskliniken zu kooperieren.

Forschungsschwerpunkte des DZNE

Die Forscher am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen konzentrieren sich besonders auf molekulare und neurochemische Veränderungen, die bei einer Demenzerkrankung im Gehirn ablaufen - und zwar lange bevor strukturelle Veränderungen nachweisbar sind. Die daran beteiligten Stoffe, sogenannte Biomarker, dienen dabei als spezifische Indikatoren. Zur Messung der Biomarker sollen unter anderem neueste bildgebende Verfahren verwendet werden, die eine höhere Auflösung der Gehirnstruktur als bisherige Verfahren liefern und zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel im Gehirn geben. Das sind die Hochfeld-7-Tesla-Magnetresonanztomographie und die Positronen- Emissions-Tomographie (PET). Gleichzeitig wollen sie die hochmodernen bildgebenden Verfahren nutzen, um strukturelle Veränderungen im Gehirn zukünftig zuverlässiger diagnostizieren zu können.

Mit den neuen Methoden sollen Erkrankte in Vorstadien einer Demenz über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Die Ergebnisse werden die Forscherinnen und Forscher des DZNE nutzen, um neue vorbeugende Therapieansätze zu entwickeln. Getestet werden soll die Wirkung möglicher Arzneimittel, aber auch alternativer Methoden wie des Einflusses körperlicher und mentaler Fitness auf die Entwicklung einer Demenz. Letztlich wollen die Forscher neurodegenerative Erkrankungen mehrere Jahre hinauszögern und langfristig das Eintreten der Demenz ganz verhindern.

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